Zum Inhalt der Seite

Vertrau mir deine Flügel an

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Identität der Gegenwart

Vorsichtig löste Harada seine Lippen von Erenyas. Sie war nun wieder das Mädchen, dass er kennen und lieben gelernt hatte.

“Ha-Harada-kun…”

Fragend sah der Krieger zu dem Mädchen, das zitternd auf das Schwert in ihren Händen sah. Noch immer drückte er es mit seinem linken Arm an seine Seite, doch das konnte das Mädchen nicht sehen.

Entschuldigend, weil er ihr den ersten Kuss gestohlen hatte, küsste er sie auf die Stirn und strich ihr sanft eine schwarze Strähne aus dem Gesicht.

“Keine Sorge. Nun wird alles gut.”

Obwohl er sie noch etwas im Arm halten wollte, löste er sich von dem Engel, um ihr zu zeigen, dass sie ihn wirklich nicht verletzt hatte.

Erleichtert ließ Erenya das Schwert fallen, als sie das sah. Harada lebte, und das nur, weil er sie so stark ins Schwanken gebracht hatte. Auch wenn sie sich nicht mehr vollständig an ihre Taten erinnerte, wusste sie, dass sie etwas Schreckliches getan hatte.

“OI! SANO! IST ALLES OKAY!”

Innerlich fluchte Harada, als er Shinpachis laute Stimme vernahm. Er wusste, dass er seinen Freunden nun Rede und Antwort stehen musste. Und gerade bei dem Hijikata treuen Saito würde das ein Problem werden. Noch dazu konnte er nicht einfach behaupten, dass er Erenya hier gefunden hatte, denn noch immer waren ihre vier schneeweißen Flügel deutlich zu sehen.

“Uns geht es gut.”

Kurz und knapp antwortete Harada auf Shinpachis Fragen und wandte sich zu seinen Gefährten um. Dabei konnte er nicht verhindern, dass seine Freunde das Mädchen sahen, vor dem das blutbeschmierte Schwert lag.

“Ah, dieses Monster war also Mizu-chans Freundin. Was machen wir nun mit ihr, Hajime-kun?”

Mit einem verspielten, katzenartigen Grinsen sah Souji, der zusammen mit Saito als Verstärkung angerückt war, zu dem Linkshänder.

Dieser fixierte, mit seinem gewohnt ernsten Blick, das Mädchen, das sich schutzsuchend an Harada klammerte. Auch sie und Mizu hatten von den Gerüchten über die Roshigumi gehört und sie fürchtete nun, dass sie im Bezug auf die anderen Männer hier, wahr waren.

“Wir bringen sie ins Hauptquartier. Sie ist eine Verbrecherin und darf nicht weiter auf freien Fuß bleiben.”

Harada verärgerte, was er da von Saito hörte. Es stimmte schon, dass sie das Männer-Mordende Monster außer Gefecht setzen sollten, aber aus der Sicht des Speerkämpfers, stellte Erenya nun keine Gefahr mehr dar.

“Niemals! Ich werde Eri-chan zu Mizu zurückbringen. Sie ist keine Gefahr für andere mehr.”

Schützend platzierte sich Harada vor dem Mädchen und sah zu seinen Freunden, deren Gesichtsausdrücke von Verwunderung bis hin zur Belustigung alle Formen annahmen.

“Harada, du bist emotional involviert und nicht in der Lage die richtige Entscheidung zu treffen. Shinpachi… Halte ihn fest, während ich Erenya fessele.”

Schweigend nickte Shinpachi wegen Saitos Befehl und setzte sich in Bewegung.

Erenya sah, und spürte, wie der Krieger seinen Körper anspannte und sich bereit machte, ihre Freiheit mit seinen Fäusten zu verteidigen. Sie verstand aber, dass dies nicht richtig war. Freunde und Kameraden sollten nicht gegeneinander kämpfen.

‘Sag es ihnen!’

Wie ein Schrei hallte die Stimme in Erenyas Kopf wider. Sie hatte sie schon einmal gehört, damals, als sie Harada vor Koji beschützt hatte.

‘Was sagen?’

Das Mädchen war verwirrt und drückte sich sanft an Harada. Tief sog sie seinen Duft ein, der sie fast schon wie selbstverständlich beruhigte.

‘Sag ihnen, was du weißt und was nicht.’

Geschockt öffnete Erenya ihre Augen und sah zu den drei Männern, die bereit waren, sie mit Gewalt von Harada zu entfernen.

‘Was ich weiß und was nicht?’

Immer noch wusste Erenya nicht, was die Stimme meinte, doch sie ahnte, dass dies der einzige Weg war, um die Freundschaft der Männer zu retten.

“Wartet!”

Wie von selbst kamen ihr die Worte über die Lippen, als sie sich wehmütig von Harada löste und aus seiner schützenden Deckung trat.

“Ich werde mich für meine Taten bei der Roshigumi verantworten. Allerdings… kann ich es noch nicht heute. Ich muss erst zu Mizu und Lhikan. Bitte, Saito-kun, Okita-kun. Ich…”

Erenya kämpfte mit den Worten. Sie wusste nicht, wie sie sagen sollte, was ihr auf dem Herzen lag und ob es die Männer verstehen würden.

“Ich bin kein Mensch, wie ihr sicher seht. Ich weiß aber nicht wieso. Genauso wenig weiß ich, wo meine Heimat ist. Ich habe keine Erinnerung an meine Vergangenheit. Nur diese Bilder von meinem Garten und dem Kirschbaum der in voller Blüte steht, sind in meinem Kopf. Ich weiß nicht einmal mehr genau, wie ich nach Kyoto gekommen bin. Ich erinnere mich nur an ein Mädchen mit weißen Flügeln, dessen Schwert ich bei mir trage. Es gibt so vieles, das ich nicht weiß. Warum ich angegriffen wurde, oder wer dieser Mugen Koji ist. Bitte… gebt mir ein paar Tage Zeit, damit ich diese Antworten finden kann.”

Erenya wusste, was sie da sagte und ernst fixierte sie Saito, der ihr schweigend zugehört hatte. Und auch jetzt schwieg er, was Erenya verunsicherte.

“Sieben Tage. Danach stellst du dich der Roshigumi. Ich werde Hijikata-san Bericht erstatten. Harada, Shinpachi, bringt sie zu ihrer Freundin.”

Kühl wandte sich Saito von Erenya ab und lief aus der Gasse. Nur Souji blieb, der leise seufzte.

“Hajime-kun ist zu weich”, wisperte er und fixierte Erenya mit einem raubtierartigen Lächeln.

“Solltest du in der Zeit noch einmal Amok laufen, werde ich dich umbringen.”

Erenya lief ein kalter Schauer über den Rücken, als sie die Worte Soujis vernahm. Sie war froh, als er endlich ging und sie sich entspannt in Haradas Arme fallen lassen konnte.
 

