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Folge deinem Herzen

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Der graue Wächter

Als Nervandya wieder erwachte, war es bereits wieder hell. Sie muss wohl die ganze Nacht über ohne Bewusstsein beim Baum gelegen haben. Doch beim umschauen ob Ilívrin in der Nähe ist, bemerkte sie, dass sie in einem Lager auf einer friedlich Lichtung lag. Jemand hatte ihre Wunden vom Schlag des Astes und des anschließenden Aufpralls versorgt und sie zugedeckt. Obwohl alles friedlich ist war die junge Elfe doch beunruhigt. Sie wusste nicht wo sie sich nun befand und wo ihr Clan ist.

Plötzlich hörte sie ein Knacken. Als sie den Blick in die Richtung wendete, sah sie einen Schatten aus dem Wald kommen. Dieser Schatten war kräftig gebaut und trug einen Beutel. Genaue Züge konnte sie jedoch noch nicht erkennen. Erst als der Schatten auf die Lichtung trat sah sie einen kräftig gebauten Menschen vor sich. Er grinste sie an und sprach ruhig zu ihr: „Seid gegrüßt junge Elfe. Habt ihr vielleicht hunger?“ Er griff in den Beutel und holte ein paar Beeren heraus. „Ich habe auch noch ein paar Pilze gefunden, die ich gleich zubereiten werde. In meinem Gepäck habe ich auch noch etwas Brot.“ Die Elfe sagte kein Wort. Sie wusste nicht was sie von ihm halten sollte. Vorsichtig suchte sie mit ihrer Hand ihren Bogen. Dabei ließ sie den Blick nicht vom Fremden los. Er schaute sie ein wenig irritiert an: „Was ist los? Ihr Elfen esst doch Pilze, oder?“ Nervandya blieb stur und antwortete nicht. Allerdings wurde sie ein wenig nervös, da sie den Bogen nicht fand. Soll ich es wagen den Fremden aus den Augen zu lassen? Hat er vielleicht Ilívrin gesehen? Wenn ja was hat er mit ihm gemacht? Der Mann merkte, dass sie sich nicht wohl fühlte und nach etwas tastete. Er ahnte auch schon wonach sie suchte. Er setzte sich ans Feuer um einen darüber hängenden kleinen Kessel mit Pilzen zu füllen, die er vorher noch etwas säuberte. „Du suchst wahrscheinlich deinen Bogen!?“ Er schaute zu ihr mit einem betroffenen Blich, „es tut mir leid, aber dein Bogen lag zerbrochen neben dir. Ich habe versucht ihn zu reparieren, aber es ist mir nicht gelungen.“ Er schaute wieder zu dem Essen, was auf dem kleinen Feuerchen schmorte. Nun war Nervandya irritiert. Sollte es tatsächlich einen Menschen geben, der die Elfen respektiert? Ohne es zu merken starrte die Elfe den jungen Mann an. Er hatte sein langes, blondes Haare zu einem Zopf geflochten. Seine Augen waren so grün wie das Moos an den Bäumen und sein Schnäuzer schien nicht wachsen zu wollen. Es lungerten ein paar Stoppeln über der Oberlippe. Diese spärlichen Barthaare wollten nicht zu den kräftigen Körper passen und Nervandya musste ein wenig lächeln. Als der junge Herr ihr eine Schüssel mit Essen reichen wollte, sah er, dass sich die Elfe wie ein kleines, schüchterne Kind, was sich hinter den eigenen Knien versteckte und die Arme um die Beine schlang, hingesetzt hatte und ihn beobachtete. Er lächelte und reichte ihr den Teller. Zögerlich nahm sie ihn an. „Da – danke“, stotterte sie. Der Mann grinste breit: „Also kann die junge Dame doch sprechen.“ Diese Bemerkung mochte Nervandya gar nicht und man sah es auch ihrem Blick an. „Verzeih mir. Manchmal bin ich etwas direkt. Ich habe mich einfach darüber gefreut, dass du etwas gesagt hast. So habe ich Gewissheit, dass du meine Sprache verstehst und gesund bist.“ Schüchtern blickte Nervandya auf den Boden: „Kann ich ihnen eine Frage stellen?“ „Gerne doch. Ich werde auch versuchen sie best möglichst zu beantworten.“ Langsam bekam die junge Elfe doch ein wenig Vertrauen zu dem Mann, obwohl sie immer noch ein leichtes unwohles Gefühl verspürte. Sie spürt, dass dieser Fremde ihr Leben verändert wird. Sie weiß nur nicht ob es zum Guten oder zum Schlechten ist. „Ich würde gerne wissen, ob ihr einen anderen Elfen gefunden habe. Er müsste eigentlich in meiner Nähe gewesen sein.“ Der Mann merkte, dass sie traurig war: „Tut mir leid, aber ich fand nur dich. Du last zwischen eingestürzten Mauern einer Ruine. Ich habe gedacht du wärst auf den alten Steinen herumgetollt und dabei abgerutscht. Du hattest eine große Platzwunde am Kopf. Ich habe sie…“ Er bemerkte, dass die Elfe neben ihm gar nicht mehr zuhörte und schlurzend die Pilzsuppe aß. Er fühlte sich hilflos und wusste nicht, wie er seine momentane Begleitung trösten sollte. Schweigend aßen die beiden.

