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Mr Trumble

von

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Prolog

Die Anspannung wollte immer noch nicht nachlassen. Dabei hatte ich doch jetzt eigentlich das Schlimmste überstanden. Sie wussten Bescheid. Es war raus. Eigentlich müsste ich doch sogar froh sein. Das Versteckspiel war nun endlich vorbei und ich musste meine Eltern nicht mehr anlügen. Doch ich spürte keine Erleichterung. Nur das schwere Drücken in der Magengegend – mein schlechtes Gewissen.

Da konnte ich problemlos monatelang meinen Eltern etwas vorspielen, doch jetzt wo es raus war, fühlte ich mich schlecht und bereute es. Offensichtlich ist doch etwas von ihren Moralpredigten hängen geblieben.

Ich versuchte mir alle Vorteile aufzuzählen, dass ich nun endlich nicht mehr mit der Lüge leben musste. Leider war die Summe ehr kläglich. Sicher war es immer besser die Wahrheit zu sagen. Wenn ich denn wenigstens das getan hätte. Aber ich hab es nicht übers Herz gebracht. Wochenlang, nein monatelang habe ich darum gebettelt im Ausland studieren zu dürfen. Dann hatten sie endlich zugestimmt. Das war wohl der glücklichste Moment in meinem Leben. Voller Vorfreude habe ich meine Bewerbungen geschrieben und war noch glücklicher, als ich an der Middlesex University angenommen wurde. Ich habe mir eine Wohnung gesucht, und meine Flüge gebucht. Meine Eltern waren sogar so freundlich, mich bei den Kosten zu unterstützen, damit ich mich ganz auf mein Studium konzentrieren konnte. Erst im Nachhinein wird mir klar, welchen Nachteil ich dadurch habe.

Die ersten zwei Semester war ich auch wirklich euphorisch. Ich besuchte jede Lesung und verbrachte meine Freizeit fast nur in der Bibliothek. Regelmäßig konnte ich meinen Eltern erzählen, wie ich von den Professoren gelobt wurde. Ich hatte zwar nicht viele Freunde gefunden. Wenn ich genau war, gab es nur diese eine Frau, Julie, die sich in der Mensa auch mal zu mir gesetzt hat. Ich wusste, dass sie sonst nicht sonderlich gemocht wurde. Das konnte wohl an ihrem Äußeren liegen, aber auch sonst war sie etwas anders. Sie hatte starke Akne und trug nur Kleidung, die eher meine Oma anziehen würde, als eine junge Studentin. Außerdem spuckte sie manchmal beim Reden. Doch auch ich war nicht gerade ein Menschenmagnet. Ich hatte schon immer Schwierigkeiten damit gehabt auf fremde Menschen zu zugehen. Ich tat es nur, wenn es sein musste, wirkte aber auch dann alles andere als selbstsicher.

Ich war also durchaus dankbar für Julies Gesellschaft.

Die Probleme fingen erst an, als ich Greg kennenlernte. Greg war rein äußerlich der typische Aufreißer-Typ, eben ein echter Sonnyboy. Ich lernte ihn in einem Restaurant kennen, in dem er kellnerte. Und mit kennenlernen meine ich, dass ich frontal in ihn hinein gelaufen bin. Ich kam gerade von der Toilette, als mein Handy klingelte. Aber anstatt stehen zu bleiben, während ich es in meiner Handtasche suchte, ging ich weiter. Es kam wie es kommen musste. Ich übersah ihn, er war dabei einen Tisch abzuräumen, zwei Teller gingen zu Bruch. Es war mir so unendlich peinlich gewesen, doch er lachte einfach. Ein wirklich traumhaftes Lachen.

Nie im Leben hätte ich gedacht, das so jemand, der wahrscheinlich einen Haufen Freunde und vor allem viele Verehrerinnen hatte, mich interessant finden könnte, aber er wollte mich trotzdem kennenlernen. Es fing damit an, dass er mich auf einen Kaffee einlud und wir einfach nur quatschten. Doch danach wollte er mich wiedersehen. Wir trafen uns immer wieder. Es war einfach großartig und ich genoss die Zeit. Ich erfuhr, dass er in dem Restaurant nur jobbte, sonst aber hauptsächlich an seiner Musik arbeitete. Er hatte also wirklich nicht viel Geld, aber eine Menge Charisma. Irgendwann hat er mich auch seinen Freuden vorgestellt, die mich wirklich freundlich aufnahmen. Ich glaube nicht, dass irgendeiner der Leute sich freiwillig mit mir abgegeben hätte, wenn ich nicht mit Greg befreundet gewesen wäre. Doch zu dem Zeitpunkt hat mich das natürlich nicht interessiert. Ich traf mich fast täglich mit ihnen, denn sie hatten immer irgendeine Idee, was man tun könnte. Sicher litt auch mein Studium darunter, dem ich nun nicht mehr so viel Aufmerksamkeit widmete. Doch ich dachte mir: „Was soll´s. Ich bin jung, da werd ich doch wohl mal ein bisschen Spaß haben dürfen.“

