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Der andere Harry Potter

von

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Die Geschichte mit Neville Longbottom

Also, wo fange ich bei dieser Geschichte am besten an?

Bleiben wir doch erstmal bei ein paar Oberflächlichkeiten, oder genauer gesagt dem oberflächlichen Aussehen von dem Harry Potter und mir selbst.

Das ist nämlich so eine Sache.
 

Ich hatte ja bereits erwähnt, dass sowohl er, als auch ich im August Geburtstag haben, ich am 30. und er am 31. (Und ich bestehe auf diesen einen Tag Unterschied. Wirklich. Ich bestehe darauf!) und manch einer mag das bereits für einen witzigen Zufall oder eine erwähnenswerte Gemeinsamkeit halten. Aber nur so lange, bis derjenige mich auch gesehen hat.
 

Es ist nämlich so, dass der berühmte Harry Potter und ich uns ziemlich ähnlich sehen – und das hat mir schon so einige Unannehmlichkeiten eingebracht. Aber dazu später.

Man sagt ja immer, dass Harry James Potter, so sein voller Name (und wieder möchte ich hier den Unterschied betonen, dass mein Zweitname nicht James ist, auch darauf bestehe ich), seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Das rabenschwarze, zerzauste Haar, die Statur, selbst sein Gang ist, wie Snape oft betont hat, genauso arrogant, wie der seines Vaters. Ich zitiere das hier vollkommen wertfrei und nur der Vollständigkeit halber.

Aber seine Augen, und das kriegt Harry James Potter wahrscheinlich genauso oft zu hören, seine Augen sind die der unvergleichlichen Lily Potter, so grün, glänzend und leuchtend.

Eigentlich sollte es ja auch überflüssig sein, das alles zu erwähnen, denn das Aussehen des Jungen, der lebt, sollte wohl jedem bekannt sein.

Wenn nicht, muss man nur einmal an einem beliebigen Tag den Tagespropheten aufschlagen – oder irgendeine andere Zeitung. Oder man geht in ein Buchgeschäft oder in die Bibliothek. In der Zeit der reproduzierbaren Medien ist es nicht schwierig, ein Abbild einer der berühmtesten Personen der Zaubererwelt zu finden.

Aber für den Fall, dass irgendjemandem all diese Möglichkeiten verwehrt bleiben, weiß dieser Jemand nun ja auch Bescheid, wie der Harry Potter aussieht, also kommen wir nun zu dem anderen Harry Potter.

Kommen wir zu mir.
 

Ich erzähle das nun einerseits, damit man die folgende kleine Geschichte versteht und andererseits, um wieder einmal ein paar Unterschiede zu betonen, die mir trotz allem noch bleiben und die mich nicht komplett von der Idee abbringen, dass es doch noch eine individuelle Person namens Harry Potter abgesehen von dem Held Harry Potter gibt.

Wenn ich in den Spiegel sehe, was nicht überdurchschnittlich oft oder selten vorkommt, dann liefert sich mir und allen anderen folgendes Bild. Naja, andere müssen dafür nicht in den Spiegel schauen, sondern nur mir ins Gesicht.

Aber lassen wir das.
 

Soweit es mir bekannt ist, bin ich ein wenig kleiner, als Harry Potter. Zumindest wurde mir das von einigen Mädchen versichert, obwohl ich mich manchmal frage, woher die das so genau wissen wollen. Ich bin wohl außerdem abwechselnd muskulöser und weniger sportlich, als Harry Potter – auch das wurde mir ausschließlich von Mädchen gesagt und in diesem Fall bin ich froh, dass es nur Mädchen waren. Allerdings bin ich noch nicht dahinter gekommen, warum diese Angabe wechselt, aber an diesem kleinen Rätsel arbeite ich noch.

Über meinen Gang hat Snape noch nie ein Wort fallen gelassen, er scheint ihn weder arrogant, noch angemessen zu finden, sondern schlichtweg nicht erwähnenswert. Das ist auch etwas, worüber ich froh bin. Ich persönlich finde meinen Gang übrigens ganz in Ordnung, ich würde ihn als lässig bezeichnen. Die Meinung anderer Mädchen müssen hier ausbleiben, weil sie dazu noch nie etwas gesagt haben.

