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Aftermath

I wanted to live with you.
von

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The Only.

Aftermath


 

I wanted to live with you.


 

76 Stunden nach Kriegsende
 

Im Zelt der Medizin-Ninja öffnete er das erste Mal nach 76 Stunden die ungleichen Augen. Es hatte Sakuras heilendes Chakra bedurft, und Zeit, um seinen Geist zu wecken. Er blinzelte träge. Sein nackter Zeh zuckte unter der dünnen Wolldecke, die sie über ihn gelegt hatten. Seine Vision war verschwommen, seine Gedanken zäh und schwer. Er gab einen Ton von sich, der Husten sein konnte, aber auch ein misslungener Versuch zu sprechen. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Seine Kehle war trocken, aber seine Lippen nicht rauer als sonst.

„Kakashi-Sensei“, drang eine Stimme an sein Ohr. Es dauerte einen Moment, bis er verstand, dass er gemeint war, aber es hatte ihn nur ein paar Sekunden nach dem Aufwachen gebraucht, um zu wissen wer er war. Kakashi strengte sich an, der Stimme zu lauschen, die ihn fragte, ob er wach war.

Er wagte es zu einem Nicken anzusetzen, und als sein Kopf nicht so sehr brummte, wie erwartet, öffnete er den Mund und krächzte: „Wasser.“

„Natürlich.“ Seine ehemalige Schülerin nickte, wandte sich wieder ab, hantierte irgendwo klirrend mit Gläsern und weil das seinen Schädel doch zum brummen brachte, schloss er die Augen wieder. Es wurde still, dann hörte er Schritte und spürte Sakuras Hand auf seiner nackten Schulter.

„Du musst dich etwas aufsetzten, damit du trinken kannst, Sensei.“ Er öffnete sein linkes Auge und erinnerte sich daran, dass rechte geschlossen zu halten, weil es ein Sharingan war und ihm Chakra entzog.

Mit Sakuras Hilfe schaffte er es, sich ein wenig aufzurichten. Seine rechte Schulter schmerzte, als er sich mit der Hand auf dem Boden aufstützte. Er nahm war, dass er auf einer der dünnen Futonmatten lag, auf der sie ihre Schwerverletzten im Krieg betteten.

Kakashi schaute nach links in den Raum herein. Es war leer hier. Nur noch wenige Matten waren belegt. Waren so viele gestorben? Oder hatte es nur so wenige so schwer erwischt?

„Trink.“ Sakura hielt ihm einen Becher an die Lippen und als sie wusste, dass sie seine Aufmerksamkeit hatte, hob sie ihn ein bisschen an, sodass Wasser in seinen geöffneten Mund floss. Einmal begonnen, wollte Kakashi nicht mehr auf das kühle Nass verzichten. Er hob die linke Hand und griff ungeschickt nach dem Becher. Ein paar Tropfen landeten aus seiner Stoffhose, aber dann hatte er den Becher, mit Sakuras Hilfe, sicher in der Hand und leerte ihn in ein paar Zügen.

Er ließ sie den Becher beiseite stellen, ehe er fragte: „Wie lange?“

„3 Tage.“ Ihre Stimme zitterte. „Ich habe sofort versucht dich mit Shosen zu wecken, aber…“
 

Sakuras Finger zitterten. Sie wusste, dass sie gut war, in dem was sie tat. Sie war zwar nicht Tsunade, aber selbst mit ihren Heiltechniken hatte Kakashi nach wenigen Minuten wach werden müssen. Sie hatte es doch damals bei Tsunade und Sasuke gesehen und sie hatte es doch auch schon selber gemacht. Sie hatte doch auch schon Bewusstlose mit ihrem Chakra geweckt. Nur bei Kakashi hatte es einfach nicht funktionieren wollen. Es war als wenn sein Geist noch nicht bereit für das gewesen war, was sein Körper durch ihre Heilung zu leisten vermochte.

„Entschuldige, Sakura.“ Er wollte nicht, dass sie weinte. Nicht um ihn. Er hatte es nicht verdient. Er hatte ihr genauso wehgetan, wie er Obito wehgetan hatte.

