PVP
PvP
Das Training im Magma Dungeon zeigte langsam eine sehr
angenehme Wirkung, als Ruîn mal wieder das ganze Loot
sortierte. Auch wenn sie immer noch keine Card gefunden
hatten, so waren doch einige wertvolle Metalle dabei gewesen.
„Wie viel ich davon wohl noch für ne Ice Pick sammeln muss?“
„Och nur so paar hunderttausende mehr.“ Solar kicherte und
verstaute einige seiner Sachen im Lager. Sie waren an der
Nordkafra und stöberten dann noch ein wenig in einigen
Merchantläden bevor sie zum Gildenhaus zurückkehrten. „So
ne eigene Ifrit Rüstung hätte auch mal was.“ „Sind aber ziemlich
teuer geworden.“ „Vielleicht doch mal ne Aquarüssi, die bringt
dir was im WoE und man kann damit in den Ice Cave.“ Solar
betrachtete eine Swordfishcard. „Wobei ich dort dann natürlich
ne Ice Pick bräuchte.“ Ruîn seufzte. Auch Isan hatte ihr schon so
einiges von dieser Waffe vorgeschwärmt, die leider weit über 50
Millionen Zeny kostete. Naja würde sie eben sparen.
Die Muffler Suche bei den Sohees wurde langsam auch ziemlich
langweilig und so besprachen sie diesmal, wo man als Alternative
noch hingehen konnte. Jeran stand auf dem Dach eines der alten
Häuser im Dungeon und ärgerte einige Sohees damit, dass sie
zwar im Wirkungsbereich seines Liedes standen, aber nicht zu
ihm auf das Dach gelangen konnten. „Byalan würde auch noch
gehen, da sind die Cards wenigstens was wert.“ Ruîn befand
sich gerade in einem regen Handgemenge mit einem Bogun, diese
aggressiven Geister droppten manchmal ziemlich niedliche Hüte
und sie wollte einen davon. „Da unten ist es noch langweiliger als
hier. Da brauchen wir gar nicht erst hin zu gehen.“ Das Monster
hatte sie mit einem ziemlich harten Bash getroffen und einige
Meter zurückgeworfen. Sie war in wenigen Sekunden wieder auf
den Beinen und rammte ihm eines der Messer in den Hals.
Seufzend betrachtete sie den in sich zerfallenden Hut. „Ich fürchte
fast, da hat die Braut sogar Recht.“ Jeran war vom Dach
gesprungen und ließ den Assassin Cross at Sunset Song neben
ihr erklingen. „Ohne Priester sind wir halt doch ein wenig
eingeschränkt.“ Duir durchstöberte gerade das heutige Loot nach
den Sachen aus denen er brauchbare Pfeile herstellen konnte.
„Als ob eine Priesterin jetzt so ein Problem wäre. Soll ich nen
Paar besorgen?“ Jeran grinste und Duir schüttelte den Kopf.
„Nee komm, verschon mich mit deinen Weibergeschichten.“
„Nen Paar? Reicht dir eine denn nicht?“ Ruîn blickte ihn forschend
an. „Je mehr, desto besser sag ich immer.“ Er kicherte und Ruîn
schüttelte den Kopf. Sie beschlossen also erstmal bei den Sohees
zu bleiben bis ihnen eine passende Alternative einfiel.
Das nächste WoE fand wieder an einem Sonntag statt und Ruîn
verspürte beim ersten Eintreten schon fast so etwas wie Routine.
Manchmal blieb sie hinter ihren Leuten zurück und versteckte
sich im Cloaking in den Gängen des Castles, um zu sehen was
nach ihnen noch so alles nachkam. So konnte sie ihre Leute vor
den anderen Gilden warnen oder mit den Angreifern ein Stück
herumlaufen. Es war kaum zu glauben, wie wenige Priester mit
Ruwah arbeiteten.
