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Sehnsüchtiges Herz

(Zorrobin)
von

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Zivillist

Zorro
 

New Jersey

10. Mai 2012, 23:18 Uhr

„Alles okay?“

Völlig übermüdet – sowohl physisch als auch psychisch – blicke ich in die besorgten blauen Augen meines langjährigen Freundes und Kameraden. In dem hellen weißen Licht des Eingangsbereiches zeichnen sich tiefe dunkle Ringe unter seinen Augen ab. Die anstrengende Reise ist auch bei ihm nicht spurlos vorüber gezogen. Aber wen wundert es? Ein Blick auf meine Armbanduhr und ein kurzes Rechnen besagt mir, dass wir seit nun mehr drei Tagen unterwegs sind. In dieser ganzen Zeit haben wir immer mal wieder für ein paar Stündchen schlafen können, ob nun im Flugzeug oder im Auto.

„Jetlag“, antworte ich schließlich, wobei es ja noch nicht einmal gelogen ist. Mal abgesehen vom Nordatlantik sind wir bestimmt über zwölf oder dreizehn Länder hinweg geflogen. Doch der wahre Grund, warum ich in den letzten sieben Stunden kaum einen Mucks von mir gegeben habe und nun – mehr oder weniger – zögere in eines der Taxis zu steigen, die vor dem Newark International Airport auf Reisende warten, ist die ungewisse Zukunft, die vor mir liegt.

„Weißt du denn, wo du für heute Nacht unterkommen kannst?“

Und da ist sie – die im Augenblick dringlichere Frage.

Bereits auf dem Weg von Fort Hood nach Houston habe ich mir schon Gedanken dazu gemacht, da es für Sanji außer Frage stand wieder nach New York zurückzukehren. Denn hier leben seine Schwester und sein Schwager sowie unsere Freunde. Aber im Gegensatz zu ihm weiß ich nicht mit Sicherheit, wo ich die nächsten paar Tage bleiben könnte, bis ich eine Unterkunft für mich gefunden habe.

Vor vier Jahren noch hatte ich zusammen mit meiner damaligen Freundin in einem Lagerhaus am New York Harbor gewohnt, dass wir mit vereinten Kräften in ein großräumiges Loft umgebaut hatten. Die Gegend macht zwar mit ihren vielen Lagerhäusern, Containern und Kränen nicht viel her, dafür aber war die Miete immer recht günstig. Auch war das Loft stets immer Dreh- und Angelpunkt, wenn es hieß eine Party zu veranstalten. Da war es immer egal, wie laut die Musik aufgedreht war oder wie viel Lärm wir selber veranstaltet hatten – es gab schließlich keine Nachbarn, die sich daran stören konnten.

„Vielleicht“, antworte ich leise, während sich mein Blick wie magisch nach Südosten richtet. Irgendwo hinter der Skyline von New Jersey, die mit ihren zahllosen Lichtern mit den nächtlichen Sternen wetteifert, liegt der Hafen – und für mich das einzige Zuhause, das seinem Namen auch wirklich gerecht wurde. Doch ob ich heute noch mit einem warmen Lächeln und einem strahlenden Funkeln in den Augen begrüßt werde, wage ich mal stark zu bezweifeln, wenn ich an die Art und Weise denke, wie ich die Beziehung beendet habe.

„Wenn es nicht klappen sollte“, reißt Sanji mich aus meinen Gedanken heraus, „dann melde dich bei mir. Für eine Nacht wird Nami mit Sicherheit noch Platz für dich haben.“

Ein kleiner Schimmer von Verständnis blickt mir aus seinen Augen entgegen.

Die wortlose Verständigung zwischen uns war auf unseren Missionen stets unsere größte Stärke. Selbst wenn wir außer Sichtweite waren und sich uns irgendwelche Hindernisse in den Weg stellten, wussten wir beide immer, was dem anderen gerade durch den Kopf ging. Von daher überrascht es mich absolut nicht, dass Sanji über mein – zugegeben – hirnrissiges Vorhaben Bescheid weiß.

„Sollte sie mir die Tür vor der Nase zuschlagen“, versuche ich die Situation ein wenig in die Komik zu ziehen, „geh´ ich zu Franky. Er hat bestimmt einen Platz für mich.“

Und selbst wenn nicht, füge ich noch in Gedanken hinzu, gibt es immer noch billige Absteigen. Ich würde nur ungern darauf zugreifen wollen, da ich schließlich nur allzu gut weiß, dass mich neben Schimmel, Kakerlaken, Wanzen und Flöhe auch Junkies und Huren erwarten würden. Aber die kleine 2-Zimmer-Wohnung von Nami und Ruffy würde bei vier Personen aus allen Nähten platzen.

„Okay, dann werde ich mich jetzt mal auf die Socken machen, bevor es noch später wird und Nami mir die Ohren lang zieht. Ruf mich an, sobald du ausgeschlafen hast.“

Umarmungen unter Männern sind nicht wirklich so unser Ding, weshalb wir uns mit einem freundschaftlichen Shakehands und einem kurzen Schlag auf die Schulter verabschieden, bevor Sanji mit seinem Armeerucksack in eines der Taxis steigt. Mir innerlich einen Ruck gebend, wende ich mich schließlich auch eines der wartenden Autos zu.
 

New York

11. Mai 2012, 00:13 Uhr

Normalerweise würde eine Fahrt vom Newark International Airport zur Columbia Street in New York etwa dreißig Minuten dauern … normalerweise. Aber New York trägt nicht umsonst den Titel „Die Stadt, die niemals schläft“. Obwohl es bereits nach Mitternacht ist, tummeln sich immer noch etliche Leute auf den Bürgersteigen herum. Bei den Meisten von ihnen handelt es sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um Touristen, die die Stadt bei Nacht erleben wollen – bei dem Rest eher um Partygänger, die von einer Diskothek zur anderen tingeln.

Den Titel trägt die Stadt aber wohl kaum wegen der Touristen, sondern eher wegen des nächtlichen Verkehrs. Rund um die Uhr sind auf den Straßen Taxis, Busse, Lieferanten und Müllabfuhren unterwegs. Und neben der großen Vielzahl an Ampelanlagen erschweren die etlichen Baustellen, die scheinbar an jeder Kreuzung zu finden sind und an denen auch nachts noch gearbeitet wird, das Weiterkommen. Dadurch erreichen wir auch erst nach einer halben Stunde mein Wunschziel.

Dem Namen nach würde jeder Mensch wahrscheinlich von der Columbia Street moderne Wohnhäuser oder Apartments erwarten mit einer Vielzahl an luxuriösen und vornehmen Geschäften. Doch dem ist nicht so. Stattdessen reihen sich diverse Lagerhäuser von zig Import-Export-Firmen, hiesigen Fischhändlern und Container-Händler aneinander. Darüber hinaus stehen überall verteilt einzelne Container und LKWs herum. Es ist also ein typisches Bild eines Hafengebietes – also ein Ort, an dem man nicht wirklich gerne wohnen möchte. Und doch ist es allemal besser, als über einer Diskothek zu wohnen, die ihre Türen bis morgens um sechs Uhr noch geöffnet hat.

Als wir damals auf der Suche nach einer neuen Wohnung waren, sind wir eher durch Zufall auf das Lagerhaus gestoßen. Es hatte bereits einige Monate leer gestanden bis ein paar Jugendliche auf die dumme Idee kamen dort einen Rave zu veranstalten. Das Ende vom Lied war dann allerdings, dass die Feuerwehr ausrücken musste, um noch einen Großbrand zu verhindern, und dass ein Sachschaden von insgesamt 310.000$ entstanden war. Dummerweise – und wie es bei einem Großteil der unteren Bevölkerungsschicht nun mal üblich ist – war von den Schadensverursachern kein Geld zu holen. Aus diesem Grunde hatten wir der Firma den Vorschlag gemacht, dass wir einen Teil der Sanierungskosten – wofür wir einen Kredit aufnehmen mussten – übernehmen und monatlich einen festen Mietpreis zahlen würden, wenn wir das Lagerhaus als Wohnung nutzen dürften. Zwar war Mr. Hammond, Besitzer von Hammonds Lagerhäuser und Container, zunächst nicht sehr angetan von dieser Idee. Doch die Aussicht auf regelmäßige monatliche Einnahmen war dagegen immer noch besser, als wenn das Lagerhaus wieder in Stand gesetzt werden würde, um womöglich danach weiter leerzustehen. Und mit der Zeit wurde Mr. Hammond zu einem angenehmen Vermieter, der immer mal wieder bei uns auf eine Tasse Kaffee vorbeikam und wir dann über Gott und Welt sprachen.

Mehrere Wochen völliger Eigenarbeit hatten anschließend die Sanierung und die Renovierung gedauert. Außenwände wurden isoliert; Fenster wurden eingebaut; neue Wände im Inneren wurden hochgezogen; Böden wurden verlegt; beide Badezimmer sowie die Hälfte der Küche wurden gefliest; Leitungen und Anschlüsse wurden installiert; Wasserrohre wurden neu verlegt und, und, und. Zwischenzeitlich hatten wir schon gedacht, dass die Arbeiten nie ein Ende nehmen würden. Aber zusammen mit unseren Freunden hatten wir es dann schließlich doch geschafft und das Loft mit einer riesigen Party anschließend würdig eingeweiht.

Die Erinnerungen an diese Zeit kommen mir vor, als seien diese aus einem ganz anderen Leben. Und im Grunde genommen ist es auch so, denn damals war ich noch kein Soldat. Damals hatte ich bislang noch nie eine Waffe in der Hand gehalten oder ein Armeemesser im Schaft meiner Schuhe getragen. Damals hatte ich meine Umgebung nicht nach verdächtigen Individuen abgesucht oder einem Menschen mit einer kräftigen Bewegung meiner Hände das Genick gebrochen. Kurz gesagt, damals war ich noch keine Tötungsmaschine.

Wenn man als Soldat ausgebildet wird und regelmäßig in Krisengebieten zum Einsatz kommt, bekommt man eine völlig neue Sichtweise von der Welt und man legt sich automatisch gewisse Angewohnheiten zu. So ist zum Beispiel der Nachbar von nebenan für viele einfach nur nett und hilfsbereit. Ich jedoch sehe in ihm eine potenzielle Gefahr, da er ja eventuell für irgendeine Mafia-Organisation arbeiten könnte. Ebenso könnte auch der Apotheker an der Ecke in seinem Hinterzimmer ein geheimes Drogenlabor führen oder die Oma, der man über die Straße hilft, könnte ein Spitzel irgendeiner terroristischen Gruppierung sein. Überall gibt es dann als Soldat nur noch Schwarzseherei. Und deshalb ist es auch kaum verwunderlich, dass meine Augen völlig unbewusst über all die schwarzen Schatten von Haus- und Containerwänden wandern, die sich als Versteck bestens eignen, während ich die Autotür hinter mir leise zuschlage. Es geschieht mehr aus einem Reflex heraus, dass ich meine Umgebung beobachte, wobei ich die Warnung von Major Thomas immer noch gut im Gedächtnis habe.

Es vergehen ein paar Minuten, in denen die Rücklichter des Taxis und das Motorenbrummen des Wagens in der Ferne verschwinden und ich den im Dunkeln liegenden Eingang vor mir einfach nur betrachte. Zweifel steigen in mir auf und lassen mich zögern. Unter anderen Umständen in einem anderen Land würde mich dieses Zögern wahrscheinlich das Leben kosten. Doch jetzt bin ich kein Soldat mehr, sondern nur ein einfacher Zivillist, der sich vorgenommen hat die Nacht über bei seiner Exfreundin zu schlafen, die wahrscheinlich – nebenbei bemerkt – nichts von meiner Rückkehr ahnt.

Was also nun?

Da hinter den großen Fabrikfenstern nicht der kleinste Schimmer zu sehen ist, gehe ich davon aus, dass sie schon längst am Schlafen ist. Soll ich also kurz mit dem Handy anrufen oder doch die Türklingel betätigen? Oder sollte ich vielleicht doch den Schlüssel benutzen, der noch immer neben den anderen diversen Schlüsseln an meinem Bund hängt? Aber was ist, wenn sie nicht alleine ist? Wenn sie mittlerweile einen neuen Partner hat, der mit ihr zusammen in diesem großen Eisenungetüm von Himmelbett liegt?

Allein schon der Gedanke daran, dass ein anderer Mann neben ihr liegen könnte – dass seine Hände über ihre weiche Haut streichen oder seine Lippen die empfindliche Stelle an ihrem Nacken küssen – presst mein Herz qualvoll zusammen, als würde es sich in einem Würgegriff befinden. Niemand außer mir selbst sollte eigentlich das Privileg ihres Körpers genießen dürfen … das Strahlen in ihren Augen, das Lächeln auf ihren sanften Lippen, das zarte Streicheln ihrer Hände, die Wärme in ihrer Stimme und in ihrem Lachen.

„Scheiße, verdammt!“, fluche ich halblaut in die Stille hinein, während ich mich innerlich noch als Idioten beschimpfe. Es war ein Fehler … ein verdammt großer Fehler hier aufzutauchen und darauf zu hoffen, dass sie mich empfängt. Was habe ich eigentlich erwartet? Dass sie nun ein Leben ohne einen Mann an ihrer Seite führen würde? Oder dass sie auf den Tag warten soll, an dem ich wieder zurückkehren würde?

„Vergiss´ mich einfach“, waren meine letzten Worte an sie. Und damals am Telefon habe ich es auch so gemeint. Mein Leben war zu gefährlich geworden – auch für sie. Aus diesem Grunde hatte ich es auch für sinnvoller gehalten, sämtliche Kontakte zu ihr abzubrechen und jede Verbindung, die zu ihr führt, zu verwischen. Nur die monatlichen Zahlungen auf ihr Konto hatte ich nicht eingestellt. Den Grund dafür hatte ich mir so eingeredet, dass es nicht fair von mir wäre, sie mit den ganzen Kosten für das Loft alleine zu lassen. In Wahrheit jedoch habe ich es nicht übers Herz bringen können auch die letzte Verbindung zwischen uns zu kappen. Sie ist – damals wie heute – immer noch mein Ein-und-Alles.
 

Ohne Vorwarnung geht plötzlich das Licht der kleinen Wandlaterne neben der Tür an und taucht den Eingangsbereich in ein grelles Licht. Mehrmals muss ich gegen die Helligkeit anblinzeln, da meine Augen noch an die Dunkelheit gewohnt sind, währenddessen ich ein mehrfaches dumpfes Klicken höre. Überrascht bemerke ich, wie sich daraufhin die Tür öffnet. Mein Herz vollführt vor Freude mehrere Saltosprünge, während ich den Anblick vor mir einfach nur sehnsuchtsvoll in mich aufnehme.

Nur mit einer kurzen weißen Pyjamahose und einem losen weißen Trägertop bekleidet, steht Robin unter dem Türrahmen und blickt mir entgegen. Ihr Lieblingsnachtzeug, wird mir sofort bewusst und es läuft mir heiß und kalt den Rücken herunter. Diese Sachen hatte sie immer nur dann getragen, wenn wir uns ein paar DVDs anschauten oder sie mit einer dicken Grippe im Bett liegen bleiben musste.

Äußerlich scheint sich Robin kaum verändert zu haben. Noch immer hat sie dieselbe sportliche Figur wie noch vor vier Jahren. Noch immer diese endloslangen Beine, die mich stets zu Höchstleistungen angespornt haben, sobald sie sich um meine Hüften geschlungen hatten. Noch immer dieselben schlanken Arme, deren Wärme ich heute noch auf meiner Haut spüren kann, wenn sie sich um meinen Nacken gelegt hatten. Und noch immer hat sie dieselben ausdrucksstarken graublauen Augen, die so dunkel werden können wie der Himmel bei drohendem Unwetter oder so hell wie der Ozean vor den Küsten Hawaiis. Nur ihre Haare trägt sie jetzt länger und ohne Ponyfransen in der Stirn. Auch wenn der Anblick ein wenig gewöhnungsbedürftig ist, so gefällt mir ihr neuer Look ausgesprochen gut, so dass ich den starken Wunsch verspüre mit den Händen durch die langen Strähnen zu streichen.

„Willst du noch lange hier draußen stehen bleiben?“

Beim Klang ihrer Stimme durchfährt ein leises Zittern meinen Körper und ich balle meine Hände zu Fäusten, um dem Drang zu widerstehen auf sie zuzupreschen und sie in meine Arme zu reißen. Eigentlich ist dies das Einzige, woran ich noch denken kann: sie in meine Arme zu ziehen, um ihren Körper und ihre Nähe zu spüren … um die Erinnerungen an das Leben ohne sie in meinen Gedächtnis auszulöschen. Stattdessen aber gehe ich langsam auf sie zu, wobei ich jede Regung in ihrem Gesicht aufmerksam registriere, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob ich nun willkommen bin oder nicht. Aus ihrer Stimme konnte ich leider nichts heraushören, weder Wut noch Freude.

„Wenn es dir lieber ist, dass ich wieder gehe …“, fange ich mit behutsamer Stimme an, um erst einmal das fremde Terrain zu sondieren, wie man so schön beim Militär sagt.

„… soll ich es einfach sagen?“, beendet Robin meine Frage, bevor sie mit einem Schulterzucken den Wohnraum betritt. „Mit deinem Anteil an der Miete hast du ebenfalls das Recht hier zu wohnen wie ich auch.“

Dass mich kein herzlicher Empfang erwarten würde, war mir ja bereits von Anfang an klar. Trotzdem wäre es mir lieber, Robin würde mich anschreien oder irgendwelche Sachen nach mir werfen, denn damit könnte ich umgehen. Aber mit solch einer kalten Gleichgültigkeit habe ich nicht gerechnet. Dennoch sagt dieses Verhalten viel aus … über sie … über mich … über uns.

Ich habe sie sehr tief verletzt – so tief, dass sie nun eine Mauer zwischen uns aufgebaut hat, um mich von ihrem Herzen und von ihrer Seele fern zu halten, was wiederum heißt, dass ich ihr noch immer etwas bedeute.
 

Irgendwo am Fluss Kwe Kwe, südlich von Redcliff, Simbabwe

18. August 2009, 11:27 Uhr

Ungeduldig lausche ich dem Knacken und Rauschen am anderen Ende der Leitung, während ich darauf warte, dass die Verbindung nach New York endlich steht. Unruhig scharre ich dabei mit der Fußspitze über den trockenen Boden, der aufgrund des Feuchtigkeitsmangels einige Risse aufzeigt. So ganz wohl ist mir bei der ganzen Sache überhaupt nicht, zumal mein Herz sich vehement gegen mein Vorhaben wehrt. Aber rein von der Logik her habe ich keine andere Wahl, weshalb mein Verstand – für den Augenblick zumindest – noch die Oberhand behält. Doch die Wartezeit und der stechende Blick Sanjis in meinem Rücken lassen mich von Sekunde zu Sekunde immer mehr in meinem Entschluss wanken.

„Die Verbindung steht jetzt, Sir“, antwortet mir schließlich eine unbekannte Frauenstimme, woraufhin ich kurz zusammen zucke, da ich mit meinen Gedanken so beschäftigt bin, dass ich die Stimme nicht erwartet habe. Und kaum, dass sie geendet hat, höre ich auch schon das Freizeichen. Mein Mund fühlt sich mit einem Male staubtrocken an – so trocken, wie die ganze Umgebung hier. Mit dem Handrücken wische ich mir die Schweißtropfen von der Stirn, die allerdings mehr aus der Hitze herrühren als aus Nervosität. Selbst hier im Schatten unter dem provisorischen Zelt beträgt die Temperatur bereits 45 Grad – und dabei ist die Sonne noch nicht einmal an ihrem höchsten Zenit angelangt.

„Hier bei Lorenor und Nico“, höre ich schließlich die verschlafene Stimme Robins. Innerlich stöhne ich auf, habe ich den sechsstündigen Zeitunterschied völlig vergessen. Ein kurzer Blick auf die Digitalanzeige meiner Uhr sagt mir, dass es in New York gerade mal halb sechs morgens ist.

„Entschuldige, dass ich dich geweckt habe“, murmle ich schuldbewusst in den Hörer.

Vor wenigen Minuten noch wusste ich, welche Worte ich Robin sagen wollte, die ich mir wie in einer endlosen Litanei in Gedanken zurechtgelegt hatte. Doch jetzt fühlt sich in meinem Kopf alles so schwammig an, dass mir keine dieser Worte einfallen wollen. Stattdessen verspüre ich eher den Wunsch ihr zu sagen, dass ich bald wieder nach Hause komme, obwohl diese Tatsache sehr weit von der Wahrheit entfernt ist.

„Das ist doch nicht schlimm. Du weißt doch, du darfst mich zu jeder Zeit wecken.“

An ihrer Stimme kann ich ganz klar erkennen, dass ihre Worte von einem sanften Lächeln begleitet werden. Das Schlucken fällt mir immer schwerer, während ihre Worte gleichzeitig immer tiefer in mein Fleisch schneiden.

