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Felix, ich und die anderen

... in meinem Kopf
von

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Verdammte Züge

Lautes Dröhnen polterte durch seinen Kopf. Mit noch geschlossenen Augen legte er das Kissen über seinen Kopf und versuchte den gewaltigen Lärm zu überhören. Was war heute nur los?

Kaum war der Schnellzug an seinem Fester vorbeigefahren, fingen die ersten Vögel wieder zu singen an. Wobei: Singen, ist verkehrt. Sie sangen nicht, sie pfiffen wie der Wasserkessel, den man schon vor fünf Minuten hätte vom Herd nehmen sollen.

Und das Quaken der Frösche klang, als ob sie durch ein Megafon direkt in sein Ohr ... Moment mal!

Erschrocken öffnete Felix die Augen und blickte unter seinem Kissen zu dem bläulich schimmernden Frosch, an seiner Bettkante.

Der quakte einfach munter weiter.

Wollten ihm heute eigentlich alle auf die Nerven gehen? Mit zitternden Händen und zusammengebissenen Zähnen nahm Felix den Frosch und warf ihn aus dem Fenster, welches er gleich darauf mit einem lautem Knall schloss.

Das Quietschen und Rattern der Züge wurde leiser. Etwas erträglicher. Die Stimmen der Vögel verschwanden vollends.

Felix schlurfte wieder zu seinem Bett, verkroch sich tief unter die zwei Decken, so das nicht einmal mehr die rosa Haare zu sehen waren, die am Ansatz schon wieder blond wurden.

Er fühlte wie sein Körper wieder schwer wurde. Wie die verspannten Muskeln sich wieder lockerten. Vielleicht konnte er ja jetzt, nur fünf Minuten, ruhig schlafen.

Ein sirenenartiges Pfeifen und das Pochen und Rattern ließen ihn wieder senkrecht im Bett sitzen. Aber vor allem der Wind, der ihm die Haare nach rechts wehte. Weg vom Fenster. Richtung Tür, wo gerade ein weißer Nebeldunst sich auflöste. Ein Kissen flog hinterher, wurde jedoch von der geschlossenen Türe aufgehalten und blieb am Boden reglos liegen.

"DAS KANNST DU MIR NICHT ANTUN!", schrie Felix und wischte sich mit der Hand durch die müden Augen. "Wer schreibt die verdammten Pläne für die Züge, wer?!"

Er wusste es hatte keinen Sinn. Er wusste, es war ein Racheakt. Er wusste auch wofür, nur ... ER hatte hier nichts Falsches gemacht. Er ging tagtäglich und Nacht für Nacht seiner Arbeit nach. Jede beschissene Stunde und dann ließ irgendein Idiot Züge durch sein Zimmer fahren. ZÜGE! Richtige Züge!

Züge die sich einbildeten durch Wände und Bäume zu fahren. Deren Schienen senkrecht in die Luft führen konnten oder wie eine Achterbahn quer durchs Bahnhofsgebäude.

Ja, er hatte es damals gewusst, worauf er sich hier eingelassen hatte. Vor ein paar Monaten, als es in dieses kleine Zimmer im Bahnhofsgebäude einzog. Aber es war SEIN Zimmer. Da hatten die Züge gefälligst drum herum zu fahren und nicht mitten durch!

Nein, sie verletzten niemanden, aber sie waren unglaublich nervig!
 

Seufzend stand er auf. Machte die Schiebetür zu seinem Kleiderschrank auf.

Zu seinem begehbaren Kleiderschrank, der größer als das Schlafzimmer selbst war. Da wo die alte Nähmaschine stand. Und all der Stoff und die Kleider am Boden. Er hatte vorgehabt alles neu zu ordnen. Gestern, als er alles aus seinen Fächern geworfen hatte. Doch nun lag alles auf dem Boden.

Felix wühlte durch die Kleider und Stoffberge um etwas passendes zu finden. Irgendwas, damit er nicht nackt durch den Bahnhof laufen musste.

Früher, zu dem Zeitpunkt als er hier einzog, war es anders gewesen. Es war still gewesen. Der Zuglärm war nur aus der Ferne zu hören. Es hatte jedoch nicht lange gedauert, bis die Züge sich dazu entschlossen hatten durch den Bahnhof zu fahren. Jetzt, wo sie wussten, das hier jemand war, dem man auf die Nerven gehen konnte.

Endlich fand er was Passendes. Ein grüner, mehr als knielanger Jeansrock. Und ein schwarzer Pullover. Vielleicht sollte er aber doch lieber eine Hose anziehen? Es war draußen kühl und er musste hinaus, wenn er was frühstücken wollte. Deshalb zog Felix sich auch noch eine schwarze Jogginghose an und Socken. Warme Socken!

Nur noch Schuhe und dann erst mal frühstücken. Den Rest konnte er auch später nachholen.
 

Auf Gleis 1 herrschte reges Treiben. So könnte man es in einem Roman bezeichnen. So würde man es auch bezeichnen, wie Felix nur zu genau wusste.

Ein gutes dutzend Frösche saßen auf dem Asphalt vor dem Bahnhof. Und dreihundert Weitere

auf dem einzigen Gleis in der Nähe. Schlurfend setzte er sich in einen der weißen Plastikstühle des Bahnhofcafés. Ihm gegenüber saß ein schwarzhaariger Junge. Um die 17 Jahre. Oder war er schon älter? Felix wusste es nicht genau. Der Junge wusste es wahrscheinlich selbst nicht.

Er blickte nicht zu ihm auf, schrieb fein säuberlich etwas in einen Block, was verdächtig nach Fahrtplänen für die Züge aussah. Aber die Züge hatten keine Fahrpläne!

"Bis jetzt nicht", entgegnete der Schwarzhaarige auf Felix Gedankengang.

"Glaubst du etwa, das auf einem Papier geschriebene Zeiten und Linien sie davon abhalten werden durch mein Zimmer zu fahren?"

Keine Antwort.

"Also nein. Warum schreibst du sie dann?"

"Weil es notwendig ist. Kaffee ist in der Küche."

Merkwürdige Überleitung, aber gut. Er wollte sowieso einen Kaffee und Toast und vielleicht fand er noch irgendetwas anderes, was er essen konnte.

"Wenn du nicht willst, das Züge durch dein Kinderzimmer fahren, dann musst du mit demjenigen reden, dem die Züge gehören."

Das Kinderzimmer überhörte er jetzt einfach mal. "SIE kann dagegen auch nichts unternehmen."

"SIE kann die Züge darum bitten dich ausschlafen zu lassen." Zum ersten Mal sah der Schwarzhaarige auf und Felix direkt an. Er lächelte nicht. Er lächelte selten, doch er hatte Recht.



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