Sie hatten sich nach einigem hin und her mit einer Gegnergilde
Kriemhild erkämpft und nahmen im Empraum ihre Aufstellung
ein. Duir hatte Ruîn nach vorne in den No-Skill geschickt. Das
war ein Tanz, den nur ein Barde und eine Dancer zusammen
spielen konnten, und der dann ein Feld erzeugte, auf dem keine
magischen oder anderen Fähigkeiten eingesetzt werden konnten.
Das war ziemlich Praktisch, da alle Gegner die den Empraum
betraten also erstmal wehrlos waren. Ruîn musste also immer in
den Pausen des Tanzes ein Giftfeld an den Eingang legen, das
die Gegner dann zusätzlich schwächte. Natürlich war Jeran der
Barde. Und natürlich gerieten sie wieder aneinander. „Sag mal
wie legst du denn das Gift aus? Das gehört ganz an den Eingang!“
„Die Leute die reinkommen bleiben ja nicht stehen, die rennen da
sowieso durch.“ Sie hatte die Arme verschränkt und blickte ihn
böse an. „Im Übrigen musst du auch nicht so nahe hier rum stehen.
Kannst du nicht nach hinten gehen?“ „Wo soll ich denn hin? Soll
ich in die Fallen rein laufen, die die Hunter da hinten gelegt haben?“
„Wenn du mich dann hier nicht mehr nervst, ja!“ „Ach ich nerve
dich hier also?“ Sie standen sich inzwischen dicht gegenüber
und die Dancer blickte leicht hilfesuchend nach hinten zu dem
Leader. Da sie allerdings die meiste Zeit durch den Storm Gust,
der hinter ihnen tobte, verdeckt waren, konnte man kaum
etwas von den anderen Leuten erkennen. „Du fällst doch
sowieso sofort um, wenn etwas reinkommt, also geh nach
hinten!“ „Ich soll aber hier stehen! Und das werde ich auch!“
Die Dancer wurde langsam nervös weil der Song schon längst
zu ende war und sie Jeran auf seiner Position brauchte um einen
neuen Anlauf zu starten. Allerdings bemerkten die Beiden das
gerade nicht. Auch nicht das ein Lord Knight durch das Tor trat.
Es erwischte Ruîn also mitten im Satz und sie fand sich auf der
kleinen Lichtung nahe der Hauptstadt wieder. Kaum eine Sekunde
später war auch Jeran da. „Na toll. Ein Lord Knight im Berserk.
Und wir hatten keinen No-Skill weil du mich abgelenkt hast!“
„Ach jetzt bin ich daran schuld, wenn du deine Aufgabe nicht
schaffst?“ Ruîn war stinksauer. „JA KEIN WUNDER, WENN
DU NICHT EINMAL AUF MICH HÖRST!“ „UND WIESO
SOLLTE ICH DAS BITTE MACHEN, HÄ?“ Sie waren so
nahe aufeinander zugekommen das sich ihre Köpfe nun beinahe
schon berührten. Da der Empraum von einer feindlichen Gilde
überrannt worden war, tauchten nun auch die anderen Gilden-
mitglieder um sie herum auf und es gab einige recht überraschte
Blicke auf die beiden Streithähne. „WEIL ICH EINE AHNUNG
DAVON HABE UND DU NICHT!“ „ACH, JA?? DAS SAH
ABER GERADE NICHT DANACH AUS!!“ Ruîn hatte ihre
beiden Schwerter gezückt und sah langsam richtig gefährlich aus.
Solar stand ein paar Meter entfernt und wusste nicht ob er sich
trauen sollte dazwischen zu gehen. Bevor er allerdings reagieren
konnte, war Duir bei den Beiden. „JETZT IST ABER MAL
RUHE! Klärt das gefälligst unter euch und nicht während dem
WoE.“ Ruîn erhob beide Arme und drehte sich um. „Mir ist das
sowieso zu blöd.“ Jeran hatte sich ebenfalls umgedreht und wollte
eigentlich schon in die andere Richtung weggehen als er wieder
innehielt. Duir hatte sich von den Beiden abgewandt und war zur
Kafra gegangen. Hauptsache es herrschte endlich wieder Ruhe.