Leider war es das auch schon mit den offenkundigen Unterschieden und wer meine Erzählung nun aufmerksam verfolgt hat, wird feststellen, dass das überhaupt keine offenkundigen Unterschiede waren.

Und das ist schließlich auch das Problematische.
 

Ich schwöre, dass ich in keiner mir bekannten Weise mit James Potter verwandt bin, aber ganz offensichtlich bin ich ihm wie aus dem Gesicht geschnitten, habe das gleiche rabenschwarze Haar wie er – aber die Augen gleichen unverwechselbar denen von Lily Potter, obwohl ich auch mit dieser bestimmt ganz wunderbaren Person weder verwandt noch verschwägert war.

Kurzum – ich bin wahrscheinlich der glaubhafteste Harry-Potter-Doppelgänger, den es gibt. Rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage im Jahr, komplett ohne Vielsaft-Trank.

Ich frage mich auch ehrlich gesagt manchmal, ob sich überhaupt etwas an mir verändern würde, wenn ich einen Vielsaft-Trank mit Harry Potters Haaren darin einnehmen würde. Möglicherweise wäre das der Schlüssel zur Lösung des Problems ob ich sportlicher oder weniger sportlich als Harry Potter bin. Aber so verzweifelt bin ich ja nicht.

Jedenfalls noch nicht.
 

Aber ich wollte ja eine kleine Geschichte erzählen.

Ich könnte hier eine ganze Reihe von Begebenheiten erzählen, bei denen mich wildfremde Leute angesprochen haben, die mich für den Harry Potter gehalten haben. Es hat schon einige gegeben, die sich erst vor Aufregung kaum beherrschen konnten, als sie mich gesehen haben, um dann vor Scham im Boden zu versinken, als sie feststellen mussten, dass ich doch nicht derjenige bin, für den man mich gehalten hatte.

Manchmal erkläre ich freundlich, dass es sich um einen Irrtum handelt, manchmal tue ich das auch weniger freundlich. Manchmal aber lasse ich es auch einfach nur bleiben und sage den Leuten einfach nur das, was sie hören wollen, damit sie mich in Ruhe lassen.

So kommt es, dass Harry Potter bereits an Orten war und Dinge getan hat, von denen er gar nichts weiß und dass er auch mehr Autogramme gegeben und Hände geschüttelt hat, als ihm bewusst ist.

Ob es moralisch verwerflich ist, dass ich erzähle, ich wäre der echte Harry Potter?

So gesehen, ist es das überhaupt nicht, schließlich bin ich Harry Potter und es ist nicht mein Problem, dass die ganze Zaubererwelt davon ausgeht, dieser Name sei nur einmal in der Geschichte der Menschheit verliehen worden.

Ob ich mich nicht schäme, wenn ich Unwahrheiten über den Harry Potter in die Welt setze?

Eigentlich nicht. Ich glaube nicht wirklich, dass es einen Unterschied für ihn macht, oder nicht. Und es ist ja auch nicht so, als würde ich Rita Kimmkorn von Bettgeschichten, schmutzigen Geheimnissen oder anderen Skandalen erzählen.

Ich habe mich darauf spezialisiert, nette Kleinigkeiten zu erzählen – je nachdem, was die Leute mich fragen.

Und manch einer wäre sehr überrascht, was die Leute alles so fragen.

Es gab diesen einen älteren Herrn, den ich einmal in der Winkelgasse getroffen habe, als ich gerade die Bücher für das nächste Schuljahr besorgt habe. Er wollte ganz dringend von mir wissen, ob ich abgesehen von meiner berühmten Blitznarbe eigentlich noch andere Narben habe.

Ich habe gesagt, dass es solche Narben tatsächlich gibt, besonders wäre da zum Beispiel eine an meinem linken Schulterblatt, welche den perfekten Umriss eines Omegas hat. Noch viel dringender wollte der ältere Herr dann natürlich wissen, woher diese Narbe stammt und mit einem düsteren Blick habe ich ihm zugeflüstert, sie stamme aus der gefährlichen und überaus dramatischen Auseinandersetzung zwischen mir und dem Bergtroll, der im ersten Schuljahr Hermine Granger in der Schule angegriffen hatte.