Nach einer Weile waren beide fertig und der Mann machte die Schüsseln grob sauber. „Wir sollten uns auch wieder auf den Weg machen. Mir ist aufgefallen, dass die Tiere des Waldes merkwürdig verhalten. Deine Sippe ist noch gut einen halben Tagesmarsch durch den Wald entfernt.“ Nervandya nickte und war froh, dass der Fremde sie zurück zu ihren Volk bringen wollte: „Wie soll ich euch eigentlich nennen?“ Der Mann musste los lachen, was Nervandya als beleidigung auffasste. „ Habe ich mich also noch nicht vorgestellt“ ,versuchte er beim Lachen zu sagen, „Ich muss mich bei dir entschuldigen. Wo sind nur meine Manieren? Ich bin Lysander.“ Er packte seine Sachen zusammen und die beiden machten sich auf den Weg.
 

Eine ganze Weile gingen die Beiden schweigend durch den Wald. Nervandya war es, die das Schweigen brach. Ihr brannten so viele Fragen auf der Zunge: „Euch ist also auch aufgefallen, dass die Tiere hier im Wald sich verändert haben?“ „Natürlich, die Wölfe sind extrem aggressiv. Außerdem bekommt man ein unwohles Gefühl, wenn man sie sich eine Weile anschaut,“ ,erklärte Lysander, „Auch die Vögel scheinen keine Angst vor einem zu haben. Sie schauen einen einerseits feindseelig an andererseits mit misstrauen.“ „Wie kommt es, dass ein Mensch, …“ stoppte Nervandya ihre Fragen, da sie merkte, dass sie unangebracht war. Lysander merkte die Verlegenheit von Nervandya und schmunzelte: „Die meisten Menschen haben den Blick für ihre Umgebung verloren. Sie sehen nur noch sich und vielleicht auch noch Nahestehende, aber alles was sie nicht direkt betrifft interessiert sie nicht. Du brauchst dich nicht wegen deiner Bemerkung zu schämen. Viele meines Volkes behandeln euch unrecht. Auch heute noch!“ Nervandya wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Sie war fasziniert, dass ein Mensch seine eigene Rasse so hart beurteilte. Sie hatte noch nie einen solchen Menschen kennen gelernt. Er schien etwas ganz besonderes zu sein. Und schon wieder ertappte sie sich dabei den kräftigen man anzustarren. Verlegen schaute sie auf den Boden.

Ihre röte war noch nicht aus dem Gesicht gewichen als ein lauter Schrei sie aus den Gedanken riss. Lysander wies in den Wald: „Von dahinten kam der Schrei!“ Er wollte gerade in die Richtung rennen, als ein kleines Menschenmädchen aus dem Wald gerannt kam. Sie mochte vielleicht grade mal sechs Sommer miterlebt haben. Ihr Rock war zerrissen und das Bein blutete leicht. Aus lauter hast rannte sie genau gegen Nervandya, die nicht wusste wie sie reagieren sollte. Für gewöhnlich hätte sie die Kleine weg geschubst und angeschrien. Es war ja schließlich ein Mensch. Auch wenn es kein Elf ist. Sie hat Verletzungen und benötigt Hilfe. Nervandya hielt die Kleine fest und blickte zu Lysander. Er schaute in den Wald und schien auf etwas zu warten. Es schienen Stunden zu vergehen obwohl es Sekunden waren. Das Mädchen schlurzte und zitterte am ganzen Körper. Plötzlich fing sie an sich von der jungen Elfe weg zu drücken. „Beruhige dich, wir wollen dir helfen“ ,versuchte Nervandya die Kleine zu beruhigen. Doch sie schaute sie nur ängstlich an und schrie nach ihren Eltern. „Sie hat vermutlich angst vor deinem Volk“ ,versuchte Lysander eine Erklärung zu finden. „Aber wir…“ da wurde es Nervandya klar, nicht nur ihr Volk erzählte Geschichten über die Menschen, sondern auch sie über ihr Volk. Es muss ja nicht alles der Wahrheit entsprechen. Weder was die Elfen von den Menschen berichten noch was Menschen über die Elfen erzählen. Nervandya fühlte sich plötzlich nicht wohl. Lebten wir nach einer Lüge und haben die Menschen zu vorschnell verurteilt? Sie war so in Gedanken versunken, dass sie kaum mitbekam wie Lysander sie mitschleifte und das Mädchen auf den Arm genommen hatte. Ihre Beine rannten mit den Schritten des jungen Mannes, aber die Gedanken blieben bei ihren Zweifeln am eigenen Volk.

