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Delilah – Die Liebe einer Wölfin

von

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3. Kapitel

„Warum hast du den überhaupt mitgenommen?“, verlangte James zu wissen, nachdem er seiner Neugier wohl einfach nicht mehr hatte habhaft werden können.

Armes Bürschchen.

„Ich steh auf harte Knüppel, was sonst?“

War das nicht offensichtlich?

Zärtlich strich Delilah über die kühle und glatte Oberfläche des metallenen Baseballschlägers, den sie sich an ihrem freien Nachmittag noch von einem der naheliegenden Sportgeschäfte 'geborgt' hatte, bevor man sie hier mit sechs Kerlen auf engstem Raum in einen rostigen Lieferwagen einer Paketserviceagentur verfrachtet hatte.

Schließlich war sie mit ihren kleinen Fäusten nicht unbedingt gefährlich, und solange sie sich nicht verwandeln durfte, wollte sie nicht gänzlich unbewaffnet herumlaufen. Außerdem genoss sie es, die Zwillinge absichtlich zu reizen und zu ärgern, als Rache für die Aktion von heute Morgen am Frühstückstisch und wie es schien, gelang ihr das auch.

Keiner der beiden Brüder konnte lange genug den Blick von ihrer Oberweite nehmen, die nur von der Tatsache so deutlich in Form gedrückt wurde, dass das schwarze Top mit dem Playboy-Bunny vorne drauf mehr als eine Nummer zu eng war und somit nicht viel Spielraum für ihre weiblichen Vorzüge ließ. Aber um dem Ganzen noch eins draufzusetzen, hatte sie das Top knapp unterhalb ihrer Brüste abgeschnitten, so dass es nicht viel Bewegung bedürfte, um sie komplett zu entblößen. Zudem konnte hier niemandem entgehen, dass sie keinen BH trug. Was allerdings mehr praktische Gründe hatte, anstatt das Testosteron in diesem winzigen Wagen noch höher schnellen zu lassen.

Immerhin war Delilah sich darüber im Klaren, dass die Klamotten diese Nacht vermutlich nicht überstehen würden und so viele BHs hatte sie nicht, wenn man bedachte, wie teuer die Teile waren. Also fiel ihr nicht einmal im Traum ein, auch nur einen davon der Gefahr auszusetzen, zerrissen zu werden. Vorher lief sie lieber nackt herum.

Und da sie schon den BH weggelassen hatte, war es auch schon egal, dass sie kein Höschen trug, was man sowieso nicht erkennen konnte. Trotz der knappen Hotpants.

„Na, wenn das so ist, Baby. Wieso legst du das Spielzeug dann nicht weg und begnügst dich mit was richtig Hartem?“

Ha! Der Spruch hatte ja kommen müssen.

Vollkommen zufrieden grinste Delilah in sich hinein und bemerkte dabei, dass auch Khan, der ihr gegenübersaß, nicht zu schmunzeln versuchte, dann auch noch etwas zu Bruce raunte, ehe beide mit den Augen rollend die Köpfe schüttelten.

Da waren die Herren sich wohl einig und Delilah konnte einfach nicht widerstehen, da sie das einfach ausnutzen musste.

„Sorry, Jungs. Aber bevor ich mich mit zwei Milchbubis wie euch abgebe, schiebe ich lieber eine Nummer mit einem von den beiden. Das sind wenigstens richtige Männer.“

Delilah schenkte den beiden älteren Gestaltwandlern ein entwaffnendes Lächeln, um ihnen zu zeigen, dass es nicht ernst gemeint war, was diese eher zu amüsieren schien, als sie zu ärgern. Immerhin wandten sich darauf die Zwillinge beleidigt von ihr ab, wobei sie absolut synchron knurrten: „Na, wenn du es lieber mit Opas treibst, bitte.

Beinahe befürchtete Delilah schon, die Worte würden die Bulldozer dazu anleiten, den Kleinen ein paar Manieren einzuprügeln, doch zum Glück einigten sie sich mit Blicken darauf, dass es hier definitiv zu eng für eine Abreibung war.

Um allerdings nichts Gegenteiliges herauszufordern, hielt nun auch sie den Mund und konzentrierte sich lieber darauf, was schon bald geschehen würde.

Allein der Gedanke an die bevorstehende Aktion trieb ihren Puls in die Höhe und machte sie ganz kribbelig. Sie spürte schon, wie ihr das ansteigende Adrenalin einen feinen Anflug von Schweißtröpfchen auf die Haut trieb, da die Luft hier drin alles andere als kühl war.

