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Die Geflügelte Schlange - Aufstieg

* * make love, not war * * - Teil 1
von

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6. Getrennte Wege

Doshans Mann Oremar brachte Hamarem die Nachricht, daß Nefut die Gegenwart des jungen Darashy im Lager der Banditen wünschte.
 

"Was ist denn passiert?" fragte Hamarem alarmiert. Wieso kam nicht Enwar und seit wann machten Doshans Männer Botengänge für Nefut? Hamarem haßte Waffen, verließ sich lieber auf die Kraft seiner Worte. Aber jetzt wäre ihm mit einem Knüppel in der Hand fast wohler gewesen: Die Kräfte um Oremar verhießen großes Unheil.
 

"Sieh es dir selbst an", antwortete Oremar. "Enwar hat Ashan erschlagen. Die Aufrührer sind inzwischen gerichtet, aber das ganze Lager ist gespalten. Nefut und Terhan haben Ashans Erbe angetreten und nun wird die Beute verteilt."
 

Also war der Sturm losgebrochen. "Ich bringe ihn gleich", versprach Hamarem.
 

Oremar war zufrieden und ritt zurück ins Banditenlager. Hamarem sah ihm ein Weilchen nach, dann wandte er sich dem der beiden noch stehenden Zelten zu, in dem als letzter Gefangener noch immer Amemna Darashy untergebracht war. Der junge Mann blickte bei Hamarems Eintreten überrascht von der Schriftrolle hoch, in die er mit seinen seltsamen Schriftzeichen gerade noch etwas geschrieben hatte.
 

"Entschuldigt", begann Hamarem. "Ich soll euch in das Lager der Stammeslosen führen."
 

"Ist aus den Zelten derr Darrashy endlich Nachrricht eingetrroffen?" fragte Amemna Darashy hoffnungsvoll.
 

Hamarem schüttelte bedauernd dem Kopf. "In unserem Lager wird die Beute verteilt, und als Gefangener seid ihr ein Teil der Beute."
 

"Hat euerr Anführrerr schon etwas zu meinem Vorrschlag gesagt?" fragte er dann, während er die Rolle sorgfältig zusammenpackte und in seinen Gürtel schob. Diesen Gürtel mußte er von einem seiner Wächter erhalten haben, denn nach der Gefangennahme war er von Hamarem mit bloßen Füßen und nur im Untergewand hierher gebracht.
 

"Er wurde heute bei einer Unruhe erschlagen. Wir werden sehen, wie seine Nachfolger dazu stehen." Hamarem hoffte für den Jüngling, daß Nefut ihn in seine Obhut nehmen würde, denn in Terhans Gewalt würde er sicherlich doch noch ein Sklavendasein kennenlernen. Nefut dagegen hatte zugesichert, sich für seine Freilassung einzusetzen. Hamarem gab Amemna Darashy ein Paar Sandalen, einen Mantel und ein Kopftuch gegen die Mittagshitze, dann fesselte er ihm vorsichtig die Hände, denn nach den bisherigen Erfahrungen wagte er nicht, Amemna zu berühren. Den Weg durch die Wüste zum Lager der Banditen, legten sie schweigend zurück.
 

Hamarem schauderte, als er vor Ashans ehemaligem Zelt sieben Tote liegen sah, auf einen Blick erkannte er Enwar, den Kleinen Nefut und seinen eigenen Zeltgenossen Mutar. Ein Leichnam war enthauptet, das war wohl Ashan, denn direkt neben dem Zelteingang war sein blutleerer Kopf auf einen in den Boden gerammten Speer aufgespießt. Beim Blick in Ashans tote Augen verspührte er zu seinem unbehagen sogar eine gewisse Genugtuung.
 

Amemna Darashy neben ihm folgte Hamarems Blick, wurde blaß und murmelte ein paar unverständliche Worte, die wie ein Gebet klangen. "Wie kam es dazu?" fragte er dann flüsternd.
 

"Ich denke, es hatte mit den Plänen, die unser ehemaliger Anführer für Euch hatte, zu tun", flüsterte Hamarem zurück.
 

"Was fürr Pläne?"
 