Ich habe ihm gesagt, dass ich nach Entdeckung dieser Rune mit Professor Trelawney gesprochen hatte und sie mir versichert hatte, diese Rune müsse ein Symbol für mein erneutes Entkommen vor dem sicheren Tod sein.

Gleichzeitig begeistert und beängstigt ist der Mann daraufhin weiter gegangen und ich konnte meine Bücher kaufen.

Das ist eine noch ganz nette kleine Geschichte gewesen. Andere Leute hatten von mir wissen wollen, ob ich noch Jungfrau bin, was meine Meinung zu Dumbeldore sei, wie eigentlich meine Tante Petunia aussehen mochte, ob ich auch blitzförmige Muttermale besitze (Diese Frage wurde mir sogar schon zweimal gestellt und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr frage ich mich ebenfalls, ob der Harry Potter tatsächlich ein blitzförmiges Muttermal hat.), was meine Lieblingsgeschmackrichtung der Bertie Botts Bohnen ist und so weiter und so fort. Manche Muggelstämmige haben mich gefragt, was ich eigentlich für eine Sehstärke habe (Denn ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich ebenfalls eine Brille trage und aus gewissen Gründen ist es eine unverwechselbar ähnliche, wie die von Harry Potter. Das ist eine Geschichte, die ich auch noch erzählen muss.) und ob ich eigentlich eine Lieblingsmannschaft beim Muggelsport Fußball habe und wenn ja, welche.

Man fragt mich alles Mögliche und ich beantworte diese Fragen nach Lust und Laune.
 

Weil ich, ganz wie Harry Potter, ebenfalls auf Hogwarts bin – nur ein Jahr über ihm – übernehme ich außerdem ab und zu die Aufgabe, all seine Geschichten in der Schule weiter zu verbreiten und um die ein oder andere Einzelheit zu erweitern, für all diejenigen, die es mir glauben.

Eigentlich könnte ich mir diese Aufgabe aber auch meistens sparen, weil der große Harry Potter ohnehin fast ausschließlich Dinge erlebt, die erstaunlich genug sind, um sich selbst zu verbreiten.

Aber ich schweife ab, ich wollte ja eine kleine Geschichte erzählen. Eigentlich ist diese Geschichte gar nicht mal so klein, sie dauert nun schon eine ganze Weile an.

Sie begann in der ersten Woche meines zweiten Schuljahres in Hogwarts, als ich mich gerade auf den Weg machte, um noch schnell eines meiner Bücher zu holen, bevor ich mich in den Unterricht begeben musste. Professor McGonnagal war zu diesem Zeitpunkt nicht gut auf mich zu sprechen, weil ich es geschafft hatte, in Verwandlung meinen Haufen Sonnenblumenkerne in einen Haufen krabbelnder Ameisen zu verwandeln, statt in Knöpfe. Ich schwöre, ich weiß bis heute nicht, wie das passieren konnte – denn jetzt weiß ich, dass beide Zaubersprüche wirklich keinerlei Ähnlichkeit haben.

Aber es ist nun einmal passiert und die Ameisen hatten sich so schnell im Klassenzimmer verbreitet, dass McGonagall sie nicht mehr zurückverwandeln konnte.

Wahrscheinlich hat sie das auch so frustriert; ich glaube die Hauslehrerin von Gryffindor hat gerne immer alles unter Kontrolle.

Jedenfalls wollte ich nichts riskieren und als ich feststellen musste, dass ich schon wieder mein Buch im Schlafraum liegen lassen hatte, habe ich mich so schnell wie möglich auf den Weg gemacht, es zu besorgen.

Mit dem Buch unter dem Arm rannte ich also die Treppen rauf und runter, während Adrenalin durch meine Adern schoss und ich hoffte, dass McGonnagall nicht überpünktlich erscheinen würde – als ich völlig unvorbereitet über etwas stolperte und der Länge nach auf den harten Steinboden krachte - Nase und Brille voraus.

