Zum Inhalt der Seite

Reflection

In my heart just keep on bleeding, I can't stand myself too long...
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Am nächsten Tag rannte Taka förmlich vom Supermarkt nach Hause. Er machte sich schnell ein paar Instant-Ramen, dachte sich dann aber, dass er wohl besser gut essen sollte, wenn er bei seiner Probearbeit nicht schlapp machen wollte. Also kochte er doch noch etwas Reis und aß diesen zu seiner Suppe dazu. Dann leerte er seine gesamte Reisetasche auf seinem Futon aus und seufzte. Was zur Hölle sollte er nur anziehen? Die beiden jungen Frauen – die Töchter von Herrn Yamada – hatten beide eine Art Kellnerinnen-Uniform getragen. Yamada-san selbst ganz leger Jeans und T-Shirt. Aber er war ja auch hinten im Büro, da sah ihn ja niemand. Bestimmt wurde von Taka erwartet, dass er etwas seriöses trug. Er zog einen Anzug zwischen mehreren Jeans-Hosen und Bandshirts hervor, runzelte dann aber die Stirn. Irgendwie war das schon wieder ZU förmlich. Also legte er das Jackett zur Seite. Die schwarze Anzughose war gut, Herr Yamadas Töchter hatten auch schwarz getragen. Also suchte Taka weiter. Ein weißes Hemd mit kurzen Ärmeln vielleicht? Es war nicht kalt, deswegen würde das auch reichen und er würde nicht frieren. Die obersten zwei Knöpfe würde er einfach offen lassen, das sah nicht ganz so streng aus. Schnell schlüpfte der junge Mann in die Hose und das Hemd, stellte sich dann vor den Spiegel, der an einer der Türen des kleinen Eichenschranks in seinem Zimmer angebracht war, worin der Sänger seine Konserven und sein Gemüse lagerte. Zufrieden nickte er. Das sah doch nach etwas aus, war aber nicht overdressed.

Ein Blick auf die Uhr verriet Takahiro dann, dass er noch über zwei Stunden Zeit hatte. Also zog er seine Klamotten wieder aus – nicht, dass sie noch irgendwie schmutzig wurden – und schnappte sich dann ein Handtuch, nachdem er in einen Jogginganzug geschlüpft war. Er verließ sein Zimmer und ging in das gemeinschaftliche Badezimmer, das am Ende des engen Flurs war, in dem sich sein Zimmer befand. Sehr komfortabel war es in der Jugendherberge nicht – eigentlich konnte Taka keine Gemeinschaftsräume ausstehen, schon gar nicht, wenn es sich um Badezimmer handelte – aber wenigstens war es günstig und er hatte seine Ruhe. Auf eine WG hätte er noch weniger Lust gehabt; da hätte er immer Rücksicht nehmen müssen, wenn er sang. Und, so komisch es klang, Taka mochte es nicht, wenn ihm jemand beim Singen zuhörte. Zumindest nicht, wenn er übte. Das war ihm einfach unangenehm.

Im Gemeinschaftsbad angekommen, stellte Taka erfreut fest, dass er allein war. Schnell zog er sich aus und schlüpfte unter die Dusche. Das warme Wasser entspannte seine Muskeln und er seufzte wohlig, schloss die Augen. Heute war eine neue Lieferung Milch für den Supermarkt gekommen und er hatte die komplette Palette allein hereinschleppen dürfen. Das hatte über drei Stunden gedauert und danach war der junge Mann fix und fertig gewesen. Aber jetzt fühlte er sich besser. Durch seine körperliche Arbeit im Supermarkt hatte er ein wenig abgenommen und war auch ein wenig kräftiger geworden, das freute ihn. Früher, als Kind, war er eine Zeit lang ein wenig moppelig gewesen und deswegen von Klassenkameraden immer wieder aufgezogen worden. Aber jetzt war er sehr schlank und bot keine Angriffsfläche mehr für eine solche Diskriminierung.
 