Ein Tag war seitdem zweiten Massaker, das von dem geflügelten Wesen veranstaltet wurde, vergangen. Dank ihrer aufmerksamen Beobachtungsgabe, war Akazumi auch nicht entgangen, dass es sich bei dem geflügelten Wesen um Erenya gehandelt hatte. Gut genug hatte sie immerhin das Gespräch von Saito und Hijikata belauscht.

Obwohl es bereits Abend und es für das Ninjamädchen nicht mehr nötig war das Hauptquartier zu bewachen, verweilte sie auf ihrem Platz auf dem Dach und sah in den Sternen übersäten Himmel.

Ein leises Seufzen kam über die Lippen des Mädchens, dass sich allmählich wirklich fragte, was Daren mit Erenya wollte. Mit großer Sicherheit war sie nicht einmal sein Typ. Er war definitiv auch nicht ihrer, denn sie stand viel mehr auf den Speerkämpfer.

‘Ob Daren ahnt, dass sie kein Mensch ist? Was hat er vor?’

Akazumi konnte nicht abstreiten, dass sie etwas misstrauisch gegenüber ihrem dubiosen Auftragsgeber war. Doch wenn sie leben wollte, musste sie ihm Erenya auf dem Silbertablett servieren.

‘Die Frage ist nur wie? In sieben Tagen steht sie unter dem Schutz der Roshigumi. Wie soll ich das nur Daren erklären?’

Nachdenklich verschränkte sie die Arme. Es fiel ihr schon schwer zu glauben, dass dieses Mädchen kein Mensch war. Aber Saito hatte es gesehen. Demnach konnte sie ihm glauben.

“Ibuki!”

Erschrocken fuhr das Ninjamädchen zusammen, als sie die Stimmen der Roshigumi die Nacht durchschnitten.

Sofort richtete sie sich auf und lief in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Sie war froh, dass sie nun schon lange genug das Hauptquartier bewachte, denn so kannte sie jeden Winkel.

“Bist du unverletzt?”

Akazumi hielt in ihren Bewegungen inne, als sie merkte, wie nahe sie nun schon am Ort des Geschehens war. Suchend ließ sie ihren Blick durch die naheliegende Umgebung schweifen und sah schließlich einen Mann mit weißem Haar auf dem Boden liegen.

‘Schon wieder?’

Verwundert ging das Ninjamädchen in Deckung und lauschte den Männern. Sie wollte nun endlich wissen, was das für Dinger waren, die in regelmäßigen Abständen versuchten aus der Roshigumi zu fliehen.

‘Die vermehren sich wie die Ratten… Was machen die Männer hier nur? Die bringen meinen Saito in Gefahr!’

Obwohl Akazumi gerne mehr von den Geschehnissen hier erfahren hätte, erhob sie sich als die Lage etwas ruhiger wurde. Sie hatte bald ihr Treffen mit Daren und sie wollte unter keinen Umständen zu spät kommen.
 

Wie schon bei ihrem ersten Treffen, war der Treffpunkt eine kleine, dunkle abgelegene Gasse in Kyoto. Akazumi wusste, wie gefährlich es war sich hier mit einem Mann von Darens Kaliber zu treffen.

Wenn ihm etwas nicht passte, konnte er sie ganz schnell verschwinden lassen, ohne dass es irgendwelche Zeugen dafür gab. Sie war Darens Gnade vollkommen ausgeliefert.

“Schön, dass du pünktlich bist, Akazumi. Was gibt es, das du so dringend sagen willst? Ich hoffe, es ist keine Zeitverschwendung.”

Ernst sah Daren, der Gerade den Treffpunkt betrat, dass Ninjamädchen an, das schwer schluckte.

Seine Blicke waren so kalt und erbarmungslos. Er machte ihr schon jetzt deutlich, dass sie hier sterben würde, wenn sie keine Interessanten Informationen hatte.

“Es geht um das Mädchen. Ich habe bei der Roshigumi einige interessante Informationen erhalten. Vor erst… Möchte ich aber eines wissen. Warum ist dir das Mädchen so wichtig?”

Verstimmt verzog Daren das Gesicht, als Akazumi doch tatsächlich nach seinen Plänen fragte. Er verabscheute Marionetten, die er brauchte und die zu viele Fragen stellten.

“Private Gründe. Und wenn ich Hals über Kopf in sie verliebt wäre, es würde dich nichts angehen.”

Verächtlich schnaufte Akazumi aus. Sie kannte Männer wie Daren. Männer wie Daren waren unfähig zu lieben. Wenn sie etwas wollten, dann nahmen sie es sich, um ihre größenwahnsinnigen Pläne zu erfüllen.

“Dann hast du einen seltsamen Frauengeschmack. Denn das Mädchen ist kein Mensch. Du hast sicher auch von den Kriegern gehört, die von einem geflügelten Wesen abgeschlachtet wurden. Das war das Mädchen.”

Gelangweilt von Akazumis Ausführungen, verschränkte Daren die Arme und ließ ein müdes Gähnen erklingen.

“Und nun erzähl mir etwas, dass ich noch nicht weiß.”

Akazumis Augen weiteten sich, als sie Darens Worte hörte. Er hatte es also gewusst. Und wahrscheinlich wusste er auch schon, dass dieses Mädchen kein Mensch war.

‘Das ist also der Grund…’, dachte sie, denn sie glaubte nun zu wissen, warum er so hinter Erenya her war.

“Die Roshigumi weiß nun, dass sie nicht menschlich ist. In sieben Tagen wird sie sich den Männern stellen. Sie wird dann zu einer Gefangenen der Roshigumi.”

Nun war Daren doch interessiert, denn endlich sagte Akazumi Dinge, die ihn wirklich interessierten.

Für seine Pläne wäre es alles andere als gut, wenn Erenya der Roshigumi in die Fänge fiel. Sicher, er könnte das Mädchen dann rausholen, aber dazu würde er ein gewisses Mindestmaß an Gewalt aufbringen müssen.

“Ach, und noch was…. Es ist vielleicht nicht wichtig für dich, aber in letzter Zeit sehe ich so seltsame Wesen bei der Roshigumi. Sie haben schneeweißes Haar und rot glühende Augen. Und scheinbar kann die Roshigumi sie nicht kontrollieren.”

Diese Fakten waren für Daren nun doch noch interessant. Er kannte nur zwei Arten von Wesen, die weiße Haare hatten. Aber er bezweifelte, dass die Wesen die Akazumi meinte Engel oder Onis waren. Noch dazu hatten Engel orange und Onis gelbe Augen. Sie konnten es also unmöglich sein.

“Also, was willst du nun machen?”, fragte Akazumi und sah den Schwarzhaarigen fragend an.

“Du wirst mir helfen sie zu schnappen, bevor sie zur Roshigumi kommt.”

Daren hatte einen Plan und er wollte Akazumi benutzen, um ihn zu erfüllen. Schließlich brauchte er einen Sündenbock.
 