Seine Clique hat mich gut aufgenommen und auch immer wieder mal gefragt, ob ich etwas mit ihnen machen wollte, aber mit keinem verbrachte ich so gerne Zeit, wie mit Greg. Er war lustig und aufmerksam, bloß wollte er nie mehr von mir. Oft bekam ich mit, dass er am Wochenende irgendwelche Mädchen abschleppte. Seine Freunde machten sogar regelmäßig Witze darüber. Niemand merkte, wie sehr mich das verletzte, am wenigsten Greg.

Er ging mit mir um, als wären wir schon seit Jahren befreundet, aber eben nur befreundet. Daher habe ich mich nie getraut, ihm zu sagen, dass ich mich in ihn verliebt hatte.

Wie naiv war ich auch, wenn ich glaubte, so jemand wir Greg würde etwas von einem Mauerblümchen, das ich ja nun einmal war, wollen. Er hatte eine so leuchtende Persönlichkeit, dass alles neben ihm verblasste. Ich war so fasziniert von ihm. Er zog mich an wie das Licht die Motte. Das Schlimme war nur, dass ich es nicht merkte.

Ich machte meine ersten Erfahrungen mit Drogen, wie Haschisch. Ich trank auf Partys immer mehr, als ich vertrug. Mich störte es nicht mal mehr, wenn ich zu Vorlesungen zu spät kam oder gar nicht mehr hinging. Es gab in meinem Universum nur noch Greg.

Julie hatte sicherlich versucht mir zu helfen und sagte mir, dass er mir nicht gut tat. Aber ich wollte natürlich nicht auf sie hören. Ich musste erst richtig auf die Schnauze fallen, bis ich es merkte.

Da ich immer noch hinter Greg her war, versuchte ich seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Ich trug Röcke, die ich vorher immer für zu kurz gehalten habe und habe mich nur noch darum gekümmert, wie ich aussah. Aber auch mein Charakter hat sich verändert. Ich sagte ja, dass ich vorher immer ganz schüchtern gewesen war und nicht so recht aus mir heraus kam. Aber seit ich mit Gregs Clique abhänge, habe ich irgendwie mehr Selbstvertrauen. Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich es. Nur eben nicht immer auf die nette Art und Weise.

Erst jetzt im Nachhinein wird mir klar, wie bescheuert ich mich verhalten habe. Meine Eltern hatten mit der Faust ordentlich auf den Tisch gehauen, sowohl wörtlich aus auch bildlich. So sauer waren sie noch nie auf mich gewesen. Wobei ich auch noch nie zuvor, so etwas angestellt hatte. Und auf dem Rückflug hatte ich genügend Zeit, um darüber nachzudenken.

Zum Beispiel wie bescheuert es von mir war, nicht mal beim Besuch bei meinen Eltern meine alten Sachen wieder anzuziehen, als würden sie den Unterschied nicht bemerken. Natürlich haben sie mich auch direkt darauf angesprochen. Ich habe es versucht einfach abzutun. Ich wusste auch nicht, dass es ihnen zu diesem Zeitpunkt bereits klar gewesen ist. Aber genau an diesen einen Vormittag im Sommer, nur vier Stunden, bevor ich ankam, brachte der Postbote die verhängnisvolle Nachricht. Es war doch klar, dass es irgendwann auffliegen würde. Ich war schon solange nicht mehr an der Uni gewesen, dass ich auch nicht mehr offiziell als Studentin galt. Meine Abmeldung habe ich sogar noch selber unterschrieben. Aber meine Eltern wussten nichts davon und haben weiter das Geld an die Uni überwiesen.

Wieso konnten die sich nicht einfach darüber freuen, das Geld behalten und die Klappe halten. Nein, sie haben natürlich ein Schreiben an meine Eltern geschickt.

Ich habe noch am selben Tag einen Rückflug gebucht. Ich konnte meinen Eltern nicht mehr unter die Augen treten. Dabei tat es mir nicht leid, um das Geld, lediglich dieser eine Moment, als meine Mutter mich mit so viel Enttäuschung angesehen hatte, dass es mir das Herz zerriss.

