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Ein Ohr Rentier

Rudolf, the one ear rendeer
von

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Wie Rudolf ein zuhause fand

Es war grade der erste Advent vorbei, als auch der letzte Laden endlich seine Weihnachtswaren auspackte und den Besuchern der Straßen zur Schau stellte. Auch in dem kleinen Supermarkt der kleinen Stadt wurde endlich die neuste Lieferung von neuer Weihnachtsdekoration ausgepackt und zum Kauf zurechtgemacht. Es waren einfache dunkelbraune Bastrentiere, die in ihrem Rücken jedes für sich einen kleinen Blumentopf trugen und mit kleine, runde Kulleraugen jeden Besucher neugierig ansahen und um ein neues zu Hause baten. Auch wenn keines von ihnen eine rote Nase hatten, blieben oft kleine Kinder vor ihnen stehen und machten ihre Mütter und Väter auf diese >Rudolfs< aufmerksam und mit der Zeit wurden es immer weniger, die dort im Regal standen.
 

Eins dieser Rentiere, seien wir mal wie diese kleine Kinder und nennen es einfach >Rudolf<, stand recht mittig in dem Regal und konnte jeden Tag beobachten, wie Menschen an ihren Regal vorbei gingen, mal den ein oder anderen in die Hand nahmen und schließlich ab und zu einer in den Einkaufswagen landete. Auch Rudolf wurde schon so manches Mal in die großen und kleine Hände der Kunden genommen und von allen Seiten betrachtet. Jedoch wurde er jedes mal wieder ins Regal gestellt und immer wurde dann nach seinem Nachbarn gegriffen, der in diesen metallenen Gestellen auf Rädern seinen Platz fand.

Rudolf war eigentlich ein Rentier wie jedes andere hier im Regal, aber dennoch unterschied er sich von den anderen. Er war einzigartig und dies schein die Besucher zu stören. Rudolf hatte nämlich nur ein Ohr. Aus irgendeinem Grund fehlte ihm das rechte Ohr. Er kam bereits so in den Laden und stand nun schon seit dem hier in dem Regal mit seinem immer weniger werdenden Kollegen.
 

Nun war mittlerweile die Woche vor Heiligabend angebrochen und der Kalender zeigte den 20.12 als einer der Verkäuferinnen zu den letzten drei Rentieren kam, unter denen auch noch immer Rudolf gehörte. Sie versah jeden von ihnen mit einem leuchtend roten Sticker, der nun den neuen Preis deutlich sichtbar verkündete. Noch am selben Tag wurde einer von ihnen aus den Regal genommen und fand bunt eingepackt als Geschenk wenige Tage später sein neues zu Hause, aber noch immer stand Rudolf dort im Laden alleine mit seinem Kollegen, der zwei Ohren besaß. Ihre Blumen auf dem Rücken fingen schon an, welk zu werden und keiner im Laden glaubte mehr, dass einer von ihnen verkauft werden würde. Der 21. verging und noch immer standen sie dort.
 

Der 22. …
 

Der 23. …
 

Nun war es schon der Vormittag des Heiligenabend und die Menschen der kleinen Stadt strömten hektisch in den kleinen Supermarkt, um noch die letzten Zutaten fürs Weihnachtsessen, ein paar Vorräte für über die Feiertage oder einfach um noch die letzten Geschenke, die einem noch fehlten, zu besorgen.

Jeder Mitarbeiter hatte alle Hände voll zutun, um sich um die ganzen Kunden zu kümmern oder auch um die ersten Sachen aus den Regalen zu räumen, um Platz für die Silvesterwaren zu schaffen. Auch bei Rudolf und seinem Kollegen herrschte reges Treiben und mal wieder blieb jemand vor ihrem Regal stehen. Wieder wurde Rudolf in die Hand genommen und beguckt, bis der Kunde die leere Stelle an seiner rechten Seite bemerkte und ihn wieder zurück ins Regal stellte, um den anderen zu nehmen. Wieder ein Rentier, das ein neues zu Hause gefunden hatte und nun stand Rudolf ganz alleine dort im Laden.
 

Viele Menschen gingen an ihn vorbei, sahen ihn sich vielleicht mal an, aber mitgenommen wie die anderen wurde er nicht. Ein Verkäufer hatte sich gegen Mittag in seinen Gang gestellt und angefangen, die Regale rechts von dem Rentier mit einem Ohr leer zu räumen. Die Besuchermassen waren verebbt und nun kamen nur noch Spätzünder in den Laden, die so schnell durch die Gänge eilten, dass sie ihn gar nicht bemerkten.
 

Zehn Minuten vor Ladenschluss wurden die restlichen Porzellanweihnachtsmänner, die neben Rudolf standen und ebenfalls kein zu Hause gefunden hatten, in einen großen Karton gepackt, damit sie entweder nächstes Jahr wieder in den Regalen stehen und eine neue Chance bekommen oder nach einigen Monaten entsorgt werden. Ein trauriges Schicksal für einen Weihnachtsmann. Seltsam langsame Schritte waren im Gang zu hören, die wieder einmal vor dem Rentier zu stehen kamen. Wieder wurde er in die Hand genommen und von allen Seiten gemustert. Eigentlich würde Rudolf nun wieder ins Regal gestellt werden oder vom Verkäufer gleich entgegen genommen werden, um in den Karton gestellt zu werden. Eigentlich.

»Sarah, komm mal her! « Wieder erklingen Schritte im Gang und eine Jugendliche mit langen blonden Haaren stellte sich zu der Frau, die noch immer das Rentier in den Händen hielt.

»Was ist denn, Mama? «

»Ist der nicht niedlich? « Sarah wurde das Bastgerüst vor die Nase gehalten, die es nur skeptisch betrachtete. Und da war sie wieder, die leere Stelle, an der eigentlich ein Ohr hängen musste.

»Aber, Mama, der hat doch nur ein Ohr. «

»Und genau deswegen ist er das richtige für deine Oma. Der Kleine ist einzigartig und passt perfekt zu unserer schrägen, kleinen Dame. « Mit einem liebevollen Lächeln stellte die Frau Rudolf vorsichtig in ihren Korb und ging mit ihm zur Kasse, um als letzte Kundin für die nächsten Tage zu bezahlen.
 

Das Rentier mit nur einem Ohr wurde durch die Stadt getragen und am Abend schließlich der besagten kleinen, alten Dame überreicht. Die Pflanze auf Rudolfs Rücken wurde aufgepäppelt und wuchs und gedieh unter den erstaunlich geschickten Händen der Dame und am Neujahrstag öffnete sich zu der undenkbarsten Zeit dafür die erste Blühte. Sie war leuchtend rot und wunderschön. Rudolf, das Rentier mit nur einem Ohr, hatte seine rote Leuchte und sein zu Hause gefunden.



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