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Shinigami Haken Kyoukai desu - Shinigami Dispatch Society

von

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Das Problem mit dem Wasser

Als Nakatsu am nächsten Morgen erwachte, war es nicht wegen den einfallenden Sonnenstrahlen, sondern wegen einem erschrockenen Aufschrei dicht an seinem Ohr.

Er lag noch immer in der gleichen Position, in der er auch eingeschlafen war. Ganz nah bei Lily, welche ihn doch in der Nacht umgehauen hatte.

Der Aufschrei ließ ihn jedoch sofort mit einem Schlag wach werden und senkrecht im Bett sitzen. War es überhaupt seines? Er erinnerte sich nicht daran, dass er schwarzes Bettzeug besaß. Seine Gedanken rasten und deutlich merkte er, dass sein Gehirn noch im Tiefschlaf war. So geweckt zu werden, war einfach nur grausam.

Verschlafen rieb er sich über die Augen und die Erinnerung an die vergangene Nacht kehrte zurück.

Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er schaute verschlafen in Lilys gerötetes und erschrockenes Gesicht, während sie die Decke fest an ihren Körper presste. Es war ihr verdammt peinlich. Mehr als das sogar. Ihm machte es jedoch nicht so viel aus, wenn man seinem Grinsen nach urteilte.

Lily starrte ihn nur an und ihr Gesicht hatte, wenn das überhaupt möglich war, an Farbe zugenommen.

„Guten Morgen, Prinzessin auf der Erbse!“, grinste Nakatsu, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und setzte sich im Schneidersitz hin.

Lily saß einfach nur auf dem Bett und starrte ihn entgeistert an. In ihrem Blick konnte man deutlich die Verwirrtheit und auch die Scham sehen.

„Jetzt guck doch nicht so, als wäre ich der böse Wolf, der das Rotkäppchen frisst“, lachte Nakatsu, stand vom Bett auf und streckte sich ausgiebig. Er strich Lily durch die unordentlichen Haare. „Wir sollten uns langsam fertig machen, wenn wir nicht zu spät zur Schule kommen und von Spears eine Strafarbeit aufgebrummt kriegen wollen.“

Mit diesen Worten verließ er das Schlafzimmer und ging auf die Terrasse. Es dauerte nicht lange, bis auch Lily nach draußen kam. Sie hielt ihn am Ärmel fest.

„Was ist gestern Nacht passiert?“, fragte sie und in ihrer Stimme konnte man deutlich hören, dass sie Angst hatte, dass etwas passiert war, was nicht hätte passieren sollen.

Ein freches Lächeln stahl sich auf Nakatsus Gesicht und er zwinkerte ihr zu. Mit einem Bein war er schon auf dem Geländer.

„Das verrate ich dir später“, antwortete er ihr, stellte sich auf das Geländer und sprang zu seiner Terrasse herüber.

Ohne einen weiteren Blick auf Lily zu werfen, ging er in sein Apartment und schloss die Tür zum Balkon.

Ihr Anblick warf ihn aus der Bahn und innerlich atmete er erleichtert auf. Wie kam er nur dazu, sie Prinzessin auf der Erbse und Rotkäppchen zu nennen? So eine Anrede war vollkommen untypisch für ihn.

Er warf einen Blick auf die Uhr, die ihm deutlich anzeigte, wie spät es war. Wollte er nicht zu spät kommen, musste er sich beeilen. Das Frühstück musste wohl ausfallen.

Schnell putzte er sich die Zähne und frisierte seine Haare, ehe er sich die Uniform anzog und die Wohnung verließ.

Im Flur traf er auf Lily, die auf ihn zu warten schien.

„Was machst du denn noch hier, Alice?“, fragte er überrascht, konnte sich ein Grinsen jedoch nicht verkneifen, „Bist du nicht schon viel zu spät?“

„Das sagt mir gerade der Richtige, weißes Kaninchen. Lauf lieber schnell los, bevor die rote Königin dir den Kopf abschlägt“, gab sie neckisch zurück.