Ich war am Ende. Ich sagte ihnen, dass ich in London bleiben wollte. Verständlicherweise wollten sie mir kein Geld mehr zur Unterstützung geben. Jetzt war ich wirklich zum ersten Mal auf mich selbst gestellt.
 

Eigentlich war das gar nicht das Ende, sondern der Punkt, an dem alles anfing.

So stand ich also in meinem Minirock, mit verheultem Gesicht und verstoßen am Flughafen in Dartford. Um möglichst günstig nach London zu kommen, musste ich hier einen Halt einlegen. Doch nun erfuhr ich auch noch, dass ich auf den nächsten Flieger vier Stunden lang warten musste, weil die Fluggesellschaft irgendetwas nicht auf die Reihe bekommen hat. Es war einfach nicht mein Tag. Oder besser gesagt Nacht. Mittlerweile war am Flughafen der größte Ansturm vorbei. Es hatten wohl nicht viele Leute Lust über Nacht zu fliegen. Der einzige Vorteil bestand momentan darin, dass ich einen Platz in der Ersten Klasse bekommen hatte, ohne dass ich die Mehrkosten zahlen musste. Immerhin war es die Schuld der Fluggesellschaft, dass ich hier immer noch rumhing.

Da ich kaum Geld in den Taschen hatte suchte ich mir nur eine Toilette am Flughafen, wo ich mein Gesicht waschen konnte. Ich kämmte mir meine Haare, um das ganze Haarspray rauszubekommen und band sie mir hinterher zu einem Zopf zusammen.

Nach so langer Zeit, sah ich mich zum ersten Mal wieder. Ganz ohne Schminke fand ich mich auf einem Flughafenklo in Dartford.

Ermattet suchte ich mir eine Bank und wartete nur noch darauf endlich in den Flieger zu kommen. Ich überlegte mir, wie es weitergehen sollte. Ich brauchte einen Job, denn sonst könnte ich meine Wohnung nicht mehr bezahlen. Vielleicht war es besser erst mal, woanders unterzukommen. Ich zog mein Handy heraus und rief bei Greg an, doch der ging gar nicht ran. Na toll, jetzt wo ich ihn brauchte. Wenigstens Julie erreichte ich.

„Julie, gut das du da bist. Ich steck in der Klemme und wollte fragen, ob du mir vielleicht helfen könntest.“
 

Nicht jeder Freund ist gleich. Es gibt solche, mit denen man jede Menge Spaß haben kann und solche, die auch noch für einen da sind, wenn der Spaß vorbei ist. Das weiß auch ich jetzt. Julie sagte mir direkt zu, dass ich ruhig bei ihr wohnen könnte. Sie hätte eine Schlafcouch und würde sich sogar freuen. Ich war ihr so dankbar. Aber warum konnte ich nicht schon vorher auf sie hören? Warum musste ich es bis zum Äußersten ausreißen?

Als ich in das Flugzeug stieg setzte ein Regen ein, doch zum Glück nicht sehr stark. Das wäre ja wohl noch schöner. Aber so viel Pech konnte dann wohl nicht einmal ich haben. Dachte ich. Kurz nach mir, kam mein Sitznachbar. So ein Mann, wie ihn jeder schon einmal gesehen hat. Aber nur von dem Cover eines Hochglanzmagazines. Und ausgerechnet der setzte sich nun neben mich. Vorher wollte ich einfach nur zurück. Jetzt aber fühlte ich mich noch unwohler in meiner Haut. Er trug einen klassischen Anzug und ich meinen schulmädchenhaften Faltenrock. Ich kam mir so billig vor. Und in meinem Koffer lag der Pulli den ich letztes Weihnachten von meiner Mutter bekommen hatte und eigentlich doch total schön war. Trotzdem hatte ich ihn noch kein einziges Mal angehabt. Er hatte nun mal keinen Ausschnitt. Wie hätte ich denn damit Greg rumkriegen sollen. Nicht dass das jemals geklappt hätte. Ich zog meinen Rock weiter nach unten und sah schnell wieder weg, als der Mann einmal zu mir herüber sah. Jetzt hatte er mich auch noch dabei erwischt, wie ich ihn angestarrt hatte. Doch aus dem Augenwinkel bekam ich mit, wie er offensichtlich kein Problem damit hatte, mich ausführlich zu begutachten. Ich hörte nur ein abschätzendes „hm“ und dann wendete er sich ab und ließ seinen Blick auf die Tageszeitung in seinen Schoß fallen.