„Wie geht es dir und wo bist du?“

„Sanji und ich sind momentan in Afrika“, antworte ich ihr mit rauer Stimme, während meine Kehle sich immer mehr und mehr verengt. „Hör zu, wir … ähm … wir müssen Schluss machen.“

„Oh, ich dachte, wir hätten mehr Zeit.“

Gequält schließe ich die Augen. Nicht nur wegen der Tatsache, dass sie mich falsch verstanden hat oder besser gesagt, ich mich falsch ausgedrückt habe, sondern auch angesichts der Enttäuschung, die in ihren Worten deutlich mitschwingt. Nie hätte ich gedacht, dass es so schwer werden würde.

„Nein … nein, du verstehst nicht“, antworte ich schnell, beinahe schon panisch, wobei ich Sanjis flehendes Kopfschütteln geflissentlich übersehe. „Ich meine, wir beide müssen Schluss machen … also, unsere Beziehung meine ich damit.“

Entsetztes Schweigen kommt mir vom anderen Ende der Leitung entgegen. In einem Anfall von Selbstgeißelung stelle ich mir im Geiste Robin vor, wie sie völlig erstarrt in unserem … nein! … in ihrem Bett sitzt und ungläubig einen Punkt an der Wand vor sich anstarrt, während sie das eben Gehörte zu verarbeiten sucht. Als ich schon im Glauben bin, sie hätte wortlos einfach aufgelegt – was ich ihr nicht einmal verübelt hätte -, vernehme ich schließlich einen zittrigen Seufzer, der solch einen heftigen Schmerz in meiner Brust explodieren lässt wie es nicht einmal das volle Magazin einer Ruger-M14 es schaffen könnten.

„Vergiss´ mich einfach“, wandern die Worte einfach über meine trockenen Lippen, als ich auch schon mit zitternden Fingern die Verbindung unterbreche, bevor Robin noch irgendwas darauf erwidern kann.

Feigling!, höre ich eine innere Stimme in meinem Kopf sagen, während meine Sicht zu beiden Seiten vollkommen schwarz wird, als würde ich Scheuklappen tragen. Nur den Boden zu meinen Füßen kann ich noch sehen.

Feigling, Feigling, Feigling. Ununterbrochen hallt dieses eine Wort durch meine Gedanken. Und tatsächlich bin ich das auch – ein Feigling. Anstatt Robin vor vollendeten Tatsachen zu stellen und einfach aufzulegen, hätte ich ihr zumindest eine Erklärung geben müssen … irgendeine – selbst wenn es eine Lüge gewesen wäre. Doch der Schmerz, den ich ihr gezwungenermaßen zufügen musste, ist zugleich auch mein Schmerz, den ich nicht nur seelisch sondern auch körperlich spüre. Die Qual über mein Handeln und das Wissen Robin endgültig verloren zu haben, wären weiter ins Unermessliche gestiegen, hätte das Gespräch noch länger angedauert – und mich hätte es zerrissen.

„Verdammter Hundesohn!“, höre ich Sanji halblaut in meine Richtung fluchen.

Niedergeschlagen blicke ich zu meinem Kameraden auf, der ruhelos und wie ein gefangenes Tier in seinem Käfig unter dem Zelt hin und her läuft. Wir wissen beide um die Gefahr, die unser jetziges Leben mit sich gebracht hat. Und dennoch schafft Sanji es nicht Verständnis für mein Handeln aufzubringen. Doch hatte ich keine andere Wahl, als das Beste, was mir in meinem Leben je widerfahren ist, von meiner Seite wegzustoßen. Denn sollte auch nur eine unserer Missionen auffliegen oder wir selber, ist jeder in Gefahr, der mit uns in Verbindung steht.

Auch wenn ich Robin wehgetan habe, versuche ich mich innerlich zu rechtfertigen, so wird der Schmerz über die Zurückweisung vergehen. Und lieber nehme ich ihren Hass auf mich in Kauf als ihren Tod.
 

New York

11. Mai 2012, 00:26 Uhr

„Es tut mir wirklich Leid, dass ich dich verletzt habe“, murmle ich schließlich leise, ohne meinen Blick von ihr abzuwenden. Jemand, der Robin nicht gut kennt, wäre die Veränderung an ihr nicht aufgefallen, doch mir hingegen entgeht es nicht, dass sich ihre Augen bei meinen Worten ein wenig schmälern.

„Du weißt ja, wo du alles finden kannst. Fühl dich also ganz wie zu Hause.“

Blitzschnell umfasse ich ihr Handgelenk, bevor Robin wortlos an mir vorbeigehen kann. Entweder ist ihr Zusammenzucken ein Resultat dessen, dass meine Berührung so unerwartet kam oder ein Zeichen von Abscheu. Doch aus welchem Grund auch immer, solcherlei Gedanken schiebe ich vorerst von mir, da ich mich zunächst auf das Nahe liegende konzentrieren will: ihr nämlich endlich den Respekt entgegenzubringen, den sie auch verdient hat.

„Wenn es in meiner Macht stehen würde, würde ich es gerne rückgängig machen.“

„Was rückgängig machen? Etwa die Art und Weise, wie du unsere Beziehung beendet hast?“

Im Geiste atme ich erleichtert auf, da ich die aggressive Herausforderung in ihren Worten als gutes Zeichen dafür werte, dass zwischen uns nicht alles zerstört ist. Auch wenn mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit nie wieder diese intime Nähe zwischen uns existieren wird, die weit über das Körperliche hinausging, so stößt sich mich wenigstens nicht von sich. Es gibt also noch Hoffnung, dass wir zumindest unsere Freundschaft wieder kitten können.

„Ich meine alles damit – den kompletten Anruf mitsamt dessen, was ich zu dir gesagt habe und was ich nicht gesagt habe“, antworte ich ihr mit fester und bestimmter Stimme, um ihr die Ernsthaftigkeit zu versichern, mit denen ich meine Worte auch meine. Unverwandt blicke ich ihr dabei in die Augen, die ruhelos über mein Gesicht wandern.

„Und was erwartest du jetzt von mir? Dass ich einfach vergessen soll, dass es dieses Telefonat überhaupt gegeben hat und ich dich mit offenen Armen empfangen soll?“

„Ich habe dich mehr als nur mies behandelt, das weiß ich. Von daher erwarte ich gar nichts.“

Beim Anblick der ungeweinten Tränen, die sich in ihren Augen ansammeln, schließe ich gequält die meinen. Nur allzu gerne würde ich Robin in meine Arme ziehen und ihr den Trost spenden, den sie braucht. Doch angesichts unserer derzeitigen Situation bin ich dafür wohl eher die falsche Person.

„Vor drei Jahren bekam ich frühmorgens einen Anruf von dir“, beginnt Robin plötzlich mit leiser Stimme an zu erzählen, nachdem sie ihren Kopf von mir abgewendet hat und ihre Augen sich auf einen Punkt irgendwo auf den Couchtisch gerichtet haben. „Wie aus heiterem Himmel sagst du mir, dass unsere Beziehung vorbei ist. Einfach so – ohne eine weitere Erklärung abzugeben. Und heute stehst du plötzlich vor meiner Tür und erzählst mir, dass du alles nicht so gemeint hast?“

„Ich habe es auch damals nicht so gemeint, aber ich hatte keine andere Wahl.“

„Man hat immer eine Wahl“, kontert Robin augenblicklich, als hätte sie meine Antwort bereits erwartet. Doch ich schüttle nur den Kopf.

„Die andere Wahl wäre gewesen, deinen Tod in Kauf zu nehmen. Und das war eine Option, die für mich nicht in Frage kam.“

„Und als nächstes erzählt du mir, dass du mir nicht mehr dazu sagen kannst, nicht wahr?“

Wissende Augen blicken mir herausfordernd entgegen, weshalb ich ihr eine Antwort aus bleibe, während ich innerlich jedoch überrascht, aber auch erschrocken zugleich bin, und mich frage, wie viel Robin wirklich von meiner Arbeit weiß.

Als ich auch nach weiteren verstrichenen Sekunden stumm bleibe, lacht sie einmal bar jeglichen Humors kurz auf, als hätte sie mit solch einer Reaktion gerechnet. Ihren Mund presst sie teils enttäuscht, teils verbittert zu zwei schmalen Strichen zusammen.

„Wahrscheinlich handelt es sich dabei um irgendeine militärische Geheimoperation, hab´ ich Recht? Dass du nicht einfach nur ein einfacher Soldat bist, ist mir nicht erst seit gestern bewusst. Sanjis Anrufe bei Nami kamen aus Thailand, Peru, Italien, Nigeria, Serbien, Indien, Chile, England – ja, selbst aus der Antarktis. Meinst du nicht, dass ich da vielleicht stutzig werden würde?“

Nami – natürlich. Daran hätte ich denken sollen. Es ist doch klar, dass Nami ihr von Sanjis Anrufen erzählen würde. Ich habe Sanji immer darauf hingewiesen seiner Schwester nicht allzu viel zu erzählen. Wobei es bei Leuten wie Nami, die sich nicht viel für Politik und Militär interessieren, ein leichtes ist sie weiter in dem Glauben zu belassen, wir wären einfache Soldaten. Robin dagegen ist das komplette Gegenteil davon – und daran hätte ich denken müssen. Sie ist stets auf den Laufenden. Eine Zeitung ist für sie wie ein gutes Buch, das es aufmerksam zu lesen gilt – jede Zeile, jede Spalte – selbst wenn es sich dabei auch nur um Klatsch und Tratsch handelt. So wird sie sich natürlich auch gefragt haben, was wir in all den Ländern getan haben, die sie aufgezählt hat. Denn welchen Grund könnte es schon geben US amerikanische Soldaten nach Chile zu schicken – oder in die Antarktis?

„Ich kann dir nichts dazu sagen.“

„Natürlich nicht – weil das alles natürlich Top Secret ist und du zur absoluten Geheimhaltung verpflichtet bist.“

Die tiefe Ironie in ihrer Stimme ist nicht zu überhören, und es gibt nichts, was ich dagegen sagen könnte. Schließlich hat sie ja nicht einmal Unrecht mit dem Gesagten. Trotz meines Status als Zivillist unterliege ich weiterhin der Geheimhaltung, da von all dem Wissen Menschenleben abhängen, die nicht an die Öffentlichkeit geraten dürfen. Zwar bedeutet das nicht, dass ich Robin nicht vertraue, aber je weniger sie weiß, umso geringer ist auch die Gefahr, dass sie zwischen die Fronten geraten könnte.

„Ehrlich gesagt, habe ich im Augenblick nicht mehr wirklich noch den Nerv dazu mich mit dir auseinanderzusetzen. Von daher – und wenn du nichts dagegen hast – würde ich jetzt gerne wieder ins Bett gehen.“

Mit dem Gefühl völlig Fehl am Platze zu sein, blicke ich ihr stumm nach. Mit gebeugtem Rücken, hängenden Schultern und gesenktem Kopf steigt sie die Treppe hinauf zu den Schlafräumen. Dieses Aufeinandertreffen hat sie ebenfalls nicht kalt gelassen, doch kann ich nicht sagen, ob ich darüber erleichtert sein soll oder nicht. Ich habe ihr unwahrscheinliche Schmerzen zugefügt, sowohl heute als auch vor drei Jahren. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich gar nicht erst nach New York zurückgekehrt wäre. Irgendwo auf dem Flug zwischen Mississippi und Kentucky war mir dieser Gedanke auch für einen Moment gekommen. Doch der Wunsch Robin endlich wieder zu sehen und mit ihr zu reden … ihre Stimme nach so langer Zeit wieder zu hören … war einfach viel stärker.
 

Fort Hood, Texas

10. Mai 2012, 14:17 Uhr

Es ist ein kleines, aber doch imposantes Büro, in das wir von einem Kadetten hineingeführt werden. Der Blick wird dabei automatisch auf den massiven Eichenholzschreibtisch gezogen, der inmitten des Raumes auf einem großen Teppich steht, auf dem das „Große Siegel der Vereinigten Staaten“ abgebildet ist. An der Wand dahinter hängen zahlreiche Urkunden und Auszeichnungen sowie Fotos von hochrangigen Personen.

Vor dem Schreibtisch angekommen, salutieren Sanji und ich vor Major Thomas – unserem Vorgesetzen. Ebenso imposant wie das Büro selber ist auch der Mann vor uns. Obwohl er mit seinem muskelgestähltem Oberkörper und dem wettergegerbten Gesicht mit dem dunklem Schnauzbart einen eher grobschlächtigen Eindruck macht, so durfte ich bereits mehrfach in der Vergangenheit die Erfahrung machen, dass auf den breiten Schultern ein ausgesprochen kluger Kopf mit einem Blick fürs Detail sitzt.

Bei unserem Eintreten blickt er von einem Dokument vor sich auf. Die grauen Augen wirken dabei recht grimmig, wobei ich nicht sagen kann, ob es etwas mit dem Schreiben zu tun hat oder ob wir selber der Grund dafür sind.

„Setzen!“

Major Thomas war noch nie ein Mann für viele Worte – es sei denn, die Situation hat es erfordert. Und so kommen Sanji und ich dem Befehl augenblicklich nach. Die grauen Augen mustern uns dabei sehr aufmerksam und insgeheim frage ich mich, was er in uns sehen mag.

„Ihr beide habt eine außergewöhnliche Akte vorzuweisen“, meint Major Thomas nach einer endlos langen Zeit und wirft die besagte Akte vor uns auf den Schreibtisch, bevor er sich dann in seinem Stuhl nach hinten lehnt. Ich werfe nur einen kurzen Blick auf die Akte, die etwa fünf Zentimeter dick ist, um dann sofort meine Augen wieder auf den Major zu richten. Mich interessiert es im Grunde genommen herzlich wenig, was in dem Ordner alles aufgelistet ist, da ich vielmehr daran interessiert bin zu erfahren, warum wir so plötzlich aus Bagdad abgezogen wurden und nach Fort Hood zurückkehren mussten. Normalerweise erfolgt bei einer fehlgeschlagenen Operation der sofortige Rückzug zum Notfallstützpunkt, was in unserem Fall bedeutet hätte, dass wir uns schleunigst auf den Weg nach Mahmudiyah hätten machen müssen. Stattdessen aber wurde die komplette Einheit zurück nach Fort Hood beordert.

„Nur die Wenigsten schaffen es in so kurzer Zeit so viele Erfolge vorzuweisen. Ihr hättet eine gute Laufbahn einschlagen können.“

Einerseits bin ich über den Stolz in der tiefen Stimme des Majors überrascht, da er eigentlich recht sparsam mit Lob umgeht. Andererseits machen mich seine letzten Worte hellhörig, da es sich so anhört, als hätten wir irgendeinen ziemlichen Bockmist verzapft. Waren wir vielleicht bei unserer letzten Mission nachlässig? Haben wir irgendwelche Hinweise hinterlassen?

„Um aber auf den Punkt zu kommen: durch die massive Neuverschuldung des Staates ist der Präsident dazu gezwungen erhebliche Sparmaßnahmen vorzunehmen. In allen möglichen Bereichen werden Stellen und Posten wegrationalisiert, was leider auch bedeutet, dass der Präsident dabei auch vor dem Militär keinen Halt macht.“

„Und was soll das genau heißen, Sir?“

Auf Sanjis Gesicht erkenne ich dieselbe Ratlosigkeit, die auch mich bei den Worten überkommen hat.

„Das bedeutet, dass eure Einheit jetzt auch inoffiziell nicht mehr existiert. Ihr seid jetzt alle Zivillisten. Morgen findet zwar eine Feier zu Ehren der Soldaten statt, die ebenfalls entlassen werden. Aber angesichts eurer speziellen Einheit muss ich euch leider die gebührende Verabschiedung verwehren. Ihr und eure Männer könnt eure Papiere draußen am Empfang abholen – sie liegen dort bereit.“

„Und das war´s dann, Sir?“, frage ich mit scharfer Stimme, da mich eine unbändige Wut überkommen hat. Papiere … pah. Nichts als ein Haufen Lügen stehen darin. Von dem, was wir wirklich – aber auch wirklich – geleistet haben, davon wird nichts darüber stehen. Das weiß ich, auch ohne diese Papiere gesehen zu haben. Denn das, was wir in all den Jahren getan haben, unterliegt strengster Geheimhaltung.

„Glaube ja nicht, dass ich nicht versucht habe mich für euch einzusetzen, Junge“, antwortet Major Thomas mir mit schneidender Stimme, während er sich in seinem Stuhl vorbeugt. Nur wenige Sekunden darauf werden seine Gesichtszüge dann plötzlich sanfter und verleihen den harten Kanten in seinem Gesicht weichere Züge.

„Ich würde euch beide gerne in meiner Truppe behalten, aber das liegt nicht in meiner Macht. Ihr habt eure Arbeit gut gemacht – verdammt gut sogar. Und ich kann nur sagen, dass es eine verfluchte Schweinerei ist, solch hervorragende Männer zu verlieren. Aber es lässt sich nun einmal nichts daran ändern. Von daher kann ich euch nur den Rat geben: lasst euch irgendwo nieder, sucht euch eine Arbeit und macht das Beste aus eurem Leben.“

Mit diesen Worten steht er von seinem Stuhl auf, womit wir das Zeichen bekommen, dass die Unterhaltung beendet ist, und tun es ihm gleich.

„Es war mir eine Ehre mit euch zusammen gearbeitet zu haben“, meint der Major mit feierlicher Stimme und salutiert vor uns, bevor er Sanji und mich mit einem festen Händedruck verabschiedet. Obwohl diese Unterredung mehr als nur einen faden Beigeschmack bei mir hinterlassen hat und die Verabschiedung sich alles andere als ehrenhaft darstellt, so bin ich Major Thomas dennoch dankbar für den Respekt, den er uns entgegen bringt. Genauso gut hätte auch irgendein Offizier oder Kommandant in unsere Baracke kommen können, der uns unsere Papiere nur in die Hände gedrückt hätte. So aber haben wir nicht nur eine Erklärung für unsere Entlassung erhalten, sondern uns wurde auch Stolz, Respekt, Ehre und Lob zuteil.

„Eine Sache noch, bevor ihr geht“, hält uns Major Thomas´ Stimme auf. Hoch aufgerichtet und die Hände hinter dem Rücken verschränkt, blickt er uns aus strengen Augen mahnend an. „Ihr habt viele Organisationen infiltriert, zersprengt und ausgelöscht. Organisationen, hinter denen sehr mächtige Leute standen. Dieselben Feinde, die ihr als Soldat hattet, werdet ihr jetzt auch weiterhin als Zivillist haben. Seid also auf der Hut.“
 

New York

11. Mai 2012, 00:31 Uhr

Noch immer pulsiert das Adrenalin durch meine Blutbahnen, weshalb an Schlaf im Augenblick noch nicht zu denken ist. Deshalb werfe ich meinen Armeerucksack mit einem lockeren Schwung aus dem Handgelenk auf die Couch und gehe auf Erkundungstour. Da draußen am Eingang noch immer die kleine Wandlaterne brennt, schalte ich sie über den kleinen Kippschalter neben der Tür aus. Anschließend richte ich meine Augen auf die Schlösser an der Tür. Wie ich zu meiner eigenen Zufriedenheit erkenne, hat Robin während meiner Abwesenheit noch zwei weitere Schlösser anbringen lassen – sowohl oben als auch unten an der Tür -, die ich mit schnellen Handgriffen verriegle, bevor ich zum Schluss dann noch die Türkette vorschiebe.

Tagsüber herrscht am Hafen absoluter Hochbetrieb. Dann ist die Luft erfüllt von dem tiefen Brummen der LKWs, die an den Lagerhäusern mit unzähligen Waren beladen werden, von den Rufen und Schreien der Hafenarbeitern und den unartikulierten Lauten aus den etlichen Radios, mit denen sich die Arbeiter nebenbei noch beschäftigen, sowie von dem Rattern und Quietschen der Hubwagen, die zwischen den Anlegestellen und Lagerhäusern hin und her fahren, und den dröhnenden Signalhörnern der Containerschiffen, sobald sie An- oder Ablegen. Doch nachts herrscht hier ein völlig anderes Bild. Dann ist es so still hier, dass das Rollen einer Blechbüchse über den löchrigen Asphalt beinahe schon wie ein Pistolenschuss klingt.

Und gerade in solch ruhigen Gegenden, wo der nächste Nachbar meilenweit entfernt ist, ist es von höchster Priorität für die eigenen Sicherheitsmaßnahmen zu sorgen. Bereits bei der Sanierung hatten wir damals schon dafür Sorge getragen, dass die hohen Fabrikfenster außen von Gitterstäben so einigermaßen geschützt sind. Zwar kann man das Gitter mit Hilfe eines Schweißbrenners durchschneiden, doch würde dies einiges an Zeit erfordern, was also potenzielle Einbrecher von diesem Vorhaben abbringen sollte. Die Tür dagegen war aber eher schwach über das Hauptschloss sowie über die Türkette abgesichert. Mal abgesehen davon, dass man das Hauptschloss mit Dietrichen hätte knacken können, hätte auch ein gezielter Tritt auf Höhe des Türschlosses ausgereicht, um die Tür problemlos aus dem Schloss zu reißen. Mit den beiden zusätzlichen Schlössern, die von außen nicht zu sehen sind, braucht es jetzt jedoch mehr als nur einen Tritt.