Nachdem er sich die Haare gewaschen und sich abgespült hatte, trocknete Taka sich schnell ab, schlüpfte wieder in seinen Jogginganzug und ging zurück in sein Zimmer. Dort wollte er sich um seine Frisur kümmern. Taka hatte nie allzu großen Wert auf sein Äußeres gelegt. Natürlich, gepflegt wollte er schon sein, aber ob sein Haar nun perfekt lag oder nicht, war dem Brünetten eigentlich egal. Jetzt aber versuchte er, seine widerspenstige Haarpracht irgendwie zu bändigen – was sich als äußerst schwierig herausstellte. Denn egal, was Taka auch tat, seine Strähnen sprangen immer wieder zurück und standen in alle Richtungen von seinem Kopf ab – so, wie er sie eigentlich immer trug. Er versuchte, sein Haar ein wenig zur Seite zu kämmen, aber erstens hielt das keine zwei Minuten und zweitens sah es absolut lächerlich aus. Irgendwann legte Taka seine Bürste beiseite und gab auf. Sein Haar wollte einfach nicht so, wie er das wollte, also ließ er es einfach in Frieden. Herr Yamada kannte ihn ja schon und da würde es ihn bestimmt nicht stören, wenn Taka mit seiner Igelfrisur bei ihm aufschlug.
 

Nach seinen Styling-Versuchen spielte Taka ein wenig auf der akustischen Gitarre, die er vor ein paar Tagen sehr günstig in einem An- und Verkaufs-Laden erstanden hatte. Seit seiner Kindheit hatte er alle möglichen Instrumente ausprobiert und darunter war eben auch die Gitarre. Der junge Mann war nicht wirklich gut, aber auch kein blutiger Anfänger mehr. Gern nahm er die Gitarre zur Hand, wenn er Texte schrieb und sich dafür Melodien ausdachte. Und genau das tat er nun, denn das Musizieren hatte auf ihn immer eine sehr beruhigende Wirkung. In diesem Moment auch. Er vergaß seine Nervosität und konnte sich für eine Zeit lang ganz in seinem Spiel und Gesang verlieren. Dann, gegen 18:30 Uhr, zog er seine guten Klamotten an, schnappte sich seinen Zimmerschlüssel und machte sich auf dem Weg in die Pianobar.
 

Die Bar war noch leer, als Taka ankam. Unter der Woche öffnete sie abends erst um 19 Uhr. Herr Yamada und seine Töchter verteilten gerade servietten auf den Tischen, als der Sänger an die Tür klopfte. Der ältere Herr mit dem grau melierten Haar hob den Kopf und lächelte, als er Taka erblickte. Schnell eilte er zu der Glastür und schloss auf, ließ den jungen Sänger herein. „Takahiro! Sehr schön, dass du wirklich gekommen bist!“, grüßte er und der Brünette verbeugte sich leicht, erwiderte das Lächeln. „Ich freue mich sehr, bei Ihnen zur Probe arbeiten zu dürfen.“, sagte er höflichst. Yamada-san grinste. „Du hast dich ja richtig herausgeputzt. Sehr gut. Genau richtig für die Bar.“ Taka war sichtlich erleichtert über diesen Kommentar. Hatte das Grübeln über sein Outfit doch etwas gebracht!

Herr Yamada führte Taka zu den beiden jungen Frauen, die noch immer die Tische dekorierten. „Takahiro, das sind meine Töchter.“, sagte er. Dann wies er auf die sehr kleine Schwarzhaarige, die Taka noch vom Vortag kannte. Er schätzte sie auf ungefähr 18. „Das ist Hana.“ Die junge Frau verbeugte sich leicht vor Taka und strahlte ihn an. Dann wies Yamada-san auf die Größere von beiden. Sie hatte gebleichtes Haar und ein Augenbrauenpiercing, wirkte nicht so japanisch wie ihre Schwester – und auch Älter, sie war bestimmt schon Mitte 20 - lächelte aber trotzdem freundlich. „Und das hier ist Kyoko. Ich hoffe, ihr kommt alle gut miteinander aus.“ Kyoko grinste. „Hallo, Takahiro! Darf ich Taka sagen? Ist kürzer.“ Der junge Sänger war ein wenig überrumpelt, nickte dann aber. „Natürlich, Kyoko-san.“, sagte er und sie lachte. Ihr Lachen hatte etwas raues und irgendwie fand Taka diese unkonventionelle junge Frau richtig sympathisch. „Nenn mich einfach Kyo! Alles Andere ist mir viel zu förmlich.“ Ihre Schwester trat an Taka heran. „Darf ich dich auch Taka nennen? Dann kannst du mich einfach Hana nennen!“, lächelte sie. Erneut nickte Taka und fühlte sich richtig wohl. Irgendwie war die Atmosphäre hier so herzlich, richtig familiär, nicht wie im Supermarkt.
 