Vier Tage waren nun seit den Vorfällen um Erenya vergangen und Mizu putzte wie öfter im Hauptquartier der Roshigumi. Wie üblich konnte das Mädchen den Kriegern lauschen, die lauthals über ihre Probleme diskutierten.

Leise murrte sie, als Shinpachi über den Namen beschwerte, den die Bewohner Kyotos ihnen gaben. “Die Wölfe von Mibu”, hatte man sie getauft, wodurch deutlich wurde, dass vor allem die führenden Personen keine Männer waren, die von Samurais abstammten. Doch das betraf einen Großteil der Krieger hier. Und im Prinzip waren die Männer hier auch Wölfe. Wild, ungezähmt und herrenlos.

“Shinpachi-san, du bist anfällig genug um dir so etwas zu Herzen zu nehmen?”

Fast schon spottend antworte Souji dem Muskelpaket, das sich besonders lautstark über ihren neuen Spitznamen aufregte.

“Nicht nur ich tue das. Heisuke scheint deprimiert zu sein.”

Ein leises Seufzen kam über Mizus Lippen, als von den jüngeren Mitgliedern gesprochen wurde, die von der ganzen Situation scheinbar alles andere als angetan war.

‘Natürlich sind sie nicht begeistert. Sie sind mit der Ambition hergekommen, dass sie Helden werden und diese Stadt beschützen können. Und nun war es diese Stadt, oder viel mehr ihre Bewohner, die die Roshigumi wie Aussätzige behandelte. Wie Rônin, die genug Ehre besaßen, dass man sie beleidigen konnte.’

“Es ist so leichter herumzugehen, also was ist das Problem? Richtig, Hajime-kun?”

Erneut seufzte Mizu und schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, ob Souji einfach nur zuviel positiv dachte, oder ob er das Ganze nicht ernst genug nahm. Für sie stand jedenfalls fest, dass die Roshigumi nicht mehr viel zu lachen hätte, wenn sie weiterhin die Köpfe gefallener Rônin zur Schau stellten und Serizawa in seinem Tun keinen Einhalt geboten.
 

Mizu war froh, als sie endlich die Hälfte der Hausarbeit hinter sich hatte und nun eine Pause machen konnte.

Hungrig machte sie es sich auf der Veranda bequem und packte ihre Reisbällchen aus. Gedankenverloren biss sie in eines der Reisbällchen und sah zu dem kahlen Kirschbaum neben den kleinen Teich. Wie gerne hätte sie Erenya einen Kirschbaum im Frühling gezeigt.

“Hier.”

Leicht zuckte Mizu zusammen, als ihre Wange von einer warmen Brise berührt wurde. Fragend sah sie auf, wo sie in Haradas sanft lächelndes Gesicht sah.

“Was gibt es, Harada-kun?”

Mizu war klar, dass Harada sie nicht ohne Grund aufgesucht und angesprochen hatte. Dem Mann, der Erenya gefunden hatte, lag etwas auf dem Herzen.

“Eri-chan hat dir sicher schon erzählt was passiert ist. Ich wollte mit dir darüber reden. Ich bitte dich, bring sie von hier weg. Raus aus Kyoto.”

Die Kriegerstochter schluckte schwer, als Harada gleich mit den ernsten Dingen begann.

“Was soll das, Harada-kun? Willst du der Freundin einer Verbrecherin Hinweise zur Flucht geben?”

Ertappt zuckte der Speerkämpfer zusammen, als er Soujis Stimme hörte. Vorsichtig drehten er und Mizu sich zu der Stelle, woher sie gekommen war und bemerkte nun den zufrieden grinsenden Krieger, der nicht weit entfernt von ihnen stand.

Es war wieder eine typische Aktion Von Souji, dessen Taten Mizu immer weniger nachvollziehen konnte.

“Souji! Halt dich da raus!”

Fast schon erbost darüber, dass sein Kollege ihn und die Brünette belauscht hatte, giftete Harada den unwesentlich Jüngeren an.

“Wovor hast du Angst, Harada-kun? Erenya wird nicht lange genug bei uns bleiben. Ihr kann also nichts passieren.”

Fragend sah Mizu zu dem Speerkämpfer, der leise seufzte. Sie wusste nun also, dass er ihr gerade dasselbe hatte sagen wollen, wenn sie seine Aufforderung, Erenyas zur Flucht zu verhelfen, nicht angenommen hätte.

“Harada-san, was meint er damit?”

Sie wollte nun wissen, was das zu bedeuten hatte. Warum Erenya nicht lange genug bei der Roshigumi bleiben würde?

“Hijikata-san hat nach jemanden schicken lassen, der uns vor einiger Zeit beauftragt hatte ein Mädchen zu finden. Er hat keinen Zweifel, dass sie das gesuchte Mädchen ist und er ist froh, wenn wir diesen Auftrag erfüllt haben. Sicherlich wird uns das auch eine positive Reputation innerhalb der Bevölkerung bringen.”

Obwohl Mizu die Antwort von Harada gefordert hatte, war es wieder Souji, der ihre Frage mit einem grinsen beantwortete. Harada hätte es ganz sicher nicht ganz so provokativ wie der junge Samurai formuliert, aber nun kannte die Kriegerstochter immerhin die Wahrheit.

Doch es war eine Wahrheit, die ihr ganz und gar nicht gefiel.

“Ihr verkauft Erenya für eine positivere Reputation?!”

Ungläubig sah Mizu die beiden Männer an, während Souji nur selig grinste und sich für die nächste Provokation bereit machte. Harada hingegen sah nur gen Boden.

“Das ist doch ein Scherz! Ihr gebt Erenya doch nicht einfach so an eine Person, von der ihr nicht wisst, was sie mit ihr vor hat! Das könnt ihr nicht machen!!!”

Entsetzt machte Mizu ihren Frust darüber breit, was Erenya bevorstand, wenn sie sich erst den Männern der Roshigumi übergab.

“Das ist kein Scherz. Wir haben den Auftrag angenommen, haben Erenya nun gefunden und nun bekommen wir unseren Lohn für die Arbeit.”

Leise kicherte Souji. Er fand es süß, wie Mizu sich über so was aufregen konnte, weswegen er sie noch etwas mehr reizte und provozierte.

Und Mizu ging ihm in seine Falle. Wütend erhob sie sich und stapfte auf den Krieger zu, dem sie ins Gewissen reden wollte.

“Ihr wollt Erenya wirklich einer wildfremden Person übergeben? Ihr seid so kaltherzig, dass euch egal ist, was diese Person plant? Was wenn sie Erenya umbringen will? Seid ihr denn wirklich so treu euren Auftraggebern gegenüber, dass ihr deren Tun einfach hinnehmt und nicht hinterfragt?”

Zornig fixierte Mizu ihren Gegenüber, der ihrem Blick standhielt und weiterhin ihr niedliches, wütendes Gesicht betrachtete.

“Man nennt euch die Wölfe von Mibu, aber wisst ihr, was ihr wirklich seid? Ihr seid nur räudige Hunde, die ihren Herrchen die Hand ablecken wenn sie nach fetter Beute riecht.”