Eine Alarmanlage wäre nicht schlecht, denke ich so bei mir und mache mir im Geiste einen Vermerk bei Gelegenheit mal im Internet einige Sicherheitsfirmen rauszusuchen.

Als ich mich umdrehe und meinen Blick über den großzügig bemessenen Wohnraum wandern lasse, fällt mir eines auf: es hat sich nichts verändert. Sämtliches Mobiliar steht noch immer an Ort und Stelle, wo sie auch schon vor vier Jahren gestanden haben.

Als wäre die Zeit stehen geblieben, geht es mir durch Kopf, während ich auf das Sideboard zugehe, das neben der alten Fabriktreppe steht. In einer liebevollen Anordnung stehen dort auf einer weißen Spitzendecke eingerahmte Fotos in verschiedenen Größen und Formen. Das größte Foto davon hat ungefähr die Maße eines Blatt Papiers und zeigt eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von Olvia, Robins Mutter. Vorsichtig nehme ich den nussbraunen Rahmen in die Hand und betrachte das lächelnde Gesicht auf dem Foto. In der linken unteren Ecke bemrke ich das Datum, an dem die Aufnahme gemacht wurde – 06. Februar 2010.

Sie sieht so fit und gesund aus, denke ich bei mir, während mein Herz sich qualvoll zusammen zieht. Denn nur drei Monate später war Olvia Nico an den Folgen eines aggressiven Gehirntumors verstorben.
 

Saint-Cyr-les-Champagnes, Frankreich

28. Juni 2010, 17:45 Uhr

Regen, Regen, Regen – nichts als Regen und das schon seit fünf Tagen. Und wir können nichts anderes tun, als in diesem elenden Zimmer zu hocken und auf Nachricht zu warten.

„Das kann doch nicht so lange dauern“, höre ich hinter mir Sanji murmeln. Gelangweilt blicke ich kurz zu ihm hinüber, der ungeduldig im Zimmer hin und her wandert, während er darauf wartet, dass endlich die abhörsichere Telefonverbindung nach New York aufgebaut wird. Wobei – von abhörsicher kann man nicht wirklich reden, da sowohl das FBI, die CIA als auch die NSA mithören werden. Denn immerhin steht die nationale und internationale Sicherheit an erster Stelle. Und es wäre nicht das erste Mal, dass ein terroristischer Angriff aus den eigenen Reihen kommt. Also muss man auf Nummer Sicher gehen und sämtliche Anrufe der eigenen Leute mithören und aufzeichnen, um so eventuelle faule Äpfel auszusondieren.

Schließlich wende ich wieder meinen Blick zum Fenster hinaus auf das nicht vorhandene Treiben auf der Straße, die einsam und verlassen daliegt – so wie beinahe alles in dieser Gegend. Nur ab und zu erhasche ich mal einen Blick auf einen schwarzen, gelben oder roten Regenschirm, unter denen sich ein Passant vor dem Regen zu schützen versucht. Ansonsten gibt es eigentlich so gut wie nichts zu sehen, nicht einmal ein vorbeifahrendes Auto.

„Das wird aber auch Zeit!“, ruft Sanji wütend aus, wobei ich angesichts der unerwarteten Lautstärke kurz zusammenzucke. Anscheinend steht die Verbindung endlich – oder sollte ich lieber sagen, alle Zuhörer sind jetzt anwesend?

„Hey, Schwesterchen, rate mal, wer dran ist.“

Als wenn das so schwer zu erraten wäre, denke ich so bei mir, während sich meine Laune immer weiter verschlechtert. Sanjis fröhliche Stimme geht mir dabei ganz gehörig auf den Keks. Ich gebe es nur ungern zu, aber ich beneide ihn. Er hat sich über den gesunden Menschenverstand hinweg gesetzt und bleibt trotz aller möglichen Gefahren weiter in Kontakt mit seiner Schwester, so dass er sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit bei ihr melden kann. Ich dagegen habe alle Brücken hinter mir zum Einsturz gebracht, um ja kein Druckmittel zu hinterlassen, mit dem man mich weich klopfen könnte. Und dabei würde ich nur allzu gerne wieder ihre Stimme hören.

„Uns geht es gut. Nur im Augenblick versauern wir ein bisschen, weil es hier wie aus Eimern schüttet. … Ja, ja, ich weiß, dass ich kein Mitleid von dir zu erwarten habe. Aber wie geht es euch so? … Hey, das ist ja super! Zorro, Chopper hat endlich seine Approbation.“

„Toll“, murmle ich nur, da mir im Augenblick mehr der Sinn danach steht mich in meinem eigenen Selbstmitleid zu suhlen. Aber insgeheim freue ich mich natürlich für Tony. Denn jetzt kann er sich endlich seinen Traum von einer eigenen Arztpraxis erfüllen und das über lange Jahre hinweg erlernte Wissen nicht nur in der Theorie anwenden.

„Gratuliere ihm bitte ganz herzlich von uns“, meint Sanji, während er mich mit gerunzelter Stirn mustert. Ich ignoriere seine Missbilligung und wende mich wieder einmal dieser ach so faszinierenden Aussicht aus dem Fenster zu – schließlich habe ich ja auch sonst nichts zu tun.

„Was? Was ist passiert?“

Für einige Minuten war es bis auf das dumpfe Tröpfeln des Regens an der Scheibe und das leise Rascheln von Sanjis Kleidung, sobald er sich bewegte, völlig still im Zimmer. Doch seine plötzlich alarmierte Stimme reißt mich aus meiner Lethargie und lässt mich sämtliche Muskeln im Körper anspannen, als würde jeden Moment ein Feind durch die Tür herein kommen.

„Und wie geht es Robin?“

Robin!

Wie von der Tarantel gestochen, springe ich von der Fensterbank auf und reiße einem verdutzten Sanji den Telefonhörer aus der Hand. Mein Herz klopft mir bis zum Hals, als wolle es mir jeden Moment aus der Brust springen, während ich gleichzeitig das Gefühl habe, dass pures Eiswasser durch meine Blutbahnen läuft. Alle möglichen Gedanken, was mit Robin passiert sein könnte, gehen mir durch den Kopf und vor meinem geistigen Auge sehe ich sie schon blutüberströmt auf der Straße liegen.

„Was ist mit Robin?“, brülle ich schon beinahe panisch in den Hörer, den ich mit klammen Fingern fest an mein Ohr presse.

„Ganz ruhig, Zorro“, höre ich Namis Stimme am anderen Ende der Leitung, in der ich trotz meiner Panik eine leise Überraschung heraushören kann. Genauso wenig wie Sanji hat auch sie wohl nicht damit gerechnet, dass ich mir plötzlich das Telefon schnappen würde.

„Mit Robin ist alles in Ordnung“, spricht sie mit ruhiger und sanfter Stimme weiter. „Nur ihre Mutter ist vergangenen Monat gestorben.“

Meine Beine fühlen sich mit einem Male wie Pudding an, so dass ich mich kraftlos auf die Kante des Bettes hinter mir fallen lassen. Einerseits spüre ich große Erleichterung darüber, dass Robin nichts passiert ist, andererseits aber habe ich das Gefühl, als hätte mir jemand ein riesiges Loch in die Brust gerissen.

Olvia kenne ich mittlerweile genau so lange, wie ich schon Robin kenne, und ich habe mich immer sehr gut mit ihr verstanden. Sie war eine lebenslustige Frau und eine liebevolle Mutter, die mich wie ihren eigenen Sohn behandelt hatte. Ich kann mich gut daran erinnern, wie sie immer gesagt hatte, dass, wenn ihre bereits graumelierten Haare nicht wären, sie und Robin gut als Zwillinge hätten durchgehen können. Und darin muss ich ihr Recht geben. Robin kommt äußerlich tatsächlich ganz nach ihrer Mutter.

„Wie geht es Robin?“, frage ich nach einiger Zeit der Stille, wobei meine Stimme so rau von unterdrückten Tränen ist, dass ich mich erst ein paar Mal räuspern muss.

„Na, was glaubst du wohl? Es geht ihr natürlich beschissen, was denn sonst?“

Ja – was denn sonst? Etwas anderes habe ich auch eigentlich nicht erwartet. Robin und Olvia waren nicht einfach nur Tochter und Mutter, sondern auch Freundinnen. Sie hatten immer viel Zeit miteinander verbracht – sind zusammen shoppen gegangen oder haben sich in einem Wellnessstudio verwöhnen lassen oder haben zusammen irgendwelche Kurse wie Basteln oder Kochen belegt. Für Robin muss es sich irgendwie so anfühlen, als sei ihre ganze Welt über sie zusammen gebrochen. Denn mit dem Tod ihrer Mutter hat sie nun keinen lebenden Verwandten mehr – zumindest keinen von dem sie wüsste, da über ihren Vater nichts bekannt ist und Olvia nie etwas über ihn erzählen wollte.

„Wenn dir Robin immer noch so sehr am Herzen liegt, warum bewegst du dann deinen gottverdammten Arsch nicht hierher?“

„Du weißt, dass ich das nicht kann“, antworte ich Nami leise, obwohl alles in meinem Inneren nur danach schreit, mich sofort ins nächste Flugzeug zu setzen und zurück nach New York zu fliegen, um Robin den nötigen Halt zu geben, den sie jetzt braucht, um mit dieser Last der Trauer fertig zu werden.

„Eine andere Antwort habe ich auch nicht von dir erwartet. Echt, manchmal glaube ich wirklich, euch ist das Militär wichtiger als eure Familie und Freunde.“

Dieser Schlag hat gesessen, so dass ich Sanji den Hörer einfach nur noch hinhalten kann. Als ich es mehr spüre als sehe, dass er mir das Gerät aus der Hand nimmt, blende ich alles um mich herum aus. Nichts um mich herum nehme ich noch wahr – nicht, wie ich von der Bettkante aufstehe und die Zimmertür öffne; wie ich mit langsamen, torkelnden Schritten die Treppe hinabsteige; wie ich zombiegleich in den Regen hinaustrete und die Straße ziellos entlang wandere. Einzig den Schmerz über das, was ich verloren habe, verspüre ich noch sowie den Stachel der Wahrheit über Namis Worte, war mir meine Arbeit doch wichtiger als Robin.

Geldwäscherei

Zorro
 

New York

11. Mai 2012, 08:13 Uhr

Schnell öffne ich die Augen, als ich das Schließen einer Tür höre, und setze mich ruckartig auf, wobei ich instinktiv mein Messer unter dem Kissen hervor ziehe. Auf Robins Gesicht zeichnet sich eher Überraschung als Erschrecken über meine plötzlichen Bewegungen ab, während sie in ihren eigenen Bewegungen innehält und meine Waffe mit hochgezogenen Augenbrauen quittiert.

„´tschuldigung“, murmle ich leise und verstaue das Messer wieder unter dem Kopfkissen.

„Macht der Gewohnheit, was?“

„Na ja, wenn man tief im Feindesgebiet gelebt hat, musste man immer mit einem Angriff rechnen.“

Robins Blick wirkt nach meinen Worten gedankenverloren, so als versuche sie sich vorzustellen, wie ein solches Leben in ständiger Wachsamkeit aussehen mag. Angenehm war es nicht – zumindest was die ersten Wochen anging, als Sanji und ich noch Rekruten waren. Es kam nicht gerade selten vor, dass wir über mehrere Stunden hinaus ohne Schlaf auskommen mussten … manchmal sogar mehr als zwei Tage. Gleichzeitig hatten unsere Ausbilder uns aber auch darauf hingewiesen, dass Schlaf für unseren Körper und unseren Geist äußerst wichtig sei. Denn wenn wir müde sind, werden wir nachlässig und machen Fehler – zumeist tödlich endende Fehler! Also mussten wir lernen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu schlafen, auch wenn es nur für wenige Minuten war, um anschließend aber auch wieder hellwach zu sein. Ein hartes Training erfolgte darauf, in dem wir zu jeder Tages- und Nachtzeit schlafen mussten, um dann völlig unerwartet von den Ausbildern geweckt zu werden.

Ich erinnere mich noch daran, dass ich mich in den ersten Tagen völlig orientierungslos nach dem Grund für das unsanfte Wecken umsehen musste. Danach folgte dann eine Zeit, in der ich bei jedem noch so kleinsten Geräusch aus dem Schlaf schreckte, was eine totale Übermüdung und heftige Kopfschmerzen zur Folge hatte. Anschließend aber lernte mein Verstand Geräusche, die ich im Schlaf wahrnehme, als gefährlich oder ungefährlich einzuordnen und die Orientierung beizubehalten.

„Warst du schon unterwegs?“, reiße ich Robin aus ihren Gedanken und betrachte dabei die Tüte in ihrer Hand, aus dessen Inneren ein frischer und köstlicher Duft entsteigt, woraufhin mir das Wasser im Munde zusammenläuft. Warme Brötchen! Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal warme, weiche Brötchen gegessen habe.

Fragend folgt Robin meinem Blick und es dauert nur wenige Sekunden, bis sich ihre rosig angehauchten Lippen zu einem kleinen Lächeln verziehen. Mein Herz presst sich bei diesem Anblick qualvoll zusammen und ich lege eine Hand an der Stelle auf die Brust, unter der es in den Takten eines Sambas schlägt, als könnte die Berührung es davon abhalten aus der Brust heraus zu springen. Ihr Lächeln lässt mich die Zeit vermissen, in der nichts zwischen uns gestanden hatte. Und wieder einmal wünsche ich mir die Zeit zurückdrehen zu können.

„Nein – ich lasse mir immer welche liefern“, antwortet Robin mir, wobei sie ihr Lächeln beibehält, als sie mich wieder ansieht. „Olsens Bakery – den Namen solltest du dir unbedingt merken. Du findest die Bäckerei in der Huntington Street, wenn du also mal richtig gut frühstücken möchtest.“

„So gut?“

Angesichts ihrer sichtlichen Begeisterung kann ich nicht anders als breit darüber zu grinsen. Es macht mir Spaß dabei zuzusehen, wie ihre Augen vor Freude glänzen und ihre Gesichtszüge eine weichere Kontur annehmen, während sich ihre Wangen ein wenig röten.

„Du glaubst ja gar nicht, was du da alles in der Auslage findest. Der pure Traum eines jeden Schleckermäulchens und der Albtraum einer jeden Frau. Mom und ich waren …“

Für einen Augenblick erstarren Robins freudige Gesichtszüge, bis sie von Sekunde zu Sekunde immer mehr verblassen und das Lächeln mitnehmen. Wie eine Seifenblase ist dieser schöne Moment zerplatzt, in dem ich die Robin vor mir gesehen habe, die ich lieben gelernt habe. Ihre Augen, die nun eher einen stumpfen Glanz in sich tragen, verraten mir, dass sie auf das Ereignis der Vergangenheit gerichtet sind, von dem sie mir gerade erzählen wollte. Mir selbst bricht es das Herz, sie jetzt so traurig zu sehen und zu wissen, dass es nichts gibt, was ich sagen oder tun könnte, um ihr den Schmerz zu nehmen oder zumindest ein wenig zu lindern.

„Jedenfalls …“, beginnt Robin, um im nächsten Moment wieder innezuhalten und mit geschlossenen Augen kurz den Kopf zu schütteln, als wolle sie die trübsinnigen Erinnerungen aus ihrem Gedächtnis vertreiben. „Jedenfalls wollen Nami und ich uns am Sonntag dort zum Brunch treffen. Wenn du magst, kannst du gerne mitkommen.“

„Ich überleg´s mir“, gebe ich ihr als Antwort, was sie mit einem kurzen Nicken quittiert.

Ich blicke ihr hinterher, als sie hinüber in den Küchenbereich geht und die Brötchen sowie die Morgenzeitung auf den Tresen ablegt, um dann die Kaffeemaschine einzuschalten. Erst dann stehe ich von der Couch auf und falte die Tagesdecke, die ich in der Nacht als Zudecke benutzt habe, ordentlich zusammen. Als ich dann das leise Klappern von Geschirr und Besteck höre, überkommt mich ein vertrautes Gefühl – dieses morgendliche Ritual, in der einer von uns sich um das Frühstück gekümmert hatte, während der andere das Schlafzimmer aufräumte.
 

New York

07. September 2008, 09:27 Uhr

Deutlich spüre ich den weichen und anschmiegsamen Körper neben mir, der sich ausgiebig und mit einem wohligen Seufzer lang ausstreckt. Trotz dass ich noch ein wenig benebelt vom Schlaf bin, vergrabe ich daraufhin meinen Kopf in Robins Nacken. Tief atme ich den Pfirsichduft ihres Shampoos ein sowie den leicht süßlichen Duft ihres eigenen Körpers.

„Guten Morgen“, murmelt sie mir so leise zu, dass es sich beinahe schon wie das Schnurren einer Katze anhört. Meine Antwort dagegen besteht aus einem undefinierbaren Brummen, während ich ihren nackten Körper noch näher an meinen ziehe und ihren Bauch mit langsamen Bewegungen meiner Hand streichle.

Die Minuten vergehen, in denen wir einfach nur still liegen bleiben und die Nähe des anderen genießen. Wenn es nur nach mir ginge, könnten wir für den Rest unseres Lebens so weiter machen, zumal heute eh nichts anliegt als nur den lieben, langen Tag zu faulenzen. Doch mein Magen ist da anderer Meinung, weshalb er sich lautstark mit einem tiefen Grummeln zu Wort meldet.

„Wer von uns beiden kümmert sich um das Frühstück?“, fragt Robin mich daraufhin mit halbverschlafener Stimme, und meine Laune sinkt ins Bodenlose. Ich finde es zwar schön mit ihr zusammen den Tag mit einem gemeinsamen Frühstück zu beginnen, aber im Grunde genommen ist es stets derselbe Ablauf. Einer von uns geht hinunter in die Küche, setzt den Kaffee auf, deckt den Küchentresen und bereitet den Eierkocher vor, während der andere das Bett macht, die umher liegenden Klamotten vom Boden aufsammelt und in die Wäschetruhe wirft und sich anschließend im Bad frisch machen geht.

„Ich mach´ das schon.“

Von einer Sekunde auf die andere bin ich plötzlich nur noch missgelaunt und genervt. Bereits seit einigen Tagen ist das schon so, dass ich innerlich aufgewühlt und unruhig bin – irgendwie rastlos. Ich bin gerne mit Robin zusammen – halte sie gerne in den Armen, lausche ihrer Stimme und könnte in den Tiefen ihrer Augen versinken. Aber irgendwie reicht das nicht – irgendwas fehlt mir. Etwas, das ich nicht zu benennen weiß.

„Stimmt was nicht?“

„Alles okay“, antworte ich ohne viel Begeisterung und stehe vom Bett auf, um den Fußboden nach meiner Boxershorts abzusuchen. Aus den Augenwinkeln bemerke ich dabei, wie Robin auf allen vieren über die Matratze zu mir herüber gerobbt kommt. Trotzdem ignoriere ich ihr irritiertes Stirnrunzeln und ihren ratlosen Blick.

„Hast du irgendeinen besonderen Wunsch, was es zum Frühstück geben soll?“

„Habe ich was Falsches gesagt?“

„Nein“, seufze ich schließlich, nachdem ich den niedergeschlagenen Ausdruck in ihren Augen bemerke. Irgendwie hat dieser Blick eine entwaffnende Wirkung auf mich, wodurch diese rastlose Unruhe von mir abfällt und sich stattdessen ein schlechtes Gewissen in mir ausbreitet. Denn schließlich kann Robin ja nichts dafür, dass mich in letzter Zeit diese unerklärliche Wut überkommt.

„Was ist es dann?“

„Ich weiß es nicht“, antworte ich ihr missmutig und setze mich neben sie auf die Bettkante, um mich dann einfach nach hinten auf die Matratze fallen zu lassen. Blicklos starre ich daraufhin hinauf zur weißen Decke, ohne zu wissen, was ich jetzt eigentlich sagen oder tun soll, als sich Robins Gesicht langsam in mein Blickfeld schiebt. Erneut seufze ich auf und ziehe sie mit dem rechten Arm zu mir hinab, um ihr zu zeigen, dass ich nicht böse auf sie bin. Bereitwillig schmiegt Robin sich mit ihrem Körper an meine Seite und bettet ihren Kopf auf meine Brust.

„Sollen wir den Tag einfach im Bett verbringen?“

„Den ganzen Tag?“, hake ich ein klein wenig überrascht nach, da Robin nicht so wirklich der Typ fürs lange Faulenzen ist. Sie gehört eher zu der Sorte, die sich immer mit etwas beschäftigen müssen, sei es nun Dinge, die den Körper betreffen wie zum Beispiel Sport zu treiben, oder den Verstand betreffend wie Schach zu spielen, ein gutes Buch zu lesen oder irgendein Rätsel aus der Zeitung zu lösen.