Nakatsu sprang kurz in die Luft und rannte um sie herum. „Zu spät! Zu spät! Ich bin zu spät!“

Lily lachte kurz auf und schüttelte ungläubig den Kopf dabei.

„Okay, Spaß beiseite, Hutmacher“, lachte sie und ihre Stimme wurde ernster, „Wieso lagst du neben mir? Was ist passiert?“

„Hast du deshalb auf mich gewartet, Däumeline?“

Lily boxte Nakatsu leicht in die Schulter. „So klein bin ich nun auch nicht!“

Zusammen gingen sie die Treppen hinunter. Ihre Schritte waren schnell und zügig, da es nur noch fünfzehn Minuten bis zum Unterrichtsbeginn waren.

„Also“, begann Nakatsu auf dem Weg nach unten, „Ich hätte niemals neben dir geschlafen, wenn du mich nicht wie Dornröschen in den Tiefschlaf versetzt hättest.“

„Ich?!“, stieß Lily empört aus, „Was habe ich damit zu tun?“

„Nachdem das kleine Schneewittchen eingeschlafen war, hab ich es ins Bett getragen, zum Dank hat es mich umgehauen und nicht mehr losgelassen.“

„WAS?“ Lilys Augen waren geweitet und ihr Gesicht hatte die Farbe einer überreifen Tomate angenommen. „Wieso hast du mich nicht geweckt?“

„Weil du wie Dornröschen gepennt hast. Was hätte ich tun sollen? Dich wachküssen?“ Letzteres betonte er absichtlich so, als würde ihm der Gedanke missfallen. Er verschwieg besser, dass er am gestrigen Abend mit dem Gedanken gespielt hatte.

„Garantiert nicht, Romeo!“ Lily schnaubte abfällig.

„Also beschwer dich nicht, Julia!“

Lily grummelte leise etwas, was Nakatsu nicht verstand.

Sie kamen beide in den Eingangsbereich, in dem sich eine große Traube von Shinigami versammelt hatte und neugierig auf das Informationsbrett starrte.

„Was ist denn da los?“, fragte Lily leicht verwirrt.

„Keine Ahnung, lass uns lieber gehen. Wir kommen zu spät.“

„Ach was!“, wehrte sie ab, „Sieh nur, Mr. Spears steht auch dort. Wenn wir uns beeilen, sind wir vor ihm im Unterricht.“

Nakatsu seufzte, gab aber nach und folgte ihr zum Informationsbrett. Er drängte sich durch eine freie Lücke nach vorne und überflog das rote Blatt mit der weißen Schrift.

„Was?!“, stieß Nakatsu ungläubig aus, „Ein Rohrbruch in der elften Etage! Ein Wasserschaden in der zehnten und elften Etage!?“

„Nicht nur das“, sagte Lily, „Die Leute aus der elften Etage werden mit auf die zwölfte Etage aufgeteilt und die aus der zehnten Etage mit auf unsere!“

Nakatsu nickte und las sich die Namensliste durch, wer ab sofort mit in den Zimmern war.

„Das ist ja großartig“, sagte eine vertraute Stimme und ließ beide zusammenzucken.

Ein Blick zur Seite verriet, dass es Lilys Mentor Ronald Knox war. Er hatte sich unbemerkt neben Lily gestellt.

„Es ist nicht mal nach Geschlechtern getrennt“, stöhnte Lily, als sie auf der Liste sah, dass sie sich das Zimmer mit einem ihr unbekannten Shinigami teilen musste.

„Was?!“, stieß Ronald aus und warf einen Blick auf die Liste.

„Das kommt gar nicht in die Tüte!“, rief Nakatsu empört, „Du bist eine Frau! Das geht doch gar nicht!“

Lily rollte mit den Augen. „Ist ja auch kaum zu übersehen, dass ich eine bin. Aber so wie es aussieht, hab ich keine Wahl.“

„Du schläfst garantiert nicht mit einem fremden Mann in einem Zimmer! Wer weiß, was alles passieren kann! Er könnte dich überfallen, vergewaltigen, ausrauben oder oder oder!“ Nakatsu hatte sich in Rage geredet. Die Vorstellung, dass sie das Bett mit einem Fremden teilte, machte ihn wütend.