Wie schon einmal holte Mizu mit der Hand aus und ließ sie auf Soujis Wange zurasen. Doch anders als beim letzten Mal, packte Souji ihre Hand und hinderte sie an ihren Angriff.

Das Lächeln in Soujis Gesicht war verschwunden und einem ernsten, fast schon tödlichen Ausdruck gewichen.

“Auch Hunde können beißen, wenn ihre niederen Instinkte geweckt werden und man sie zu sehr ärgert. Dann beißen sie auch die Hand, die sie füttert.”

Fest hielt Souji Mizus Hand umklammert und zog sie mit sanfter Gewalt zu seinen Lippen, die sich vorsichtig auf Mizus Handinnenfläche drückten und sie liebkosten.

Unwillkürlich errötete Mizu, denn trotz seiner fast schon bedrohlichen Worte, hatte Soujis Handlung etwas Zärtliches, Liebevolles.

“Solltest du die Roshigumi noch einmal beleidigen, Mizu-chan, töte ich dich.”

Ein kalter Schauer durchzog Mizu, als Souji ihre Hand wieder losließ und an ihr vorbei lief. Ihre Wut war verraucht, doch die Verwirrtheit, die Souji ihr immer wieder bereitete, blieb auch dieses Mal.
 

So schnell wie die Sonne aufgegangen war, hatte sie die Welt des kleinen Japans auch wieder verlassen. Es war schon längst Schlafenszeit, doch in einem Haus in Kyoto brannte noch ein schwaches Licht. Es war Mizus Unterkunft, in der sie mit ihrer Freundin Erenya und Lhikan dem Händler an einem Tisch saß.

Ernst sahen sie und der Händler das Mädchen an, das stumm auf ihren Becher Tee sah.

“Nun weißt du es, Erenya. Willst du dich wirklich der Roshigumi stellen?”, fragt Mizu die ihr alles erklärt hatte.

Nachdenklich sah Erenya weiterhin auf den Becher, der noch etwas Dampf absonderte. Es passte ihr wirklich nicht, dass sie gleich nach ihrer Festnahme mit jemand mitgehen sollte, den sie nicht kannte, doch sie hatte es versprochen.

“Ja! Ich muss die Verantwortung für meine Taten übernehmen. Das habe ich Saito-kun so gesehen versprochen, als er mir diese sieben Tage gewährt hat.”

Seufzend ließ Mizu ihren Kopf auf den Tisch sinken. Gerade fand sie dieses aufkeimende Pflichtbewusstsein bei Erenya anstrengend. Sie an ihrer Stelle hätte alles Geld zusammen gekratzt und wäre heimlich im Schutz der Dunkelheit verschwunden.

“Lhikan! Jetzt bring sie bitte zur Vernunft”, murmelte Mizu leise und sah den Händler an, der gerade einen Schluck von dem Tee nahm.

Er schien selbst darüber nachzudenken, wie sie Erenya von einer Flucht überzeugen konnte. Zwar hatte Erenya nun noch drei Tage Zeit Koji zu finden und zu erfahren wer sie wirklich war, doch die Frage war, was es genau ihrer Situation ändern würde.

“Mizu hat Recht. Du solltest fliehen, solange dir noch Zeit bleibt. Diese ganze Sache ist kein Spiel Eri-chan. Solange wir nicht wissen, was für eine Person es ist, die die Roshigumi nach dir suchen lassen hat, werden wir dich ihnen nicht überlassen.”

Ein leises Seufzen entwich Erenya, als sich nun auch noch Lhikan auf Mizus Seite stellte. Irgendwo tief in ihr drin wusste sie ja, dass die beiden Recht hatten, aber aus irgendeinem Grund weigerte sie sich, auf diesen Rat zu hören. Es war so etwas wie eine Gewissheit, dass sie tun musste, was sie eben tun wollte.

“Mizu, Lhikan… Ihr vertraut mir doch, oder? Dann bitte vertraut mir besonders jetzt.”

Schweigend sahen Lhikan und Mizu das Puppenmädchen an. In ihren lilafarbenen Augen blitzte Entschlossenheit auf und obwohl der Händler und seine langjährige Freundin nicht wussten was Erenya plante, konnten sie nicht anders, als ihrer Bitte nachzugehen.
 

“Schön dass du gekommen bist, Yuki. Wer ist die Schönheit an deiner Seite?”

Charmant lächelte Koji seine alte Freundin an, als sie pünktlich zu ihrem vereinbarten Treffpunkt erschienen war.

Dafür, dass der Winter näher rückte, war heute wieder einer der schönen warmen Tage. Koji genoss diese Zeit, denn so konnte er ein letztes Mal Yuki und andere hübsche Mädchen in wunderschönen Yukatas bewundern.

“Koji!”

Leicht zuckte der Gefallene, als Yuki seinen Namen so ernst, fast schon erbost aussprach. Er fragte sich, was er nun wieder falsch gemacht hatte, dass Yuki scheinbar verstimmt war.

“Hör auf Natsu anzubaggern. Sie weiß noch nicht, wie man gefallenes Geflügel wie dich zurückweißt.”

Sanft schmunzelte Koji wegen Yukis Aussage, denn sie war wirklich niedlich, wenn dieser kleine Hauch von Eifersucht in der Luft lag.

“Ach Yuki. Keine Sorge. Selbst wenn sie hübsch ist, in meinen Träumen sehe ich doch nur dich.”

Charmant lächelte Koji den ehemaligen Schneeengel an, der leicht errötete, ihn aber immer noch böse fixierte.

“Da sind sie wieder, die Mibu-Wölfe.”

Verwundert sahen Yuki und Koji auf, als die Stimmen der Bewohner auf der Straße lauter wurden und sie von weitem die hellblauen Mäntel der Roshigumi sahen.

“Seit sie den Kopf ausgestellt haben, hat sich ihr Ruf verschlechtert. Ich finde diese Rônin mehr als bedenklich…”, wisperte Koji und verzog leicht das Gesicht.

Das er der Roshigumi seit einem Kampf mit diesem Harada nicht viel abgewinnen konnte, war nur zu deutlich zu spüren.

“Einige von ihnen haben aber ein reines Herz. Dennoch… Das Schicksal ist grausam, dass diese Männer soviel mit den Monstern zu tun haben. Ob sie Kraft genug haben um das durchzustehen?”

Ein kurzer Blick zu Yuki verriet dem Schönling, dass seine alte Jugendfreundin wirklich um die Roshigumi besorgt war. Auch wenn er es nicht nachvollziehen konnte, legte er einen Arm um ihre zierlichen Schultern und zog sie sanft an sich.

“Keine Sorgen. Sie können daran nur wachsen”, flüsterte er leise und beugte sich zu dem Haupt des Schneeengels, das er mit einem sanften Kuss bedachte.

Ihm blieb nicht verborgen, dass Yuki sich ganz leicht an ihn drückte und einen Moment lang ihrer Weiblichkeit nachgab.