Ich spürte einen Schmerz im Nasenbein und hörte ein altbekanntes Knacken – das musste meiner Brille wieder einmal den Rest gegeben haben. Das war jetzt schon das vierte Mal, dass sie in der Mitte durchgebrochen war.

Ich stöhnte verärgert und rappelte mich wieder auf – und tatsächlich fand ich meine Brille in zwei Hälften wieder vor. Beinahe schon routinemäßig wandte ich den Zauberspruch Oculus Reparo an, das war wahrscheinlich der erste Spruch, den ich mit Sicherheit beherrscht hatte (und der mir seither sehr nützlich gewesen war, denn Brillen können auf extrem kreative und vielfältige Weise kaputt gehen).

Als ich mich aufgerichtet hatte, drehte ich mich um, um zu sehen, was meinen Fall eigentlich verursacht hatte.
 

Nun muss man verstehen, dass es nicht sehr lange dauert, bis man sich in Hogwarts nicht mehr über die Dinge wundert, die man sieht. Am ersten Tag findet man noch die Geister gruselig, man versteht die sich bewegenden Treppen nicht oder steht stundenlang vor den Bildern, die sich bewegen und miteinander reden. Aber irgendwann gewöhnt man sich daran. Dann erstaunt einen vielleicht noch das bunte Wirken der Zaubersprüche, die trotz aller Verbote immer wieder auf den Gängen ausgeführt werden, das wilde Jubeln während einem Quidditchspiel oder die erstaunliche Dekorationen an den Festlichkeiten. Irgendwann wird aber auch das Routine.

Deshalb war ich nicht wirklich überrascht, als ich feststellte, dass ich über einen Jungen gestolpert war, der regungslos am Boden lag Mit dem Gesicht nach unten lag auf dem Flur ein Schüler, der bestimmt nicht älter war, als ich selbst. Soweit ich das beurteilen konnte, hatte ich ihn noch nie vorher gesehen – aber eigentilch präge ich mir auch eher die Vorderansicht eines Menschen ein, als deren Hinterköpfe, also konnte ich nicht ganz sicher sein.

Jedenfalls schien er sich nicht einmal gerührt zu haben, als ich so hart über ihn gefallen war und für einen Moment hatte ich die Befürchtung, dass er es gar nicht mitbekommen hatte.

„Hallo?“, fragte ich den Jungen, „Kannst du mich hören?“

Der Junge nuschelte irgendetwas Unverständliches und ich vergaß, dass ich mich eigentlich beeilen wollte, um rechtzeitig zu McGonagall zu kommen. Einen solchen armen Tropf lässt man einfach nicht allein zurück. Ganz offensichtlich hatte ihn jemand mit einer Ganzkörperklammer gestraft und ehrlich gesagt sah dieser Schüler nicht gerade so aus, als hätte er es wirklich verdient. Beziehungsweise seine Rückenansicht sah nicht danach aus.

Ich zermaterte also mein Gehirn, um ihm zu helfen. Ich wusste, dass ich den Gegenfluch schon einmal gehört hatte und ich war fast sicher, dass ich ihn schon einmal im Unterricht in irgendeinem Fach gesehen hatte. Aber wo? Und wie lautete er noch mal? Es wollte mir partout nicht einfallen und ärgerlich seufzte ich.

Was sollte ich tun? Es war kein Lehrer in der Nähe und wer wusste schon, wie viele andere Leute noch über diesen Jungen stolpern würden, wenn ich losrannte, um jemanden zur Hilfe zu holen.

Nein, diese Aufgabe musste ich selbst lösen.
 

Ich beschloss, den Jungen erst einmal umzudrehen, weil ich es mir ziemlich ungemütlich vorstellte, so mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden zu liegen und sich nicht rühren zu können. Ich kniete mich hin und rollte ihn auf den Rücken – dabei konnte ich dann auch sein Gesicht sehen. Es sah genauso hölzern erstarrt aus, wie der Rest des Jungen, aber seine Augen schienen mich unglaublich dankbar und genauso peinlich berührt anzusehen.