Kakashi erinnerte sich an die Tage, an denen Tsunade Hokage geworden war und an denen er Sakura versprochen hatte, dass alle Dinge wieder so werden würden, wie sie vor dem Chuunin-Examen gewesen waren. Nur Stunden später hatte Sasuke das Dorf verlassen und auch Naruto war irgendwann gegangen, um stärker zu werden. Er hatte das Versprechen, dass er ihr gegeben hatte, genauso wenig halten können, wie das Versprechen Rin zu schützen. Kakashi hatte Sakura nie ihr Team zurückgebracht.
 

~~ ~~
 

56 Minuten nach Kakashis Erwachen
 

Es dauerte nicht lange, bis Naruto die Neuigkeiten von Kakashis Erwachen bekam. Sakura hatte ihm einen Boten geschickt. Weil Kurama nach dem Kampf gegen Madara Uchiha und diesen Tobi-Typen mindestens genauso erschöpft wie Naruto gewesen war, war sein Chakra auch drei Tage nach Kriegsende noch nicht so weit erholt, um Narutos Wunden zu heilen. Deswegen humpelte der junge Shinobi, nachdem er den Boten endlich losgeworden war, rüber zum Zelt der Medizin-Ninja.

„Sakura-chaaan“, rief er übermütig. Am Eingang stehen bleibend, suchte er das Zelt nach der rosahaarigen Kunoichi ab. Sie hockte neben einer der belegten Futonmatten und fühlte die Stirn eines schwer verwundeten Mannes. Narutos Blick blieb auf ihrem Rücken liegen, als sie sich erhob, über die Stirn fuhr und einen Schritt zurücktrat, ehe sie sich umwandte und auf ihn zuging.

„Schrei hier nicht so rum, Dobe! Hier liegen Schwerverletzte!“, schalte sie ihn. Er fürchtete einen ihrer berühmten Schläge, aber keiner kam. Stattdessen packte sie ihn am Arm und zog ihn, fast behutsam, rüber zu jener Futonmatte, weit hinten in der Ecke des Zeltes, auf der sie Kakashi gebettet hatten. Dort hockten sich die beiden Jugendlichen herunter. Naruto hob seine Hand und legte sie vorsichtig auf Kakashis nackte Schulter.

„Hey, Kakashi-Sensei“, flüsterte er und wirkte plötzlich so unsicher, dass Sakura seinen Arm nicht loslassen konnte. Sie wusste nicht, was Naruto im Krieg gesehen hatte.
 

Kakashi drehte seinen Kopf ein Stück und sah seine beiden ehemaligen Schüler vor sich hocken. Er dachte an die Mission im Wellenreich, an den ersten Kampf gegen Zabuza, und fühlte sich für einen Moment wie in einem Déjá-vu. Schon einmal hatten seine Schüler so vor ihm gesessen. Aber damals war Sasuke auch da, und Naruto und Sakura nicht besorgt gewesen. Stattdessen hatten sie versucht unter seine Maske zu schauen. Das erste Mal nach seinem Kampf mit Obito musste er lächeln. Aber in seinen Augen war Traurigkeit. Er hatte sterben wollen auf dem Schlachtfeld.

Er schaute Sakura an, die wieder tapfer ihre Tränen wegblinzelte. Sie wusste, wenn Naruto so sensibel war, war irgendwas nicht okay. Sein Blick wanderte von ihr zu seinem ehemaligen Schüler. Narutos Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengezogen und seine Augen glänzten feucht.

„Sag doch was, Kakashi-Sensei.“

„Entschuldige, Naruto“, folgte der Hatake der Bitte des Jungen und meinte es dennoch ernst. Es gab so viel, wofür er bei Naruto um Entschuldigung zu bitten hatte.
 