“Wo ist eigentlich deine Freundin?”

Erschrocken sah Yuki sich um, als Koji merkte, dass Natsu verschwunden war. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie sich die Kitsune von ihnen entfernt hatte.
 

Mit einem verwundert fragenden Gesichtsausdruck sah Heisuke auf das Mädchen, das urplötzlich von einem Dach gesprungen und vor der patrouillierenden Gruppe der Roshigumi gelandet war.

Ganz genau betrachtete Heisuke das Mädchen. Irgendwo hatte er sie schon einmal gesehen. Die Frage war nur wo.

“Gefunden!!!”, verkündete das Mädchen stolz und umarmte Heisuke, der nun mehr als überrumpelt war.

Aus dem Augenwinkel heraus sah er auch schon Shinpachis breites Grinsen, das nur noch breiter wurde, als das Mädchen ihn plötzlich euphorisch küsste.

Überfordert wegen der Situation und wegen Shinpachi der sich sicher gerade ein paar spottende Bemerkungen ausdachte, drückte Heisuke die Fremde von sich und sah sie etwas genauer an.

“Wer ist denn deine kleine Freundin, Heisuke?”

Wie Heisuke es geahnt hatte, war Shinpachi nach diesem Erlebnis um keinen dummen Spruch verlegen. Und egal was Heisuke nun sagen würde, der Muskelprotz würde ihm nicht glauben. Viel mehr noch, er würde sicher Sano von diesem ihm überaus peinlichen Moment erzählen. Wenn das geschah, war er dem Älteren hilflos ausgeliefert.

“Oi! Shinpatsu-san… ich kenne sie nicht!”

Obwohl er wusste, dass er vergeblich war sich zu erklären, hatte Heisuke entschieden doch einen kleinen verzweifelten Versuch zu unternehmen.

“Hast du mich vergessen, Krieger-san? Wir haben uns in Shimabara kennengelernt. Du hast mir mit der Kleidung geholfen.”

Kaum, dass das Mädchen diese Worte ausgesprochen hatte, wünschte sich Heisuke, dass der Boden unter seinen Füßen sich auftun und ihn verschlucken würde. Er wollte auch nicht das breiter werdende Grinsen Shinpachis sehen. Für ihn war diese Situation ein gefundenes Fressen auf Kosten des Kleineren.

“Ich hätte dich nie für so einen gehalten, Heisuke”, stichelte Shinpachi breit grinsend.

Er wusste ja, dass Heisuke nicht so einer war, aber es machte Spaß, den Kleinen damit aufzuziehen. Das war so gesehen die Rache für den gestohlenen Fisch vom Frühstück.

“Shinpatsu-san! So ist das nicht!”

Erneut versuchte Heisuke, der um jedes Wort rang, sich zu verteidigen. Doch er kam nicht weit, denn schon hörte er die Stimme des Mädchens, dass er eindeutig noch aus Shimabara kannte.

“NATSU!”
 

Schwer atmend stützte sich Koji mit den Händen an den Knien ab, als Yuki endlich zum Stillstand gekommen war, weil sie ihre Freundin gefunden hatte. Er war dieses Gerenne einfach nicht mehr gewohnt, denn Menschenfrauen rannten nicht.

“Was hast du nun schon wieder gemacht, Natsu?”

Fragend sah Yuki zu dem Mädchen, das leicht bedrückt zu Boden sah. Sie wusste, dass sie etwas falsch gemacht hatte, denn Yuki schimpfte nur, wenn sie Fehler machte.

“Ich habe Krieger-san vom letzten Mal gesehen und wollte ihm Hallo sagen. Aber er scheint mich vergessen zu haben”, flüsterte Natsu und sah traurig zu Heisuke, der immer noch überfordert mit der Situation war.

Auch Yuki sah nun zu dem jungen Krieger und seufzte leise. Auch sie kannte den jungen Krieger und konnte es Natsu nicht verübeln, dass sie ihn, als Bekannten, einfach begrüßen wollte. Ihr blieb aber auch nicht verborgen, wie rot Heisuke im Gesicht war und ahnte, dass Natsu ihn mit ihrer Kitsune-Art vollständig in Verlegenheit gebracht hatte.

“Schau dir den armen Krieger-san an, Natsu. Was hast du nur gemacht, dass er so verlegen ist? Entschuldige dich bei ihm?”

Immer noch bedrückt sah Natsu zu Boden. Aus ihrer Sicht hatte sie nichts falsch gemacht. Sie hatte den jungen Mann immerhin nur begrüßt. Aber wenn sie Heisuke damit wehgetan hatte, musste sie sich wohl wirklich entschuldigen.

Langsam näherte sich Natsu wieder dem Jungen, den sie mit einem entschuldigenden Blick fixiert hatte. Vorsichtig ging sie auf die Zehenspitzen und hob sich so höher, damit sie sanft und entschuldigend über Heisukes Wange lecken konnte.

“Natsu!”

Fas schon verzweifelt seufzte Yuki auf, als Natsu sie auf ihre vollkommen natürliche Art entschuldigte. Sanft griff sie nach der Hand des Mädchens und zog sie von Heisuke weg. Sie mussten schleunigst weg, denn ihr fehlte jegliche Ausrede, warum das Mädchen die Wange des Kriegers ableckte.

“Koji! Komm!”

Leise seufzte Koji auf, denn er war gerade erst zum Luft holen gekommen. Kurz verbeugte er sich vor den Mibu-Wölfen, ehe er Yuki nachlief, die bereits um die Ecke in eine Seitengasse gebogen war.

Zurück blieben nur die Männer der Roshigumi. Shinpachi, dessen Blick sich nun zu Heisuke wandte, weil er ihn weiter mit dieser Begegnung aufziehen wollte, hielt aber inne, als er sah wie sein erröteter Freund sich die Wange, über die das Mädchen geleckt hatte, hielt. Er empfand es nun doch besser, nicht all zu sehr auf den Gefühlen des Jungen herumzureiten.
 

Mit ihrem Holzschwert auf den Schultern lief Chia gerade den Weg zu dem kleinen Trainingsgelände, das sich im Hauptquartier der Roshigumi befand, entlang. Es war ein seltsames Gefühl, dass sie nun hier war, obwohl die Männer am Anfang über sie gelacht hatten. Doch noch seltsamer war, dass Sannan sie persönlich eingeladen hatte, um mit den Männern zu trainieren.

‘Wenn der Sadist mich hereingelegt hat, mach ich aus ihm einen Masochisten’, brummte Chia in Gedanken und ging weiter zu dem Trainingsgelände.

Schon von weitem hörte sie die Stimmen der Krieger, die mit Schweiß und Anstrengung alles gaben um ihre Leben auch in Zukunft verteidigen zu können.

“Stell dein rechtes nach vorne. Stell das linke Bein zurück.”

Chia war froh, als sie endlich beim Trainingsgelände angekommen war. Die Männer trainierten bereits, was ihr deutlich machte, dass sie schon zu spät war.