Mein Kopf fing an sich zu überlegen, was es wohl für eine Art von Mann war. Er war definitiv ein paar Jahre älter als ich. Ich glaube nicht, dass er noch studierte. Auch sein Anzug war viel zu schick und zu teuer für einen Studenten. Es sei denn er hatte viel Geld. Doch das musste er so oder so haben. Ich schielte auf seinen Schoß. Er hatte den Wirtschaftsteil aufgeschlagen. Also ein Geschäftsmann. Vielleicht ein Banker. Dann war er bestimmt geschäftlich unterwegs.

Doch ich konnte meine Gedanken nicht lange zusammen halten. Sie glitten schon wieder ab und landeten bei Greg. Was er wohl gerade machte? Da es Freitagnacht war, lag er wahrscheinlich mit irgendeiner dahergelaufenen Tussi im Bett. Oder er war noch auf einer Party. Vielleicht zog er gerade an einem Joint. Vielleicht dachte er gerade an mich.

Nein, wahrscheinlich nicht.

Warum wollte er mich bloß nie? Egal was ich getan habe, es waren immer die anderen, mit denen er abgezogen ist.

Ich musste mich unbedingt ablenken, sonst würde ich nachher noch wieder anfangen zu heulen.

Ich sah wieder hinüber zu dem schicken Geschäftstypen.

„Na, waren sie geschäftlich in Dartford?“, fragte ich fröhlich.

„Nein, ich habe meine Großmutter besucht.“ Ok, das war ganz offensichtlich sarkastisch gemeint, aber hörte ich da etwa auch einen Hauch Verachtung in seiner Stimme? Na toll, darauf konnte ich verzichten. Versuchte ich mich eben anders abzulenken. Nur womit?

Als hätte er es geahnt rief genau in diesem Moment Greg an. Mein Herz fing wieder an zu pochen.

„Hey, du hast versucht mich anzurufen? Was gibt’s denn?“ Er klang ein wenig bekifft, aber sonst noch recht wach.

„Ich bin gerade auf dem Rückweg nach London. Es läuft zurzeit nicht so super. Ich brauche dringend Geld. Hättest du vielleicht eine Idee, wo sie noch jemanden suchen? Brauchen sie bei euch im Restaurant noch jemanden?“

„Oh, tut mir leid, dass sieht schlecht aus.“

„Könntest du nicht wenigstens mal nachfragen?“

„Nein, tut mir ja echt leid. Wir brauchen nicht noch mehr Leute“, sagte Greg, wobei er klang als wollte er mich abwimmeln.

„Schade.“ Ich war wirklich enttäuscht. Wieso wollte er mir denn nicht helfen? Ich sagte, dass ich Probleme habe, und er fragt noch nicht mal, was los ist. So stoned kann man doch gar nicht sein. Scheint mir eher als wäre es grundsätzliches Desinteresse.

„Ja, echt. Du ich muss Schluss machen. Man sieht sich.“ Schon hatte er aufgelegt. „Oder auch nicht“, dachte ich noch. Wütend packte ich mein Handy wieder weg. Was für ein Arschloch. Wann war ich ihm denn so egal geworden?

Ich wollte mich ablenken und sah aus dem Fenster, aber man konnte nicht mehr als ein paar leuchtende Punkte erkennen. Nicht besonders spannend. Mit dem Typen zu meiner Linken musste ich gar nicht erst versuchen ein Gespräch anzufangen. Ich hatte nichts zu lesen dabei. Super! Als ließ ich mich einfach tiefer in meinen Sitz sinken. Dadurch rutsche mein Rock weiter nach oben. Schnell zog ich ihn wieder runter, bevor noch der Typ wieder rüber sah. Dieser Flug konnte gar nicht schnell genug vorbei sein.
 

Es dämmerte mittlerweile bereits, als ich vor dem Gepäckband stand. Ich hoffte, dass Julie schon wach war, wenn ich gleich zu ihr kam, um meine Sachen abzuliefern. Ich sah in die Richtung, aus der die Koffer kamen. Dabei fiel mir jemand besonders ins Auge. Der Typ aus dem Flugzeug stand dort und sah zu mir herüber. Allerdings ohne irgendeinen Ausdruck im Gesicht, den ich hätte deuten können. Er war doch ein ziemlich seltsamer Kauz.