„Warum nicht? Aber du müsstest vorher einmal runter in die Küche gehen.“

„Und was soll ich da?“

„Nun, wenn ich mich recht erinnere, müsste im Kühlschrank noch eine Schale mit Erdbeeren stehen.“

Meine Augenbrauen hüpfen augenblicklich nach oben, während Robin ihre Ellenbogen vorsichtig auf meinem Brustkorb aufstützt und mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen zu mir herunter blickt.

„Und ein wenig Sahne müsste auch noch da sein.“

„Versuchen Sie etwa mich zu verführen, Miss Nico?“, frage ich mit heiserer Stimme und lege meine Arme um ihre Schultern. Schnell, aber dennoch sanft und vorsichtig drehe ich mich mit Robin in den Armen um, so dass sie nun diejenige ist, die auf dem Rücken liegt.

„Kann schon sein.“
 

New York

11. Mai 2012, 08:24 Uhr

Hin und her überlege ich, wie ich ein Gespräch zwischen uns wieder in Gang bringen kann. Zwar bieten sich nach der langen Zeit, in der wir keinen Kontakt zueinander hatten, so einige Themen an. Aber die persönlichen Differenzen stehen mir dabei im Weg, weshalb ich nicht einfach so Smalltalk mit ihr betreiben kann. Und irgendein unverfängliches Thema ansprechen … na ja, ich käme mir dabei ziemlich dämlich vor, würde ich mit Robin jetzt über das Wetter reden. Hey, Robin, wie war das Wetter in den letzten Jahren so, hört sich ja auch so was von geistreich an. Von daher beschränke ich mich also im Moment nur darauf, ihr bei den Frühstücksvorbereitungen zuzuschauen, während ich mich auf einen der Stühle an den Tresen setze.

„Ich werde nach der Arbeit noch ein paar Lebensmittel für uns besorgen müssen“, meint sie schließlich nach einem Moment der Stille, in der lediglich das Knattern der Kaffeemaschine und das Rascheln der Brötchentüte zu hören ist, als sie das warme Gebäck in einen Brotkorb legt. „Wenn du also noch irgendwas brauchst, kann ich das für dich mit erledigen.“

„Das brauchst du nicht“, antworte ich ihr, obwohl es mir äußerst schwer fällt mich auf das Gespräch zu konzentrieren, da meine Augen nur auf die Brötchen gerichtet sind. Im Inneren meines Mundes zieht sich alles zusammen, während ich mir im Geiste vorzustellen versuche, wie die weiche Füllung und die leicht krosse Außenhülle auf meiner Zunge zergehen. Vielleicht sollte ich wirklich mal zu dieser Bäckerei gehen, sinniere ich noch im Geiste, bevor ich dann weiter auf das Gespräch eingehe.

„Ich meine, mit den Lebensmitteln und so. Ich habe vor, mir heute eine andere Bleibe zu suchen.“

„Meinetwegen musst du das nicht.“

Überrascht blicke ich bei Robins leiser Stimme auf, doch treffen meine Augen nur auf ihren gestrafften Rücken. Ungerührt, als hätte sie nichts gesagt, beginnt sie damit den heißdampfenden Kaffee in die bereitstehenden Tassen zu füllen. Aber die angespannten Schultermuskeln unter ihrem Blazer verraten mir, dass die unweigerliche Richtung, in die das Gespräch zu führen droht, ihr nicht so wirklich behagt.

Ich kenne Robin bereits von Kindesbeinen an. Damals hatte sie sich noch wie eine Furie aufgeführt, wenn sie wütend war. Mit Eintritt in die Pubertät hatte sich dieser Zustand allerdings noch um einige Grade verschlimmert, weshalb ich stets immer das Weite gesucht hatte, sobald ich die ersten Anzeichen von Wut oder Gereiztheit in ihrem Gesicht sah. Aber noch während unserer Zeit an der Highschool durchlebte sie eine 180 Graddrehung, so dass sie bei einem Streit oder einer hitzigen Diskussion zwar für einen Moment ihrer Wut freien Lauf ließ, um dann jedoch die Unterhaltung abrupt zu beenden und sich zurückzuziehen und über das Geschehene wie bei einer Medaille von allen Seiten zu betrachten. Erst wenn sie sich sicher war, ruhig und besonnen zu reagieren, hatte sie sich dann der Auseinandersetzung erneut gestellt. Von daher weiß ich auch, dass unsere Unterhaltung von letzter Nacht noch lange nicht beendet ist, und dass sie – ebenso wie ich – noch lange wach gelegen hatte, in der sie über alles nachgedacht hatte. Doch womit ich überhaupt nicht gerechnet habe, ist die Möglichkeit, dass Robin es scheinbar akzeptieren würde, wenn ich weiter hier wohnen bliebe.

„Hältst du das wirklich für eine gute Idee?“, hake ich vorsichtig nach – auch, um die Möglichkeit auszuschließen mich eventuell sogar verhört zu haben.

„Wir sind doch beide erwachsen“, antwortet Robin mir mit einer Andeutung eines vorsichtigen Lächelns, während sie die beiden Kaffeetassen vor uns abstellt und sich mir gegenüber an den Tresen setzt. „Meinst du nicht, dass wir dann die Sache auch wie zwei Erwachsene regeln können?“

„Klar können wir das. Aber du solltest dir auch im Klaren darüber sein, dass ich nicht auf Fronturlaub hier bin. Ich wurde aus dem Militärdienst entlassen und das bedeutet, dass ich nicht in ein paar Tagen oder Wochen wieder verschwinden werde.“

„Das weiß ich“, murmelt Robin leise und mit gesengten Augen. Überrascht ziehe ich eine Augenbraue hoch, während ich mich insgeheim frage, woher sie von der Entlassung wissen kann, als sie auch schon mit einer Hand die Zeitung zu mir herüber schiebt. In dicken, fetten Buchstaben steht auf der Titelseite „Sparpolitik des Präsidenten in der Kritik – Können wir uns diese Einschnitte wirklich erlauben?“ geschrieben. Darunter befindet sich ein Bild des Präsidenten, wie er mit ernstem Gesichtsausdruck in die Kamera blickt.

„Die geplanten Sparmaßnahmen haben für einen erheblichen Wirbel gesorgt, insbesondere im Bereich Forschung und Militär, da gerade dort die meisten Einschnitte vorgenommen werden sollen. Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem die Medien nicht darüber berichten. Allerdings hatte ich keine Ahnung, dass der Rotstift bereits geschwungen wurde.“

Und ich habe keine Ahnung, was sich derzeit in Politik und Wirtschaft abspielt, geht es mir durch den Kopf, während ich mit den Augen den kurzen Artikel überfliege, über den aber auf Seite 5, wie ein kleiner Hinweis mir besagt, weiter ausführlich berichtet wird.

„Es tut mir Leid für dich.“

„Lügnerin“, antworte ich sanft, woraufhin sich Robins Wangen leicht röten.

„Nein, ich meine es wirklich ernst. Ich weiß doch, wie viel dir diese … Berufung bedeutet hat.“

„Ich bin mir da nicht so sicher. Bis auf ein wenig Nervenkitzel hat mir das Leben als Soldat nicht wirklich viel eingebracht.“

„Ein wenig Nervenkitzel?“, lacht Robin auf und blickt mich dabei verschmitzt an. „Allein die Tatsache, dass du mit einem Messer unter dem Kopfkissen schläfst, sagt mir, dass du nicht nur ein wenig Nervenkitzel erlebt hast.“

Nein, das habe ich tatsächlich nicht! Doch habe ich nicht die Absicht ihr auch nur ein Wort darüber zu erzählen, was ich wirklich alles erlebt habe. Was für Dinge ich gesehen und selber auch getan habe. Dinge, die mich für den Rest meines Lebens in Albträumen heimsuchen werden – und auf die ich auch ganz sicher nicht stolz bin.

„Ich habe dich vermisst“, lasse ich mich angesichts der dunklen Erinnerungen dazu hinreißen. Im nächsten Augenblick aber bereue ich meine Worte auch schon, als ich es mehr fühle als sehe, wie Robin wieder auf Distanz zu mir geht. Dennoch kann ich die Tatsache nicht leugnen, dass sie für mich einfach die Sonnenseite meines Lebens darstellt.

„Ich muss mich jetzt langsam für die Arbeit fertig machen“, antwortet sie stattdessen und wendet ihren Blick komplett von mir ab.
 

New York

11. Mai 2012, 13:22 Uhr

Im Rhythmus irgendeines Songs aus dem Radio, klopfen meine Finger unbewusst auf das lederumwobene Lenkrad, während meine Augen über die Vielzahl an Passanten wandern, bei denen es sich zum größten Teil um Kinder und Jugendliche handelt. Grummelnd beiße ich die Zähne fest aufeinander, als eine Frau mir durch die Windschutzscheibe einen missbilligenden Blick zuwirft – wieder einmal. Irgendwie scheinen Eltern instinktiv zu wissen, wer sein Kind von der Schule abholen will und wer nicht. Und dann tun sie auch noch so, als würde ihnen die ganze Straße gehören, nur weil Parkplätze hier Mangelware sind, insbesondere zu Schulschluss.

Um die Zeit hätte ich mir auch was Besseres vorstellen können, als dreimal um den ganzen Block fahren zu müssen, bis ich diesen Parkplatz endlich bekommen habe. Für den ganzen beschissenen Tag hätte ich mir was Besseres vorstellen können, wenn ich ehrlich sein soll, denn meine Laune ist mehr als nur mies. Und der Grund dafür liegt neben mir auf dem Beifahrersitz, dem ich einen angesäuerten Blick zuwerfe.

Seufzend nehme ich die Akte in die Hände. Ich weiß nicht, wie oft ich sie mir in den letzten zwei Stunden schon angesehen habe. Aber jedes Mal, wenn ich die wenigen Seiten und die paar Zeitungsartikel erblicke, die der dünne Ordner enthält, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter.

„Wow, den Impala gibt es immer noch?“, lautet Sanjis Begrüßung, kaum dass er die Wagentür geöffnet hat und einsteigt. „Ich hätte jetzt eher damit gerechnet, dass sie ihn verkauft hat.“

„Da sieht man mal wieder, wie schlecht du Robin doch kennst“, entgegne ich leise und frage mich, ob ich sie überhaupt kenne. Natürlich wusste ich vorher schon, bevor ich den Wagen in der Garage gesehen habe, dass Robin ihn nicht verkauft hat oder dergleichen. Es ist nicht ihr Stil nach dem Motto „Wie-du-mir-so-ich-dir“ zu handeln, da kann sie noch so wütend auf mich sein – obwohl die Veräußerung des Chevys mich wirklich schmerzlich verletzt hätte. Sie würde eher auf spitze Äußerungen zurückgreifen – darin ist sie eine Meisterin. Und diese tun dann doch mehr weh, als die Zerstörung oder das Weggeben eines geliebten Gegenstandes.

„Dann gehe ich mal davon aus, dass sie dir nicht die Tür vor der Nase zugeschlagen hat.“

Wohl eher geöffnet, geht es mir unwillkürlich durch den Kopf, als ich an letzte Nacht zurückdenke, wie sie im Licht der Wandlaterne unter der Tür gestanden hatte und mich sozusagen hereinbat.

„Okay, dann schieß mal los“, redet Sanji weiter, nachdem ich keinerlei Anstalten mache ihm irgendwelche Erklärungen abzugeben. „Was ist so dringend, dass Nami mich unbedingt wecken musste?“

Meine Augen gleiten über seine rotgeränderten Augen, die von einer tiefen Müdigkeit überschattet sind, hinüber zu der eher fahlen Gesichtsfarbe. Trotz seiner guten Laune, die er über sein Lächeln ausstrahlt, sind die Nachteile eines Jetlags nicht zu übersehen. Und gerne hätte ich ihm den so dringend benötigten Schlaf auch gegönnt, wenn da nicht diese blöde Akte wäre.

„Wonach sieht das für dich aus?“, frage ich ihn daher und werfe ihm die besagte Akte in den Schoß. Aufmerksam beobachte ich seine Körperhaltung sowie sein Mienenspiel, während er zunächst mit leichter Neugier den Ordner aufschlägt. Doch während seine Augen über die Zahlen bis hin zu den Zeitungsartikeln wandern, wird sein Gesichtsausdruck immer ernster.

„Das sind ganz eindeutig Geldbeträge, die zunächst gesplittet wurden, um dann hin und her geschoben zu werden“, antwortet Sanji nach einigen Minuten der Stille und blickt mit gerunzelter Stirn zu mir herüber. „Und wenn ich mir die Höhe der Summen so ansehe, würde ich sagen, dass da jemand ganz ordentlich Geld mit scheffeln will. Hat Major Thomas uns etwa wieder ins Boot zurückgeholt?“

„Schön wär´s“, murmle ich missgelaunt, „aber nein. Ich hab die Akte im Loft gefunden.“

Nach einem Moment, in dem Sanji mich teils geschockt, teils aufmerksam mustert, wendet er seinen Blick auf das parkende Auto vor uns. Mittlerweile herrscht in der Straße nicht mehr ein so großer Andrang auf freie Parkplätze und die Bürgersteige leeren sich ebenfalls zusehends, bis nur noch vereinzelte Grüppchen aus Jugendlichen und Kindern verbleiben. Es mag sich vielleicht merkwürdig anhören, aber irgendwie beneide ich die Kids um ihre Unbeschwertheit. Für den Augenblick drehen sich ihre einzigen Sorgen noch um Schulnoten und Freunde. Doch nach der Highschool oder dem College wird für sie der Ernst des Lebens beginnen. Dann wird die Frage nach Arbeit und Geld groß, und sie werden auf brutale Art lernen, dass das Leben nicht immer fair nach den Regeln spielt.

„Wir haben zwar gelernt immer vom Schlimmsten auszugehen“, meint Sanji dann mit leiser Stimme, während er sich eine Zigarette anzündet. „Aber ganz ehrlich, Robin hat nicht das Geringste damit zu tun, da lege ich meine Hand für ins Feuer. Und ich bin überrascht, dass du ihr so was zutraust, obwohl du sie länger kennst als ich.“

„Ich habe auch nicht gesagt, dass sie was damit zutun hat.“

„Du widersprichst dem Ganzen aber auch nicht“, kontert Sanji sofort mit scharfer Stimme und blickt mir dabei ernst und anklagend zugleich in die Augen. „Aber wie dem auch sei, was hast du jetzt vor?“

„Der Sache natürlich auf den Grund gehen.“

„Ach, ne, sag bloß!? Das ist mir auch schon klar. Aber wir sind hier in New York und nicht in irgendeinem hinterwäldlerischen Kaff in Indien, wo wir eine unserer Kamikaze-Shows abziehen können.“

Sanji atmet nach seiner kurzen Wutrede einmal tief ein, bevor er in seiner Jacke nach der Zigarettenpackung sucht und sie mir ungefragt hinhält. Bevor ich zur Army ging, war ich ein absoluter Nichtraucher, was aber nicht heißen soll, dass ich jedem Raucher Vorhaltungen bezüglich seines Laster gemacht hätte und ihnen die tödlichen Risiken aufzählte. Wenn jemand der Meinung ist, seinem Körper auf diese Weise bewusst Schaden zufügen zu müssen, dann ist das seine Entscheidung. Doch in meiner Zeit als Soldat habe ich aber auch gelernt, wie ungemein beruhigend eine Zigarette für Körper und Seele sein kann – auch wenn diese Wirkung der Psyche vielleicht nur suggeriert wird.

Den ersten Zug inhaliere ich tief in die Lungen ein und spüre bereits, wie sich einige Muskeln leicht entspannen, trotz des kratzenden Gefühls in der Kehle. Die Momente, in denen ich mal zu einer Zigarette gegriffen habe, kann ich bisher noch an zwei Händen abzählen, weshalb mein Körper noch nicht so wirklich daran gewöhnt ist.

„Wir müssen an dieser Sache genauso herangehen, wie wir das immer bei einer Operation gemacht haben. Und das bedeutet auch, dass wir sämtliche persönliche Gefühle außen vor lassen müssen.“

Die mahnenden Worte werden von einem intensiven Blick an mich begleitet, was nichts anderes bedeutet, als dass ich gefälligst einen kühlen Kopf bewahren soll. Gefühle dürfen bei einer Mission niemals eine Rolle spielen – sie trüben nur den Verstand und enden meist in einem totalen Chaos. Das ist auch der Grund, warum Polizeibeamte niemals einen Fall bearbeiten dürfen, in dem ein Angehöriger oder Bekannter involviert ist, oder Krankenhausärzte niemals einen Angehörigen oder Bekannten operieren dürfen. Die Gefahr dabei einen Fehler zu begehen, ist in solchen Fällen meist höher als das es einem Außenstehenden passiert.

„Der Tote aus den Zeitungsberichten – dieser Bradshaw – hat bei Croc Industries gearbeitet“, konzentriere ich mich jetzt voll und ganz auf die Fakten. „Es ist dieselbe Firma, in der auch Robin arbeitet.“

„Dann können wir wohl davon ausgehen, dass dieser Typ irgendwie in die Sache verwickelt war. Jetzt ist nur die Frage zu klären, ob die Geldwäscherei über die Firma läuft oder ob sich nur ein paar Mitarbeiter bereichern wollen.“

Kaum, dass Sanji geendet hat, beugt er sich mit seinem Körper ein wenig zur Seite und zieht sein Handy aus der Hosentasche. Es bedarf nur wenige Handgriffe, bis er die gesuchte Nummer gefunden hat und das Handy dann aufs Armaturenbrett legt, während das Freizeichen laut im Wageninneren widerhallt.

„Wer da?“, meldet sich eine raue, kratzende Stimme nicht gerade freundlich.

„Hey, Pete, Sanji hier. Ich könnte deine Hilfe gebrauchen.“

„Welche Art von Hilfe?“

Vorsicht und ein Hauch von Misstrauen schwingt in der Stimme dieses Petes mit, was mir verrät, dass es sich bei ihm um einen von Sanjis Kontaktmännern handelt. Sie alle verhalten sich immer gleich, wenn sie einen Anruf entgegennehmen. Sie nennen nicht ihren Namen und wählen ihre Worte stets mit Bedacht, für den Fall, dass noch jemand anderer als der Anrufende mithört.

„Ich brauche jemanden in New York, der mir Informationen aller Art besorgen kann.“

„In New York, hä? Na, da wüsste ich jemanden: 2155 7th Avenue, Apartment 3b. Sei aber nett zu ihm … und sanft.“
 

New York

11. Mai 2012, 14:35 Uhr

In den 60er und 70er Jahren war die Kriminalitätsrate in Harlem wahrlich explodiert. Gewalt, Prostitution und Drogenhandel standen auf der Tagesordnung. Die Stadt ist nur recht schwach dagegen vorgegangen – entweder, weil sie keinen Handlungsbedarf darin sahen, weil ein Großteil der Bevölkerung aus Afroamerikanern bestand, oder weil sie sich eher einer Übermacht an Kriminalitätsbanden gegenüber sahen. Doch was auch immer der Grund dafür war, eine Umstrukturierung erfolgte erst in der Mitte der 90er Jahren: neue Wohnhäuser wurden gebaut; alte Wohnhäuser saniert und renoviert; Geschäfte kamen hinzu; gesellschaftliche Neugestaltung von Freizeitprogrammen wurden entwickelt. Hinzu kam auch eine verschärfte Anwesenheit von Polizeikräften, wodurch nach und nach die Kriminalität zu einem hohen Maße nachließ. Und trotzdem hat Harlem immer noch seinen schlechten Ruf, obwohl es mittlerweile immer mehr Touristen hierhin verschlägt.

Das Gebäude, in dem unser möglicher Informant wohnt, gehört zu eines der Wohnhäuser, die lediglich im Inneren renoviert wurden, um der Außenfassade, die den alten Flair des Viertels ausmacht, nicht zu schaden. Allerdings ist von dieser Modernisierung mittlerweile nichts mehr zu sehen. Stellenweise sind die Wände mit irgendwelchen Graffitis beschmiert, während der einst dunkle Holzboden zerschrammt und zerkratzt ist. Aber davon abgesehen scheinen die Bewohner dennoch ein wenig Rücksicht auf ihre Umgebung zu nehmen, da ich schon schlimmere Häuser gesehen habe, in denen es nach Erbrochenen und Fäkalien gerochen hat, während in den Ecken irgendwelche zugedröhnte Junkies mit glasigen Augen lagen.

Aufmerksam lauschen wir an der Tür zu Apartment 3b, ob wir irgendwelche verdächtige Geräusche dahinter hören können. Es ist zwar nicht gerade oft vorkommen, aber ab und zu geschah es dann doch mal, dass ein Kontaktmann uns an den Feind verpfiffen hatte und wir in eine Falle gelockt wurden. Aber so ist das nun einmal. Solange man selber derjenige ist, der den höchsten Preis an seinen Kontaktmann zahlt, so lange hat man einen loyalen Freund an seiner Seite – bis irgendwann die Gegenseite vielleicht einen viel gewinnbringenderen Vorschlag unterbreitet und man einen verrät. Von daher ist es auch stets angebracht, wenn man über die Aktivitäten eines solchen Informanten Bescheid weiß, um gegebenenfalls entsprechend einschreiten zu können.