Sicherlich würde das Ärger geben, soviel stand fest.

‘Vielleicht bekomme ich den Mädchenbonus…’, dachte sie und grinste leicht, als sie zusah, wie Saito dem unerfahrenen Ibuki die Basishaltung zeigte.

Die ganze Szene erinnerte sie irgendwie an ihre Anfänge als sie noch genauso unbeholfen war.

“Wenn du jemanden angreifst, musst du es nur mit deinem Daumen kontrollieren.”

Langsam lief Chia auf die Männer zu und wurde schließlich bemerkt.

“Du bist spät.”

Kaum, dass Chia auch nur ansatzweise nahe war, hatte Saito sie bemerkt und auf ihre Verspätung angesprochen. Irgendwie hatte Chia das ja geahnt und eigentlich gab es keine Entschuldigung für ihr Verhalten.

“Tut mir leid. Ich musste vorher noch ein paar Dinge arrangieren. Es ist aber alles geklärt.”

Obwohl Chia nun damit gerechnet hatte, dass sie Ärger bekommen würde, nickte Saito verständnisvoll und machte neben Ibuki Platz. Die Geiko verstand sofort, was sie tun sollte, weswegen sie ihr Holzschwert von der Schulter nahm und in die Grundstellung ging, die auch Ibuki angenommen hatte. Doch anders als bei dem Anfänger, musste Saito ihre Haltung nicht korrigieren, was deutlich zeigte, dass sie bereits Erfahrung hatte.

“Schwing das Schwert 1.000 Mal, Ibuki. Du 500 Mal, Chia-chan.”

Beleidigt verzog Chia das Gesicht, als sie hörte, wie oft sie in dieser Grundstellung das Schwert schwingen sollte. Sie verstand zwar, dass dies nur aus Rücksicht auf ihre Weiblichkeit geschah, aber als Kriegerin wollte sie keine Sonderbehandlung.

“1.000 Meintest du, Saito-kun?”

Charmant lächelte die Geiko den Linkshänder an, der sofort verstand, was sie ihm eigentlich sagen wollte. Stumm nickte er nur, um seines Zeichens klar zu machen, dass er verstanden hatte.
 

Abgelegen von den Trainierenden, stand Sannan, dessen beobachtende Blicke besonders der blonden Geiko galten. Er war irgendwie froh, dass das Mädchen seiner Einladung gefolgt war und nun mit Hilfe von Saito und der Roshigumi ihre Fähigkeiten verbessern wollte.

Ein Lächeln lag auf dem Gesicht des Kommandanten, als er diesen ernsten, entschlossenen Gesichtsausdruck sah. Ihm war klar, dass dieses Mädchen nicht aufgeben würde, selbst wenn ein Shinigami persönlich vor ihr stehen würde.

“Die flirtet mit meinem Saito!!!”

Verwundert sah Sannan auf, als er eine weibliche Stimme hörte, die aus unmittelbarer Nähe kam. Er war sich sicher, dass irgendjemand sich über ihm befand.

Und schließlich nachdem er sich etwas von seinem Beobachtungspunkt entfernte, sah er zu dem schwarz-maskierten Mädchen hoch. Schon allein durch ihren Kleidungsstil wusste Sannan, dass sie nicht hier war um eine Bitte an die Roshigumi schicken wollte.

“Ein Spion?!”

Ernst fixierte er das Ninjamädchen, das ihn noch nicht bemerkt hatte, weil sie zu sehr auf Chia und Saito fixiert war.

Kurz nahm der Brillenträger seinen Blick von der Schwarzgekleideten und sah zu Saito, der Chias Haltung leicht korrigierte und ganz nah an ihr stand.

“Fass sie nicht an, Saito… Sie will dich nur verführen.”

Wütend klang die Stimme des Ninjamädchens, das scheinbar einen Narren an dem Linkshänder gefressen hatte. Sannan wusste zwar nicht wieso, aber er hatte das Gefühl, dass dieses Mädchen in irgendeiner Weise eine Bedrohung darstellte, zumindest für diesen Moment.

Ganz genau sah er zu dem Mädchen, das langsam einen Gegenstand aus ihrem Ärmel in die Hand gleiten ließ.

‘Direkt angreifen wird sie nicht. Sie fühlt sich auf ihrem Standpunkt sicher. Das wird sie beibehalten. Also wird sie…’

Kaum, dass Sannan verstand, was die Fremde vor hatte, setzte er sich in Bewegung und lief auf Saito und Chia zu.

“Wie ich sehe bist du meiner Einladung gefolgt, Chia-chan.”

Als Chia Sannans Stimme hörte, hielt sie kurz in ihrer Bewegung inne und sah zu dem Brillenträger auf, der Lächelnd auf sie zu kam und erst direkt vor ihr stehen blieb.

“Bin ich. Nur fällt es mir schwer Saito-kuns Anweisungen zu folgen, wenn du im Weg stehst. Oder…”

Sanft formten sich Chias schmale Lippen zu einem Lächeln, das dem von Sannan fast schon Konkurrenz machte.

“… bist du masochistisch genug, dass du erneut von mir geschlagen werden willst?”

Fest umklammerte Chia ihr Holzschwert und erhob es etwas, um ihren Worten mehr Ausdruck zu verleihen. Doch Sannan zeigte sich unbeeindruckt und griff nach dem auf sich gerichteten Schwert.

Schon ein wenig verwundert darüber, sah Chia den Kommandanten an, der sie an sich heranzog und die Arme um sich legte.

“Ich kann dich auch mitnehmen und dir privat zeigen, wie sadistisch oder masochistisch ich bin”, flüsterte er und legte eine Hand auf den Hinterkopf der errötenden Geiko.

“Sannan-san… Wir würden gerne weitertrainieren.”

Lächelnd löste sich Sannan von Chia, als Saito ihn ernst an das gerade stattfindende Training erinnerte.

Einsichtig nickte er und sah Saito mit einem entschuldigenden Blick an.

“Pass gut auf Chia-chan auf, Saito-kun.”

Genauso unerwartet wie der Brillenträger gekommen war, ging er wieder, doch sein Blick war leicht gen Himmel gewandt. Er sah zu dem klaren Blau, was Chia ein leichtes Lächeln abrang.

‘Mit diesem Blick würde er seine Feinde mehr verängstigen als mit seinem diabolischen Lächeln’, dachte die Geiko und ging wieder in die Angriffsposition, die Saito ihr gezeigt hatte.
 

Deprimiert saß Akazumi auf ihren üblichen Beobachtungsposten und starrte zu der Tür, die zu Saitos geheiligten Schlafbereich führte. Schon oft war sie im Geiste durch diese Tür gegangen und hatte sich neben den Linkshänder gelegt und ihm beim Schlafen zugesehen.

Leider würde dies wohl aber ein Traum bleiben, denn es gab keine Chance, dass sie sich Saito offenbaren konnte. Zumindest nicht jetzt, wo sie nur auf ein Zeichen von Daren wartete, um ihren Teil des Auftrages zu erfüllen.