Erst nach einiger Zeit merkte die junge Elfe, dass Lysander nicht zu ihrer Sippe lief, sondern weiter von ihr weg. Sie blieb stehen. Lysander drehte sich um und schaute sie fragend an. Wo will er mit uns hin? Ich möchte zu meinem Clan. Sie schaute ihn erschrocken an. Doch weder er noch sie konnten ein Wort sagen als Nervandy ein knurren hinter sich hörte. Vorsichtig drehte sie sich um. Hinter ihr stand einer der veränderten Wölfe. Er starrte sie mit leuchtenden Augen an und entblößte seine unnatürlich weißen Zähne. Sein Fell war verfilzt und es schauten unzählige Hörner daraus hervor. Nervandya war ganz steif vor Schreck. Sie hörte hinter sich das Mädchen schreien und Lysander wie er versucht das Mädchen zu beruhigen. Wie hypnotisiert starrte Nervandya den Wolf an. Ilívrin ich brauche deine Hilfe. Du bist von uns doch der Wolf Experte. Ilívrin wo bist du? Nervandya schafte es die Augen zu schließen. Tränen rannen über ihre Wangen. Ihre Gedanken waren nur noch bei Ilívrin und alle Geräusche um sie herum verebbten. Ilívrin nun bin ich bald bei dir. Doch drei Herzschläge später erklangen wieder die Geräusche um ihr. Von dem Mädchen und Lysander hörte sie jedoch keinen Ton mehr. Nervandya wagte es die Augen zu öffnen. Der Wolf vor ihr war verschwunden und sie hatte ihr Schwert, was blutverschmiert war, in der Hand. Vor ihren Füßen war der Boden verbrannt. Was ist geschehen, was habe ich gemacht? Nervandy drehte sich vorsichtig um. Ihr unwohles Gefühl wollte nicht mehr weichen. Sie hatte angst alleine in dem Wald zu stehen. Als sie sich umgedreht hatte war sie erleichtert die beiden Menschen hinter sich zu sehen. Die beiden schauten sie irritiert an. „Was habe ich getan?“ wollte die junge Elfe wissen. Das Mädchen schaute sie mit einem schiefen Blick an und Lysander fiel das Kinn herunter. „Was?! Ich…“ ,Nervandya schaute auf ihr Schwert, „habe doch nicht den Wolf erstochen?“ Lysander merkte, dass sie genauso irritiert war wie er selbst und schenkte der Elfe ein Lächeln: „Du hast uns das Leben gerettet.“ Er ging zu ihr mit dem Mädchen auf dem linken Arm und umschlang die Schultern der Elfe mit dem anderen. Das Mädchen beäugte die Elfe dennoch mit Misstrauen, aber die Angst vor ihr schien gewichen zu sein. Kann es wirklich sein, dass die Menschen solch eine Angst vor uns haben? Wieso mache ich mir eigentlich so viele Gedanken um die Menschen? Sie haben uns damals doch so viel Leid zugefügt! „Lass und nun zu deinem Clan gehen. Das Bein der Kleinen muss versorgt werden und du solltest dich erholen“ ,sorgte sich Lysander um seine beiden Begleiter.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-04-05T09:17:40+00:00 05.04.2012 11:17
Das Kapitel ist echt niedlich, wie schüchtern sie gegenüber Lysander ist. Mir gefällt den Schreibstil sehr, da möchte man immer weiter lesen. ;D
Mach weiter so.



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