„Komm runter!“, sagte sie ruhig, „Er wird garantiert nicht neben mir im Bett schlafen, sondern auf dem Sofa und ich kann ja die Schlafzimmertür abschließen. Außerdem kann ich mich gut alleine verteidigen.“

„Vielleicht können Sie ja mit der Verwaltung reden, dass eine Frau in Ihr Zimmer kommt oder zumindest eine Ihnen vertraute Person“, schlug Ronald Knox vor.

„Vielleicht kann ich ja in dein Zimmer ziehen?“, überlegte Nakatsu, „Du kennst mich immerhin und du bist nett, stubenrein, hübsch….“ Schnell merkte Nakatsu, dass er ins Schwärmen geriet und räusperte sich verlegen.

„Klingt ja fast so, als wäre ich ein Tier…Na toll.“ Lily verschränkte die Arme und rollte mit den Augen.

Ronald kicherte leise. „Reden Sie nachher einfach mal mit der Verwaltung. Vielleicht ist ein Wechsel möglich. Aber ich muss jetzt los und Sie beide sollten auch schnell zum Unterricht.“

Lily und Nakatsu nickten und liefen los, ehe sich William auf den Weg machen konnte.
 

Nach diesem Morgen verging der Rest des Tages wie im Fluge und vor allem die Mittagspause war schnell vorbeigegangen. Nakatsu hatte es sogar geschafft, mit der Verwaltung zu reden und eine Zusage zu bekommen, mit Lily das Zimmer zu teilen. Ihm war auch schon ein Zweitschlüssel ausgehändigt worden. Lily wusste von alldem noch nichts. Er wollte sie am Abend mit dieser Botschaft überraschen.

Es stand nur noch eine Schulstunde auf dem Plan: Schwimmunterricht und das auch gleich zwei geschlagene Stunden.

Jeder schien sich zu freuen und es wurde sich eilig umgezogen, damit der Unterricht beginnen konnte.

Die Badehosen seiner Kollegen waren bunt gemischt und auch unterschiedlich geschnitten.

Seine Schwimmhose war dunkelblau und ähnelte vom Schnitt her einer längeren Unterhose. Seine Kleidung verstaute er in einem der Schließfächer, nahm ein Handtuch und ging in die Schwimmhalle. Er fragte sich ja, was Lily tragen würde. Vielleicht einen Einteiler oder doch einen Zweiteiler?

Die Frage wurde Nakatsu sofort beantwortet, als er die Halle betrat.

Lily hatte sich gar nicht umgezogen und stand in der Uniform in der Halle. Sie hatte sich lediglich das Jackett aus- und einfache Sandalen angezogen, um nicht auf den kalten und nassen Fliesen laufen zu müssen.

Sofort legte Nakatsu sein Handtuch zu denen der anderen und ging zu ihr.

Seine Kollegen löcherten sie bereits mit Fragen, die sie einfach nicht beantworten wollte.

William T. Spears war noch nicht da.

„Hast du deine Tage oder was?“, hörte er jemanden sagen.

„Oder ist es dir nur zu peinlich, Haut zu zeigen?“

Die anderen Jungs umkreisten sie förmlich. Es war schlimmer als bei einem Rudel hungriger Wölfe.

„Hey, lasst sie in Ruhe“, mischte er sich ein und stellte sich schützend an ihre Seite, „Ihr geht es nicht so gut. Sie hat ein wenig Fieber.“

„Ach ja?“, fragte einer ungläubig und trat aus der Gruppe hervor, „Das will ich testen.“

Er stellte sich direkt vor Lily hin, die ihn ängstlich ansah, dann legte er eine Hand auf ihre Stirn.