Daran, dass sich die Haltung der Zwillinge neben ihr deutlich versteifte, konnte sie erkennen, dass ihnen das nicht entgangen war.

Innerlich verfluchte Delilah dann doch ihre große Klappe, denn sie spürte nur allzu deutlich, dass sich da neben der hochschießenden Anspannung auch noch etwas anderes aufbaute. Etwas das sehr viel mehr mit ihren Hormonen, als mit der bevorstehenden Gefahr zu tun hatte.

Aber noch war der Punkt nicht überschritten, sodass es auch für andere männliche Exemplare ihrer Gattung deutlich bemerkbar und vielleicht auch entsprechend anregend wurde.

Zum Glück. Sie hockte hier auf engstem Raum mit sechs Kerlen in einem Lieferwagen, und obwohl keiner von ihnen zur Gattung einfacher Wolf gehörte, waren sie doch Männer mit hyperempfindlichen Geruchsnerven, die auf Reize reagierten, ob nun gewollt oder nicht. Das lag in ihrer Natur.

Natürlich gab es noch den logisch denkenden Verstand und sie traute auch zwei Drittel von ihnen zu, dass sie diesen benutzten, wenn es sein musste. Bei den Zwillingen war sich Delilah jedoch nicht so sicher.

Tja. Sollten sie ruhig versuchen, sie anzugrabschen. Sie wollte ohnehin schon immer wissen, wie es war, jemanden mit bloßen Händen zu kastrieren. Das könnte sie dann bei dieser Gelegenheit bis ins kleinste Detail herausfinden.

Vom Beifahrersitz hörte sie Nataniel plötzlich „Showtime“ sagen, woraufhin auch schon der Motor des Wagens ansprang und sich dieser in Bewegung setzte. Delilahs Finger umklammerten den metallenen Baseballschläger in gespannter Erwartung.

Sie wusste, was zu tun war. Nataniel hatte es ihnen ausführlich beim Mittagessen erklärt und zu ihrem Leidwesen auch die Einteilung der kleinen Gruppen übernommen.

Während er mit Ryon den zweiten Stock des Gebäudes aufräumen durfte und Khan sich zusammen mit Bruce um das Erdgeschoss kümmerte, war sie gezwungen, sich mit den Zwillingen zusammenzuschließen und den ersten Stock zu übernehmen. Sobald die Stockwerke gesäubert waren, durften die Gruppen sich nach Lust und Laune weiter nach oben vorarbeiten und dabei so viel Chaos und Lärm veranstalten wie nur irgend möglich. Aber sie sollten zusammenbleiben. Keine Alleingänge.

Verdammt!

Noch ein Punkt auf ihrer Liste, den sie an den Köpfen der Moonleague-Typen abarbeiten würde.

Ryon bremste den Wagen so abrupt ab, dass sie beinahe auf Deans Schoß gelandet wäre, was sie nur noch mehr für den Kampf reizte.

„Na dann Mädels. Lassen wir es mal so richtig krachen!“, stieß sie laut in die Runde, und obwohl Ryon alles andere als ein Mädel war, nahm er sie beim Wort. Mit einem harten Ruck schlug er den Rückwärtsgang ein und trat das Gaspedal bis zum Boden durch, sodass sie nun fast auf James landete, ehe sie sich an der angeschraubten Sitzbank festklammern konnte, auf der sie saß.

Keine Sekunde zu früh, denn schon krachten sie mit voller Wucht durch die Glastüren des Moonleague-Gebäudes und lösten damit sofort Alarm aus.

„Vergesst nicht: Erst wandeln, nachdem der Rauch sich ausbreiten konnte, klar?“, ermahnte Nataniel sie noch ein letztes Mal, ehe er auch schon zeitgleich mit Bruce die Tür aufriss und nur kurz innehielt, damit dieser seine selbst gebastelten Rauchbomben in die große Lobby verteilt werfen konnte, woraufhin sich sofort dichter Rauch ausbreitete.

Delilah wartete noch, bis alle Männer aus dem Wagen gesprungen waren, ehe sie unter ihren Sitz griff und den Ghettoblaster hervorzog, den sie sich natürlich auch extra für diese Mission 'ausgeborgt' hatte.

