Happy Birthday
Happy Birthday
Da die Kafras in Amatsu keine Warps zum Festland anboten
und sie in ihrem Lager keine Butterflywings mehr hatte, blieb
Ruîn nichts anderes übrig als mit dem Boot nach Alberta
überzusetzen. Jeran betrat das Deck einige Minuten nach ihr und
stellte sich neben sie. Die Beiden sprachen die gesamte Fahrt über
kein Wort miteinander. Auch in Alberta an der Kafra und in
Prontera auf dem Weg zum Gildenhaus schwieg Ruîn. Sie musste
ihre Gedanken sammeln. Was da in Amatsu geschehen war, war
so ziemlich das Letzte gewesen, mit dem sie gerechnet hatte. Hatte
Solar Recht gehabt und Jeran wollte sie doch nur verführen?
Konnte sie sich den so in ihm geirrt haben? Oder war es nur die
ganze romantische Atmosphäre in Amatsu gewesen? Immerhin
waren sie doch Freunde. Oder? Sie war ein paar Schritte hinter
Jeran zurückgeblieben und betrachtete ihn nachdenklich. Was
wenn sie nicht verheiratet wäre? Was wenn er und sie… „Ich
entschuldige mich noch mal, ich wollte dich wirklich nicht
erschrecken und so.“ Er hielt ihr die massive Holztüre des
Gildenhauses auf und nickte leicht. „Vergessen wir´s einfach.“
Sie ging an ihm vorbei und versuchte ihn nicht anzublicken, aber
sie konnte hören was er noch sagte, bevor die Tür hinter ihm ins
Schloss fiel. „Es war ernst gemeint…“
Als Ruin die Tür zu ihrem Zimmer öffnete war es drinnen dunkel.
Solar war also noch mit seinen Freunden im PvP. Sie wollte
gerade das Licht neben dem Bett entzünden, als sich am Fenster
etwas bewegte. Reflexartig griff Ruin nach einem der Giftmesser,
die sie unter ihrem Kissen für solche Fälle deponiert hatte. „Auch
mal wieder da, hmm?“ Es war Solar. Sie ließ das Messer sinken
und schüttelte den Kopf. „Erschreck mich doch nicht so.“ Sie
schloss kurz die Augen, als sie der erste Lichtstrahl der Lampe
traf. „Was sollte das heute?“ Solar hatte die Arme verschränkt
und lehnte am Fenstersims. „Haust einfach ohne ein Wort ab und
treibst dich mit diesem Ehebrecher wer weiß wo herum!“ Ruîn
nickte leicht und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Ich will
nicht, dass du dich mit dem jemals wieder triffst!“ Mit einer
schnellen Bewegung hatte sie die Lampe wieder gelöscht und
trat auf Solar zu. Noch bevor er wieder etwas sagen konnte,
packte Ruîn ihn am Kragen und küsste ihn. Sogar im Dunkeln
konnte sie sein verdutztes Gesicht erkennen, aber sie würde sich
jetzt sicherlich keine Vorwürfe mehr von ihm anhören. Mit einem
kräftigen Ruck drehte sie ihn herum und stieß ihn gegen das Bett.
Sie drückte ihn nach unten und setzte sich auf Solars Schoß.
„Ich…“ Mit einer geschickten Handbewegung hatte sie seinen
Schulterschutz geöffnet. „habe…“ Langsam wickelte sie ihre
Armbandagen auf. „Nichts…“ Mit einer fließenden Bewegung
hatte sie sich ihres Oberteils entledigt und führte Solars Hände
über ihren Oberkörper. „mit Jeran…“ Sie zog ihn zu sich hoch
und küsste ihn. „Gar nichts.“ Solar ließ sich nach hinten fallen. Es
war das erste Mal, dass Ruîn sich ihm von sich aus genähert hatte.
Er konnte ihre Umrisse im Dunkeln gut erkennen und beobachtete
sie genau dabei, wie sie nun ihre und seine Kleider auf dem
Boden verteilte. Gut, er würde das Thema Jeran für heute Nacht
mal ausnahmsweise vergessen.