Da endlich kam meine Reisetasche auch an. Ich hievte sie vom Band. Mist, jetzt hatte ich so einen Rollwagen nicht mitgenommen, dabei war die Tasche so schwer. Vor allem, da ich mittlerweile vollkommen übermüdet war und einfach keine Kraft mehr hatte. Suchend sah ich mich um, ob hier vielleicht irgendwo so ein Ding rumstand. Da sah ich auf einmal, wie dieser Typ genau in meine Richtung ging. Ach, der würde eh an mir vorbei gehen… aber… warum lächelte er mich jetzt so schief an. Oh Gott, er kam doch genau auf mich zu. Schnell sah ich mich noch einmal um, ob nicht vielleicht doch jemand neben mir stand. Vielleicht noch so ein Anzugträger. Nein, nichts zu sehen. Er musste wirklich mich meinen.

Er stellte sich direkt vor mich hin. Lediglich meine Tasche hielt ihn noch etwas auf Abstand.

„Es tut mir sehr leid, dass sagen zu müssen, aber ich habe vorhin Ihr Gespräch mitbekommen.“ Es lächelte immer noch freundlich. Doch bei mir läuteten bereits alle Alarmglocken. Tat es ihm nun leid, dass er zugehört hatte oder, dass er mir das sagte? In meinen Augen war das ein entscheidender Unterschied. Außerdem, was konnte er schon für einen Grund haben, mich hier einfach so anzusprechen. Es schien mir nur gerechtfertigt misstrauisch zu sein.

„Sie sagten, Sie würden einen Job brauchen.“

„Es scheint mir ziemlich unhöflich anderer Leute Telefongespräche zu belauschen. Haben deine Eltern dir so etwas nicht beigebracht?“, bluffte ich ihn an.

„Außerdem sagte ich, ich bräuchte Geld. Arbeiten wäre nur zweckgebunden und ist wohl schwer zu umgehen. Wenn du das schon machst, dann sei auch genau. Ich werde nicht gerne falsch zitiert.“ Ich weiß, das war ganz schön patzig und unhöflich von mir. Aber wenn es eins ist, dass ich in den letzten Monaten abseits der Uni gelernt habe, dann dass man sich so am einfachsten Leute vom Hals halten kann. Nur bei meinem Gegenüber wollte es nicht so recht funktionieren. Er lächelte immer noch. Wobei seine Augen irgendetwas anderes sagten. Dieser Mann war eindeutig nicht einfach nur freundlich zu mir. Er hatte einen Hintergedanken dabei.

„Wie dem auch sei. Ich hätte da vielleicht ein Angebot für Sie. Ich brauche dringend eine neue Assistentin.“

„Was ist denn mit der alten passiert?“, fragte ich, wobei ich meine Augen zu schmalen Schlitzen zusammenzog. Es mag daran liegen, dass mein Kopf nicht mehr ganz wach ist, aber dieser Typ schreit doch gerade nach Vergewaltiger. Das bilde ich mir doch nicht nur ein. Wahrscheinlich lag seine alte Assistentin irgendwo aufgeschlitzt im Wald.

„Ja genau, ein Vergewaltiger, der aussieht wie ein Model, einen Anzug trägt und zudem nur freundlich zu dir war. Die trifft man ja oft“, mischte sich eine andere Stimme in meinem Kopf mit ein. Nun ja, das erste Mal im Flugzeug schien er ja mehr genervt zu sein.

Er ging nicht auf meine Frage ein.

„Es wären nur Erledigungen die Sie für mich machen müssten. Eigentlich ein ganz einfacher Job.“

„Was soll das denn heißen? Glaubst du ich wäre blöd?“, entfuhr es mir.

„Nein gar nicht, sonst hätte ich Sie nicht gefragt. Wie dem auch sei. Ich gebe Ihnen einfach meine Karte und Sie melden sich bei Interesse.“ Er drückte mir einen Zettel in die Hand. Dann drehte er sich auch schon um und ging. Während er sich bereits entfernte, sagte er noch: „Aber warten Sie nicht zu lange.“

Stumm sah ich ihm noch eine Weile hinterher. Er war schon fast aus der Tür gegangen, da fiel mir erst auf, dass er gar keinen Koffer bei sich hatte.

Ich senkte meinen Blick und sah mir die Karte an. Es war gar nicht seine Karte, sondern die, von irgendeinem Schlüsseldient. Lediglich auf der Seite mit dem Logo stand eine Handynummer am unteren Rand. Ja, das wirkte schon mal sehr seriös. Mittlerweile total genervt versuchte ich meine Tasche zu stemmen und besorgte mir ein Taxi. Ich brauchte erst mal etwas Schlaf.



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