Ruîn stapfte sauer an Solar vorbei und warf ein paar rote
Gemstones vor sich ins Gras bevor sie selbst hinsetzte. Sie
brauchte die Dinger für ihre Giftfelder, nur leider waren sie recht
unhandlich und ihre Hand schmerzte ein wenig vom Tragen.
Nachdem sie sich ein wenig ausgeruht hatte und die typische
Geschäftlichkeit vor dem öffnen der Warps um sie herum losging,
stand sie wieder auf und Jeran war neben ihr. „Du und ich, heute
Nacht, PvP.“ „Ich werde da sein.“
Der Rest des WoEs verging recht friedlich. Zumindest was Ruîn
und Jeran anging. Die Gilde hatte leider nicht mehr das Glück ein
Castle so lange zu halten das sich eine Aufstellung im Empraum
gelohnt hätte. Also konnten die Beiden sich voneinander fernhalten.
„Sag mal, was war da vorhin denn mit euch los?“ Solar saß auf
dem Bett und beobachtete Ruîn dabei, wie sie wütend im Zimmer
hin und her trampelte. „Nichts! Der nervt mich!“ „Ich habe dir ja
gesagt, halt dich von ihm fern.“ „Wie soll ich das denn im WoE
anstellen?“ Sie hatte damit begonnen sich förmlich die Kleider vom
Leib zu reißen und Solar musste zugeben das das schon fast etwas
Erotisches hatte. Schließlich ließ sie sich ins Bett fallen und zog sich
die Decke über den Kopf. „Jetzt ärger dich doch nicht wegen
dem.“ Er versuchte unter der Decke an sie heranzukommen,
allerdings rückte sie dann nur weiter weg. Wahrlich, er hatte sich
nicht gerade eine einfache Frau ausgesucht.
Es musste wohl so um die zwei Uhr Nachts gewesen sein, als
Jeran und Ruîn sich vor dem PvP Haus im Osten von Prontera
gegenüberstanden. „Dachte schon du kommst gar nicht mehr.“
„Warum sollte ich mir das entgehen lassen?“ Ruîn trat durch die
Tür und schlängelte sich durch einige andere PvP Besucher
hindurch bis zum Ende des Hoteltresens. Sie hatte ja schon einige
Male hier in dem Haus übernachtet, aber den Eingang zum PvP
Bereich hatte sie eigentlich noch nie so direkt wahrgenommen.
„Weil du Angst vor mir hast?“ Jeran lächelte überheblich. „Ja
genau.“ Die Beiden meldeten sich bei dem Gate Keeper an und
betraten den Warteraum. Der riesige Kellerraum glich beinahe
einem alten, steinernen Gefängnis und Ruîn fröstelte es direkt
davor. Hier wurde wieder eine ähnliche Magie angewandt wie
während dem WoE. Man konnte also gefahrlos gegeneinander
Kämpfen.
„Lass Payon gehen, da sind grad keine Leute.“ Jeran sprach mit
dem Gatekeeper, der die Besucher in die künstlichen Nach-
bildungen der Hauptstädte warpte und Ruîn nickte.
Es war beinahe unheimlich wie echt alles wirkte. Ruîn stand
inmitten der Waldstadt in vollem Tageslicht obwohl es eigentlich
mitten in der Nacht war. Weit und breit war keine Menschenseele
zu sehen und auch die Eingänge zu den Gebäuden waren zu. Es
war eine fast perfekte Illusion der Stadt. „So, möchtest du
irgendwelche bestimmten Regeln?“ Jeran kam auf sie zu und
zückte seinen Bogen, während Ruîn nur ihren Kopf schüttelte.