Ruîn hatte ein wenig Angst, sich am nächsten Morgen im
Gemeinschaftsraum blicken zu lassen. Irgendwie hatte sie keine
Ahnung, wie sie sich Jeran gegenüber verhalten sollte. Zum
Glück war wenigstens Solar nicht dabei. Sie hatte zwar versucht
ihn zu wecken, aber da er nur unter der Decke hervorgeknurrt
hatte, war sie halt ohne ihn gegangen. Zu ihrem Glück war der
Raum weitgehendst Leer. Im hinteren Teil unterhielt sich der
Gildenleader mit einem Fremden Lord Knight und in der Mitte
tratschten zwei Wizzards lautstark miteinander. „Oh, hallo. Guten
Morgen.“ Neben der Tür saß Duir und blätterte in einem großen
alten Buch. Sie winkte leicht, setzte sich zu ihm und versuchte
einen Blick auf den Buchtitel zu werfen. „Ein Buch über die
Legende von Thanatos.“ „Hmm, ahja…“ Er hatte ihr den dicken
Wälzer über den kleinen Tisch geschoben damit sie ihn sich
ansehen konnte. „Ich glaub, das hab ich schon einmal gesehen…“
Ruîn versuchte sich an all die Bücher zu erinnern, die sie in der
Gildenbibliothek schon mal in der Hand gehabt hatte. „Das kann
ich dir nicht sagen. Auch einen Herbtea?“ Duir war aufgestanden
und wandte sich nach einem Nicken von Ruîn dem hinteren Teil
des Raumes zu. Während er dort mit Tassen schepperte, blätterte
Ruîn ein wenig in der Legende herum, bis sie sich sicher war das
Buch schon mal gelesen zu haben. Der Hunter kam langsam
wieder zurück und blieb kurz vor ihrem Tisch stehen. „Na wen
haben wir denn da.“ Ruin folgte seinem Blick nach Draußen in
die Eingangshalle des Hauses, wo gerade Jeran erschienen war.
Er hatte eine in, wie Ruin fand, quitsch-rosa gekleidete,
blauhaarige Acolytin bei sich, die er nun umarmte und küsste.
Dann flüsterte er ihr etwas ins Ohr, was sie zu einem hellen
Kichern verleitete während sie einen Warp öffnete und darin
verschwand.
„Hey Leute!“ Er winkte ihnen zu, setzte sich zwischen die Beiden
und wandte sich an Duir. „Du, sofort Eispfeile einpacken, ich hab
ne Thors Party organisiert.“ Dann drehte er sich zu Ruin. „Du,
das WoE in 2 Wochen abwarten, ich hab ne richtige PvP Waffe
für dich.“ Er lehnte sich zurück, erhob die Arme über den Kopf
und streckte sich genüsslich. „Na los, los, ihr dürft mir schon
sagen das ich gut bin.“ „Ja, Meister.“ Duir musste kichern und
gab ihm einen Klaps auf die Schulter. „Bin gleich fertig.“ Er
wandte sich an Tür und verließ den Raum. „Aber Ifrit nicht
vergessen!“ Rief Jeran noch hinterher dann wandte er sich an
Ruin. „Ist aber leider nur leihweise für ein WoE, aber da können
wir dann sehen, ob es dir was bringt. Mit nen paar Hydra Cards.
Und ich will dich nie wieder ohne Unfrozen Rüstung sehen, ist
das klar?“ Er kicherte und Ruîn nickte. „Waaaasss für ne
grauenhafte Nacht…“ Er ließ den Kopf auf die Tischplatte fallen
und Ruîn zog schnell ihre Teetasse außer Reichweite. „Ich glaube
ich habe bis 5 Uhr früh in Comodo getanzt, und dann weckt die
mich auch noch so früh, weil sie unbedingt zu einer Lvl Party
muss…“ „Ahja.“ Er blickte sie von unten herauf an und grinste
süffisant. „Na solange du mich nicht willst, muss ich mich ja
irgendwie ablenken.“ Ruîn schüttelte den Kopf, konnte sich aber
ein Kichern nicht verkneifen. „Solange sagst du. Ahhhja.“ „Ja
genau.“ Er streckte ihr die Zunge heraus, stand dann auf und
winkte. „Und Unfrozen besorgen, bis später.“ Ruîn seufzte. Die
Erinnerung an Amatsu war noch so klar und deutlich, das sie
beinahe noch Jerans Lippen auf den ihren fühlen konnte. Sie trank
schnell den Tee aus und wollte wieder nach oben in ihr Zimmer
gehen, als Raido neben ihr stand. „Hallo, sag mal ist für heute was
geplant worden?“ „Hmmm? Geplant?“ Ruîn sah ihren Gildenleader
verdutzt an. „Na wegen dem Geburtstag, sollen wir uns alle
einfach hier nen bisschen versammeln oder feiert ihr alleine?“
Langsam dämmerte ihr was er meinte. „Ähm, ich weiß von nichts
das musst du Solar fragen.“ Sie stand auf winkte und verließ
fluchtartig das Gildenhaus. Sie musste schnell zu Isan.