Während Yamada-san sich um die Kasse und das Bereitstellen der Getränke kümmerte, zeigten Kyoko und Hana Takahiro, wie sie die Tische dekorierten. Das Motto des heutigen Abends war ‚Sonne‘, weswegen sie auf den Tischen gelbe Servietten, Blumen und Perlen verstreuten. Der Sänger half tatkräftig mit und half dann seinem Chef, ein paar Getränkekisten aus einem der Lagerräume hinter den Tresen zu tragen. Taka, ganz Gentleman, hatte darauf bestanden, das zu machen und diese körperlich schwere Aufgabe nicht den Mädchen zu überlassen. Dann war es auch schon 19 Uhr und die Türen wurden geöffnet. Ein paar Gäste, die davor schon gewartet hatten, verteilten sich an den Tischen. Taka wurde nun Kyoko zugeteilt. Gemeinsam liefen sie zu den Tischen und nahmen die Bestellungen auf. Die Blonde zeigte Taka, worauf er zu achten hatte, was er sagen musste und wie man Empfehlungen an die Kunden brachte, ohne zu aufdringlich zu wirken. Aufmerksam lauschte Taka seiner charmanten Lehrerin und nachdem er eine halbe Stunde nur mitgelaufen war, durfte er das erste Mal allein an einen Tisch gehen. Sehr freundlich fragte er, was das junge Pärchen, das an Tisch Nummer 14 saß, denn Trinken wollte, schrieb ihre Bestellung auf, bedankte sich höflich und lief dann zur Theke, sagte Hana, was er brauchte. Es waren glücklicherweise nur zwei Cocktailgläser und der junge Sänger schaffte es, sie auf dem Tablett unfallfrei zu Tisch 14 zu tragen und dort abzustellen. Als er zu Kyoko zurück kehrte, reckte sie grinsend den Daumen in die Höhe und Taka grinste, erwiderte ihren Gruß. Um 20 Uhr spielte dann eine Band auf einer kleinen Bühne im hinteren Teil der Bar. Die Musik der Gruppe war rein akustisch und sehr sommerlich, passend also zum Tagesmotto. Bis 22 Uhr nahm Taka Bestellungen auf, brachte Getränke an die Tische und wischte diese auch ab, sobald Gäste sie verlassen hatten. Als seine Arbeitszeit vorbei war, trat Herr Yamada zu ihm und ging mit ihm zurück ins Büro. Dort eröffnete er Takahiro direkt, dass er ihn unbedingt für den Job haben wollte, weil er so gute Arbeit geleistet hatte und vor allem, weil seine Töchter den jungen Mann sehr mochten und er gut ins Team passte. Die Bezahlung war viel besser, als der Brünette erwartet hatte und ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, willigte er ein. Seine Arbeit würde direkt am nächsten Abend weitergehen und er freute sich schon darauf. Obwohl er ein sehr schüchterner Typ war, gefiel ihm die Arbeit in der Bar, vor allem, weil er von Kyoko und Hana so herzlich aufgenommen worden war. Und er konnte neben der Arbeit auch noch Live-Musik genießen. Es war einfach großartig. Nachdem er seine Schürze abgegeben hatte, bekam er sogar einen Schlüssel für die Eingangstür der Bar und wurde sehr herzlich verabschiedet – Hana und Kyoko umarmten ihn sogar. Dann machte er sich erschöpft, aber richtig glücklich auf den Weg zurück zu seinem Hostel. Von dem Geld, was er nun insgesamt verdiente, würde er sich wahrscheinlich schon nach zwei Monaten den Gesangskurs, den er so unbedingt belegen wollte, leisten können!
 

Und so war es auch. Taka arbeitete nun unter der Woche im Supermarkt und in der Pianobar. Am Wochenende hatte er eigentlich fast immer frei und in dieser Zeit trieb er sich in Parks herum, schrieb Musik, übte das Singen und das Gitarre spielen. Langsam aber sicher füllte sich sein Sparkonto und mit jeder Woche, in der er seinen Lohn bekam, kam er seinem Traum einen großen Schritt näher. Die Arbeit in der Bar half Taka richtig. Erstens, weil er dadurch keine finanziellen Engpässe mehr hatte und zweitens, weil er in Kyoko und Hana Freundinnen gefunden hatte. Vor allem mit Kyoko, die er nur Kyo nannte, verband ihn einiges. Sie spielte E-Gitarre und war genauso verrückt nach Musik – vor allem nach Rockmusik – wie Takahiro. Immer wieder fachsimpelten sie über die verschiedensten Bands, die in der Pianobar auftraten und liehen sich sogar gegenseitig CDs. Taka fühlte sich endlich nicht mehr ganz so einsam und ab und an war er sogar bei den Yamadas zum Abendessen eingeladen, wenn er mal wieder freiwillig länger geblieben war und die Bar dann geschlossen hatte. Alles in Allem fühlte Taka sich besser. Natürlich vermisste er seine Eltern noch immer und irgendwie sehnte er sich nach ein paar Freunden in seinem eigenen Alter – aber an sich ging es Bergauf. Das merkte er ganz genau. Und als er sich an einem sonnigen Samstag im Juni einen Kontoauszug holte, wusste er, dass es jetzt genug war. Er hatte das Geld für den Gesangskurs zusammen. Sofort ging er ins nächste Internetcafé und schrieb sich für den Kurs ein, der zwei Wochen später für die Anfänger beginnen sollte.
 