Narutos Vater war ihm sehr nahe gewesen. Er hatte unter ihm gelernt und nach Obitos vermeintlichem Tod war er für ihn da gewesen. Er hatte ihn sogar eine Weile bei sich und seiner Freundin leben lassen. Erst als Minato zum Hokagen ernannt und Kakashi den ANBU beigetreten war, sahen sie einander seltener und wurden sich fremder. Vom Tod seines ehemaligen Senseis zu erfahren war für den damals Fünfzehnjährigen dennoch die Hölle gewesen und er hatte Wochen gebraucht, um sich wenigstens ein Stück weit zu fangen. Es hatte niemanden gegeben, der ihn hatte auffangen können. Er hatte sich selbst dazu treiben müssen, wieder zu schlafen, zu essen, leben zu wollen und der einzige Grund war damals Rin gewesen.

Er hatte sich nicht für das Kind seines ehemaligen Senseis und dessen ebenfalls verstorbenen Verlobten interessiert. Er hatte in all den Jahren kaum einmal nach Naruto gesehen und ihm kein einziges Mal geholfen, wenn er Hilfe gebraucht hatte. Erst als er ihm als Genin unterstellt wurde hatte er wirklich begonnen sich um Naruto zu sorgen und endlich etwas zu tun, anstatt nur zuzusehen. Er hätte ihm viel ersparen können, vielleicht sogar einen Teil des ganzen Hasses, dem sich dieses Kind hatte stellen müssen, aber er hatte die Gelegenheit verpasst direkt nach seiner Geburt in sein Leben zu treten und danach lange Zeit keinen passenden Zeitpunkt gesehen. Jeder Zeitpunkt wäre passend gewesen, er hätte nur über seinen eigenen Schatten springen müssen.

Und selbst zu der Zeit von Team 7 hatte er Sasuke Naruto oft vorgezogen, weil Sasuke ihm ähnlich gewesen war und weil Sasuke immer so viel verlorener geschienen hatte als Naruto. Dennoch hatte er es damals Naruto überlassen seinen Teamkollegen davon zu überzeugen nicht zu Orochimaru zu gehen, sondern zurück zukommen. Er hatte zugelassen, dass Naruto Sakura ein Versprechen gab, von dem er nicht sicher hatte sein können, ob es zu halten war. All das, weil Kakashi wieder einmal nicht da gewesen war, um es ihm abzunehmen. Fast wäre Naruto bei diesem Kampf gegen Sasuke getötet wurden.
 

Naruto hatte ihm nicht nur einmal das Leben gerettet. Kakashi hatte ihm nie etwas zurückgegeben. Er dachte nicht an den Tag, an dem er Naruto ihm Wald aufgefangen und Heim getragen hatte, nachdem dieser losgezogen war, um Nagato zu besiegen und vorher das Dorf zu retten. Er sah nicht seinen Einsatz in all den Missionen, in denen er Naruto mit seinem Körper geschützt hatte. Er erkannte nicht, wie viel es Naruto bedeutete, dass Kakashi stolz auf ihn war, dass er irgendwann begonnen hatte Naruto zu schätzen und dass er dann nie den Glauben in ihn aufgegeben hatte. Kakashi sah alles das nicht, was er für Naruto und für Sakura und auch für Sasuke getan hatte, was gut war. Er dachte wieder nur daran, was für ein schrecklicher Lehrer er den dreien gewesen war.
 

~~ ~~
 

111 Stunden nach Kriegsende
 

Die Sonne war vor wenigen Minuten aufgegangen und tunkte die Welt in blassblau, während sich der Nebel der Nacht langsam verzog. Sakura hatte endlich wieder mehr als zwei Stunden am Stück geschlafen. Sie fühlte sich wach und ausgeruht und endlich wusste sie, dass der Krieg vorbei war. Das Dorf hatte Verluste zu verzeichnen. Viele mutige Männer und Frauen waren gestorben und auch die anderen Dörfer trauerten um ihre Gefallenen, die in Massengräbern beerdigt werden mussten. Aber Sakura selbst hatte keinen zu betrauern, den sie liebte. Ihre Eltern, Zivilisten, waren noch daheim in Konoha und warteten auf ihre Rückkehr. Tsunade, ihre Lehrmeisterin, war von der Hüfte abwärts gelähmt, aber sie war am Leben. Ihre Freunde, die alle gekämpft und geblutet hatten, schliefen sicher den Krieg aus ihren Körpern. Tenzou, der gelitten hatte im Krieg ohne selbst zu kämpfen, schlief seit Tagen, aber er war stabil und zwischenzeitlich wach geworden, um zu trinken und andere Bedürfnisse zu erledigen. Naruto, ihr Herzensbruder, schnarchte und sabberte im Schlafsack neben dem ihrem. Kakashi, ihr Sensei, lebte.
 