„Fieber ist keins da. Im Gegenteil. Du siehst sogar ziemlich gut aus für eine kranke Person.“

Deutlich konnte Nakatsu sehen, wie sie ängstlich schluckte. Er hatte sie nicht in Schwierigkeiten bringen wollen.

„Dann wird es Zeit für eine Bestrafung!“, rief ein anderer.

Sofort wurde Lily von zwei Jungs an den Armen gepackt und zwei andere hoben ihre Beine hoch.

„Hey! Lasst mich runter! Hört sofort auf damit!“, rief sie und versuchte sich zu befreien.

Nakatsu wollte ihr helfen, doch ein anderer hielt ihn zurück.

Die Gruppe bewegte sich auf den Beckenrand zu.

Im Chor wurde „Bestrafen“ gerufen und zur Anfeuerung geklatscht.

Je näher sie dem Beckenrand kam, desto mehr fing Lily zu zappeln an. Sie rief immer lauter und er hörte deutlich einen ängstlichen Unterton.

Am Beckenrand angekommen, blieben sie stehen und begannen, Lily hin und her zu schaukeln.

„Eins!“, rief die Gruppe im Chor und Lily wurde zum Wasser hin geschaukelt.

„Zwei!“ Sie wurde zurück gependelt.

„Drei!“ Ein letzter Schwung wurde genommen und die Gruppe warf sie mit aller Kraft soweit es ging in das Becken hinein.

Es gab ein lautes platschendes Geräusch, als sie fast mittig im Becken auf das Wasser auftraf. Das Wasser schwappte unruhig auf und nieder und trat über den Beckenrand.

Die Tiefe des Beckens war gut drei Meter.

Ihre Gestalt war unter Wasser nur schwer zu erkennen, doch konnte man sehen, dass sie unruhig zappelte.

„Was ist hier los?“, fragte plötzlich die kalte Stimme von William T. Spears.

Sofort wurde Nakatsu losgelassen und er musterte den Shinigami in seiner schwarzen Badehose.

Es war ein befremdlicher Anblick, den Ausbilder so zu sehen. Sein Oberkörper war nackt und seine Beine, die einen Überzug feinen Haarflaums hatten, waren frei zu sehen.

Nakatsu musste sich ein Grinsen verkneifen. Diese Aufmachung stand ihm gar nicht.

„Nichts…“, murmelte jemand, doch wurde seine Lüge sogleich von Lily aufgedeckt, die mit einem lauten Platschen und Luftschnappen aus dem Wasser auftauchte.

„Lily!“, rief Nakatsu panisch und sah sofort zu der Stelle, an der sie abgetaucht war.

Lily schnappte nur kurz nach Luft ehe sie wieder unter die Wasseroberfläche und zu Boden sank.

Wieso tauchte sie nicht auf und schwamm zurück ans Becken?

Nervös sah Nakatsu auf das sich stark bewegende Wasser. Kleine Luftblasen stiegen auf.

„Das sieht mir gar nicht nach Nichts aus. Ich will eine sofortige Erklärung!“, sagte die kühle Stimme von William.

Es schien fast so, als könnte Nakatsu den kalten Blick spüren, mit dem er die Gruppe musterte. Undeutliches Nuscheln brach aus. Niemand wollte Ärger bekommen. Aber es interessierte ihn nicht. Er wollte nur, dass Lily so schnell es ging auftauchte.

„Shinamoto!“, hörte er die Stimme des Ausbilders sagen, „Was ist passiert?“

Nakatsu wandte nur ungern den Blick ab und schilderte in knappen Worten, was geschehen war. Kaum hatte er geendet, fiel William T. Spears in eine Schimpftirade aus und verhängte Strafarbeiten über die Gruppe.

Nakatsu hörte nur mit halbem Ohr zu. Langsam, aber sicher stieg Panik und Angst in ihm auf. Sein Herzschlag ging schnell. Selbst sie als Shinigami brauchte Luft, auch wenn sie als übermenschliches Wesen länger die Luft anhalten konnte.