Aber bis auf ein schnelles gedämpftes Klack-Klack-Klack – was sich wie das Tippen auf einer Tastatur anhört – ist hinter der Tür nichts zu hören, so dass Sanji mit den Fingerknöcheln hart, aber kurz anklopft. Das Klacken wird daraufhin sofort unterbrochen und für ein Weilchen ist es still. Für meinen Geschmack zu still, geht es mir durch den Kopf, während Sanji eine Hand hebt, um noch einmal anzuklopfen. Doch da wird die Tür auch schon einen Spaltbreit geöffnet – soweit zumindest, wie die Türkette es zulässt.

Das Erste, auf das mein Blick fällt, ist die unwahrscheinlich dünne, lange Nase, die aus einem recht schmalen Gesicht wie eine rote Clownsnase viel zu auffällig heraus sticht. Das Nächste, was ich anschließend wahrnehme, ist der viel zu dürre Arm, der – was ich durch den Türspalt zumindest erkennen kann – zu dem schlaksigen Körper irgendwie ungelenk wirkt.

„Ähm, ich … ich glaube, … ähm … ihr seid hier falsch“, meint der Typ schließlich mit einer etwas hohen und leicht kratzenden Stimme, nachdem er uns ebenfalls gemustert hatte. In seinen braunen Augen erkenne ich Vorsicht, Wachsamkeit aber auch Furcht, was mich vermuten lässt, dass er entweder einige krumme Geschäfte in seiner Wohnung abwickelt oder er aber ein Hasenfuß ist – wobei ich eher zum Letzteren tendiere, wenn ich mir so seine Erscheinung ansehe. Mit Sicherheit musste er schon so einiges an Sticheleien und Spott über sich ergehen lassen, was nicht gerade zu einem starken Selbstbewusstsein führt, sofern man sich kein dickes Fell zulegt.

„Wir sind hier schon richtig“, antwortet Sanji mit einem breiten Lächeln. Doch das Misstrauen in den Augen unseres Gegenübers wird dadurch noch größer, was an der angespannten Schultermuskulatur deutlich sichtbar wird.

„Ich kaufe nichts.“

„Man sagte uns, dass du uns bei einer Sache helfen könntest“, erkläre ich weiter, wobei ich bei meinen Worten darauf achte, nicht zu viele Details preiszugeben – man kann ja nie wissen, wer sonst noch so zuhört. „Aber alles Weitere sollten wir besser drin besprechen.“

Ich kann es beinahe förmlich vor mir sehen, wie es in seinem Gehirn arbeitet. Er blickt uns lange an, mustert uns dabei sehr aufmerksam, während er das Für und Wider abwägt. Schließlich schließt er die Tür und wir hören, wie die Türkette vom Schloss entfernt wird, um kurz darauf dann in die Wohnung eingelassen zu werden – wobei, Chaos trifft es wohl besser.

Dunkle, verblichene Vorhänge sind vor den beiden Fenstern zugezogen, wodurch der Wohnbereich in ein diesiges Licht getaucht ist. Dennoch sind die vielen Elektronikgeräte, die scheinbar an jeden freien Platz und auf jedem Möbelstück abgelegt sind, gut zu erkennen. Laufwerke, Grafikkarten, Chipsteile, diverse Kabel, Tastaturen, Monitore, Video- und DVD-Geräte, Fernseher, Radios, Lautsprecher – ich könnte gut und gerne den ganzen Tag noch damit zubringen, sämtliche Teile aufzulisten, die ich hier überall erblicke. Aber insgeheim frage ich mich, ob es sich bei den ganzen Sachen um Hehlerware handelt, wobei ich mir nur sehr, sehr schwer vorstellen kann, dass dieser Typ ein Hehler ist. Dafür erscheint er nicht hart genug!

„Also … was ist das für eine Sache?“, reißt der Typ mich aus meinen Gedanken. Dabei entgeht mir allerdings nicht, dass er scheinbar ein wenig Selbstbewusstsein getankt hat, da seine Stimme mittlerweile einen festeren Klang in sich trägt.

„Wir brauchen Informationen“, antwortet Sanji leise und geschäftsmäßig, während er ein paar Sachen auf der ramponierten Couch umräumt, um anschließend auf der freien Fläche Platz zu nehmen. „Es handelt sich dabei um Informationen, die man weder aus dem Internet noch aus den Zeitungen bekommen kann.“

„Mit anderen Worten heißt das also, dass ihr an interne und datenschutzgesicherte Infos interessiert seid. Und warum glaubt ihr, dass ich euch dabei helfen kann?“

„Weil du uns empfohlen wurdest.“

„Von wem?“

„Von Pete“, lautet Sanjis knappe Antwort.

„Das hättet ihr auch gleich sagen können“, murmelt der Typ leise, weshalb ich mich schon anstrengen muss, um seine Worte überhaupt zu verstehen. Doch mit dem Namen geht auch eine Veränderung mit unserem Technikfreak vor, wodurch er sich nun völlig sichtbar entspannt. Anscheinend schenkt er diesem Pete ein gewisses Maß an Vertrauen, weshalb er uns auch nicht mehr länger misstrauisch gegenüber steht. Geschäftig setzt er sich daraufhin in den Stuhl an seinem Schreibtisch, auf dem sich drei moderne Flachbildmonitore befinden. Kurz tippt er was auf der Tastatur ein, woraufhin der mittlere Bildschirm schwarz wird.

„Also, was braucht ihr?“

„Zunächst einmal brauchen wir alles Mögliche über Croc Industries“, antworte ich und trete näher an den Schreibtisch heran. „Geschäftsverbindungen, sämtliche Konten im In- und Ausland sowie eine vollständige Liste aller Mitarbeiter, einschließlich des Sicherheitspersonals. Außerdem brauchen wir Einsicht in eine Ermittlungsakte des NYPDs. Es geht dabei um einen Martin R. Bradshaw, der vor wenigen Wochen tot in einer Gasse aufgefunden wurde.“

Auf einem Schreibblock neben der Tastatur macht sich der Typ Notizen, währenddessen er immer wieder mit dem Kopf nickt und irgendwas vor sich hermurmelt. Schließlich blickt er dann mit ernster Miene zu mir auf.

„Wenn ich euch diese Informationen besorge, was bekomme ich als Gegenleistung?“

Eine gute Frage! Normalerweise hatte sich immer unsere Dienstleitung darum gekümmert, dass unsere Kontaktleute entsprechend bezahlt wurden, während wir dagegen wenig damit zu tun hatten. Jetzt ist die Sachlage eine andere. Mal abgesehen davon, dass wir nicht so wirklich Ahnung davon haben, mit was unsere Leute bezahlt wurden, haben wir, ehrlich gesagt, auch gar nicht die Mittel irgendjemanden für seine Dienste zu entlohnen.

„Weiß nicht, was kannst du denn gebrauchen?“, entgegnet Sanji stattdessen.

... wie andere Frauen

Zorro
 

New York

11. Mai 2012, 15:26 Uhr

Was kannst du denn gebrauchen?

Ich hätte bei dieser Frage laut aufstöhnen können. Der Kerl besitzt keinerlei Verhandlungsgeschick. Niemals – absolut niemals! – fragt man seinen Verhandlungspartner, was er gebrauchen könnte. Denn nicht nur, dass ihm dadurch sämtliche Türen für all seine Wünsche geöffnet werden, so behält man sich nicht einmal den kleinsten Spielraum für etwaige Verhandlungen wie das Runterdrücken des Preises vor. Man selbst wird quasi vor vollendeten Tatsachen gestellt. Entweder man bezahlt genau diesen Preis oder aber man bekommt nicht die gewünschte Dienstleistung.

Aber Gott sei Dank ist unser Technikfreak keiner von der hellsten Sorte, wie mir scheint, so dass Sanji und ich lediglich einen – nun, ja – Dienstbotengang erledigen müssen. Es ist damit also eine machbare Aufgabe … eine lösbare Aufgabe … eine kostengünstige Aufgabe. Na ja, eigentlich eine Aufgabe, die doch eher zu einem Schlägertrupp passen würde als zu einem Exsoldaten der US Army. Wobei der Grad dazwischen nicht gerade übermäßig groß ist. Es kommt schließlich nicht gerade selten vor, dass Exsoldaten aufgrund ihrer Kampfausbildung gerne als Bodyguards, Türsteher oder als Sicherheitsleute irgendwo eingestellt werden. Dass dabei mal auch die Seite gewechselt wird, ist nicht gerade eine Seltenheit, da Gewalt stets ein fester Begleiter eines Soldaten ist.

In umkämpften Kriegsgebieten ist es so, dass kaum ein Tag vergeht, an dem nicht die Schüsse der Panzer still liegen oder Explosionen die Erde zum Beben bringen. Dichter qualmender Rauch hüllt die Gebiete ein und macht den Tag zur Nacht. Immer muss man kampfbereit sein und den Finger am Abzug seiner Waffe halten. Und dann – wenn man plötzlich das Leben eines normalen Bürgers führen soll – steht man einer Welt gegenüber, die so völlig anders ist. Eine Welt, in der Gewalt nicht wie im Krieg ein Mittel zum Zwecke eingesetzt wird. Es ist eine Welt, in der man gänzlich anderen Feinden gegenübersteht – Feinden in Form des typischen Alltagslebens mitsamt seinen Herausforderungen, Problemen und Sorgen. Taten und Leistungen - und nicht Waffen! – bringen hier einen weiter.

Doch hin und wieder kommt es vor, dass ein Exsoldat mit solch einem Leben überfordert ist, da ihm wirklich die Gewalt in seinem Leben fehlt, der er lange Zeit ausgesetzt war – und die ihm vielleicht sogar Spaß gemacht hat. Und der Job als Türsteher oder etwas in der Art wird ihn nicht gänzlich zufrieden stellen, da die Extreme, mit der solche Menschen Gewalt ausgeübt haben, in diesen Berufen nicht gegeben ist. Von daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Exsoldat sich für ein kriminelles Leben entscheiden wird.

„Wo ist die Warren Street?“

„Schau in der Straßenkarte nach“, antworte ich Sanji eher gelangweilt und weise mit der Hand auf das Handschuhfach hin, ohne dabei meinen Blick von der Autowerkstatt auf der gegenüberliegenden Straßenseite abzuwenden. Mal abgesehen davon, dass es mir nicht mal im Traum einfallen würde, dort meinen Wagen reparieren zu lassen – nur ein Mechaniker meines Vertrauens darf Hand an mein Baby legen –, so ist das Gebäude wirklich mehr als nur reif für die Abrissbirne. An mehreren Stellen bröckelt bereits der Putz von den Außenwänden, während die Fensterscheiben eingeschlagen sind und die Eingangstür schief in ihren Angeln hängt. Das große Werbeschild auf dem Dach scheint in seinen besseren Tagen wohl mal weiß gewesen zu sein. Heute jedoch ist es nur noch von einer dreckigen graugelben Schicht und von rotbraunen Rostflecken überzogen. Und auch der Vorhof hat mit seinem löchrigen Asphalt schon mal bessere Tage gesehen. Wenn man das alles also genau betrachtet, dann wäre das Grundstück eher als Müllkippe denn als Werkstatt von Nutzen bei all dem ganzen Unrat, der sich auf den freien Wiesenflächen angesammelt hat. Doch was will man von einer kleinen Hehlerbande auch groß erwarten, die ihren Lebensunterhalt damit verdient diverse Autos zu klauen und auszuschlachten, um die Teile schlussendlich an den Meistbietenden zu verkaufen?!

„Shit“, flucht Sanji neben mir leise, so dass ich dann doch mal zu ihm herüberblicke. Tief in Gedanken versunken schaut er abwechselnd von der Straßenkarte in seiner Hand auf die Tageszeitung auf seinem Schoß.

„Teure Gegend?“

Nachdem wir uns einen Parkplatz gesucht hatten, von dem aus wir die Werkstatt gut im Blickfeld haben ohne dabei selbst auffällig zu erscheinen, hatte Sanji die Gunst der Stunde genutzt und neben zwei Becher heißen abgestandenen Kaffees auch noch eine Tageszeitung besorgt. Seitdem ist er mit dem Studium der Wohnungsanzeigen beschäftigt.

„Ist zwar jetzt kein exklusives Viertel, aber – ja, es übersteigt meine finanziellen Mittel.“

Seufzend lehnt er seinen Kopf an die Nackenstütze und reibt sich müde über die Augen. Mit leisen Gewissensbissen mustere ich sein viel zu blasses Gesicht und überlege kurz, den Motor zu starten und ihn zu seiner Schwester zu fahren, da Sanji wohl äußerst dringend Schlaf benötigt. Doch ein kurzer, dumpfer Schlag mit der geballten Faust, mit der Sanji die Seitentür malträtiert, hält mich dann doch davon ab nach dem Zündschlüssel zu greifen.

„Die ganze Sache ist doch einfach nur Scheiße!“, flucht er halblaut ins Wageninnere hinein.

„Ich habe keine Wohnung und ich habe keinen Job. Aber ohne Job kann ich keine Wohnung finanzieren. Und noch weitere Tage mit meiner Schwester zusammen zu wohnen, in einer so kleinen Wohnung, in der man sich bereits gegenseitig auf die Füße tritt, sobald man sich auch nur umdreht – Nein, danke! Ich liebe meine Schwester, ganz ehrlich. Aber ich würde dann doch lieber ein Jahr im Amazonas leben wollen, als noch einen Tag bei ihr.“

Aha, daher weht also der Wind, denke ich so im Stillen, wobei ich mir ein breites Grinsen nicht nehmen lassen kann. Mein Mitleid für ihn hält sich dabei allerdings in Grenzen, da Sanji während seiner vierjährigen Abwesenheit vergessen zu haben scheint, wie schwierig Nami sein kann – und ist. Von ihrer Art her ist sie schon immer dominant, bestimmend und herausfordernd gewesen, und alles muss nach ihrer Pfeife tanzen. Als Filialleiterin eines Drogeriemarktes kommen ihr diese Eigenschaften als Führungskraft sicherlich zu Gute, aber auf der zwischenmenschlichen Ebene sind es dann doch eher störende Faktoren. Denn nicht jeder lässt sich gerne herumkommandieren, wie es Nami das eine oder andere Mal bei mir erfahren musste.

„Du kannst so lange bei uns wohnen, bis du was anderes gefunden hast“, schlage ich schließlich vor. „Robin wird bestimmt nichts dagegen haben.“

„Weißt du, daran hatte ich auch schon gedacht, aber …“

Sichtlich unangenehm lässt Sanji seine Worte offen im Raum stehen, bis ich ihm mit einem ungeduldigen Handzeichen auffordere seinen Satz zu beenden. Seufzend und mit zögernder Stimme spricht er schließlich weiter.

„Also, bei eurer prekären Situation wäre ich da doch nur ein Störfaktor.“

„Prekären Situation?“, wiederhole ich völlig verdattert, während meine Augenbrauen schlagartig in die Höhe schnellen. Habe ich irgendwas verpasst, geht es mir durch den Kopf. Gleichzeitig versuche ich den Sinn hinter den Worten zu verstehen.

„Na, komm schon“, kontert er augenblicklich mit einem vielsagenden Blick. „Du willst mir doch wohl nicht weiß machen, dass ihr beiden die Sache bereits geklärt hättet, oder?“

„Geklärt ist zwischen uns noch gar nichts. Aber das bedeutet nicht, dass Robin und ich nicht miteinander auskommen.“

Lange Zeit ist es still im Wagen, währenddessen Sanji mich aufmerksam mustert. Ich kann es förmlich vor mir sehen, wie es in seinen Gehirnwindungen arbeitet und er meine Worte, wie bei einem Frosch aus dem Biologieunterricht, seziert.

„Überzeugung klingt anders“, meint er schließlich lapidar und zündet sich dabei eine Zigarette an. Durch die graubläulichen Rauchschwaden hinweg, blickt er mich dann mit hochgezogener Augenbraue fragend an. Um mehr Zeit zu schinden, greife ich nach dem Kaffeebecher und schlucke den mittlerweile kalt gewordenen Inhalt herunter. Dabei verkneife ich mir nur sehr mühsam ein Schütteln angesichts des bitteren Geschmacks, der meine Kehle hinab rinnt. Dieses Gesöff wäre im Ausguss besser aufgehoben als in meinem Körper, geht es mir kurz durch den Kopf, bevor ich meine Gedanken dann auf Sanjis unausgesprochene Frage richte.

Über tiefgründige Gefühle zu reden – jemandem von seinen Problemen und Ängsten zu erzählen oder darüber, was man für jemanden empfindet –, ist noch nie so mein Ding gewesen. Von daher ist es mir auch schon immer schwer gefallen Gefühle überhaupt zum Ausdruck zu bringen. Doch die Unterhaltung würde unweigerlich in diese Richtung gehen, und dabei fühle ich mich alles andere als wohl. Aber welche andere Möglichkeit bleibt mir? Sicher, ich könnte versuchen Sanji zu ignorieren – wobei die Betonung hierbei auf versuchen liegt. Aber zurzeit liegt die Autowerkstatt einsam und verlassen da. Und wer kann schon sagen, wann jemand von der Bande auftaucht? Im Augenblick jedenfalls muss ich mich auf ein längeres Warten einstellen – und mit einem äußerst neugierigen Sanji kann diese Warterei sehr nervenaufreibend werden.

„Also gut“, seufze ich schließlich und ergebe mich niedergeschlagen meinem Schicksal. „Das Verhältnis zwischen Robin und mir ist ziemlich angespannt, obwohl wir irgendwie miteinander auskommen können. Wir haben letzte Nacht das Thema kurz aufgegriffen und ich habe mich für mein Verhalten damals entschuldigt. Ich habe versucht ihr meine Gründe soweit zu erklären, wie ich nur konnte, aber … irgendwie scheint das nicht auszureichen.“

„Siehst du das etwa als dein Problem an?“, fragt Sanji mich ungläubig, während sich gleichzeitig ein grimmiger Zug um seine Augen legt. „Dass euer Verhältnis angespannt ist, obwohl du dich bei ihr entschuldigt hast? Angesichts dessen, wie lange ihr euch bereits kennt, hast du ihr damals nicht den nötigen Respekt entgegen gebracht, und sie stattdessen mit einem armseligen „Vergiss mich einfach“ abgespeist. Du solltest lieber froh darüber sein, dass sie noch mit dir redet. Andere Frauen an ihrer Stelle hätten dir die Tür vor der Nase zugeschlagen.“

„Aber genau das meine ich doch“, entgegne ich genervt, wobei ich die maßlose Wut, die mir von Sanji entgegenschlägt, geflissentlich ignoriere. „Robin ist nicht wie andere Frauen. Sie schreit mich nicht an. Sie setzt mich nicht vor die Tür. Sie versucht noch nicht einmal ihre Wut an mir auszulassen. Stattdessen ist sie freundlich und höflich – beinahe, als wenn nie was gewesen wäre. Aber sobald ich versuche diese … diese Distanz … zu überbrücken, zieht sie sich sofort wieder zurück. Ich weiß einfach nicht, wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll, oder was ich sagen kann oder darf.“

„Also wäre es dir lieber, Robin wäre wie andere Frauen?“

Kurz lache ich leise und humorlos auf, während mein Blick durch die Windschutzscheibe hinaus auf die Straße wandert. Was die Situation zwischen Robin und mir angeht – ja, da würde ich mir schon wünschen, dass sie sich gänzlich anders benehmen würde … halt einer typischen Frau entsprechend, denn damit könnte ich eventuell umgehen. Aber sonst? – Nein! Anders möchte ich Robin gar nicht haben, denn dann wäre es auch niemals so weit zwischen uns gekommen.
 

New York

Eleanor Roosevelt High School

29. Mai 2001, 15:32 Uhr

In vielen Filmen und Serien werden Schulen oft in irgendwelchen ruhigen und schicken Vororten gezeigt – mit einem riesigen Parkplatz vor dem Eingangsbereich, einem Denkmal für den Namensgeber und mit einer gewaltigen Grünfläche drumherum. Doch diese Darstellung trifft auf die Eleanor Roosevelt High School überhaupt nicht zu, da sie sich direkt in der New Yorker City befindet. Der Eingangsbereich liegt direkt an der Straße, und Parkplätze findet man mit sehr viel Glück in einen der Nebenstraßen ganz in der Nähe. Bei Schulschluss herrscht dann auf dem Gehsteig ein heilloses Durcheinander, sobald sich der Mob an Schülern in alle Himmelsrichtungen zerteilt. Die meisten von ihnen versammeln sich dann bei den Schulbussen, die mit brummenden Motoren abwartend in ihren Parkbuchten stehen. Andere wiederum begeben sich zu Fuß nach Hause oder werden von Eltern oder Geschwistern abgeholt. Nur die etwas älteren Schüler, zu denen auch ich gehöre, greifen auf ihren eigenen fahrbaren Untersatz – oder den ihrer Eltern – zurück.

