Rebirth
Rebirth
Nach dem Abend in der Bibliothek sah Ruîn den Barden
Jeran nicht mehr wieder. Von Duir hörte sie, das er seine
Sachen gepackt und das Haus verlassen hatte. Von Isan
hörte sie, das er in der Trainingsparty ihres Mannes in
den Lighthalzen Laboratorien mit dabei war. Von Solar
hörte sie erfreutes Pfeifen. Er war ein lästiges Übel losgeworden.
Ruîn allerdings fragte sich ob das so richtig war. Was empfand
sie für Solar? Was für Jeran? Sie seufzte. Im Prinzip spielte
das keine Rolle. Er war nicht mehr da. Ihr Leben ging
weiter. Sie konnte nicht an die Orte an denen diese großen
Trainingspartys stattfanden. Da sie ein schlechtes Gewissen
wegen all ihrer Ausrutscher hatte, bemühte sie sich nun
wenigstens eine halbwegs gute Ehefrau zu sein. Sie trainierte
fleißig mit Solar, begleitete ihn und seine Freunde ins PvP
und nahm auch an deren Lvlpartys teil. Wobei das eher
zum Spaß als zum wirklichen trainieren war. Die WoEs
verliefen auch wie gewohnt, Ruîn versuchte sich immer
genau umzusehen ob sie nicht vielleicht Jeran irgendwo
sehen konnte, allerdings war der wohl eher in Gilden die
sich nicht um die unwichtigen Schlösser kümmerten in
denen sie immer unterwegs waren. Ab und zu ließ sie auch
des eine oder andere WoE ausfallen, um bei Isan Babyzusitten
damit diese mitlaufen konnte. Tagsüber hatte sie keine
Probleme nur Nachts wurde es immer schwerer. Jede
Nacht saß sie an ihrem Fenster und blickte hinunter auf die
dunklen Straßen der Stadt und fragte sich ob er wohl auch
ab und zu an sie dachte. Sie musste schleunigst stärker
werden um zum Rebirth zu gelangen.
Der Erste in ihrer Runde war Duir. Ruîn, Danu und Isan
begleiteten ihn nach Juno. In der Stadt des Wissens, tief in
der Gilde der Sages wurde ein besonderes, altes Buch
aufbewahrt. In diesem Stand der Weg beschrieben den
man einschlagen musste um an den heiligen Ort der Valkyrie
zu gelangen. Nur Duir war es gestattet darin zu lesen. Die
anderen machten sich auf den Weg in die Stadt der Archer,
nach Payon, wo die Valkyrie jeden Hunter nach dem
Rebirth hinteleportierte.
„Das ist echt komisch, sag ich euch.“ Duir war gerade
aufgetaucht und betrachtete seine neuen Novizen Klamotten.
„Das ist als ob du alles alle deine speziellen Fähigkeiten
niemals gelernt hättest, echt schräg.“ Sie trainierten mit ihm
bei den Sporen und Poporingen nahe der Stadt, bis er sich
endlich wieder in der Archergilde melden durfte und erneut
aufgenommen wurde. Dann schleppte Danu ihn nach
Einbroch zu den Geographer Feldern. Isans kleiner Sohn
Faihu, der langsam zu krabbeln anfing, war ganz begeistert
von den Metalingen, einer Poring Art die nur hier in der
Schwarzwaldrepublik und einigen Teilen von Arunafelz
vorkamen. Die Blacksmith und Ruîn hatten viel damit zu
tun ihn von den gefährlichen Geos fernzuhalten wenn er
versuchte ein Metaling zu verfolgen. „Hey guck´ mal, ist
das nicht süß? Ich wette da läuft was.“ Isan deutete hinüber
zu Danu und Duir. Eine Geo hatte die Priesterin gebissen
bevor Duir sie töten konnte und sie war gestürzt. Er half ihr
zurück auf die Beine, wobei sie sich dann in einer halben
Umarmung etwas zu lange anblickten. Ruîn konnte sehen
das die Priesterin rot wurde. „Ja das wette ich auch.“ Sie
kicherten. Mit Danus Hilfe dauerte es nicht lange und Duir
war Sniper.