Nur noch vereinzelt stiegen Luftblasen auf, wurden jedoch immer weniger. Selbst das Wasser war wieder zur Ruhe gekommen und auch William sah besorgt auf die Oberfläche.

Die letzte Luftblase war schon aufgestiegen, doch Lily machte noch immer keine Anstalten, aufzutauchen.

Als hätte man ihm einen Schlag verpasst, ging Nakatsu ein Licht auf.

„Oh verdammt!“, rief er, rannte auf den Rand zu und sprang mit dem Kopf voraus in das Wasser, noch ehe er den Beckenrand überhaupt erreicht hatte.

Das Wasser traf kühl auf seine Haut und für wenige Sekunden setzte sein Herz aus, schlug dann aber schnell weiter. Als er auftauchte, prustete er das Wasser aus und schwamm in schnellen Zügen zu Lily.

„Mr. Shinamoto, kommen Sie sofort hierher! Miss McNeil wird schon von alleine auftauchen!“, rief William erzürnt vom Rand aus.

„Nein!“, rief er zurück, „Sie wird nicht von alleine auftauchen! Sie kann nicht schwimmen!“

Nakatsu hätte meinen können, dass die Stimmung in der Gruppe von Gehässigkeit in Fassungslosigkeit umschlug. Vielleicht bildete er es sich auch nur ein, aber er glaubte zu hören, dass selbst William T. Spears scharf die Luft einzog.

Er holte ein letztes Mal Luft und tauchte ab.

Das Wasser rauschte in seinen Ohren und brannte in seine Augen, als er sie vorsichtig öffnete. Nakatsu konnte ihre Gestalt ausmachen, schwamm ein wenig tiefer, packte sie unter den Armen und stieß sich am Boden ab, um wieder auftauchen zu können.

Er durchdrang die Wasseroberfläche und schnappte nach Luft.

Lily gab keinen Laut von sich. Er packte sie um die Hüfte und schwamm auf dem Rücken zurück an den Rand.

William hatte sich hingekniet und nahm Lily entgegen. Er zog sie schnell aus dem Wasser und legte sie ruhig auf den Boden.

Schnell stieg Nakatsu aus dem Wasser und kniete sich auf die andere Seite neben Lily.

William versuchte bereits, sie anzusprechen, doch sie gab keine Reaktion von sich.

„Sie atmet nicht!“, stieß er leise hervor, jedoch hörte Nakatsu es deutlich, „Shinamoto, Sie machen Mund-zu-Mund-Beatmung und ich mach die Herzmassage!“

Nakatsu nickte und William legte ihren Kopf leicht in den Nacken.

„Halten Sie die Nase zu und dann beatmen Sie sie“, erklärte William und sah genau zu, „Los!“

Ohne zu zögern, hielt er ihr die Nase zu und presste seinen Mund auf ihren. Als er sich löste, legte William seine Hände zwischen ihre Brüste, genau auf die Stelle, wo das Herz war und drückte auf den Brustkorb.

„Komm schon…“, murmelte Nakatsu, „Halt durch!“

Gerade als er sich erneut über sie beugen wollte, riss Lily die Augen auf, drehte sich zur Seite und hustete einen Schwall Wasser aus. Ihre Lunge versuchte gleichzeitig Luft zu atmen, während sie das Wasser ausspuckte.

Erleichtert atmete Nakatsu aus und auch William stieß einen erleichterten Seufzer aus. Er stand schnell auf, holte sein Handtuch und legte es ihr um die Schultern.

Als Lily ihn dankend ansah, konnte er deutlich erkennen, wie mitgenommen sie war und dass sie Angst gehabt hatte. Er konnte diesen Blick nicht ertragen.

„Lily, du bist keine Meerjungfrau! Du kannst nicht unter Wasser atmen!“, neckte er sie sofort und erntete einen amüsierten, aber noch immer mitgenommenen Blick.