Ich konnte sehen, dass Blut um seine Nase herum angetrocknet war. Wohlmöglich hatte die Nase einen ganz schönen Schlag abbekommen, als der Junge haltlos auf sein Gesicht gefallen war. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie lange er schon hier liegen musste – es musste wirklich schon eine Weile sein, denn er konnte seinen Mund schon wieder ein wenig hin und her bewegen und wollte wohl irgendetwas sagen, aber es kam nur ein unverständliches Brabbeln heraus.

„Keine Sorge, ich werde dir helfen.“, sagte ich und zermaterte mir weiter das Hirn wegen des Gegenfluchs – meine Ambitionen, jemals pünktlich zu McGonnagals Unterricht zu erscheinen, waren lange verflogen.

Plötzlich kam mir ein Geistesblitz, ich zückte meinen Zauberstab und sagte „Finite Incatatem“ Der Junge stieß einen erleichterten Seufzer aus und richtete sich auf. Ich tat das ebenfalls und gab ihm die Hand, um ihn wieder auf die Beine zu tun, erfreut darüber, dass der Zauberspruch funktioniert hatte. Jetzt wusste ich auch wieder, wo ich ihn gehört hatte: In Verteidigung gegen die dunklen Künste hatte unser Lehrer ihn uns gesagt, mit den Worten, dass er nicht sehr einfach auszuführen war. Deshalb war ich maßlos stolz darauf, es geschafft zu haben.

„Vielen Dank.“, sagte der Junge leise und klopfte seinen Umhang ab. Seine Stimme klang etwas nasal und ich befürchtete, dass seine Nase wirklich einiges abbekommen hatte. Jetzt, wo er sich wieder frei bewegen konnte, sah er plötzlich wieder weniger erfreut darüber aus, mir begegnet zu sein. Anscheinend war ihm die Situation unglaublich peinlich. Sorgfältig strich er seine Roben glatt und pflückte Staubflusen von seinem Hausemblem und ich musste erstaunt feststellen, dass er ein Gryffindor war.
 

Nicht, dass ich besonders viele Vorurteile hätte, aber war Gryffindor nicht das Haus der Mutigen und Wehrhaften? Da hatte sich der Hut offenbar einen ganz schönen Scherz geleistet...

Aber das sagte ich nicht.
 

„Kein Problem.“, sagte ich, „Vielleicht solltest du das nächste Mal auf den Rücken fallen.“

Der Junge wurde puterrot und erstarrte, als hätte ihn jemand erneut verflucht. Ich seufzte. Das war ja nicht einmal ein gemeiner Kommentar gewesen und schon war er peinlich berührt. Wo in Merlins Namen steckte denn Gryffindormut in diesem Jungen? Wenn er eine graue Bertie Botts Bohne probierte?

Ich seufzte tonlos und sparte mir diesen Kommentar. Stattdessen fragte ich nach seinem Namen und bat ihn so förmlich und freundlich, wie nur irgendwie möglich, doch einmal in den Krankenflügel zu gehen.

Wenn seine Nase später schief wieder zusammenwuchs, würde er wahrscheinlich nicht weniger gehänselt werden.

Der Junge nickte und murmelte: „Ich bin Neville Longbottom.“ Kurz runzelte ich die Stirn. Longbottom? Irgendetwas sagte mir dieser Name.

Da fiel mir die Begrüßungszeremonie wieder ein und dass es dort einen besonders langen Hutklemmer gegeben hatte, der ebenfalls Longbottom hieß. Wenn ich mich genau erinnerte, hatte er sogar verblüffende Ähnlichkeit mit diesem Neville Longbottom.

Das erklärte wohl einiges. Ich bekam etwas Mitleid mit dem armen Tropf. Keine Woche in der Schule und schon piesakten die anderen Schüler ihn.