Danach kam sie ebenfalls in die Gänge, schlich sich allerdings zunächst noch an den Silhouetten der Moonleague-Bastarde vorbei, die in die Empfangshalle geströmt kamen wie eine Horde aufgebrachter Ameisen, und stellte den Ghettoblaster so auf den Empfangstresen, dass diesem nicht gleich etwas passieren konnte. Aber vermutlich hatten die Leute hier ohnehin andere Sorgen, wenn man nach dem Stöhnen und Ächzen ging, das deutlich die Luft erfüllte. Ebenso wie befriedigende Klatschlaute, wenn eine dieser riesigen Pranken der Bulldozer ins Schwarze traf.

Delilah begann breit zu grinsen.

„Jetzt sorgen wir hier mal so richtig für Stimmung!“, rief sie mehr zu sich selbst und drückte auf Play.

Sofort donnerte Rob Zombie mit 'Living Dead Girl' auf voller Lautstärke durch die Halle und riss sie mit den harten Rhythmen regelrecht mit.

Den Baseballschläger mit beiden Händen fest umschlungen stürzte Delilah sich ins Gefecht und traf schon beim ersten Schwinger einen Typen in Anzug und mit einer Knarre in der Hand, bevor dieser sie gegen sie richten konnte.

Das dumpfe Stöhnen konnte man über den Lärm hinweg zwar nicht hören, aber der Typ ging dennoch wie ein Sack Kartoffeln zu Boden.

Elegant sprang sie einfach über ihn hinweg, erwischte einen anderen Angreifer mit voller Wucht in der Seite und rannte auch schon weiter, ohne zu sehen, wie dieser auf die Knie sank.

Nataniel hatte ihr gesagt, sie sollte mit den Zwillingen den ersten Stock säubern und verdammt noch mal, so sehr ihr das auch gegen den Strich ging, sie würde es dennoch tun. Schließlich war das hier kein Kindergeburtstag, obwohl sie sich mit dem Baseballschläger so vorkam, als würde sie statt auf bewaffnete Kerle auf Piñatas eindreschen, nur ohne die Süßigkeiten als Füllung.

Trotzdem waren das scharfe Waffen, die da immer wieder auf sie gerichtet wurden, und spätestens, als eine Kugel ganz knapp an ihr vorbeizischte und in die Wand einschlug, wurde ihr das auch so richtig klar.

Delilah hatte keine Ahnung, wo die Brüder waren, aber nach den Bewusstlosen zu urteilen, die über die Feuertreppe verstreut herumlagen, konnten sie nicht allzu weit sein.

Also lief sie weiter die Stufen hinauf in den ersten Stock, und gerade als sie die Feuertür aufstieß, ging das Licht aus, ehe sofort die Notbeleuchtung ansprang und alles in ein dumpfes Grün tauchte, das ihren Augen keine Probleme bereitete, leider aber auch immer noch hell genug war, um den menschlichen Augen zu genügen.

Kaum dass Delilah in den Gang gespäht hatte, zog sie auch schon wieder den Kopf zurück und spürte ein leichtes Brennen auf ihrer Wange, als die winzigen Splitter der Kugel sie trafen, die neben ihrem Gesicht in die Feuertür eingeschlagen war.

Wenn sie nicht ohnehin schon auf hundertachtzig gewesen wäre, so wäre es spätestens jetzt so weit gewesen.

Mit einem Tritt stieß sie noch einmal die Feuertür auf, holte mit dem Baseballschläger aus und warf ihn in die Richtung, in der sie vorhin den Schützen ausgemacht hatte, ehe sie auch schon wieder in Deckung ging und auf das Geräusch eines metallenen Baseballschlägers lauschte, der auf einem menschlichen Kopf aufschlug.

Sie musste nicht lange warten, da drang es auch schon an ihre Ohren und sie schoss endlich aus dem Treppenhaus in den Flur und an einem weiteren bewusstlosen Typen vorbei, der dieses Mal auf ihr Konto ging.

In irgendeinem Büro auf dieser Etage konnte sie die Zwillinge wüten hören, die es sich auch jetzt nicht verkneifen konnten, dämliche Sprüche zu klopfen, die Delilah zum Glück nicht genau verstand. Zudem hatte sie ohnehin alle Hände voll zu tun, als plötzlich neben ihr eine Tür aufgerissen wurde und sie beinahe mit dem Lauf einer weiteren Waffe Bekanntschaft gemacht hätte.

