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Moon Hunter

von

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Vielleicht hätte die Jägerin nie geglaubt, dass sie sich in ihrem so friedlichen Leben, einmal derartig verstricken könnte. Sie wusste nicht, dass sie in Blut getaucht werden würde.
 

Blitze zuckten vom Himmel, wie ein ungeschickter Dieb. Donner rollte über das regengepeitschte Land. Die feinen Linien zwischen Dämmerung und Nacht gingen ineinander über. In dieser Nacht kauerte sie reglos auf ihrem Bett, in ihrer einfach gestalteten Hütte. Es gab nicht viel zusehen, außer ihrem Bett nur ein kleiner Schrank aus Mooreiche. Doch Elena war damit zufrieden.
 

Der Wind zerrte an dem kleinen Haus, wollte es mit sich reißen, als könnte er nicht ertragen, dass sie so friedlich da saß. Jedoch hatte sie keine Angst vor dem Gewitter. Ihr schwarzes Haar floss seidig über den Rücken. Die eindringlichen, blauen Augen, die einem blauen Diamant ähnelten, waren in eine Ferne gerichtet, die vielleicht nicht einmal sie erblicken konnte. Gefühle der Erwartung umspielten beinahe zärtlich ihre Seele. Dabei wusste sie nicht, dass es ein Netz war, in das sie ich immer weiter verstricken sollte. Diese Unwissenheit schützte sie nicht vor den Folgen. Etwas war da draußen, in dieser aufgewühlten Nacht und es rief sie mit einem sehnsüchtigen Schmerz.
 

Elena wusste nicht wie sehr sie es bereuen würde hinausgegangen zu sein. Sie hätte vermutlich auch nicht sagen können was geschehen wäre, wenn sie es nicht getan hätte, aber so veränderte es ihr Leben, für immer. Denn in dieser Sekunde, als ihr Fuß den schlammigen Boden berührte, war es um sie geschehen. Es war zu spät. Die Zeit war abgelaufen. Die Zeit um aus der Dunkelheit ein Entrinnen zu finden.
 

Der Regen schlug ihr voller Zorn ins Gesicht, als hätte sie ihm persönlich Leid zugefügt. Die Armbrust hing über ihrer Schulter, auf eine seltsame Weise beruhigte sie das Holz. Plötzlich empfand sie einen Hass, der unbeschreiblich war, auf diese Nacht, die sie hinabziehen würde in ein Leben, das so abging von ihren Wünschen. Der Mond verbarg sich scheu hinter den zerfetzten Wolken. Er war von Schwärze umschlossen. Vielleicht hatte er die Dunkelheit angenommen, die in den tiefsten Winkeln der Herzen der Menschen ruhte. Die Jägerin fand nicht die Wahrheit hinter den Vorhängen dieses Mysteriums.
 

Kein Licht verirrte sich in ihre Siedlung. Ein paar Holzbalken krachten auf den Boden und zersplitterten in tausend Teile. Elena kam es vor, als wäre ein Teil in ihr zerbrochen, was natürlich idiotisch war. Dennoch empfand sie eine Sehnsucht nach Licht, das sich ihr arglistig entzog. Nach ein paar Sekunden waren ihre Kleider bis auf die Haut durchnässt. Das schwarze Haar hing wie ein Vorhang vor ihrem Gesicht, als wollte es sie abschirmen vor dem Gräuel der Welt. Die junge Frau tat ein paar Schritte, unsicher als hätte sie sich lange nicht bewegt. Sie war eine selbstbewusste Frau, in deren Augen sich noch nie Furcht hatte stehlen können. Auch jetzt konnten die paar Blitze, die sich auf die Erde verirrten, dies nicht in ihre Augen bringen. Stattdessen war da völlige Beherrschung. Nicht die Spur von Angst zerrüttete ihren Geist. Die Schwarzhaarige wollte wieder umdrehen. Hier war nichts. Jetzt wurde sie wohl auch schon paranoid. Gerade als sie zurückgehen wollte geschah es.
 

Ein Blitz tauchte das Dorf in ein diffuses, fahles Licht. Eine schlanke Gestalt erhob sich gegen den Himmel. Die eine Gesichtshälfte lag immer noch in den Schatten der Nacht. Aber es genügte ihr vollkommen was sie sah. Es war nur ein Augenblick, der ihr Herz dennoch rasen ließ. Alles was sie erblickte, waren ein paar amethystfarbener Augen, so unnatürlich, dass sie sich sicher war, das sie nicht in diese Welt gehörten. Sie funkelten wie Phosphor. Ihre Reaktion folgte sofort. Die Armbrust gegen die Gestalt gezückt wartete sie schweratmend ab. Der Mond schob sich ein Stück hervor, als würde er selbst Interesse finden an der Szenerie, die sich unter ihm abspielte. Ein junger Mann. Weiße Haare, die ihm bis zu dem Kinn reichten. Es lag etwas Seltsames in seinem Auftreten. Es war ihr, als wäre er der Nacht entstiegen, geboren aus der Dunkelheit. Seine Haut war blass und glich Marmor. Jeder Steinmetz hätte ihn beneidet um die markant geschnittenen Gesichtszüge. Doch es war alles nicht so ungewöhnlich, wie das was darauf folgte.
 