„Okay, Neville. Ich muss jetzt schnell in meine Klasse. Pass auf dich auf!“, sagte ich und mir fiel der Zorn der McGonagall wieder ein. Na das konnte ja heiter werden – als ob sie mir diese Geschichte glauben würde. Ich konnte froh sein, wenn sie mich zur Bestrafung nicht in einen Kleiderhaken verwandelte und Hagrid seinen Mantel daran aufhängen ließ.

So schnell ich konnte, nahm ich meine Beine in die Hand und rannte in Richtung Klassenzimmer – dieses Mal war ich aber auf der Hut vor herumliegenden Erstklässlern.

„Danke. Danke, Harry Potter!“, hörte ich Longbottom noch rufen und konnte mich nur einen Moment darüber wundern, woher der Junge nun meinen Namen kannte. Ich hatte mich doch überhaupt nicht vorgestellt, soweit ich mich erinnern konnte.

Dann kam mir aber Peeves in die Quere, ehe ich den Gedanken vollenden konnte. Der Poltergeist bewarf mich laut lachend mit Kreidestücken und warf mir eine Ritterrüstung in den Weg, die ohrenbetäubend schepperte.

Den Unterricht erreichte ich genau fünf Minuten vor Schluss und dafür bekam ich eine saftige Strafarbeit, die mich zwei Wochen jeden Abend beschäftigte. Wo da die Gerechtigkeit lag, kann ich heute auch noch nicht sagen.

Aber ich kann sehr wohl sagen, dass ich damals die erste Begegnung von vielen mit Neville Longbottom hatte und mir kurz darauf klar wurde, warum er meinen Namen so gut kannte.

Mir war nicht bewusst gewesen, dass mit den neuen Erstklässlern in der ersten Woche auch der Harry Potter eingeschult worden war, denn mitten in der Begrüßungszeremonie – daran erinnerte ich mich wenig später – wurde mir schlecht, weil ich zu viele Schokofrösche im Zug gegessen hatte und ich musste den Rest des Tages auf der Toilette verbringen.

Aber das ist eine andere Geschichte und die werde ich im Interesse aller bestimmt niemals genauer erzählen.

Das Ergebnis war jedenfalls, dass ich das großartige Raunen und Murmeln, als der Name von Harry Potter fiel, nicht mitbekommen konnte.

Aber alle anderen hatten in mitbekommen und mit Harry James Potter kamen eine ganze Reihe neuer Probleme für mich in Hogwarts auf.

Neville Longbottom übrigens hatte es geschafft, auf den Krankenflügel zu kommen und bedankte sich wenig später, wie ich irgendwann erfuhr, überschwänglich bei meinem Doppelgänger, der diesen Dank leicht verdutzt hinnahm.

Auch für ihn würde sich diese Situation noch einige Male wiederholen, denn bis heute ist Neville wohl nicht klar, dass es noch den anderen Harry Potter gibt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Petulia
2012-07-14T16:53:43+00:00 14.07.2012 18:53
hey hey. mir gefaellt deine idee eigentlich ganz gut auch wenn ich ihr zu beginn skeptisch gegenueber stand :D
ich bin ein sehr penibler mensch deswegen zuerst die kritik :P

in welchem haus ist der harry potter? und er hat wahrscheinlich freunde, die ihm bereits von der eingeschulten beruehmtheit erzaehlt haetten und ich hatte es zu anfang im ersten kapitel schoen gefunden, nicht zu wissen dass sie auf die gleiche schule gehen, cih glaube das haette mir besser gefallen.

andererseits ist das aber nicht wichtig, als dass ich deine geschichte nicht geniessen koennte :) rein technisch gesehen ist es unheimlich erfrischend, dass ich ueber keine rechtschreib oder grammatikfehler gestolpert bin. mir ist erst gegen ende aufgefallen, dass ich deswegen so gut durchlesen konnte :) ausserdem gefaellt mir der anekdoten hafte schreibstil und die glaubwuerdig echte art und weise harrys von seiner situation zu berichten. ich hoffe es gibt bald mehr davon zu lesen :)
Von:  Kagomee16
2012-07-10T11:44:35+00:00 10.07.2012 13:44
das ist ein echt lustiger anfang^^
bin gespannt wie es weiter geht^^
mach weiter so^^

lg kagomee16


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