Im letzten Moment ließ sie sich einfach zu Boden fallen und der Schuss ging ins Leere.

Bevor dieser hinterlistige Schweinehund von einem Anzugträger auch nur mit der Wimper zucken konnte, stieß sie ihm die Füße in die Knie, so dass es lautstark krachte und der Penner schreiend nach hinten fiel.

Vermutlich tat Delilah ihm sogar einen Gefallen damit, dass sie ihm noch einen rechten Haken verpasste, der besser als jedes Schmerzmittel wirkte.

Etwas traf sie so unvermittelt und hart in die Seite, dass sämtliche Luft aus ihren Lungen getrieben und sie gegen einen Aktenschrank geschleudert wurde.

Schwarze Flecken tanzten für einen Moment vor ihren Augen, ehe sie immer noch um Atem ringend hochblickte und einen zweiten Anzugträger erkennen konnte, der sich hinter der Tür versteckt hatte.

Nur allein dem Umstand, dass er ihr auf die nun voll entblößten Brüste starrte, hatte sie es zu verdanken, dass er noch nicht mit seiner Waffe in der Hand auf sie zielte. Es war genau die Sekunde des Zögerns, die sie brauchte, um auf alle Vieren hochzukommen und sich zu verwandeln.

Ihre Kleidung flog in Fetzen von ihr ab, als sie sich mit gefletschten Zähnen auf diesen elenden Bastard stürzte und sie tief in dessen Arm trieb, bis die zerstörten Sehnen seiner Hand die Waffe nicht länger halten konnten.

Delilah dachte nicht darüber nach, dass sie da Blut in ihrem Maul schmeckte und ihr nächster tierischer Instinkt es war, dem Kerl an die Kehle zu gehen, um ihn von einem weiteren Angriff abzuhalten.

Hätte sie darüber nachgedacht, sie wäre über sich selbst entsetzt gewesen.

Sie hatte noch nie getötet.

Doch im Gegensatz zu der menschlichen Seite in ihr schien die Wölfin sehr genau zu wissen, in welcher Gefahr sie sich befand. Denn kaum entwich ihrem Opfer ein letzter gurgelnder Laut, kamen auch schon weitere Schritte auf sie zu und sie konnte sich gerade noch rechtzeitig herumdrehen, um einer weiteren Kugel auszuweichen. Mit einem Satz auf einen der Schreibtische und von dort aus direkt auf die Tür zu eliminierte sie auch diese Gefahr, doch sofort kam die nächste auf sie zu. Dieses Mal konnte sie nicht rechtzeitig ausweichen und spürte auch schon, wie es heiß durch das weiße Fell und ein Stück der Haut darunter in ihrem Nacken brannte.

Ihr entkam ein schmerzvolles Aufheulen, doch es war mehr die Überraschung, als der Schmerz gewesen, der sie für eine Sekunde lähmte, ehe sie aus dem Stand heraus auf den Schützen zu rannte, Haken schlagend dem Kugelhagel auswich und schon dazu ansetzte, auch diesem Kerl an die Kehle zu springen. Allerdings kam ihr ein riesiger Schatten zuvor und stampfte den Wichser regelrecht in den hässlichen Linoleumboden.

Delilah konnte nicht mehr bremsen und rammte mit voller Wucht den riesigen rotbraunen Wolf, an dem sie einfach abperlte, als wäre sie nichts weiter als ein kleiner Wassertropfen. Dass dem nicht so war, sagten ihr ihre protestierenden Knochen, als sie gegen die Wand schlitterte und ziemlich wütend wieder auf die Beine kam.

Sie biss Dean nicht gerade sanft in die verdammt große Schnauze, nachdem er es auch noch wagte, sich nach ihrem Befinden zu erkundigen, da es doch schließlich seine Schuld war, weshalb ihr der Schädel gerade mächtig dröhnte.

Zumindest das hatte gesessen, denn er wich mit einem Winseln zurück und rieb sich mit der riesigen Pranke über die leicht zerkratzte Nase.

Ein erheitertes Schnauben machte sie auf James aufmerksam, der nur ein paar Schritte entfernt im Gang stand und sie beobachtet hatte.

Erst jetzt bemerkte Delilah, wie riesig die Werwölfe wirklich waren.

Vorhin hatte sie gedacht, es läge nur daran, dass sie einfach auch in ihrer Wolfsgestalt ziemlich klein war, aber da hatte sie nur im Ansatz Recht behalten.