Sie schlang sich das Handtuch enger um den Körper, während von ihren Haaren Wasser tropfte und ihre Kleidung nass an ihrer Haut klebte. Die weiße Bluse war durchsichtig geworden und ihre blasse Haut schimmerte durch.

„Das weiß ich auch, Froschkönig.“, gab sie zur Antwort.

Immerhin war ihr Humor nicht verloren gegangen.

„Geht es dir gut?“, fragte er nun vorsichtig und wieder ernster. Nakatsu legte schützend einen Arm um sie, während Lily schwach nickte.

„Mr. Shinamoto, bringen Sie Miss McNeil auf ihr Zimmer. Sie beide sind vom restlichen Unterricht befreit.“, sagte William und richtete sich auf. Sofort ging er zu seinem Klemmbrett und machte eine Notiz darauf. „Miss McNeil, wenn es Ihnen besser geht, gehen Sie zu Ihrem Mentor und sagen Sie ihm, dass er Ihnen Schwimmunterricht geben soll.“

Nakatsu half Lily beim Aufstehen und nickte nur, als Zeichen, dass er die Anweisung verstanden hatte und auch Lily nickte William zu.

Gemeinsam verließen sie die Halle. Er holte lediglich seine Sachen aus dem Spind, während Lily auf ihn wartete. Er machte sich nicht die Mühe, sich umzuziehen. Es war ihm egal, dass er nass war und mit nacktem Oberkörper durch die Gegend lief.

Als er seine Sachen geholt hatte, legte er einen Arm um Lily und führte sie auf ihr Zimmer. Sie hielt noch immer sein Handtuch fest umschlungen.
 

Der Tag neigte sich dem Ende zu und die Shinigami traten ihren wohlverdienten Feierabend an, wenn nicht gerade wieder so viel zu tun war, dass Überstunden gemacht werden mussten. Leider war es eine Seltenheit, dass keine anfielen und man die Society pünktlich verlassen konnte.

Nakatsu war in seinem Zimmer und packte seine Sachen zusammen. Alles, was er für die eine Woche brauchen würde, hatte er in eine Tasche gepackt. Er faltete seine Decke zusammen und legte das Kopfkissen mit drauf.

Nun war alles fertig und die anderen beiden, fremden Shinigami konnten sein Zimmer haben.

Mit einem letzten Blick suchte er den Raum ab und ging in Gedanken seine Sachen noch einmal durch, ob er auch nichts vergessen hatte. Er hatte Kleidung, Bücher, Schulmaterial, Geld und seine Sachen fürs Bett.

Zufrieden nickte Nakatsu, warf sich seine Tasche über die Schulter, nahm das Bettzeug, verließ sein Zimmer, welches er noch aufgeräumt hatte und ging zur Nachbartür.

Seine Sachen balancierte er kurz auf seinem linken Arm, während er in seiner Hosentasche nach dem Zweitschlüssel kramte.

Nakatsu schob den Schlüssel in das Schloss, drehte ihn herum und zog die Tür auf.

„Heeeeyyyy!“, rief er erfreut und strahlte über das ganze Gesicht, während Lily ihn überrascht und verwirrt ansah, „Vielen Dank für die Herberge!“

Er trat in das Zimmer ein, legte seine Sachen auf das Sofa ab und setzte sich.

„Nakatsu…“, begann Lily noch immer recht durcheinander, „Was machst du hier? Was ist mit dem aus der zehnten Etage? Sollte nicht jemand anderes zu mir ins Zimmer kommen?“

„Das war so“, begann Nakatsu, sah zur Seite und mied es, Lily direkt anzusehen.

Er überlegte fieberhaft, wie er es ihr am besten sagen sollte und legte den Kopf ein wenig schief. Immerhin konnte er schlecht sagen, dass er den Shinigami auf Knien angebettelt hatte, mit ihm zur Verwaltung zu gehen und einen Zimmertausch vorzuschlagen. Nervös fuhr er sich durch die Haare und ihm kam eine zündende Idee. Sofort sah er Lily wieder an und lächelte frech und zufrieden.