Grimmig und unter Einsatz meiner Ellenbogen kämpfe ich mich also durch dieses Gedränge, wobei mein Rucksack immer wieder an irgendjemandes Sachen hängen bleibt. Obwohl es nur drei, vier Schritte braucht, um den Straßenrand zu erreichen, benötige ich dennoch mehrere Sekunden, da der Schülersog mich immer wieder in eine andere Richtung mitzieht. Doch so geht es jeden Tag zu, so dass ich mich mittlerweile daran gewöhnt habe – was jedoch nicht bedeuten soll, dass es mich nicht nerven würde. Denn jedes Mal klingeln mir die Ohren bei dem ganzen Lärm, den meine Mitschüler verursachen. Wortfetzen über Lehrer, Hausaufgaben, Freunde, Partys und dergleichen hallen über den Mob hinweg und verursachen ein solches Stimmengewirr, dass man nicht mal mehr sagen kann, wer sich mit wem unterhält.

Gerade als ich schnell zwischen zwei Autos die Straße überqueren will, bemerke ich aus den Augenwinkeln einen dunklen Haarschopf auf mich zukommen. Mit einem gequälten Gesichtsausdruck drängt sich Robin durch die Schülermasse zu mir. Der Riemen ihres Rucksacks ist ihr mittlerweile auf den Unterarm heruntergerutscht, und sie hat erhebliche Mühe die etlichen Bücher in ihren Armen nicht fallenzulassen. Schnell gehe ich ihr entgegen und nehme ihr die Last von den Armen ab, was sie mit einem erleichterten Lächeln quittiert.

„Warst also mal wieder in der Bücherei“, stelle ich mit einem kurzen Blick auf die Bücher fest, die Titel wie Ägyptische Rituale der griechisch-römischen Zeit, Das Leben und die seltsamen Abenteuer des Robinson Crusoe und Das Manifest tragen. Meine Fresse, was für Schinken, geht es mir kurz durch den Kopf.

„Ich hatte heute Mittag eine Freistunde“, erklärt mir Robin ein wenig atemlos, während wir mit ausgreifenden Schritten die Straßenseite wechseln. Angesichts ihres scheinbar unstillbaren Hungers nach Wissen kann ich nur stumm mit dem Kopf schütteln, doch überraschen tut es mich schon lange nicht mehr. Wenn wir nicht gerade was gemeinsam unternehmen, vergräbt sie ihre Nase stattdessen in Büchern, wobei sich ihr Interesse auf kein bestimmtes Gebiet bezieht. Sie liest einfach alles: Kunst, Geschichte, Theologie, Mathematik, Wirtschaft, Biologie, Politik und was es sonst noch alles gibt. Aber mir soll es recht sein, denn ihr unstillbarer Wissensdurst und ihr schnelles Verständnis von der Materie kommen mir dagegen zu gute, da ich sonst bei einigen Themen sang- und klanglos untergegangen wäre.

Auf der anderen Straßenseite angekommen, warte ich geduldig ab, bis Robin die Bücher in ihrem Rucksack verstaut hat, und lasse meinen Blick eher desinteressiert durch die Gegend wandern. Dabei entgeht mir nicht, dass einige Mitschüler aus den unteren Stufen immer wieder missbilligend zu uns herüberblicken – wie eigentlich jedes Mal, wenn man uns beide zusammen sieht. Und wie jedes Mal überkommt mich eine maßlose Wut, da die Blicke ein Resultat dessen sind, dass Robin und ich unterschiedlichen Gruppensystemen angehören. Robin wird aufgrund ihres Wissensdrang und ihrer guten Noten – bislang ist sie mit einem Notendurchschnitt von 1,0 die Beste auf der ganzen Schule – als Streberin abgestempelt, während ich als Batter im schuleigenen Baseballteam zu den Sportlern zähle, weswegen auch eine solche Freundschaft nicht gerne gesehen wird.

Noch ganz zu Beginn der Senior High, kurz nachdem ich der Baseballmannschaft beigetreten bin, hatten die Jungs aus dem Team versucht mich dazu zu überreden, die Freundschaft zu Robin zu beenden, da sie meinem Ansehen doch schaden würde. Und nichts anderes stellt solch ein Gruppensystem oder Klassifizierung dar – die Beliebtheit einer Person. Man wird dabei lediglich auf eine Fertigkeit reduziert, sei es nun Intelligenz, Sportlichkeit, gutes Aussehen, Hautfarbe oder Geld. Die inneren Werte eines Menschen zählen dabei nicht. Aber ich habe mich über diese allgemeingültige Regelung, die man an jeder Schule findet, hinweggesetzt, so dass meine Freunde die Freundschaft zwar akzeptieren, allerdings nur sehr widerstrebend.

Herausfordernd und mit einer grimmigen Zufriedenheit – und mit dem Wissen, dass sehr bald wieder das Gerücht im Umlauf sein wird, Robin und ich seien ein Paar -, lege ich ihr den Arm um die Schultern, während wir uns auf den Weg zu meinem Auto machen.

„Und, hast du schon einen Begleiter gefunden?“

„Wofür?“, fragt sie zurück und blickt irritiert zu mir hoch, da ihr Kopf mir gerade einmal bis zum Kinn geht.

„Na, für Freitag“, erkläre ich kurz und blicke grimmig zu ihr runter.

„Ah, der Schulball“, kommt es mit soviel Begeisterung zurück, als hätte ich von ihr verlangt, meine Trainingsklamotten zu waschen – was nun wahrlich kein Vergnügen ist. Ein verkniffener Zug legt sich um ihren Mund, während sie zur Seite blickt, und ich ahne schon, dass es gleich wieder zu einer Auseinandersetzung zwischen uns kommen wird.

„Da ich nicht vorhabe hinzugehen, brauche ich auch keinen Begleiter.“

„Nicht schon wieder, Nici“, stöhne ich genervt auf und ignoriere die Tatsache, dass es ihrem Tonfall deutlich anzuhören war, das Thema besser auf sich beruhen zu lassen. Stattdessen nehme ich den Arm von ihrer Schulter und vergrabe missmutig meine Hände in den Hosentaschen. Same procedure as every year, schießt es mir unwillkürlich durch den Kopf, da wir diese Diskussionen jedes Mal führen, wenn es um den alljährlichen Schulball geht. Dass sie nicht an außerschulischen Aktivitäten dran teilnimmt, damit habe ich mich bereits notgedrungen abgefunden, obwohl ich mein Bestes gegeben habe, sie in meinen Freundeskreis zu integrieren. Aus Gründen, die mir unbegreiflich sind, kann sich Robin einfach nicht in die Gruppe einfügen, wie sie mir mal sagte. Okay, diese Tatsache habe ich akzeptiert, aber was den Schulball angeht … Also, wenn man unserer Schulsprecherin Glauben schenken darf, so ist der Schulball das wichtigste Ereignis im ganzen Jahr.

„Und wie man sieht, hat es mir auch nicht geschadet“, meint Robin mit einem leicht schnippischen Unterton in der Stimme, ohne meinen Einwand auch nur weiter zu beachten.

„Ja, und wirst weiterhin von allen als Sonderling abgestempelt“, knurre ich zurück, womit ich Robin wissen lasse, dass ich sauer auf sie bin.

Mit ausgreifenden Schritten gehe ich auf meinen schwarzen Impala zu, während ich die Autoschlüssel mit einem kurzen heftigen Ruck aus meiner Jeans ziehe. Dass Robin Mühe hat mit mir Schritt zu halten, ist mir für den Augenblick so was von scheißegal. Soll sie doch wissen, wie wütend ich bin, zucke ich innerlich mit den Schultern.

Mit einem dumpfen Plumps landet mein Rucksack auf der Rückbank, bevor ich Robin die Beifahrertür aufhalte, da ich trotz meiner Wut nicht mein gutes Benehmen vergessen habe, das mir meine Mom mit Müh´ und Not beigebracht hat. Unter gesenkten Lidern hervor wirft Robin mir beim Einsteigen einen vorsichtigen Blick zu, als überlege sie, ob sie etwas sagen soll oder ob es doch besser wäre den Mund zu halten. Ohne sie weiter eines Blickes zu würdigen, werfe ich schließlich die Autotür zu, gehe ums Heck herum auf die Fahrerseite und steige selber ein.

„Siehst du mich auch so?“

Die Frage kommt nur sehr leise und zögerlich, als hätte Robin Angst vor der Antwort, so dass ich mich ihr mit einem tiefen Stirnrunzeln zuwende. Doch bei dem Anblick von Unsicherheit in ihren Augen, verraucht meine Wut so schnell, wie sie gekommen ist. Seit wir uns kennen, habe ich sie immer sehr selbstbewusst und selbstsicher erlebt. So überraschend oder komplex eine Situation auch erschienen ist, Robin hat solche Momente stets mit einer unglaublichen Überlegenheit gemeistert. Sie jetzt aber so zu sehen, lässt mich meine unbedachte Bemerkung aufs Tiefste bereuen, und ich komme mir wie der allerletzte, allerübelste Schuft vor, den es auf der ganzen Welt gibt.

„Natürlich nicht“, antworte ich seufzend und beuge mich zu ihr hinüber. Meine rechte Hand lege ich ihr dabei in den Nacken und spüre die angespannten Muskeln unter der Haut. Beschwörend blicke ich ihr in die Augen, während ich meine Stirn an ihre lehne.

„Nur manchmal wünschte ich mir, dass du dich wie ein Mädchen deines Alters benimmst.“

Robins Stirn legt sich in kleine Falten und ihr Blick wird intensiver, als sie über meine Worte nachdenkt. Ich kann es beinahe förmlich vor mir sehen, wie es in ihrem Kopf arbeitet. Still warte ich ab, bis sie ihre Augen für einen kurzen Moment schließt, um mich dann sofort wieder anzusehen. Der pure Schalk sitzt in ihrem Blick, während sich ein spitzbübisches Lächeln um ihre Lippen legt. Und der eiserne Griff um mein Herz lockert sich, da ich weiß, dass zwischen uns wieder alles in Ordnung ist.

„Du möchtest also, dass ich stundenlang shoppen gehe, in Modezeitschriften rumblättere, mir massenhaft Make-up ins Gesicht schmiere und pausenlos über Jungs rede?“

Unwillkürlich muss ich an unser Cheerleader-Geschwader denken, an Jasmine und ihre Freundinnen. Für diese Mädels gibt es scheinbar tatsächlich keine anderen Themen als Mode, Styling und Jungs. Zugegeben, es graut mir jetzt schon davor, Jasmine am Freitag abzuholen, denn ich wüsste gar nicht, über was ich mich mit ihr auf dem Hinweg unterhalten soll. Aber das Thema wäre dann sowieso erledigt, sobald wir die riesige Turnhalle betreten, da sie sich zu ihren Mädels gesellen würde und ich mich zu den anderen Jungs.

Aber mir vorzustellen, wie Robin durch das Einkaufszentrum schlendert, die Hände voll gepackt mit diversen Einkaufstaschen, und sich mit Jasmine über die neuesten Stylingtrends unterhält, wird mir schlecht. Nein, da gefällt sie mir um Längen besser, so wie sie ist: intelligent, belesen, schlagfertig, witzig, warmherzig, geduldig und offen für alles Neue.

„Nein“, antworte ich nur mit fester Stimme und drehe den Zündschlüssel, während ich mir mühsam ein Schaudern verkneife. Aus den Augenwinkeln bemerke ich, wie das Lächeln auf Robins Gesicht breiter wird, bevor sie sich den Sicherheitsgurt umlegt.
 

Robin
 

New York

12. Mai 2012, 01:32 Uhr

Sanft wiege ich die Hüften zu den ruhigen, langsamen Klängen der Musik, die ich nur am Rande meines Bewusstseins mitbekomme. Neben mir plappert Nami ununterbrochen und erzählt mir von irgendeinem Vorfall, der sich am Nachmittag in ihrem Drogeriemarkt ereignet hat. Hin und wieder wedelt sie dabei wild mit den Händen, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Doch auch das bekomme ich nur am Rande mit. Meine gesamte Aufmerksamkeit ist ganz auf den Mann gerichtet, der so plötzlich und unerwartet wieder in mein Leben getreten ist.

Noch immer klopft mir das Herz bis zum Hals, wenn ich an letzte Nacht zurückdenke, als ich ihn vor meiner Tür sah. Nie hätte ich damit gerechnet, dass er herkommen würde – nicht nachdem, was zwischen uns vorgefallen ist. Und dennoch ist er hier … ist dem Lockruf seines Herzens gefolgt. Und was sagt mein Herz?

Ein bitteres Lachen steigt mir die Kehle hinauf, das ich schnell wieder hinunterschlucke. Stattdessen blicke ich auf den graumarmorierten Küchentresen und auf die noch immer halbgefüllte Bierflasche in meinen Händen, die ich die ganze Zeit über geistesabwesend zwischen meinen Fingern drehe. Jeder Herzschlag ruft freudig Ja, während meine Sinne Purzelbäume schlagen. Mein Verstand jedoch wehrt sich vehement gegen die aufkeimenden Gefühle, da er sich noch gut an die Art und Weise erinnern kann, wie Zorro mich abserviert hat, sowie an den unsäglichen Schmerz, der mich noch Monate danach von innen heraus zu zerreißen drohte.

„Hörst du mir eigentlich zu?“

Ein kurzer Stubser gegen meine Schulter reißt mich aus meinen Gedanken und leicht verwirrt blicke ich Nami an.

„Ja, natürlich“, antworte ich instinktiv und zwinge mir ein Lächeln aufs Gesicht. Spöttisch hebt sich daraufhin eine ihrer zierlich geschwungenen Augenbraue, während ihr Blick mir deutlich zu verstehen gibt, dass sie genau weiß, wo ich mit meinen Gedanken bin. Anschließend wandern ihre Augen zu den Jungs, die es sich um den Kaffeetisch herum auf den Sofagarnituren gemütlich gemacht haben. Ihre Gespräche übertönen zum Teil die Musik, besonders wenn sie sich irgendwelche lustigen Anekdoten aus der Vergangenheit erzählen und sie in grölendes Gelächter ausbrechen. Aber ich gönne es ihnen, denn ihre ausgelassene Stimmung wärmt mein Herz, zumal es schon sehr lange her ist, als wir das letzte Mal eine Party geschmissen haben. Das war drei Abende vorher, bevor Zorro und Sanji nach Texas geflogen sind, um ihren Dienst als Soldaten der Vereinigten Staaten anzutreten. Ohne die beiden war es einfach nicht mehr dasselbe, so dass der Rest von uns sich mehr oder weniger in Diskotheken oder in Cafés getroffen hat, um ein wenig abzufeiern.

„Wie läuft es zwischen euch?“, wendet sich Nami mir wieder zu. Ihr Blick ist dieses Mal mitfühlend, was in mir eine genervte Reizbarkeit aufkommen lässt.

„Gut“, antworte ich nur, da ich überhaupt keine Lust habe, mit ihr über die verfahrene Situation zwischen Zorro und mir zu reden. Dass sie verfahren ist, daran besteht kein Zweifel. Aber schuld daran ist diese unwiderstehliche Anziehungskraft, die nach all der Zeit immer noch zwischen uns existiert. Wir können wie zwei Freunde wunderbar miteinander auskommen – das hat unser Gespräch am Morgen gezeigt. Doch sobald die Unterhaltungen persönlicher, intimer werden, wird es schwierig. Ich kann seine Abschiedsworte nicht vergessen … und auch nicht verzeihen, egal, welche Gründe er für sein Verhalten auch vorbringen mag. Er hat mir das Gefühl gegeben, irgendeine x-beliebige Freundin zu sein, obwohl wir uns schon fast ein ganzes Leben lang kennen.

An den Tag, als wir das erste Mal miteinander geredet hatten, kann ich mich immer noch so gut erinnern, als sei es erst gestern gewesen. Das war noch in der Vorschule und wir hatten gerade Mittagspause. Ich weiß noch, wie ich ein Bild vom Nachbarshund malte, als plötzlich der dickliche Tommy vor mir erschien und wie ein drohender Schatten über mir aufragte. Mit einer einzigen schnellen Bewegung hatte er mir mein Bild aus den Händen gerissen und hielt es hoch über seinen Kopf, während er mich als blasse Kuh bezeichnete. Im nächsten Moment lag er aber dann vor mir auf dem Boden und Zorro saß rittlings auf ihm drauf. Immer wieder hatte er ihn ins Gesicht geschlagen und ihn angeschrieen, er solle sich bei mir entschuldigen. Zorro, ein kleiner schmächtiger Junge, der mit niemandem in der Klasse befreundet war und sich stets im Hintergrund gehalten hatte, hatte Tommy, den heimlichen Boss der Klasse, verprügelt, obwohl dieser gut einen Kopf größer und mehrere Pfunde schwerer war. Danach aber hatte Tommy mich für den Rest unserer gemeinsamen Zeit in der Vorschule in Ruhe gelassen, und Zorro und ich wurden von diesem Tage an unzertrennlich.

Bei der Erinnerung an Klein-Tommy, wie er vor mir im Dreck gelegen hatte, muss ich leise lachen.

„Erzählt du mir den Witz, damit ich mitlachen kann?“

Überrascht blicke ich bei der leisen Stimme auf. Nami hat sich in der Zwischenzeit, in der ich in meinen Erinnerungen schwelgte, unbemerkt zu den Jungs gesellt. Stattdessen steht Zorro mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen nehmen mir und schaut mich erwartungsvoll an.

„Ich habe an Klein-Tommy gedacht.“

„Klein-Tommy?“

„Tommy aus der Vorschule“, erkläre ich bereitwillig, woraufhin sich Verwirrung in seinen Augen widerspiegelt. „Ich musste an den Tag denken, als du ihn verprügelt hattest.“

„Er hatte es nicht anders verdient.“

Vielleicht, denke ich im Stillen und mustere Zorro genauer. Von dem Jungen, der er damals in der Vorschule war, ist heute nicht mehr viel geblieben. Aus dem schmächtigen Jungen mit den schlaksigen Armen ist ein stattlicher und gutaussehender Mann geworden. Doch nicht nur äußerlich hat er sich verändert. Auch sein Wesen hat sich im Verlaufe der Zeit gewandelt. Als Kind war Zorro ein richtiger Rebell: aufsässig, streitlustig, herrisch und mit zuviel überschüssiger Energie, die er in unzählige Raufereien steckte. Während der Highschool dann wurde er ruhiger und kompensierte seine Energie in sportliche Aktivitäten, was auch dazu führte, dass er geselliger wurde. Ebenso besserte sich auch das Verhältnis zu seinen Eltern, insbesondere zu seinem Vater, da Zorro wohl begriffen zu haben scheint, dass es nicht immer nach seiner Nase geht und er auch Kompromisse eingehen muss. Seinen spielerischen Charme, seinen oftmals rauen und grimmigen Ton und seine unkontrollierbare Impulsivität hat er auch im jungen Erwachsenenalter beibehalten, aber der vierjährige Dienst in der Army hat ihn, ebenso wie alle anderen einschneidenden Ereignisse der Vergangenheit, verändert. Zorro ist stiller geworden, bedächtiger und vorsichtiger. Gefährlich ist wohl das richtige Stichwort, um seinen Charakter zu beschreiben, schießt es mir durch den Kopf und seltsamerweise lässt dieser Gedanke meine Nervenbahnen auf angenehme Weise erzittern.

„Tanzt du mit mir?“

Beschwörend blickt Zorro mir in die Augen, während in meinem Inneren sämtliche Alarmglocken schrillen. Bislang ist es mir sehr erfolgreich gelungen jegliche Berührungen mit ihm aus dem Weg zu gehen, obwohl das Verlangen danach seine Wärme auf meiner Haut zu spüren, übermächtig groß ist. Doch als ich mich in seinen smaragdgrünen Augen zu verlieren scheine, weiß ich, dass mein Verstand dieses Mal den Kampf verloren hat, als mein Körper auch schon die Kontrolle übernimmt und ich mich bereitwillig aus der Küchenzeile ziehen lasse.

I do it for you

Robin
 

New York

12. Mai 2012, 01:48 Uhr

Wie gebannt blicke ich auf die Hand hinab, die um einiges größer ist als meine. Die Handinnenfläche ist rau und schwielig, aber in ihrer Berührung sehr sanft, als befürchte sie meine eigene Hand wie Glas zersplittern zu lassen, sollte sie auch nur ein wenig kräftiger zudrücken. Währenddessen sendet der Daumen, der zart über meinen Handrücken streichelt, prickelnde Schauer meinen Rücken hinauf, so dass sich die feinen Härchen an meinen Armen aufrichten. Zittrig atme ich die Luft tief ein, als die ersten Wellen der Erregung über mich hinwegspülen und meine Eingeweide sich voll gespannter Vorfreude zusammenziehen.