Die Brüder waren mindestens dreimal so groß wie normale Wölfe und hatten auch ebenso viel mehr Muskelmasse. Sie wirkten dennoch nicht massig, sondern auch elegant und wendig, obwohl sie natürlich genau das mit ihrer Größe waren.

Delilah musste es wissen. Sie war schließlich mit voller Wucht in diese Wand aus Muskeln gerannt.

Na toll. Jetzt kam sie sich noch kleiner vor. Das wurde ja immer besser!

Immer noch stocksauer schickte sie auch ein warnendes Knurren an James, ehe Delilah an Dean vorbei schlüpfte auf die Feuertür zu, um nach weiteren Opfern zu suchen, an denen sie ihren Ärger auslassen konnte.

Dass der erste Stock gesäubert war, sagte ihr die unheimliche Stille, die nun über den Büroräumen lag, also lief sie weiter die Treppen nach oben.

Natürlich dauerte es nicht lange, bis die Brüder ihr folgten, doch ehe diese sie einholen konnten, war sie auch schon in den Fluren und Gängen des verzweigten Gebäudes verschwunden, um nach weiterem Ärger Ausschau zu halten.

Den fand sie schließlich auch und sie hatte alle Hände beziehungsweise Pfoten voll zu tun, dabei nicht noch mehr Löcher in ihrem schneeweißen Pelz zu bekommen. Aber wenigstens konnte sie das überraschend beeindruckende Auftreten der Zwillinge für eine Weile aus ihrem Kopf verbannen.

 
 

***

 

Ihre Augen brannten und tränten um die Wette, sodass sie am liebsten den Versuch aufgeben wollte, etwas zu sehen. Doch sie musste etwas sehen, wenn sie nicht jeden Augenblick dem Allmächtigen gegenübertreten wollte. Ihre krampfenden Augenlieder schienen da allerdings anderer Meinung zu sein. Selbst mit Gewalt konnte sie diese nicht dazu bringen, offenzubleiben. Dabei war das noch nicht einmal das Schlimmste.

Hustend und keuchend hatte sie sich unter einem Schreibtisch in einer dunklen Ecke versteckt, aber auch ohne etwas wittern zu können – das konnte sie im Augenblick genauso wie ihre Sicht vollkommen vergessen – wusste sie, dass ihr Fluchtweg von ihrem eigenen Blut markiert worden war. Es würde also nicht mehr lange dauern und er hätte sie gefunden.

Verzweifelt rieb sich Delilah erneut mit ihrer Pfote über die schmerzenden Augen, doch das Pfefferspray hatte sie eiskalt und voll erwischt. Das Reiben machte es nur noch schlimmer. Selbst der Hustenreiz wollte und wollte einfach nicht nachlassen, obwohl sie sich alle Mühe gab, denn die Laute, die sie ungewollt ausstieß, verrieten sie noch mehr als das Blut, das aus der Schnittwunde an ihrer Schulter lief.

Sie war so dumm. So verdammt dumm!

Nur, weil der Kerl keine Waffe gehabt hatte, mit der er auf sie schießen konnte, hatte sie ihn für ungefährlich gehalten, bis er sie eines Besseren belehrt hatte. Zuerst war er mit dem Pfefferspray auf sie losgegangen und danach mit einem Messer.

Irgendwie war es ihr dennoch gelungen, von ihm loszukommen und blind und würgend dieses Versteck zu finden. Doch das würde nicht reichen. Sie wusste es. Spätestens als die Tür zu dem kleinen Büro aufschwang und die verschwommenen Umrisse eines Mannes den Rahmen ausfüllten.

Delilah hielt den Atem an in der verzweifelten Hoffnung, dass er sie vielleicht trotzdem nicht unter dem Schreibtisch finden würde. Doch das war eine ebenso dumme Idee gewesen, wie alle ihre Entscheidungen in den vergangenen zehn Minuten.

Dadurch, dass sie die Luft anhielt, forderte sie den Hustenreiz erst recht heraus und sie wurde keine Sekunde später regelrecht davon durchgeschüttelt.

Zwischen erstickten Atemzügen konnte sie hören, wie die Tür zufiel und ihre vage Hoffnung zerschellte an dem Geräusch eines Schlüssels, der in seinem Schloss herumgedreht wurde.

Nein!

Schwere Schritte näherten sich seelenruhig ihrem Versteck.

NEIN!