Die nächste war Isan. Nachdem sie nun wieder trainieren
durfte und Ruîn öfters mal den Kleinen hütete, war es bei ihr
auch sehr schnell gegangen. Es weckte viele schöne Erinnerungen
sie wieder in den offiziellen Kleidern der Merchantgilde zu
sehen. Leider konnte sie bei Isans neuem Training nicht sehr
viel helfen. Das überließ sie lieber deren Mann während sie
auf das Kind aufpasste. Der Champ kam ja regelmäßig von
seinen Trainingspartys nach Hause, um bei seiner Familie sein
zu können. Für Ruîn waren das dann immer sehr spannende
Besuche da sie ihn ja über Jerans Fortschritte ausfragen konnte.
Sie erfuhr, dass er kurz nach Isan bei der Valkyrie gewesen
war und nun kurz vor dem Jobchange zum Clown stand.
Dann war es auch bei Ruîn endlich soweit. Sie hatte sich schon
sehr gespannt gefragt wie das wohl sein würde wenn die Valkyrie
sie endlich zu sich rief. Die anderen hatten das zwar immer mal
wieder versucht zu beschreiben, aber irgendwie konnte man
sich das bei Erzählungen nicht so wirklich vorstellen. Es geschah
an einem schönen, klaren Abend auf dem El Mes Plateau wo
sie mit Solar Goats jagte. Sie hatte gerade eines dieser wolligen
Monster erlegt als sie plötzlich diese Stimme hörte. Sie sagte
ihren Namen und sonst nichts, aber Ruîn wusste ganz genau
was es zu bedeuten hatte. Solar war ganz begeistert davon und
Ruîn verkniff sich einen Kommentar zu seiner Faulheit. Er hätte
es genauso schnell erreichen können wie sie. Gleich am
nächsten Morgen machten sie sich auf den Weg nach Juno.
Isan, die nun schon Whitesmith war begleitete sie. Solar
wartete in Morroc nahe der Thiefgilde und hatte Isans Sohn
Faihu bei sich. Der Saal der Sagegilde war kreisrund und
voll gestopft mit zahllosen, alten Büchern in einem runden
Regal das der Wand folgte. Eine Brücke führte in die Mitte
des Saales und in luftiger Höhe von mehreren Metern stand
das heilige Buch. Ruîn las die Legende der Valkyrie und der
ruhmreichen Helden und Kämpfer bis sie wieder die Stimme
in ihrem Kopf hörte. Sie sollte in den Keller gehen. Zwar
wunderte sich die Assassine etwas über diese Eingebung
aber sie folgte. Über zahlreiche Treppen und dunkle, steinerne
Flure erreichte sie schließlich einen geheimnisvollen
Kellerraum, tief in dem schwebenden Felsmassiv der Stadt,
indem eine riesige Maschine vor sich hinpochte. Und
irgendetwas war da drin. Ruîn konnte es genau fühlen. Sie
trat an das große metallene Ding und streckte die Hand aus.
Sie konnte es rufen hören. Ymir. Und mit einem Mal
erstrahlte ein helles Licht. Es war so intensiv das sie die
Augen schließen musste und die Hände davor hielt. Dann
spürte sie Wind in ihren Haaren. Langsam öffnete sie ihre
Augen wieder und erschrak. Sie stand auf einem marmornen
Weg inmitten von Himmel und Wolken. Jemand winkte ihr
aus der Ferne zu. Die Frau kam näher und Ruîn erkannte
Isan. „Nett hier was?“ Die Whitesmith grinste und Ruîn
nickte nur stumm. Ihr fehlten die Worte. Langsam
wanderten sie den steinernen Pfad entlang, vorbei an hohen
ehrwürdigen Säulen und kamen an einen großen Platz, auf
dem ihnen die verschiedenen Ausbilder der Rebirthberufe
zunickten. Auch eine Assassine Cross war unter ihnen. Zu
ihr würde Ruîn später gehen müssen, wenn sie ihre Zeit als
high Thief hinter sich gebracht hatte. Dann sah sie die Valkyrie.