Oh Gott, Mädel, was tust du da, höre ich meinen Verstand mir panisch zurufen. Doch ich kann mich einfach nicht diesem Zauber entziehen, den der Mann vor mir auf mich ausübt. Viel zu lange musste ich auf seine Nähe verzichten; auf die Geborgenheit und Sicherheit, in die seine Arme mich stets eingehüllt haben. Und dann diese Augen – diese tiefen, grünen Smaragdaugen, die jede Gefühlsregung an mir wahrzunehmen scheinen, als sie langsam über mein Gesicht wandern. Dass ihm meine schnelle Atmung dabei nicht entgeht, zeigt er mir mit dem leichten Heben seiner Augenbraue, woraufhin mir augenblicklich eine warme Röte ins Gesicht schießt, während ich mich innerlich vor Scham nur so winde.

Du meine Güte, was wird er nur von mir denken, geht es mir peinlich berührt durch den Kopf, als sich auch noch ein leises amüsiertes Lächeln auf seine Lippen stiehlt.

Sieh lieber zu, dass du von ihm wegkommst, schreit abermals die Stimme meines Verstandes dazwischen. Doch dieses Mal ist sie drängender und energischer, so dass sich meine vernebelten Sinne für einen Moment klären und ich die rauchigsamtene Stimme Bryan Adams vernehme, die die sanften Klänge zu Everything I do anstimmt. Und mit einem Mal wird mir mit aller Deutlichkeit bewusst, was Zorro mit tanzen gemeint hat; eng umschlungen, Haut an Haut, seine Hand an meinem Rücken, mein Kopf an seiner Schulter.

Das kann ich nicht, entfährt es mir voller Entsetzen durch den Kopf, als ich ihm auch schon meine Hand entreiße. Nicht so - und nicht bei diesem Song!

Sein Blick verliert daraufhin an Intensität und seine Augen schmälern sich für wenige Millimeter, als ich unsicher zurückweiche. Die Verletztheit in seinen Augen, da ihm meine plötzliche Distanziertheit nicht entgangen ist, versetzt mir dabei einen Stich ins Herz, weswegen ich stumm und verzweifelt nach einer Erklärung suche – aber keine finde. Wie soll ich ihm auch etwas erklären, das ich selber nicht verstehen kann? Dass mein Herz trotz allem, was passiert ist, sich noch immer nach ihm verzehrt.

„Wie bitte?!“, schreit Nami plötzlich so laut auf, dass ich erschrocken zusammenzucke. Wie eine Seifenblase zerplatzt die Sphäre, in der nur Zorro und ich existierten. Alles andere um mich herum war in weite Ferne gerückt und hatte keinen Platz in dieser kleinen Welt. Doch Namis wütender Aufschrei lässt mich wieder bewusst werden, dass wir nicht alleine sind, weshalb ich noch weiter von Zorro abrücke. Mit stoischer Miene beobachtet er meine Reaktion, ohne mich dabei auch nur für eine Sekunde aus den Augen zu lassen.

„Jetzt versteh´ das bitte nicht falsch, Nami“, höre ich Sanjis ruhige Stimme sagen. Da ich Zorros undurchdringlichen Blicken nicht weiter standhalten kann, lenke ich meine Aufmerksamkeit nunmehr dankbar meinen Freunden zu.

„Ich hab ja auch nur gesagt, dass es für uns alle vielleicht besser so wäre.“

„Du meinst wohl eher für dich“, kontert Nami augenblicklich, wobei sie sich ein wenig im Sessel vorbeugt und Sanji aus schmalen Augen mustert, aus denen die Blitze nur so zu sprühen scheinen. Irritiert darüber, nicht zu wissen, worin genau der Streitpunkt der beiden Geschwister liegt, lasse ich meinen Blick zu Franky und Chopper wandern, die sich in ihren Plätzen auf der Couch so klein wie möglich machen. In ihren Gesichtern kann ich deutlich ablesen, dass sie jetzt viel lieber woanders wären. Aber das ist allzu verständlich, denn sobald Nami in Rage gerät, ist sie wie ein Taifun, der alles mit sich reißt. So verwundert es mich auch kaum, dass Ruffy sich ebenfalls im Hintergrund hält, und eher teilnahmslos dem Geschehen folgt.

„Was hast du eigentlich erwartet?“, keift Nami weiter, wobei ihr Tonfall deutlich besagt, dass die Frage rein rhetorischer Natur ist. „Dass du dich bei uns bloß auf die faule Haut legen könntest, oder was? Falls es dir entgangen ist, Ruffy und ich gehen tagsüber beide arbeiten. Da dürfte es doch wohl nicht zu viel von mir verlangt sein, dass du dann mal einkaufen gehst oder mal den Abwasch machst. Aber nein, stattdessen durfte ich alleine heute in meiner Mittagspause noch den Saustall aufräumen, den du hinterlassen hast.“

„Ich hätte meine Sachen schon noch weggeräumt“, rechtfertigt Sanji sich sofort. „Aber Zorro und ich hatten noch was zu erledigen.“

Innerlich stöhne ich auf, als Namis wütende Augen sich auf Zorro richten, kaum dass sein Name gefallen ist. Ihre Wut kennt leider keine Grenzen, so dass sie immer wieder neuen Nährboden findet, um sich weiter anzustacheln.

„Und diese Sache war so wichtig, dass du keine zehn Minuten auf ihn hättest warten können?“

„Was Sanji macht oder nicht macht, ist seine Sache“, antwortet Zorro leise und bestimmt. Ein wenig überrascht nehme ich den drohenden Unterton in seiner Stimme wahr, bei dem sich mir sofort die Nackenhaare aufstellen. Normalerweise reagiert er in solchen Momenten, in denen er in die Defensive gedrängt wird, eher genervt und gereizt. Doch diese Kälte, mit der er Nami deutlich davor warnt, ihn aus der Auseinandersetzung auch ja herauszuhalten, ist eine so völlig neue und unerwartete Eigenart, dass ich nicht einmal sagen kann, was passieren wird, sollte sie die Warnung in den Wind schlagen.

Und tatsächlich scheint Nami verstanden zu haben, als ich ihr Zögern bemerke, so dass ich für einen kurzen Moment voller Erleichterung die Augen schließe. Aber als ich sie wieder öffne, sehe ich, wie sie dann trotzdem zu einer Erwiderung ansetzen will.

„Nami“, gehe ich schnell dazwischen und schüttle warnend den Kopf, als sie zu mir aufblickt. „Lass es jetzt gut sein.“

„Ist ja schon gut“, antwortet sie und hebt ergeben die Hände in die Höhe. „Ich wollte ja nur wissen, ob wenigstens er einen Beitrag leistet.“

„Er zahlt Miete“, kontere ich sofort, ohne groß über eine Antwort nachgedacht zu haben, woraufhin Nami leise auflacht.

„Jetzt bring sie nicht auch noch auf dumme Gedanken“, höre ich Sanji leise murmeln, der sich mit seinem Bier in der Hand auf der Zweiercouch zurücklehnt, und seiner Schwester einen finsteren Blick zuwirft. Nicht minder finster, erwidert sie seinen Blick, bevor sich ihr Mund dann langsam zu einem diebischen Lächeln verzieht und sie herausfordernd ihr Kinn hervorstreckt.

„Keine Angst, du brauchst bei uns keine Miete zahlen, denn schließlich wohnst du nicht mehr bei uns.“
 

New York

12. Mai 2012, 03:13 Uhr

Seufzend lehne ich mich schwerfällig an die Tür, während ich mir müde die Schläfen massiere, hinter denen sich bereits ein leiser Kopfschmerz ausbreitet. Ich habe das Gefühl psychisch völlig ausgelaugt zu sein, so sehr hat der Abend an meinen Kräften gezehrt. Und dabei hatte ich am Morgen noch gedacht, dass es was werden könnte … dass wir es irgendwie schaffen könnten zumindest unsere Freundschaft zueinander zu bewahren. Aber das wird nie funktionieren, das ist mir jetzt klar.

„Verdammt“, flüstere ich leise in die Stille des Gästezimmers hinein und rutsche an dem rauen Holz der Tür hinab, während ich an den Moment zurückdenke, als Zorro mich zur improvisierten Tanzfläche im Wohnzimmer gezogen hatte. Die Wärme seiner Hand war so intensiv und stark, dass ich mich in unser letztes Highschooljahr versetzt gefühlt hatte, als wir ganz offiziell als Paar galten. Die Berührungen waren mit einem Mal so ganz anders. Wo sie vorher freundschaftlich und spielerisch waren, waren sie nunmehr von einer intimen Zärtlichkeit und Sanftheit begleitet.

Bereits in den damaligen Sommerferien habe ich eine Veränderung an unserer Beziehung bemerkt – Freundschaft und Liebe verschmolzen ineinander, so dass es heute unmöglich erscheint, dass die eine Eigenschaft ohne die Andere existieren kann. Zumindest nicht, solange mein Herz noch immer Zorro gehört. Selbst in den drei Jahren, in denen ich geglaubt habe sowohl meinen Geliebten als auch meinen besten Freund für immer verloren zu haben, bin ich nicht über ihn hinweg gekommen – und wahrscheinlich werde ich das auch nie. Aber was sagt das über meine Zukunft aus?

Zorro dagegen macht keinen Hehl aus seinen Absichten. Er bemüht sich, seinen Fehler aus der Vergangenheit wieder gutzumachen und tastet sich langsam und vorsichtig voran, ohne mich dabei zu bedrängen. Er gibt mir Zeit und den nötigen Freiraum, mich für einen Weg zu entscheiden. Aber wie soll ich mich entscheiden?

Fast alles in mir schreit danach die vergangenen drei Jahre zu vergessen, denn ohne Zorro war ich nur ein halber Mensch. Sein Weggang hat eine riesengroße Lücke in meinem Herzen hinterlassen, die nur er verschließen kann. Ich weiß auch genau, dass das, was uns beide miteinander verbindet, ich niemals bei einem anderen Mann finden werde. Und mit weniger kann und will ich mich nicht zufrieden geben. Aber andererseits, was wird in wenigen Tagen oder Wochen sein oder in einem Jahr? Zorro ist doch nur der Army beigetreten, weil seine Arbeit und unser Leben ihn geistig nicht genügend gefordert haben. Früher oder später wird sich bei ihm wieder dieselbe Rastlosigkeit einstellen wie schon vor vier Jahren. Und wie geht es dann weiter? Wird er dann wieder gehen und mich abermals zurücklassen?

Das könnte ich nicht ertragen – nicht noch einmal! Den Schmerz, der mich in den letzten Jahren begleitet hat, werde ich niemals vergessen können. Diese innere Zerrissenheit hat mich meine Lebensfreude und Motivation gekostet. Und als Mom dann auch noch starb, verschwand mit ihr der letzte Mensch aus meinem Leben, der mir noch irgendwie Halt geben konnte. Nur ihr zuliebe habe ich nicht aufgegeben und mein nunmehr tristes Leben weitergeführt.

Tief seufze ich auf, da ich bemerke, dass ich mich weder für das Für noch für das Wider entscheiden kann. Mein Verstand warnt mich vehement davor, mich Zorro wieder hinzugeben, aber mein Herz dagegen drängt mich dazu, sämtliche Ängste und Zweifel über Bord zu werfen. Aber vielleicht wäre es besser, die nächsten Tage erst einmal abzuwarten und zu schauen, was sie bringen, bevor ich mich irgendwie zu einer Entscheidung durchringe. Ich darf schließlich nicht vergessen, dass Zorro eben erst nach Hause zurückgekehrt ist. Sein Leben in den vergangenen Jahren war ein ganz anderes – voller Gefahren, Wachsamkeit und Vorsicht. Dass diese Zeiten nun vorbei sind, wird sein Verstand wahrscheinlich erst noch verarbeiten müssen. Und wer weiß, ob er damit zurechtkommen wird?
 

Zorro
 

New York

03. Juli 2001, 22:51 Uhr

„Ich sorge mal eben für Nachschub.“

Robin beugt sich nach vorne und hält mit einem kurzen Tastendruck der Fernbedienung das Fernsehbild an. Dankbar für die kurze Pause, strecke ich meine Arme lang über meinen Kopf aus, um die steife Schultermuskulatur wieder aufzulockern, während Robin neben mir elegant wie eine Gazelle vom Boden aufsteht. Dabei komme ich nicht umhin wieder einmal zu bemerken, wie unglaublich lang ihre Beine sind, die nicht zuletzt wegen des allabendlichen Joggens straff und muskulös sind. Mit ihrer schlanken und sportlichen Figur wäre es eigentlich ein Leichtes für sie dem Cheerleader-Team beizutreten, wenn sie denn jemals Interesse dafür aufbringen würde. Zwar hat Robin nichts gegen Sport im Allgemeinen, aber in ihren Augen werden die Cheerleader in erster Linie als Sexobjekte wahrgenommen, womit sie gar nicht mal so falsch liegt. Die knappen Outfits und die zum teil provozierenden Turneinlagen bei den Spielen sorgen zumeist für provokante und anzügliche Sprüche bei den Jungs, die auch noch Tage später andauern. Dennoch hat die Vorstellung, wie Robin eines ihrer Beine hoch in die Luft ausstreckt und diese Pompons herum schwingt, etwas für sich.

„Hast du Lust auf Eis?“

Den Kopf ein wenig zur Seite geneigt, blickt Robin mit einem vielsagenden Heben ihrer Augenbrauen zu mir herunter. Augenblicklich schießt mir eine heiße Röte ins Gesicht, als wüsste sie genau, woran ich gedacht habe, während ich gleichzeitig noch versuche den Sinn hinter ihren Worten zu verstehen.

„Wo bist du nur in letzter Zeit mit deinen Gedanken?“

Bei dir, flüstert mir eine innere Stimme ins Ohr. Doch die Worte schlucke ich schnell hinunter, bevor sie mir noch über die Lippen kommen. Stattdessen zucke ich nur nichts sagend mit den Schultern, wohl wissend dass, wenn ich ihr die Wahrheit sagen würde, ich alles zwischen uns zerstören könnte.

„Aber Eis wäre toll“, gebe ich ihr schließlich doch eine Antwort und zwinge mich zu einem breiten Grinsen, in der Hoffnung, dass Robin das Thema auf sich beruhen lässt. Für eine halbe Minute, die mir wie eine Ewigkeit vorkommt, blickt sie einfach nur zu mir herunter, und es fällt mir schwer, ihren intensiven blauen Augen standzuhalten, in denen ein Hauch von Besorgnis schimmert. Schließlich nickt Robin bedächtig mit dem Kopf, bevor sie sich dann die leeren Schüsseln vom Tisch schnappt und langsam in die Küche verschwindet.

Das halte ich nicht mehr lange aus, geht es mir durch den Kopf, während ich erleichtert, aber auch leicht verzweifelt einen tiefen Seufzer ausstoße. Seit ich mich mit der Frage beschäftigt habe, wie es wohl wäre, würde Robin mehr wie die anderen Mädels in ihrem Alter sein, sehe ich sie mit völlig anderen Augen. Ich nehme mit einem Male Dinge an ihr wahr, die mir vorher nie aufgefallen sind. Dinge, die mein Inneres in Aufruhr versetzen und meine Gefühle für sie in eine Richtung dirigieren, in der ich sie nicht mehr einfach nur als meine beste Freundin ansehen kann. Stattdessen nehme ich die Frau in ihr wahr, zu der sie Schritt für Schritt heranwächst. Und das in einer solchen Intensität, dass meine Gedanken – ja, sogar auch meine Träume! – nur noch von ihr beherrscht werden.

Normalerweise, wenn ein Mädel mein Interesse weckt, würde ich einfach auf sie zugehen, sie in ein Gespräch verwickeln und anschließend, sofern das Interesse weiterhin besteht, sie um ein Date bitten. Aber wie soll das bei Robin funktionieren? Unsere Freundschaft steht dabei auf dem Spiel, die ich auf keinen Fall gefährden will – dafür bedeutet sie mir zuviel. Aber andererseits … steht da nicht schon längst eine Barriere zwischen uns?

Robin hat längst bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Ich bin ständig mit meinen Gedanken woanders, und in ihrer Nähe kann ich mich auch nicht mehr so ungezwungen geben wie sonst. Oft ertappe ich mich dabei, wie ich in einer rein zufälligen Geste über ihre Arme streiche, nur um ihre warme Haut unter meinen Fingerspitzen zu fühlen. Es ist, als lechze ich geradezu nach ihren Berührungen, weswegen ich auch jede Gelegenheit wahrnehme, um sie in die Arme zu ziehen, als würde ich ohne ihre körperliche Nähe austrocknen. Aber wie soll ich ihr das verständlich machen, ohne sie dabei zu verschrecken oder gar das Band zwischen uns zu zerschneiden?

„Und auf geht es ins zweite Inning.“

Robins muntere Worte reißen mich aus meinen Gedanken, als sie mit einem Tablett beladen wieder ins Wohnzimmer zurückkehrt. Beim Anblick der mit Chips und Popcorn gefüllten Schüsseln, den beiden Bechern Eis, der Dose Sprühsahne und einer Packung Waffelkekse verzieht sich mein Mund zu einem breiten Grinsen. Die Videoabende bei Familie Nico gestalten sich immer zu einer wahren Knabber- und Süßigkeitenorgie. Ganz anders als bei mir zu Hause, wo wir nicht einmal ungestört in meinem Zimmer bleiben dürfen, geschweige denn, dass Robin überhaupt bei mir übernachten dürfte.

„Sicher, dass wir erst beim zweiten Inning sind?“, frage ich mit einem scherzhaften Grinsen im Gesicht und blicke demonstrativ zum Fernseher hinüber, nachdem Robin die Pausentaste gedrückt hatte und der Film weiterläuft. Zu meinem Leidwesen beginnen unsere Filmabende immer mit Robin Hood – Kevin Costner in der Hauptrolle –, den ich mittlerweile in- und auswendig kenne einschließlich aller Textpassagen. Was findet sie bloß an diesem Film?

„Okay, ich hab´ schon verstanden“, antwortet Robin mit einem theatralischen Seufzer, während sie sich, bewaffnet mit einem Eisbecher, wieder neben mich setzt und sich dabei an mich lehnt. Ihre körperliche Wärme, die ich trotz unserer Bekleidung hindurch spüre, lässt einen Stromschlag durch meinen Körper jagen, woraufhin mein Inneres in Flammen aufgeht. Schnell rücke ich von ihr ab und greife nach meinem Colaglas, um dieser irritierenden Wärme zu entkommen, die mich meines Verstandes beraubt.

„Dann lass uns aber wenigstens noch die eine Szene zusammen sehen, bevor ich den nächsten Film einlege – einverstanden?“

Auffordernd hält Robin mir ihre rechte Hand entgegen, die ich mehrere Sekunden lang einfach nur anstarre, ohne auch nur den kleinsten Finger zu rühren. Alles in mir schreit danach dieser Berührung entgegenzukommen. Aber instinktiv weiß ich, dass es dann um mich geschehen sein wird, sollte ich dieser Regung nachkommen. Es würde für mich kein Halten mehr geben und ich würde endlich der Frage nachgehen, ob ihre Lippen wirklich so weich sind wie sie aussehen.

Aus den Augenwinkeln bemerke ich, wie Robin langsam eine Augenbraue fragend in die Höhe zieht, je länger dieser stumme Moment andauert, und sich ihre Stirn in kleine Falten legt. Ich sollte irgendetwas sagen oder tun, um die Spannung zwischen uns wieder aufzulockern. Aber das Einzige, an das ich nur denken kann, ist, die Beine in die Hände zu nehmen und so schnell wie möglich von hier zu verschwinden, bevor ich mich doch noch zu etwas Unüberlegtes hinreißen lasse.

„Du bist in letzter Zeit ein wenig abweisend zu mir“, höre ich sie leise sagen, während sie ihre Hand langsam sinken lässt. Gequält schließe ich die Augen, als ich das tiefe Bedauern in ihrer Stimme höre, bevor ich ihr dann nach einem tiefen Atemzug ins Gesicht blicke. Doch zu mehr bin ich nicht fähig. Stumm wie ein Fisch ringe ich im Stillen nach Worten, da ich nicht weiß, was ich sagen soll.

„Habe ich dir irgendwas getan?“

„Nein … nein, nein!“, entfährt es mir sofort, kaum dass Robin ausgesprochen hat. „Das … es ist nur …“

Hilflos verstumme ich, weil mir einfach keine Worte einfallen wollen, die mein Inneres beschreiben. Robin ist die Redegewandte von uns. Sie kann mit Worten in solch einer Präzision umgehen, dass sie stets auf jede Frage die passende Antwort parat hält. Sie wüsste jetzt genau, was sie in dieser Situation sagen müsste. Ich dagegen bin eher der verschlossene Typ, der lieber Taten für sich sprechen lässt.

„Scheiß drauf“, kommt es mir schließlich leise von den Lippen, womit ich mich gleichzeitig auch meinem Schicksal ergebe. Denn egal wie ich es drehe oder auch wende, so gibt es letztendlich nur einen Ausweg aus dieser verworrenen Situation, weswegen ich meinen Blick fest auf Robin richte, die mich die ganze Zeit über mit einer leisen Unsicherheit in den Augen beobachtet. Und ohne noch groß Zeit zu verschwenden, tue ich das, was ich am Besten kann – ich lasse meine Taten sprechen.