Eine grobe Hand packte ihren bebenden Hinterlauf. Obwohl Delilah nach ihr schnappte, gingen ihre Zähne ins Leere.

Mit einem brutalen Ruck wurde sie unter dem Schreibtisch hervorgezerrt, und noch bevor sie auch nur einen Muskel rühren konnte, trat ein harter Armeestiefel in ihre Weichteile.

Ein qualvolles Aufheulen war alles, was ihrer Kehle entwich, ehe sie endgültig keine Luft mehr bekam.

Blut rauschte laut in ihren Ohren, während ihr Herz verzweifelt und hart gegen ihren eingeschnürten Brustkorb donnerte.

Ihr Körper war ein einziger Schmerz und nicht einer ihrer Muskeln tat das, was sie ihm befahl, weshalb sie sich auch nicht rühren konnte, als der nächste Tritt ihr die paar winzigen Luftreserven, die sie in ihrer Lunge hatte sammeln können, mit brachialer Gewalt wieder hinaustrieb.

Wie ein Echo auf das knirschende Geräusch ihrer Rippen rammte etwas von außen mit voller Kraft die verschlossene Tür des Büros und ließ diese regelrecht in ihren Angeln erzittern. Sekunden später erbebte sie unter einem weiteren Ansturm von Neuem.

Delilah konnte es sehen, wenn auch nicht mehr hören. Dazu dröhnte ihr Schädel viel zu laut und selbst der winzige Sichtstreifen, den sie ihren Augenlidern mühsam abverlangte, wurde im nächsten Moment von einer heranrasenden Stiefelspitze vollkommen eingenommen.

Sterne explodierten vor ihren geschlossenen Lidern, während zugleich ihr Kopf brutal in den Nacken geschleudert und ihr Hinterkopf von einem harten Gegenstand abgefangen wurde.

Mit einem Schlag verschwanden der Schmerz und die Lichter.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  HinkelsteinDompteur
2012-05-20T10:35:11+00:00 20.05.2012 12:35
So, ich nutze die kurze Lernpause mal eben und ein weiteres Kapitel zu lesen und zu kommentieren, weiß ich doch wie sehr du dich darüber freust *g*
Insgesamt kann ich das Kapitel nur sehr Positiv bewerten, Schreibstil wie immer Top und sehr Fehlerarm, Formulierungen und Satzbau klasse und die Story… schlichtweg genial^^

„Sorry, Jungs. Aber bevor ich mich mit zwei Milchbubis wie euch abgebe, schiebe ich lieber eine Nummer mit einen von den beiden. Das sind wenigstens richtige Männer.“

Autsch, voll aufs Ego xD
Ich finde es ja wirklich herrlich wie sich die Gespräche zwischen den Personen immer entwickeln. Zugegeben, sie provoziert die anzüglichen Sprüche ja geradezu, aber die Reaktionen auf beiden Seiten sind einfach zu köstlich ^.^
Ich steh auf jeden Fall total drauf wie sie sich immer Verbal fetzen :P

[…] obwohl sie sich mit dem Baseballschläger so vorkam, als würde sie statt auf bewaffnete Kerle auf Pinatas eindreschen, nur ohne die Süßigkeiten als Füllung.

Ziemlich geiler Vergleich, mal wieder, bei dem sofort ein kleiner Film vor meinem inneren Auge abläuft, auch wenn es ‚Piñata‘ geschrieben wird (ich steh einfach auf das Kringelding über dem ‚n‘ *g*)

Kleinen Fehler habe ich auch gefunden:
und an einen weiteren bewusstlosen Typen vorbei
‚einem‘ währe hier das Wort der Wahl ;)

Allerdings kam ihr ein riesiger Schatten zuvor und stampfte den Wichser regelrecht in den hässlichen Linoleumboden.
Und du erzählst mir es gäbe keine Action *lach*. Das erwärmt doch mein Stirb-langsam-Herz, zudem kann ich mir das sehr gut vorstellen. Herrlich anschaulich formuliert ;)

Der Schluss ist… joa schon ganz heftig. Sehr gut beschrieben, dass auf jeden Fall und man kann sich die ganze Szenerie gut vorstellen. Insgesamt gefällt mir die Idee und wenn der Typ die Türe hinter sich abschließt bekommt man sogar ein leicht beklemmendes Gefühl, fühlt mit Delilah. Richtig klasse, ich bin begeistert und hungrig nach meeeeehr^^

Lg
HinkelsteinDompteur



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