Aber bevor Hamarem darauf antworten konnte, betraten sie das Zelt und sahen sich in der Gegenwart der beiden neuen Anführer und ihrer Berater, die den Schatz der Banditen zwischen sich liegen hatten und anscheinend gerade darüber verhandelten, wie er aufzuteilen sei.
 

Terhan saß dort, wo gewöhnlich Ashan zu sitzen pflegte, neben ihm zwei von Ashans Wächtern und zwei Unterführer, die wie Terhan zu Ashans Günstlingen gehört hatten. Nefut saß mit Doshan, Farhan und seinem eigenen Mann Nesfat nahe dem Eingang und winkte Hamarem, sich mit dem Gefangenen dazu zu setzen. Dann konzentrierte er sich wieder auf die Verhandlung mit Terhan, bei der es um die Wertbestimmung und Aufteilung des Banditenschatzes in Form von Tafelgeschirr, Schmuck und einigen ausländischen Silbermünzen sowie des letzten Gefangenen ging.
 

Hamarem fragte sich, wie Amemna Darashy sich wohl fühlte, wie ein Kamel oder Pferd taxiert zu werden, aber allem Anschein nach hatte der junge Gefangene Schwierigkeiten, der schnell geführten Verhandlung auch nur zu folgen. Statt dessen hob er nun eine der ausländischen Silbermünzen auf, die in seine Nähe gerollt war. Er rieb sie zwischen den Fingern hin und her, wog sie in den Händen und roch an ihr.
 

"Was ist?" fragte Hamarem, als Amemna Darashy zu einem Schluß seiner Untersuchung gekommen zu sein schien.
 

"Das ist keine Silberrmünze," antwortete der Gefangene bestimmt. "Das ist irrgendeine Legierrung, die nurr den Anschein von Silberr errwecken soll." Und er warf Hamarem die Münze zu, damit er sie selbst in Augenschein nähme.
 

Hamarem fühlte nur kühles Metall. Er biß darauf, um zu versuchen, sie zu verbiegen, wie es mit schlechten Münzen leicht möglich war, aber er erreichte nur, daß ihn seine Zähne schmerzten. "Was ist daran kein Silber?"
 

"Im Zweifel alles", antwortete Amemna Darashy gleichmütig.
 

"Woher wollt ihr das wissen?" fragte Hamarem mißtrauisch zurück. Von den Unirdischen hatte er nie gehört, daß sie sich mit der unbelebten Natur befaßten. Das war eher die Domäne der Dämonen.
 

"Ich bin Goldschmied und habe in Ma'ouwat einige Jahre lang Münzen geschlagen. Ich weiß, wie sich eine Silberrmünze anfühlen muß."
 

Auch wenn dieser Goldschmied noch ein Jüngling war, war das eine plausible Erklärung. Hamarem hätte durch seine Ausbildung innerhalb von Augenblicken feststellen können, woher ein beliebiges Exemplar der Schriften stammte und wie alt es war. Also nahm er die Münze und rutschte hinüber zu Nefut.
 

"Der Darashy sagt, die Münzen sind falsch, Herr", flüsterte er Nefut zu, während Terhan sich gerade mit seinen Leuten auseinandersetzte.
 

Nefut warf verstohlen einen Blick auf die Münze in Hamarems Hand. "Meinst du, daß er vertrauenswürdig ist?"
 

Hamarem nickte. Die Kräfte zwischen Amemna Darashy und Nefut waren harmonisch. "Er sagt, er war Goldschmied in Ma'ouwat."
 

"Terhan, ich denke, wir können die Verhandlungen abkürzen", entschied Nefut. "Ich bin bereit, auf den Schmuck und die Silbermünzen zu verzichten, wenn ich dafür den letzten Gefangenen erhalte."
 

Terhan hielt in dem Gespräch mit seinen Leuten inne und sah Nefut überrascht an. "So plötzlich eingelenkt?" Und dann grinste er. "Wenn Dir Dein 'Unirdischer' so viel wert ist, mir soll es Recht sein. Ich bin einverstanden." Und auch Nefuts und Terhans Männer bekundeten ihr Einverständnis.
 

Als die Einigung erreicht war, versuchte Hamarem, von Nefut Genaueres über den Hergang der Dinge zu erfahren, aber Nefut schwieg. Nesfat, der die Frage ebenfalls gehört hatte, nahm Hamarem beiseite und sagte: "Nefut hat unseren freien Abzug mit dem Leben der Aufständischen erkauft."
 