Ihre Stirn legt sich zunächst in kleine Falten, während sie mir mit leichter Verwirrung entgegenblickt und ich ihrem Gesicht langsam näher komme. Doch dann reißt Robin die Augen voller Überraschung weit auf, als sie zu verstehen beginnt. Innerlich bereite ich mich schon darauf vor, dass sie erschreckt zurückweichen und mir eine satte Ohrfeige verpassen wird. Stattdessen jedoch bleibt sie ruhig sitzen, als sich unsere Lippen berühren, die tatsächlich so weich sind wie sie aussehen.
 

New York

12. Mai 2012, 03:48 Uhr

Ich hätte vorher mal einen Blick auf die Playlist werfen sollen, geht es mir durch den Kopf, als ich auf die CD-Hülle in meinen Händen hinabstarre, während ich darauf warte, dass die Stereoanlage die CD ausspuckt. Vielleicht wäre es dann anders gekommen und ich hätte Robin nach so langer Zeit endlich wieder in den Armen halten können, wenn ein anderer Song gespielt worden wäre. Doch selbst nach elf Jahren nimmt Bryan Adams Stimme eine besondere Stellung in ihrem Herzen ein, wofür ich ihr aber kaum böse sein kann, auch wenn mir ihr plötzliches Zurückweichen wie ein Messerstich in den Rücken vorkam. Aber schlussendlich habe ich es auch verdient, denn immerhin habe ich das größte Geschenk, das mir das Leben geben konnte, von mir weggestoßen. Ebenso wenig habe ich mich auch dem Trugschluss ergeben, dass es einfach werden würde Robin wieder zurückzugewinnen. Ganz im Gegenteil, bin ich doch mit sehr wenig Hoffnung im Herzen zurückgekommen. Aber ihre körperliche Reaktion auf mich, hat mir gezeigt, dass es für uns beide noch eine Chance gibt, so gering diese momentan auch noch erscheinen mag.

„Ich wollte dich nicht in diese unangenehme Lage bringen“, wende ich mich an Robin, die gerade das benutzte Geschirr in die Spülmaschine einräumt. Obwohl ich den Wunsch verspüre, mich für den missglückten Tanz zu entschuldigen, so fange ich das Gespräch in erster Linie deshalb an, weil ich den Abend nicht in dieser gedrückten Stimmung zwischen uns enden lassen will.

„Nein, es … es ist schon in Ordnung“, antwortet sie mir leise, nachdem sie nach einem fragenden Blick auf die CD in meiner Hand den Zusammenhang zu meinen Worten verstanden hat. „Es ist … wohl einfach noch zu früh dafür.“

In ihren Augen sehe ich, dass ihr das Thema unangenehm ist, da sie meinem Blick nicht lange standhalten kann, und sich schnell wieder dem Aufräumen der Küche zuwendet. Die kalten Fänge der Angst greifen wieder einmal nach meinem Herzen angesichts ihrer Reaktion. Und ich frage mich, ob meine neuerwachte Hoffnung vielleicht doch unbegründet ist und zwischen uns nichts weiter als nur noch das pure Verlangen existiert.

In einem angespannten Schweigen räumen wir gemeinsam die Überbleibsel der spontan angesetzten Feier weiter auf. Es war eine Freude und Überraschung zugleich, die Anderen nach so langer Zeit wieder zu sehen, als sie alle zusammen völlig unerwartet vor der Tür gestanden hatten, um meine und Sanjis Rückkehr zu feiern. Genauso war es auch schön zu sehen, was in all der Zeit aus meinen Freunden geworden ist. Zwar waren Sanji und ich durch seine Telefonate mit Nami immer so einigermaßen auf dem Laufenden, doch ist es etwas ganz anderes, wenn man diese Veränderungen und Ereignisse selbst miterlebt. So habe ich zu meiner eigenen Überraschung feststellen müssen, dass Franky mittlerweile einiges an Muskelmasse zugelegt hat, weswegen ich stark bezweifle, dass ich ihn heute noch im Armdrücken schlagen könnte. Aber auch Chopper, unser Nesthäkchen in der Gruppe, hat sich prächtig entwickelt. In den letzten zwei Jahren hat sich seine kleine Praxis so weit etabliert, dass ihm die Leute jetzt buchstäblich die Bude einrennen und er nun nach größeren Räumlichkeiten suchen muss.

Unwillkürlich wird mein Blick von Robin angezogen, während ich mich frage, welch einschlägige Veränderungen sie durchgemacht hat. Bis auf den Tod von Olvia weiß ich von keinen nennenswerten Ereignissen. Doch allein schon an diese Zeit zu denken, in der sie ganz alleine mit der Trauer fertig werden musste, überkommt mich schon das schlechte Gewissen – aber auch eine tiefe Traurigkeit. Olvia war eine herzensgute Frau, die mich mit offenen Armen in ihrer kleinen Familie aufgenommen hatte, obwohl ich damals wohl kaum der beste Umgang für ihre Tochter war, da ich mich trotz meines recht jungen Alters zu leicht und zu schnell in irgendwelche Schlägereien verwickeln ließ. Aber sie akzeptierte mich so wie ich war. Und dafür bin ich ihr mehr als nur dankbar, denn sie und Robin gaben mir den nötigen Rückzugsort, den ich vor meinem Vater gebraucht hatte.

„Wo kann ich … Olvias Grab finden?“, kommt mir die Frage zögerlich über die Lippen.

„Auf dem St. Michael´s Friedhof“, antwortet Robin mir bereitwillig, wobei mir ihre Augen verständnisvoll entgegenblicken.

„War es friedlich?“

Für einen kurzen Augenblick versteift sich ihr Körper, während sie langsam ihren Blick senkt, was für mich schon Antwort genug ist und keinerlei Worte mehr bedarf. Voller Bedauern presse ich die Lippen fest aufeinander und das Schlucken fällt mir mit meiner zugeschnürten Kehle schwer. Trotzdem entgeht mir nicht, dass auch Robin mit der Fassung ringt.

„Anscheinend kann ich zurzeit nichts anderes, als alte Wunden aufreißen.“

„Ist schon in Ordnung. Du hast sie schließlich genauso sehr geliebt wie ich.“

„Ich hätte da sein müssen“, entfährt es mir bei dem Anblick ihrer ungeweinten Tränen in den Augen, die in dem hellen Küchenlicht wie Sterne glitzern. Am Liebsten jedoch würde ich auf sie zugehen und sie in die Arme nehmen, da sie die Trauer um ihre Mom scheinbar noch nicht ganz verarbeitet hat. Aber zuviel ist zwischen uns noch ungeklärt, als dass ich das Recht zu solch einer Vertrautheit hätte, weswegen mir nichts anderes übrig bleibt, als ihren Schmerz tatenlos mit ansehen zu müssen.

„Du hättest nichts tun können.“

Bedauernd schüttelt Robin den Kopf, während ihr Blick sich nach innen richtet und auf eine Zeit zurückstarrt, die voller Schmerz und Qual für beide – sowohl für Robin als auch für Olvia – gewesen sein muss. Von Nami weiß ich, dass, kaum dass bei Olvia der aggressive Gehirntumor im Endstadium diagnostiziert wurde, der Zerfall von allem, was sie einst ausgemacht hatte, sehr schnell vorangeschritten war. Am Ende soll sie dann nur mehr einem Geist geähnelt haben als noch einem Menschen.

Durch meine Reisen in andere Länder, insbesondere in die so genannten Entwicklungsländer wie Indonesien, Tansania, Bolivien oder Kongo, in denen es an sauberes Trinkwasser mangelt oder an medizinische Versorgungen, habe ich halbausgehungerte Menschen gesehen, die von allen möglichen Krankheiten gezeichnet waren. Am Schlimmsten war jedoch der Anblick der Kinder in ihren ausgemergelten Körpern. Aber trotz des ganzen Elends, das ich bisher gesehen habe, vermag ich es mir dennoch nicht vorzustellen, wie es Robin ergangen ist, als sie ihrer Mom beim Sterben zusehen musste, ohne die geringste Möglichkeit zu haben, Olvias Leiden auch nur irgendwie zu lindern oder gar zu bessern.

„Du brauchst nur ein Wort zu sagen und ich verschwinde aus deinem Leben.“

Mein Herz klopft mir bis zum Hals, als ich innerlich völlig aufgewühlt auf Robins Antwort warte. Doch mein Verstand sagt mir, dass dies der richtige Weg ist. Durch meine überraschende Rückkehr habe ich alte Wunden aufgerissen und Robin in einen Gefühlswirrwarr gestoßen, ohne ihr auch nur die geringste Gelegenheit gegeben zu haben sich irgendwie darauf vorzubereiten.

„Lügner“, ist ihre einzige Antwort, die von einem leisen Lächeln begleitet wird. Ein klein wenig amüsiert lache ich kurz auf, hat Robin im Grunde genommen doch recht. Mein Herz würde es nicht akzeptieren, wenn ich sie so ohne weiteres ihrer Wege ziehen lassen würde.

„Ich meine es ernst“, versuche ich sie – aber auch mich selbst – trotz allem von meinen Worten zu überzeugen, während ich allmählich die räumliche Distanz zwischen uns verkürze und mich ihr gegenüber an den Küchentresen setze. Das kleine Lächeln bleibt auch weiterhin auf ihrem Gesicht, als sie mich mit ihren wachen Augen aufmerksam mustert.

„Das wärst aber dann nicht du“, antwortet sie schließlich leise, während sie ihre Arme auf dem Tresen verschränkt. „Du hast noch nie aufgegeben. Ich glaube sogar, dass dieses Wort gar nicht in deinem Wortschatz existiert.“

Ihr letzter Satz wird von einem hellen Lachen begleitet, wodurch sich ihr Mund zu einem breiten amüsierten Grinsen verzieht und den Blick auf ihre weißen Zähne freigibt. Robin so ausgelassen und entspannt zu sehen, lässt mein Herz vor Glück und Freude überquellen, auch wenn es nur ein sehr kurzer Augenblick ist, in dem nichts zwischen uns steht.

„Dir zuliebe würde ich es tun, denn ich will dich nicht noch weiter verletzen.“

Und damit verschwindet das warme Lächeln letztendlich doch aus ihrem Gesicht, während ein wehmütiger Ausdruck in ihre Augen tritt. Tief höre ich sie aufseufzen, als sie für einen kurzen Augenblick auf ihre Arme hinabblickt, als müsste sie eine Entscheidung treffen, bevor sie dann wieder meinen Blick sucht.

„Das würdest du aber, wenn du wieder gehst.“

Es dauert einige Sekunden, bis ich die Bedeutung ihrer Antwort verstanden habe, und erleichtert atme ich auf. Sofort löst sich die Anspannung meines Körpers ins Nichts auf, woraufhin ich langsam meine rechte Hand wieder öffne, die ich unbewusst zu einer Faust geballt hatte. Es gibt noch Hoffnung, jubelt mein Inneres immer wieder und wieder, während ich nur allzu gerne nach Robins Hand gegriffen hätte, um ihr zu zeigen, wie viel mir ihre Worte bedeuten. Doch die Erfahrung hat mich gelehrt, dass ein unbedachtes Wort oder eine Berührung ausreicht, um Robin in die Defensive zu drängen, in der sie wie ein verschrecktes Reh auf Distanz geht. Aber gerade diesen Moment, in dem wir offen und ehrlich zueinander sind, will ich nicht durch etwas Unüberlegtes zerstören, weswegen ich meinen inneren Wunsch geflissentlich ignoriere.

„Und was bedeutet das für uns?“, frage ich vorsichtig und mit zurückhaltender Stimme, während sich erneut eine innere Anspannung in meinem Körper aufbaut.

„Das kommt darauf an, was du willst.“

„Ich will dich!“, antworte ich sofort, kaum, dass Robin geendet hat. Doch im nächsten Moment wünsche ich mir, ich hätte mir auf die Lippen gebissen und die Worte hinuntergeschluckt, als ihre Schultern niedergeschlagen hinabsacken und sie mich aus Augen ansieht, in denen eine tiefe Traurigkeit geschrieben steht.

„Das weiß ich, aber …“, seufzt sie leise auf und ihre Lippen verziehen sich zu einem gequälten Lächeln, „ich alleine reiche dir nicht. Du scheinst eine gewisse Herausforderung in deinem Leben zu brauchen, die ich dir nicht geben kann, denn sonst wärst du niemals der Army beigetreten. Und ich will nicht in zwei oder drei Jahren wieder von dir verlassen werden, weil du diese Herausforderung auf einer Bohrinsel oder wo auch immer suchst.“

Still und stumm höre ich ihrer Stimme zu, die die Traurigkeit in ihren Augen widerspiegelt, während ich die Zähne fest aufeinander beiße, um die Schläge ihrer Worte besser ertragen zu können. Das ist eine Niederlage auf ganzer Linie! Die Euphorie, die mich vor wenigen Sekunden noch wie im Paradies hat fühlen lassen, ist nunmehr wie weggeblasen. Und meine Chancen auf ein gutes Ende für uns beide scheinen jetzt noch geringer zu sein, als bisher angenommen.

„Vielleicht wäre es besser, wenn du dir erst einmal Gedanken dazu machst, was du in deinem Leben machen willst, bevor wir über die Möglichkeit einer gemeinsamen Zukunft reden können.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (17)
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Von:  Olympex
2018-07-09T14:43:46+00:00 09.07.2018 16:43
Meiner Meinung nach eine der besten FF`s die ich bisher gelesen habe und ich hoffe das es weitergeht....
Von:  Kathili
2016-09-06T20:36:45+00:00 06.09.2016 22:36
Wahnsinnig tolle Geschichte O.O

Toll geschrieben, man fühlt richtig mit und kann sich richtig hineinversetzen!

Dein Schreibstil gefällt mir sehr gut, es macht Spaß zu lesen :-)

Ich würde mich riesig freuen wenn es irgendwann weiter geht! ;-)
Von: abgemeldet
2016-04-24T22:05:41+00:00 25.04.2016 00:05
Wahnsinn, echt tolle Story ... Schade das es nicht weiter geht
Von:  Stoechbiene
2014-01-10T21:29:22+00:00 10.01.2014 22:29
Tja, Bryan Adams... Und dann auch noch dieses Lied! Robin Hood, König der Diebe, Kevin Costner in einer seiner besten Rollen...und dann viel mir auch noch Der mit dem Wolf tanzt ein, den ich mir letztens erst in der 4 h Version reingezogen habe, wie immer am Ende mit feuchten Augen, und schon hattest du es geschafft mich geistig wieder in einen pickligen Teenie zu verwandeln ;)Ich weiß noch nicht, ob ich dir dafür danken, oder dich verfluchen soll, ich halte mir die Option offen XD

Wie du an meinen ersten Sätzen unschwer erkennen kannst, hast du mal wieder sehr bildhaft und emotional mitreißend geschrieben. Du hast den Dreh einfach raus.

In diesem Kap hast du ja aus beiden Perspektiven geschrieben und dieser Wechsel ist dir einwandfrei gelungen. Sowohl was die Handlung betrifft, als auch den jeweiligen Charakter genau zu treffen. Du arbeitest gut deren Feinheiten raus, ohne dich dabei in irgendwelchen belanglosen Details zu verlieren. Ich finde, das entspricht auch dem Naturell dieser beiden Personen, denn für Unnötiges verschwenden beide keine Zeit.

Ich finde es gut, dass du Zorro so ehrlich auf Robin hast zugehen lassen, er klar seine Absicht darstellt.; keine Spielchen. Aber Robin wäre ja nicht sie selbst, wenn sie nicht wüsste, wie sie ihm begegnen und wie sie ihn auf den Boden der Tatsache zurückholen kann. Sie ist eben die wortgewandte *g*

Der kleine Rückblick hat mir gut gefallen. Das nimmt ein bisschen die Tragik aus der Handlung und man erhält wieder ein Puzzleteil aus der Vergangenheit. Aber schon erstaunlich, dass Zorro die Initiative ergriffen hat, in Robin's Gegenwart ist er ja nicht immer so taff.

Ich danke dir für dieses schöne Kap und freue mich auf weitere, auch wenn ich bestimmt wieder total spät dran sein werde :(

Liebe Grüße

Stoechbiene
Von:  Sunshine_Schiffer
2013-09-10T05:48:34+00:00 10.09.2013 07:48
Ahh es geht endlich weiter, Juhu !!! *_*

Also erstmal ein großes Lob das Kapitel war echt Spitze.

Mensch du schaffst es beim Schreiben echt das der Leser die Gefühlsachterbahn der beiden mit fährt. Besonders Klasse finde ich das es wirklich immer rauf und runter geht. Ich bin jetzt nach den lesen des Kapitels total aufgedreht.

Was ich liebe sind die Flashbacks aus der Teeniezeit der beiden. Die bereiten mir eine große Freunde.

Welche Frage du in mir geweckt hast ist die nach Zorro´s Familie bzw. nach seinem Vater, hoffe du gehst da noch genauer drauf ein. Natürlich wär auch interessant zu erfahren ob und wenn ja was Robin mit der Geldwäsche zu tun hat. <- Das lässt mir einfach keine Ruhe ^^"

Was mich auch riesig freut ist, das es ja noch Hoffnung gibt auf ein Happy End ist zumindestens mein Eindruck ^^

Hoffe es freut dich zu hören, das diese nun Offizell einer meiner absoluten lieblings FF ist.

So jetzt genug von mir. Bitte schreib schnell weiter ^_^
liebe Grüße Sunshine
Von:  ZoRobinfan
2013-09-09T20:51:34+00:00 09.09.2013 22:51
bitte schnell nächstes Kap schreiben finde jeden einzelnen moment so spannend das man richtig sich in die Person reinvertiefen kann
Von:  Stoechbiene
2013-09-01T11:33:59+00:00 01.09.2013 13:33
Wieso kenne ich diese FF von dir nicht? Das ist nicht nur peinlich, das ist oberpeinlich!

Und dabei ist diese Story mal wieder was ganz anderes. Ich meine auch von der Art, wie du die Charaktere denken lässt. Als Autor hat man ja so seine Vorstellungen davon, wie ein Charakter "funktioniert", aber bei dir scheint es so, als ob du bei jeder FF die Charaktere neu erfinden würdest und trotzdem bleiben sie noch sie selbst. Kein OOC auf weiter Flur!

Zuerst muss ich dich dafür loben, und ich werde dich in diesem Kommi sicherlich noch des Öfteren loben müssen, wie du die Freundschaft zwischen Sanji und Zorro beschreibst. Das passt einfach und wirkt stets glaubwürdig und überzeugend. Und Nami als Sanji's Schwester ist auch mal was anderes. Mit ihr hatte es unser Blondie als Kind sicherlich nicht einfach ~.^

Ich kann Zorro verstehen, dass er mit Robin Schluss gemacht hat, um nicht erpressbar zu sein, sollte er gefangen genommen werden, aber Sanji hat schon recht wenn er sagt, die Art und Weise war Robin gegenüber respektlos. Sie hätte sicherlich eine Lösung für sie beide gefunden. Aber Zorro ist nun mal der ewige Beschützer und hätte es sich im Leben nie verziehen, wenn Robin etwas zugestoßen wäre und er wäre schuld daran.

Aber wir müssen das ganze auch von einer ganz anderen Seite betrachten...nämlich von MEINER!

Jetzt stell dir mal vor, Zorro hätte mit Robin gesprochen, diese hätte die perfekte Lösung aus dem Ärmel gezogen und alles wäre gut gegangen. Friede Freude Eierkuchen!
Und über was hättest du dann schreiben sollen? Und ich? Welche FF über unsere beiden Lieblinge hätte ich dann neben deiner anderen noch lesen können? Ja, jetzt verstehst du mich ;)

Ich danke dir, dass du noch (!) so eine tolle FF erschaffen hast, auch wenn ich Trottel den Start dazu verpennt habe...

LG

Stoechbiene
Von:  F34rN0D4rkn355
2013-07-15T08:56:35+00:00 15.07.2013 10:56
puh! hab mich grad durchgelesen u muss dir sagen: KLASSE IDEE!!! dein schreibstil sagt mir auch total zu u ich hoffe du bekommst noch mehr kommis bzw favos, denn deine ff ist es wert!

schreib bitte schnell weiter, lass uns nich allzu lange warten^^
Von:  Sunshine_Schiffer
2013-06-21T08:27:58+00:00 21.06.2013 10:27
Endlich Zeit gehabt auch das dritte Kapitel zu lesen.
Und es hat mir sehr gut gefallen.
Bin ja schon echt Gespannt ob die liebe Robin bewusst in der Geldwäsche drin hängt.
Hoffe das nächste Kapitel kommt bald.

lg Sunshine
Von:  Ranma1-2_Fan1
2013-06-15T10:39:00+00:00 15.06.2013 12:39
Ich liebe deine Schreibweise, facettenreichund und schön umschmückt. Und Rabin & Zorro sind eh das interessanteste Paar ;-)
Hoffentlich lässt du nicht allzu lang auf dein nächstes Kapitel warten.


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