„Er hatte mich gefragt, ob ich zu dir ins Zimmer möchte“, sagte er dann schlicht und nickte nachdrücklich.

Lily seufzte kurz und zog die Schultern hoch. „Mir egal, solange es keine Probleme gibt. Ich bin dann unter der Dusche.“

Kurz ging sie ins Schlafzimmer, um sich frische Kleidung zu holen, ehe sie in das Badezimmer ging und die Tür hinter sich zu zog.

Nakatsu wartete auf das Geräusch, das ihm zeigte, dass sie abgeschlossen hatte, aber es blieb aus. Offenbar hatte sie es vergessen oder sie vertraute ihm soweit, dass er nicht hereinkommen und spannen würde.

Es dauerte nicht lange bis er deutlich den Laut von plätscherndem Wasser in der Dusche hören konnte. Gebannt starrte er auf die Tür und lauschte den Geräuschen.

Die Versuchung war groß, die Tür zu öffnen und nur einen kurzen Blick auf ihre nackte Haut zu werfen. Wenn er es leise anstellte, würde Lily es nicht einmal bemerken. Es war verlockend, sie zu ärgern, aber er schaffte es, seinen Blick von der Tür zu nehmen und wandte dem Badezimmer den Rücken zu.

„Nein, nein, nein, nein.“, murmelte er und verschränkte trotzig wie ein kleines Kind die Arme. Doch ein Blick über die Schulter zur Tür ließ sich nicht vermeiden.

„Komm runter“, flüsterte er zu sich selbst, „Sie ist deine Freundin. Du hast extra getauscht, um ausschließen zu können, dass mehr ist. Genau. Es gibt also keinen Grund nervös zu sein.“

Nakatsu schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Plötzlich kam ihm ein Gedanke.

Was wäre, wenn er hineingehen würde, sich schnell irgendetwas aus der Dusche nahm und einen kurzen Blick auf ihren Körper warf? Natürlich würde sie ihm eine Standpauke halten und anschreien, aber danach würde er mit Sicherheit wissen, was mit ihm los war.

Das Risiko, dass sie ihn anschreien würde, musste er in Kauf nehmen.

Nakatsu wandte sich um und ging zielstrebig auf die Tür zu. Auf seinem Gesicht war ein breites und selbstzufriedenes Grinsen. Die Idee gefiel ihm und er war stolz auf diesen Einfall.

Kurz bevor er die Tür erreichte, ging sie auf und Lily kam frisch geduscht heraus, zusammen mit ein wenig Wasserdampf.

Sie hatte ihn nicht bemerkt, da ihre Sicht von einem Handtuch verdeckt wurde, mit dem sie ihre Haare trocken rieb. Ihre Kleidung bestand nur aus einer alten Hose und einem Oberteil.

Schnell drehte sich Nakatsu um und tat so, als würde er etwas in seiner Tasche suchen.

„Du warst aber schnell…“, bemerkte er und hoffte, dass es ganz belanglos und beiläufig klang. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und kalter Schweiß rann seinen Rücken hinunter. Seine Körpertemperatur war um einige Grad gestiegen. Erleichtert atmete er leise aus und war froh, dass sie nichts bemerkt hatte.

Lily ging an ihm vorbei und setzte sich an den Schreibtisch. Sie sagte kein Wort und das Schweigen machte ihn nervös.

Sein Blick war ununterbrochen auf sie gerichtet, während Lily sich über ein Buch gebeugt hatte und nachdenklich mit dem Stift in der Hand spielte.

„Nakatsu?“, fragte sie plötzlich und drehte sich etwas auf dem Stuhl herum, so dass sie ihn ansehen konnte, „Sag mal, kann es sein, dass du verliebt bist?“

„Ich bin nicht verliebt!“, stieß er ohne zu zögern erschrocken aus, kaum dass sie die Frage gestellt hatte. Deutlich spürte er seinen schnellen Herzschlag und fühlte sich bei etwas ertappt, was gar nicht sein konnte. Er starrte sie an und wusste genau, dass seine Reaktion viel zu schnell und zu heftig gekommen war. Nervös sah er zu Boden und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. „Ähm…wie kommst du darauf?“

Lily legte den Stift zur Seite und drehte sich soweit es ging auf dem Stuhl und mit ihrem Oberkörper herum, dass sie ihn genauer ansehen konnte.