"Was soll das heißen?" fragte Hamarem erschrocken.
 

"Außer Ashan starben nur Enwar und Paltar bei dem Aufruhr. Die anderen vier verlangte Terhan als Preis für den freien Abzug der eidbrüchigen Unterführer und ihrer Männer."
 

Das erklärte, warum an den meisten Leichen so auffällig wenig Blut zu sehen gewesen war: sie waren durch Erdrosseln hingerichtet worden. Hamarem versuchte, die Gedanken an die Toten zu verdrängen. Jetzt war wohl wichtiger, so schnell wie möglich die Zelte abzubauen und abzuziehen, bevor Terhan auf die Idee kam, daß das Leben der vier Aufständischen das Leben Ashans doch nicht aufwog.
 

*
 

Innerhalb einer guten Stunde war nahezu das halbe Banditenlager und die Reste des Gefangenenlagers abgebaut und der Schatz wie vereinbart zwischen den Anführern aufgeteilt worden. Männer, die die Bande verließen, erhielten stets ihren Teil der Beute. Nefut hatte allerdings ausgehandelt, daß seine Männer nur einen geringen Teil des Schatzes in Münzen erhielten und die Gruppe statt dessen außerdem Zelte und Vorräte, elf Pferde, zwei Kamele und ein Schwert bekam. Das Schwert war für Hamarem bestimmt.
 

"Herr, ich brauche kein Schwert. Mein Dolch hat mir bisher gute Dienste geleistet", wandte Hamarem ein, als Nefut es ihm, das Heft voran, reichte. Alles in Hamarem sträubte sich dagegen, das Schwert zu ergreifen.
 

"Wenn du dich mit uns anwerben lassen willst, wirst du es tragen müssen", entgegnete Nefut leise aber unnachgiebig. "Ansonsten steht dir natürlich frei, deiner eigenen Wege zu gehen."
 

"Herr!" wandte Hamarem vorwurfsvoll ein. Es wäre ihm niemals eingefallen, Nefut zu verlassen, und da Nefut den jungen Darashy mit sich nehmen würde, gab es für Hamarem noch einen Grund, weiterhin seinem Herrn zu folgen. Hamarems eigenes Schicksal war mit dem Amemna Darashys verbunden, das war durch den jüngsten Traum von der geflügelten Schlange mehr als klar geworden.
 

Doch dann wurde Hamarem bewußt, was Nefut gesagt hatte. Er und alle, die mit Nefut das Banditenlager verließen, würden sich in Nemis von den Hannaiim anwerben lassen und in einen Krieg ziehen. Es blieb ihm also anscheinend nichts anderes übrig, als das Schwert zu nehmen. In Nefuts Hand sah es nach nicht mehr als einem lackierten Stock aus. In das Heft waren Falken geschnitzt, das Zeichen der Tashrany.
 

Hamarem atmete tief ein, versuchte, mit der Luft zugleich Mut zu fassen und griff nach dem schön verzierten Heft. Es lag gut in der Hand und würde ihm durch die Schnitzereien auch in feuchtem Zustand nicht leicht wegrutschen. Feucht vom Blut der Männer, die er damit töten würde. Hamarem fiel es schwer, das Aufsteigen der Übelkeit einzudämmen und er war froh, neben seinem Pferd zu stehen. Er steckte das Schwert zu seinem Gepäck hinter den Sattel. Noch konnte keiner von ihm verlangen, daß er das Mordinstrument tatsächlich am Körper trug. Dann schwang er sich auf sein Pferd.
 

Amemna Darashy wurde ebenfalls auf ein Pferd gesetzt, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Hamarem war sicher, daß Nefut vorhatte ihn freizulassen, aber nur als Nefuts Gefangener war sichergestellt, daß der junge Mann nicht doch noch Terhan in die Hände fiel und als Sklave verkauft wurde. Nefuts Besitz würde keiner von Terhans Männern anrühren. Und Nefut verließ mit seinen neun Männern und einem Gefangenen, dessen Pferd Hamarem am Zügel führte, das Lager der Banditen.
 

* * *
 



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