‘Nur noch zwei bis drei Tage… Dann liefert sich das Mädchen aus und ich werde Saito nicht mehr sehen’, seufzte das Ninjamädchen in Gedanken und starrte zu der Tür.

‘Bitte, Saito. Komm raus. Zeig dich mir!’

So, als könnte Saito ihre Gedanken hören, flehte das Mädchen darum, dass ihr Geliebter sein Zimmer wieder verließ und sie sein göttliches Antlitz weiter bewundern konnte.

“Du brauchst nicht zu erwarten, dass Saito-kun vor dem Abendessen oder seiner nächsten Aufgabe das Zimmer verlässt. Er wird nun sein Schwert polieren.”

Erschrocken zuckte Akazumi zusammen, als sie plötzlich diese kalte Stimme vernahm, die eindeutig sie angesprochen hatte.

‘Unmöglich…’

Langsam und vorsichtig sah Akazumi von dem Dach runter in den Hof, wo der brilletragende Kommandant der Roshigumi stand und sie ernst fixierte. Es gab keinen Zweifel mehr. Man hatte sie entdeckt. Die Frage war nun, was sie tun sollte.

“Wer bist du? Und was machst du hier?”

Direkt wie immer kam Sannan auf den Punkt. Weiterhin durchbohrte sein Blick das Ninjamädchen, von dem er nicht wusste, was sie tun würde.

Sie hingegen wusste, was tun würde, wenn sie sich als Feind offenbarte, denn seine Hand lag Kampfbereit auf dem Griff seines Katanas.

“Du hast sie also auch entdeckt, Sannan-san.”

Kalter Schweiß brach bei Akazumi aus, als sie eine weibliche Stimme unmittelbar neben sich hörte.

Fassungslos sah das Ninjamädchen neben sich, wo die Geiko mit gezogenem Kodachi stand und dieses auf sie gerichtet hatte.

“Wie habt ihr…?”

Für Akazumi war es absolut unklar, wie das sein konnte. Sie war immer vorsichtig gewesen und nun hatten sie gleich zwei Menschen entdeckt.

“Parfüm, egal wie stark oder schwach es ist, rieche ich zehn Meilen entgegen den Wind. Leider hat Sannan-san mich vorhin daran gehindert dich weiter zu provozieren, damit du dich verrätst.”

Stumm lauschte Sannan der Erklärung der Geiko und musste schmunzeln. Er hatte sie vor dem geplanten Angriff des Ninjamädchens beschützen wollen, weil er gedacht hatte, dass diese nichts von der drohenden Gefahr bemerkt hatte. Doch in Wahrheit hatte Chia Akazumi provoziert, damit auch die anderen Krieger ihren Spion bemerkten.

“Du wirst von Mal zu Mal interessanter, Chia-chan.”

Lächelnd zog nun auch Sannan sein Schwert. Nun war er sich sicher, dass die Spionin nicht entkommen konnte, denn das Dach war von Chia abgeriegelt, wogegen er den Boden zur Fluchtmöglichkeit abdeckte.

“Also, wer bist du? Und was willst du hier?”

In die Enge getrieben, sah Akazumi von dem Kommandanten zu der Geiko, die beide bereit waren einzugreifen, wenn sie auch nur eine Bewegung machte. Allerdings durfte und konnte sie auch nicht verraten wer sie war und was sie machte.

“Dein Ruf ist viel zu gut. Ich habe schon lange nicht mehr so einen stümperhaften Ninja gesehen.”

Ein kalter Schauer lief Akazumi über den Rücken, als sie Darens Stimme vernahm. Suchend schweifte ihr Blick über das Dach und schließlich entdeckte sie den Schwarzhaarigen hinter Chia, deren Augen sich angsterfüllt weiteten.

“Chia-chan! Verdammt! Wer bist du? Ein Freund von dem Mädchen?”

Selbst Sannan, der vom Boden aus das ganze Dach im Blick hatte, hatte den Mann nicht bemerkt, der Chia packte und ihr sein Schwert an die Kehle hielt.

“Freund? Nein. Vielmehr bin ich ihr Auftragsgeber und bald der Grund für den Untergang von euch Menschen und dem Geflügel. Wenn du nicht willst, dass dieser Geiko was passiert, dann solltest du mein Fußvolk gehen lassen.”

Obwohl es eine gewisse Entfernung zwischen Daren und Sannan gab, bemerkte der Brillenträger, dass der Mann es ernst meinte und er durfte keinesfalls Chias Leben gefährden.

Seufzend steckte er sein Schwert wieder weg, was Akazumi als ihre Chance wahrnahm und sie zur Flucht über den Hof nutzte.

“Weise Entscheidung. Nutzt diese geschenkte Zeit klug. Viel werdet ihr davon nicht mehr haben.”

Grinsend ließ Daren seine Geisel los, die sofort ihr Schwert schwang und versuchte ihren Geiselnehmer zu treffen, doch so schnell wie er aufgetaucht war, war Daren auch schon wieder verschwunden.
 

“Warum dieses Lächeln?”

Neckend drang Haradas Stimme zu Ibuki vor, der gerade an die Maiko dachte, die im Sturm sein herz erobert hatte.

“Hä?”, fragte er verwirrt nach, denn er selbst hatte nicht bemerkt wie sich ein Lächeln auf seinem Gesicht abgezeichnet hatte.

“Hast du an die Maiko von damals gedacht?”

Fast schon überrascht von Haradas unfassbarer Auffassungsgabe, errötete Ibuki und stritt ab, dass der Krieger mit seiner Vermutung richtig lag. Schnell hatte er sich auch eine Ausrede zurechtgelegt, die nicht einmal er glaubte, weil sie ein halbes Zugeständnis war. Noch dazu konnte er Harada nichts vormachen, denn in Sachen Frauen und Liebe schien er der Experte der Roshigumi zu sein.

“Was willst du machen?”

Ibuki wusste nicht, woher diese Frage so plötzlich kam. So wirklich hatte er noch nie darüber nachgedacht, weswegen er Harada nur sagen konnte, dass er es selbst nicht wirklich wusste.

“Nun, denk gut darüber nach!”

Mit einem sanften, aber schmerzvollen Klaps bedachte Harada den Jüngeren, ehe er zum Fluss sah, der leicht im Sonnenlicht glitzerte.

Und obwohl er eigentlich gut gelaunt war, verfinsterte sich seine Miene plötzlich, als er eine bekannte, weibliche Silhouette wahrnahm.

“Geht schon mal vor, ich komme gleich nach!”, verkündete Harada und löste sich, trotz seiner Pflicht aus der Einheit.

Schnell lief der Krieger zu dem Flussbett, wo er Erenya stehen und ins Wasser starren sah. Er machte sich Sorgen um das Mädchen, denn bald würde sie der Roshigumi ausgeliefert werden und ihre Freiheit verlieren.