Seine Stimme. Sie klang wie das Bersten von Felsen. „Senke die Waffe.“ Entsetzen drang in sie ein, füllte sie aus. Es sollte das erste Mal sein, dass sie Furcht empfand. Eine rote Flüssigkeit troff allem Anschein nach von seinen Lippen. Blut. Elena blinzelte verwirrt. Da war es auch schon weg. Nur noch diese sanft geschwungenen Lippen. Wer auch immer ihn geschaffen hatte, war ihm gut gesonnen. Er trug schwarze, enge Kleider, die seinen Körper eindrucksvoll betonten. Seine Hände waren zu Klauen geformt. Panisch warf das Mädchen den Kopf herum. Doch sie war allein. Es erschien ihr nur eine Möglichkeit.
 

Sie schoss. Natürlich hatte sie ihn nicht treffen wollen. Doch er sollte zurückweichen. Nichts dergleichen tat er. Seine Lippen wichen zurück und gaben den Blick frei auf nadelspitze Zähne, die im Schein des Mondes wie Dolche aufblitzten. Aus dem Dunkel starrte ihr Ruhe entgegen. Der Mann war vollkommen gelassen, zeigte keine Regung in seinem anmutigen Gesicht. „Bleib zurück.“ Ihre Stimme klang schroffer, als sie beabsichtigt hatte. Ihr war bewusst dass, das Zittern darin unhörbar war. Seine Nasenflügel blähten sich, als würde er ihren Geruch einfangen wollen. Es sah bestialisch aus. Mit raubtierhaften Bewegungen trat er auf sie zu. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. In diesem Augenblick wurde es ihr klar.
 

Er konnte ihre Angst riechen. „Ich kann nicht.“ Ein animalisches Knurren drang aus seiner Kehle. Es hatte nichts mit menschlich gemein. Mit Bedacht, ohne das er es merken sollte zog sie sich zurück. Wie töricht dieses Handeln war, wurde ihr zu spät bewusst. Seine Lippen bewegten sich, doch der Donner verschluckte seine Worte, als hätte es sie nie gegeben. Da wurde ihr auch schon bewusst, was es für ein Fehler gewesen war in diese Nacht einzutauchen, die Bühne der Dunkelheit zu betreten. Hass blitzte in seinen Augen auf. Jedenfalls glaubte sie das, denn mit einem nächsten Blick war es auch schon wieder weggewischt. Verblasst, bevor Elena es richtig hatte sehen können. In ihrer bodenlosen Verzweiflung betrachtete sie seinen Rücken. Ein Großschwert zierte ihn. Der Mann bewegte sich damit, als hätte es überhaupt kein Gewicht. Es schien ihm nicht ein Funke der Anstrengung zu entlocken. Wer war dieser Mann nur? Plötzlich sah er sie direkt an. Das Mädchen wollte wegsehen. Sein Blick schien zu verschlingen. Er schien direkt in ihre Seele zu sehen. Sie fühlte sich schutzlos. „Darf ich etwa nicht hier sein?“ Eine Unschuld lag in seiner Stimme, die dort nicht hätte sein dürfen. Es passte nicht zu seiner übrigen Erscheinung. Er war wie ein Widerspruch in sich. Seine Existenz war unmöglich, doch er trotzte dem Schicksal mit seiner Anwesenheit.
 

„Nein! Geh weg.“ Da war beinahe etwas wie Enttäuschung, als die Worte sich an die Oberfläche bahnten. Hektisch tat sie ein paar Schritte zurück und stolperte auch schon. Da lag sie, vollkommen durchnässt, vor diesem Unbekannten. Der Mann schien ihr helfen zu wollen, besann sich dann aber eines Besseren „Ich denke, ich habe jedes Recht hier zu sein.“ Es war keine Frage, eine bloße Feststellung, die er mit allen Mitteln vertreten würde. „Warum“, haucht sie leise. Elena sprach so leise, dass man schon sehr viel Aufmerksamkeit benötigte. Doch offensichtlich brachte er ihr diese entgegen. Ihr Blick fiel hilflos in die Dunkelheit, tastete nach etwas an dem sie sich hätte festhalten können. Sie fand seine Augen. Es war wie ein Abgrund und sie fiel hinein, ohne Hoffnung auf ein Entrinnen. Der Mann breitete die Arme aus. Der Wind schien sich um ihn zu formen, zu liebkosen mit seinen eiskalten Fingern. Eine unbegreifliche Wehmut lag in seinen Gesichtszügen, an diese Welt, die ihm für immer verwehrt bleiben würde, eine Welt aus unverstellten Gefühlen, Tränen und Hoffnungen, fernab von den kühlen Gefilden der Erkenntnis, das es so nie sein würde. Er warf den Kopf zurück, sodass sein weißes Haar durch die Luft flog. Mit einem spritzenden Geräusch schlug es an seiner Wange auf.
 

„Ich bin Jäger.“



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