„OK, dann sagen wir, es ist alles erlaubt, außer Potions und
anderes Lebensverlängerndes Zeugs jeglicher Art.“ Er spannte
den Bogen und Ruîn verschwand im Cloak sodass der Pfeil ins
Leere traf. Langsam näherte sich Jeran der Stelle an der Ruîn
gestanden hatte und hielt nun zwei Pfeile zugleich gespannt. Sie
kam rechts neben ihm aus dem Cloaking und rammte ihm ein
Giftmesser in die Seite. Der erste Pfeil traf Ruîn in die Schulter
dem Zweiten konnte sie ausweichen. Es war genau wie im WoE,
man verspürte eigentlich keinen Schmerz. Es war nur wieder eine
leichte Art der Schwäche, die mit jedem Treffer schwerer wurde,
bis man nicht mehr in der Lage war sich zu bewegen. Jeran war
schnell, er schoss einen regelrechten Pfeilhagel auf Ruîn ab und
hielt sie somit auf Distanz. Allerdings war sie schnell, kaum ein
Pfeil traf wirklich sein Ziel. Sie beobachtete jede seiner
Bewegungen. Was bezweckte er eigentlich hiermit? Machte es
ihm Spaß sie so zu jagen? „Jetzt greif doch schon an, oder traust
du dich nicht?“ Er wechselte ziemlich geschickt vom Bogen zu
einer kleinen Laute und ließ ein Bragi erklingen. Das war ein
Song der es den Leuten erlaubte ihre Fähigkeiten ohne Pause
immer wieder hintereinander einzusetzen, was zwar bei einem
Priester oder Wizzard eine ziemliche Wirkung hatte, einer
Assassine wie Ruîn allerdings schon mal gar nicht weiterhalf.
Sie preschte nach vorne und kreuzte ihre Klingen mit Jerans
Laute. Er war ziemlich geschickt darin ihre Angriffe abzuwehren,
allerdings traf sie ihn doch einige Male. Dann ließ er das
Instrument fallen und zog den Bogen so schnell das die beiden
Pfeile Ruîn diesmal voll trafen. Sie sprang ein wenig zurück und
die beiden umkreisten sich gegenseitig. Ruîn merkte wie sich die
Schwäche ausbreitete. Vielleicht noch 2-3 Treffer dann hatte er
sie besiegt. Die Pfeile schlugen mit großer Wucht in das Gras vor
ihren Füßen ein und sie wagte einen letzten Angriff. Sie sprang
auf ihn zu, legte ein Giftfeld unter ihm und hieb mit den Messern
auf den hölzernen Bogen ein. Als er Zurückschoss sprang sie nach
hinten und die Pfeile trafen voll. Das war es gewesen. Sie spürte
wie die Schwäche sie niederriss und sank in das Gras.
„Verdammt noch mal, WAS MACHST DU DENN??“ Er kam
auf sie zu und schien ziemlich wütend. „Ich dachte das wolltest
du...“ „ACH VERDAMMT!“ Er stapfe mit dem Fuß auf, zückte
einen Butterflywing und war weg. Ruîn blieb einfach im Gras
liegen und betrachtete den künstlichen blauen Himmel. Wenn man
länger als 3 Minuten besiegt herumlag wurde man automatisch
wieder in das PvP Haus zurückgewarpt. Sie hatte absichtlich
verloren. Und sie hatte so verloren, dass er es auch wusste.
Als sich Ruîn vor einigen Stunden aus ihrem Zimmer geschlichen
hatte, war sie eigentlich ziemlich sauer gewesen. Jetzt beim
zurückkommen hatte sich das Gefühl komplett aufgelöst. Sie
setzte sich leise auf die breite Fensterbank und blickte hinaus in
die nächtliche Stadt. Ob Jeran jetzt wohl noch unausstehlicher
sein würde? Sie wusste nicht, wie sie auf die Idee gekommen war
ihn gewinnen zu lassen. Eigentlich hatten sie ja beide so ziemlich
die gleiche Chance auf den Sieg gehabt. Sie wischte sich mit der
Hand über die Augen. Langsam wurde sie wirklich müde, also
beschloss sie mal lieber ins Bett zu gehen.