Die blonde Frau mit den Schwingen eines Engels schwebte
am Ende des Platzes und blickte auf sie herunter. „Sei mir
willkommen, ehrwürdige Kriegerin Ruîn.“ Dann ging alles
ganz schnell. Sie wechselte ein paar Worte mit der Valkyrie
und musste ihr versprechen auf ihre Fähigkeiten zu verzichten
um nochmals beginnen zu können. Dann schickte sie Ruîn
nach Morroc. Als high Novice tauchte sie dort vor Solar auf.
„Waaaa wie süüüß!“ Er flog ihr um den Hals und Isan musste
kichern. Wie schon damals bei Duirs Rebirth gingen sie nach
Payon zu den Sporen. Diese kleinen Pilzmonster waren gut
geeignet für den Anfang. Und wie eine Anfängerin fühlte sie
sich ja nun wirklich. Es war echt unglaublich, sie hatte alle
ihre Assassinen Fähigkeiten vergessen, ja sie konnte nun nicht
mal mehr die zwei Dolche zusammen benutzen. Allerdings
lernte sie diesmal wesentlich schneller. Sie verbrachte ein
paar Tage bei den Sporen und konnte sich dann wieder in
der Thiefgilde melden. Die blonde Frau, die sie schon vor
ein paar Jahren zum Thief erklärt hatte, war sichtlich stolz
und strahlte übers ganze Gesicht als sie Ruîn die rosernen
high Thief Klamotten übergab. Auch der rothaarige Thief
nickte anerkennend.
Als sie an diesem Abend vom Training zurück ins Gildenhaus
kam wartete Isans Mann Thuris dort auf sie. „Oh, schon high
Thief, Gratuliere! Dann bin ich ja glatt zu spät.“ Er grinste.
„Danke, war ja dank deiner Frau auch nicht schwer.“ Er
nickte lächelnd und reichte ihr eine flache, tellergroße
Schachtel. „Sollte eigentlich ein Geschenk zum Rebirth
sein, aber da ich wohl zu spät bin, halt zur High Thief.
Er meint, du würdest schon wissen von wem.“ Damit
zwinkerte er ihr zu und übergab ihr die Schachtel.
„Danke…“ „Na dann man sieht sich, und immer schön
fleißig!“ Er winkte ihr zum Abschied fröhlich zu und verließ
das Gebäude, während Ruîn so schnell sie konnte nach
oben in ihr Zimmer rannte. Mit zitternden Fingern riss
sie das Papier mitsamt dem Deckel von der Schachtel
und blickte hinein. „Oha…“ Vorsichtig berührte sie die
kleinen weißen Federn und den feinen seidenen Stoff.
Es waren Angel Ears und ein Kafra Band. Zwei sehr
teure und sehr beliebte Headgears bei Frauen.
Und Ja, sie wusste genau von wem sie waren.
Die nächsten Monate als High Thief waren sehr anstrengend.
Ruîn trainierte an den verschiedensten Orten, bei den
verschiedensten Monstern. Oftmals war sie alleine unterwegs
aber meistens waren dann doch Isan oder Solar bei ihr. Gerade
letzterer hatte seine wahre Freude an ihrem neuen rosa Outfit.
Sie durfte es nicht mal im Bett ausziehen. Naja, etwas Gutes
hatte die Sache, sie musste eine WoE Pause einlegen, da sie
als Thief mal absolut gar nichts ausrichten konnte.
Kurz nach ihrem zweiten Hochzeitstag war es dann endlich
soweit. Ruîn trat erneut an das heilige Buch und in den himmlischen
Saal der Valkyrie. Diesmal sprach sie allerdings mit der Assassine
Cross und nicht mit der Valkyrie, um erneut in die Assassinen Gilde
aufgenommen zu werden. Endlich hatte sie es geschafft. Nach fünf
Jahren hartem Training hatte sie ihren Kindheitstraum verwirklicht.
Sie war nun eine Assassine Cross.