“Eri-chan?”, flüsterte er leise um sich dem Mädchen bemerkbar zu machen.

Doch obwohl sie ihn gehört hatte, sah sie ihn nicht an. Sie sah einfach nur in ihr Spiegelbild.

“Bald ist meine Zeit abgelaufen. Und ich weiß immer noch nichts über mich. Selbst wenn ich mein eigenes Spiegelbild sehe, erkenne ich nur eine fremde Frau, über deren Leben ich nichts weiß. Wie sah ich als Kind aus? Wie waren Mama und Papa… Ich weiß nichts von alledem. Es fühlt sich an… als hätte ich plötzlich angefangen zu existieren.”

Schweigend hörte Harada dem Mädchen zu. Auch er wusste so gut wie nichts über das Mädchen, das einen wichtigen Platz in seinem Leben eingenommen hatte. Doch ihre Vergangenheit war für die Gegenwart nicht wichtig. Zumindest nicht für ihn.

“Dann… Schaffe dir doch jetzt Erinnerungen, die du in der Zukunft nicht vergisst. Ich meine, es ersetzt nicht deine Vergangenheit, aber ist das hier und jetzt nicht viel wichtiger? In kürzester Zeit hast du so viele Menschen getroffen, du hast Freundschaften geschlossen und einfach gelebt. Was könnte die Vergangenheit daran ändern? Du wirst für mich und für andere immer die Eri-chan bleiben, die nicht kochen kann, die sich für ihre Freunde einsetzt und gerne mal ein Mysterium ist.”

Lächelnd sah Harada zu Erenya, die von ihrem Spiegelbild aufsah und den Krieger mit ihren amethystfarbenen Augen ansah.

“Würdest du die Erenya der Vergangenheit mögen?”

Ernst sah das Mädchen zu dem Krieger, der sich nun ganz zu ihr drehte und ihr sanft eine Hand auf die Wange legte.

“Wer weiß. Ich weiß aber, dass ich die Erenya der Gegenwart mehr als nur mag.”

Ein leichter roter Schimmer legte sich auf Erenyas Wange, als sie ihr erstes und wohl schönstes Liebesgeständnis von dem Krieger erhielt, der über diese kurze Zeit, die sie sich kannten, soviel Menschlichkeit in ihr geweckt hatte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und wieder einmal näheren wir uns dem Ende ein Stück mehr. Irgendwie war dieses Kapitel anstrengend. Wenn auch teilweise spannend. Ich mag ja persönlich die Szene mit Souji und Mizu. Ich bin mir aber immer noch nicht sicher, ob die beiden sich lieben oder hassen.
Was Heisuke und Natsu angeht. Ich hab mich so geärgert. Die Szene ist längst nicht so gut wie in meinem Kopf. Aber naja.
Freut euch auf Kapitel 9 das ich schon jetzt liebevoll das Akapitel nenne. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2013-06-07T23:03:01+00:00 08.06.2013 01:03
Da hat Erenya aber Glück gehabt das sie, obwohl sie nen haufen Leute gnadenlos abgemetzelt hat, noch einmal 7 Tage Zeit bekommen hat um sich zu stellen. Keiner weiß doch was über sie. es hätte auch alles gelogen sein können und 7 Täre hätten locker gereicht um sich aus dem Staub zu machen...

... aber ich vermute mal sie haben sie Erlichkeit in Erenyas zuckersüßen und liebevollen Augen erkannt und wusten deshalb das sie nicht abhauen wird :)
Von:  Miss-Tony-Prime
2013-04-01T23:46:33+00:00 02.04.2013 01:46
Souji und mizu, souji und mizu *sing*
das mehr romantik in die geschichte kommt finde ich toll!
ich verliebe mich immer mehr in die ff
und hoffe Eri schafft es >.<
Von:  _Natsu_
2013-04-01T15:18:20+00:00 01.04.2013 17:18
Das Kapitel hab ich ja schon anderswo gelesen und ich finds wie immer einfach nur wundervoll >///<
Die Szenen die du dieses Mal beschrieben hast, fand ich seltsamerweise spannender als die im letzten Kapitel
Dieses Mal war viel mehr Romantik im Spiel und zu lachen hatte man meiner Meinung auch genug ^-^

Ich finds so toll, wie du die Jungs beschreibst
und wie originalgetreu du sie immer wieder umsetzt, ich bin verliebt in diese FF *///*
Sannan und seine blonde Geiko passen ja wie die Faust aufs Auge zusammen
*fähnchen schwenk*
die kleine Andeutung von Sannan fand ich so gut gesetzt, dass es mir ein leises Lachen entlockt hat, der Inhalt war ja mal mehr als verführerisch XD
Naja ich hätte wohl eher die Flucht ergriffen, aber du kennst ja mein Standpunkt zu Sannan-san *lacht*
Nya Natsu und Heisu sind zusammen Zucker, das arme Kitsune Mädchen kennt noch nicht viel was die Sitten der Menschen betrifft, wie mir scheint, aber das macht sie so sympathisch
(nein nicht nur wegen der Namensverwandtheit mag ich sie xD ich liebe flauschige Öhrchen und Schweife bei weiblichen Charas >///<) Sie ist sehr naiv und wie mir scheint wird sie auch zügig schüchtern~ Ich denke, wenn sie bis versteht, dass ein Kuss bei Menschen was anderes heißt, wird sie sich vor Scham nicht mehr auf die Straße trauen XD Oder sie wird versuchen sich richtig bei Heisuke zu bedanken XD *lacht* Nicht, dass der arme Mann sich demnächst auch mal mit einem Kuss bei ihr bedankt x'DDDD
Eri und Sano sind ebenfalls pures Zucker x3
Es ist so niedlich, wie sehr sich Sano um Eri-chan kümmert und wie liebevoll und geduldig er mit ihr umgeht. Sein Kuss war wirklich niedlich x333~ kam mir so vor wie der Ritter auf seinem weißen Schimmel, der die holde Maid gerettet hat xDDD (falscher Chara, das weiße Ross gehört dem Mondhäschen XDDD der aizu-clan sollte demnächst auch dieses mal sponsorn für den Prinzen XDDDDDD)

Hng~ viel weiß ich zu auch nicht mehr sagen
bloß dass du schnell weitertippen sollst XD
Ich will mehr Romantik, Comedy und irgendwann Herschmerz XDD (Drama Baby, Drama!)
Aber so langsam erkennt man wie sich die Pärchen formen, die einen sind es schon, bei den anderen kommt es bloß langsam voran und bei weiteren ist es noch sehr zögerlich und unsicher
findch toll x3~

Also schreib so schnell du kannst XDDD
auf dass deine Finger brennen werden, muahahahahahahaha~ XDD (dafuq? XD)
Okay, dat Natsu verabschiedet sich lieber mal~
*knuddel*

Natsu
Antwort von:  Erenya
01.04.2013 18:58
Drama kommt im nächsten Kapitel sind immerhin nur noch 4 und langsam wendet sich ja alles auf das Finale zu.


Zurück