„Naja…es ist nur so, dass die Jungs mir erzählt haben, dass du verliebt seist und ich bin ein bisschen neugierig geworden.“ Verlegen lächelte sie ihn an, stand auf und ging ins Badezimmer. „Also? Ist an dem, was sie gesagt haben, was dran?“, rief sie aus dem Badezimmer heraus und kam nur wenige Sekunden später wieder. In der Hand hielt sie eine Haarbürste und kam direkt auf das Sofa zu. Geschmeidig setzte sie sich im Schneidersitz hin und bürstete ihre nassen Haare. „Also? Ich warte auf eine Antwort. Stimmt es? Wenn ja, wer ist sie oder er?“

Nakatsu beobachtete sie dabei, wie sie in gleichmäßigen Abständen mit der Bürste durch ihre Haare ging. „Ähm….“

„Hör auf, mich so anzusehen!“, sagte sie plötzlich und hielt in ihrer Tätigkeit inne.

„Was meinst du? Wie sehe ich dich denn an?“, wollte er wissen und sah sie perplex an. Nakatsu war sich sicher, dass er sie nicht angestarrt hatte.

„Du weißt schon. So, als ob ich ein Außerirdischer wäre!", murrte Lily, „Oder auch so, als ob du in mich verliebt wärst!"

„Nein, ich bin nicht verliebt!“, stieß er erneut aus und auch diesmal kam die Reaktion viel zu schnell und viel zu erschrocken.

„Wirklich?“, hakte Lily nach und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, „Wie gesagt, die Jungs sagten, du seist verliebt. Das Gerücht geht in der ganzen Klasse herum. Es wundert mich, dass du nichts davon mitbekommen hast. Aber in der Klasse geht noch ein ganz anderes Gerücht herum.“

„Was denn noch für eins?", wollte er unbeeindruckt wissen, doch innerlich wollte er wissen, wie schlimm es war.

„Naja…“, begann Lily und legte die Haarbürste zur Seite, „Einige denken, dass du…“

„Was denken sie?“, fragte Nakatsu neugierig und beugte sich ein wenig zu Lily herüber. Sein Blick war nur auf das Mädchen vor ihm gerichtet, während sein Gesicht sich leicht rötete und sein Herz schneller schlug.

„Sie sind viel zu nah an Miss McNeil, Mr. Shinamoto“, unterbrach plötzlich jemand seine Gedanken und Nakatsu fuhr erschrocken zurück.

In der Tür stand Lilys Ausbilder Ronald Knox. Unter seinen Armen hatte er Decke und Kissen geklemmt und in der Hand hielt er eine kleine Tasche. Er trat in das Zimmer ein und ging auf das Sofa zu.

Nakatsu glaubte auf dem Gesicht von Mr. Knox eine leichte Röte zu erkennen, aber als er seine Sachen abgelegt hatte und sie beide ansah, war nichts davon zu sehen.

„Was…was machen Sie denn hier, Mr. Knox?“, fragte Lily verwirrt.

„Ich werde die Woche ebenfalls hier verbringen und aufpassen, dass nichts passiert.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  AkaiOkami
2013-09-03T15:13:46+00:00 03.09.2013 17:13
Ich find das ziemlich lustig wo lily halb ertrinkt und Will erst so ganz ruhig ist und dann auch panik Bekommt XD
Von:  DanteVale
2012-06-01T21:53:22+00:00 01.06.2012 23:53
ich kann mich nur anachließen echt gut geworden
ich freue mich jetzt schon auf Kapitel 6
Von:  fahnm
2012-06-01T19:34:18+00:00 01.06.2012 21:34
Wow!
Hammer Cool^^


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