„Und du hast das wirklich nicht gewusst?“ Isan schüttelte den
Kopf und rührte andächtig in einer Schüssel. „Ich mein, er ist
immerhin dein Ehemann.“ „Ich hab keine Ahnung, das hat er mir
sicher schon mal erzählt, aber alles kann ich mir auch nicht
merken.“ Ruîn war dabei Äpfel zu schälen und in kleine Stückchen
zu hacken. Sie waren dabei schnell einen Apfelkuchen für Solar
zu zaubern, vielleicht konnte Ruîn so ja kaschieren das sie keine
Ahnung von seinem Geburtstag gehabt hatte.
„Nee, machs noch mal.“ Ruîn schüttelte den Kopf und Isan
seufzte. „… 16, 17, 18, Neeeuuunnzzzeeehhhhn. Glaub mir
es wird nicht mehr, auch wenn ich noch sooft zähle.“ Sie kicherte
und schob Ruîn ein Stück Kuchen vor die Nase. „Ist dir klar,
dass ich geschlagene VIER Jahre älter bin als mein Mann?“ Sie
hatte zwar schon geahnt, dass er ein wenig Jünger war, aber das
es gleich Vier ganze Jahre waren, hatte sie nicht gewusst. Sie
ärgerte sich das sie ihm nicht besser zugehört hatte bei seinen
Erzählungen. „Ach das ist doch nicht schlimm, guck mich an, ich
bin Neun Jahre Jünger als der Kerl da.“ Isan deutete nach hinten
in den großen Saal, wo sich ihr Ehemann Thuris gerade mit Jeran
und Duir unterhielt. Sie waren im Gemeinschaftsraum der Gilde
um hier Solars Geburtstag ein wenig bei Torte und Kuchen zu
feiern. Dieser stand gerade ein wenig abseits und unterhielt sich
lautstark mit seinen PvP Freunden. Er hatte sich sehr über Ruîns
Apfelkuchen gefreut und so war sie noch mal recht glimpflich
davongekommen, allerdings hatte sie sich das Datum nun endlich
mal notiert.
Langsam wanderte Ruîn den langen Säulengang entlang, der den
Gemeinschaftsraum mit einigen anderen Räumen, unter anderem
der Bibliothek, verband. Es war schon recht spät und seit Isan
mit ihrem Mann die Party verlassen hatte, langweilte sie sich ein
wenig. Solar und seine Freunde waren immer noch in ihre PvP
Geschichten vertieft und da hatte Ruîn ja nicht wirklich was
beizutragen. Sie lehnte sich an das steinerne Geländer und blickte
nach oben zum Himmel. Über den Dächern der umliegenden
Gebäude konnte man sogar die Sterne ganz gut sehen. „So im
Mondlicht siehst du sogar noch schöner aus als sonst...“ Leicht
erschrocken fuhr Ruîn herum und blickte Jeran an. „Ist das deine
romantische Ader die da spricht?“ Er grinste. „Nah, das würd ich
jetzt nicht unbedingt sagen.“ Er war neben sie getreten und stützte
sich mit beiden Armen auf der Brüstung ab. Sie beobachteten ein
wenig den nächtlichen Himmel und genossen den kühlen Wind
der hin und wieder zwischen den Säulen wehte. Dann bemerkte
Ruîn das Jeran nicht mehr die Sterne, sondern sie betrachtete. Als
er es merkte huschte ein lächeln über seine Lippen. „Keine
Angst…“ Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „… ich
halte mein Versprechen.“ Sie nickte langsam und drehte sich ein
wenig von ihm weg. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und
schloss die Augen. Ein leichter Wind durchstreifte den langen
Gang und ließ eine leichte Gänsehaut auf ihren Armen zurück.
Dann stand Jeran hinter ihr. Seine Hände fuhren über ihre Hüften
und er zog sie an sich. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und
ließ sich ein wenig im Arm halten. Es war eine sehr angenehme
Wärme die sie nun durchströmte, während sie seinem ruhigen
Atem lauschte.