Diese zwei Wochen vergingen für den Sänger unglaublich langsam. Sie zogen sich hin wie Kaugummi, der an einer Schuhsohle klebte und mit jedem Tag, der endlich verging, wurde Takahiro nervöser. Täglich erzählte er Kyoko von seiner Vorfreude, aber auch seinen Ängsten und seiner Unsicherheit. Was, wenn er zu schlecht war? Wenn ihn keiner mochte? Wenn der Lehrer unsympathisch war? Wenn Taka einfach vor lauter Nervosität keinen Ton herausbrachte?

Kyoko lachte, als Taka diese Bedenken aufzählte. Sie hatte Taka inzwischen schon ein paar Mal singen gehört und versuchte, ihn auf ihre eigene, sehr charmante Art aufzuheitern.

„Ach komm schon, Taka!“, sagte sie und klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken. „Du hast ne totale Hammerstimme! Du und zu schlecht, da hau ich mich ja vor Lachen in die nächste Ecke!“

Diese Sätze brachten Takahiro tatsächlich zum Schmunzeln, aber seine Nervosität blieb trotzdem.
 

Der Gesangskurs war immer Samstags und Sonntags, von 16 bis 19 Uhr. Das war eine perfekte Zeit für Taka, denn er hatte am Wochenende ja eigentlich immer frei und wenn er im Supermarkt helfen musste, dann eigentlich immer entweder ganz früh oder erst nach 22 Uhr. An dem Samstag, an dem seine erste Stunde war, stand Taka sogar noch länger vor dem Spiegel als vor seinem Probearbeiten in der Pianobar. Er probierte so ziemlich jede Kombination aus, die all seine Jeans und Shirts hergaben und wusste einfach nicht, was er anziehen sollte. Schlussendlich entschied er sich einfach für eine weite, an den Knien etwas zerrissene Jeans und ein schwarzes Shirt. Nicht zu schlicht, aber auch nicht zu auffällig. Jugendlich – so, wie Taka eigentlich immer anzutreffen war. Er setzte sich eine seiner geliebten Schildmützen auf, atmete dann einmal tief durch und machte sich dann auf den Weg zur Musikschule, die nur knapp zwei U-Bahn-Stationen entfernt war. Die ganze Fahrt über schlug ihm das Herz bis zum Hals.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2011-09-06T14:18:08+00:00 06.09.2011 16:18
Taka ist so putzig, wie er sich den Kopf zerbricht über sein Aussehen xD Aber ich denke mal er hat wirklich die perfekte Entscheidung getroffen.
Ist wirklich schön, dass er nun endlich wieder etwas mehr Mut fassen kann und es bergauf geht.
Hoffentlich bleibt das auch so, aber mal abwarten was das beim Gesangsunterricht noch gibt ^^" Niemals den Tag vor dem Abend loben...Aber ich hoffe er kriegt einen gescheiten, umgänglichen Lehrer und nicht irgendeinen Deppen, der sein Talent nicht erkennt .___.
Naja, wird sich dann ja alles zeigen xD
Von:  naihishinsho
2011-09-06T10:52:04+00:00 06.09.2011 12:52
da heißt eine Kyo ;^; ♥♥
und aww~ ich finds toll wie du Takas Igelfrisur beschrieben hast xD
Freut mich total, dass es mit ihm bergauf geht und er sich nicht mhr ganz so einsam fühlt... und wenn Toru auftaucht hat die Einsamkeit eh ein Ende 8D ♥♥
echt ein tolles Kapitel ♥ mach ja schnell weiter *w*


Zurück