Sakura rollte sich auf die Seite, um in Narutos Gesicht zu blicken. Sie wollte noch nicht aufstehen, aber bald hatte sie Dienst im Medizin-Zelt. Jetzt begann die Zeit, in der sie Patienten behandelten, die nicht schwer genug verletzt gewesen waren, um direkt Hilfe zu bekommen. Shinobi, die gebrochene Finger, Erkältungen, überreizte und verrenkte Muskeln hatten. Es würde stressig werden, aber leichter, weil sie sich nicht mehr um Leben und Sterben zu sorgen hatte.

Gleichzeitig würde sie nichts von dem Treiben außerhalb des Medizin-Zeltes mitbekommen. Die ersten Shinobi, so hatte sie erfahren, machten sich heute auf den Weg in die Heimat. Das Lager sollte in den nächsten Tagen nach und nach abgebaut werden und es war nur noch eine Frage der Zeit bis auch ihre Heimreise begann. Die Schwerverletzten sollten schließlich auch in Krankenhäusern behandelt werden und nicht auf dünnen Matten in einem Kriegszelt.
 

Die junge Kunoichi verließ ihren Schlafsack und das Zelt, wusch ihr Gesicht und die Hände in einem anderen, das extra dafür stand, und machte sich auf den Weg an die Arbeit. Sie vergab Medikamente, hörte Lungen ab, reinigte, verband und heilte kleinere Wunden, wusch die Schwerverletzten, renkte Rücken ein und stabilisierte gebrochene Finger. Sie schwitzte am Ende und freute sich auf die Dusche in ihrem Elternhaus.

Kakashi, der geschlafen hatte, während sie arbeitete, blinzelte, öffnete die Augen und schaute sie an. Ihre Haare waren strähnig, Mitesser tummelten sich auf ihrer Nase und der ein oder andere kleine, rot leuchtende Pickel hatte sich auf Stirn und Wangen verirrt. So hatte Kakashi sie noch nie gesehen. So hatte sie sich noch nie gesehen.

„Hallo, Sensei“, sagte sie locker und hockte sich neben seine Schlafmatte. „Wie geht es dir?“

„Ich habe keine Schmerzen“, verlautete er, aber sie wusste, dass es ihm nicht gut ging.

„Es wird alles gut, Sensei.“ Sakura nahm seine Hand in ihre. Er war ihr oft wie ein zweiter Vater gewesen in jungen Jahren – einer mit dem sie fast mehr Zeit verbrachte, als mit ihrem eigenen und neuerdings war er ihr immer mehr wie ein großer Bruder. Wie auch immer, sie liebte ihn, genauso wie sie Naruto liebte, weil auch er Familie war. Zum nächsten Neujahrsfest würde sie die beiden in ihr Elternhaus zum feiern einladen.
 

Kakashi schloss die Augen, aber sie drückte seine Hand fester.

„Wirklich, Sensei. Ich meine es ernst. Wir werden heimgehen und alles wird wieder okay sein. Der Krieg ist vorbei.“ Sie wollte, dass alles wieder gut war. Sie hatte immer nur das gewollt.

„Sakura…“ Seine Stimme klang gepeinigt. Naruto und sie hatten gestern Abend stundenlang geredet. Über den Krieg, über seine Eltern, über Kakashi-Sensei, mit und über den Kyuubi, der lieber Kurama genannt wurde, über Obito und alles was er war und niemals hätte werden dürfen. Kakashi gab sich selbst die Schuld an diesem Krieg. Sie versuchte ihn zu verstehen. Sie glaubte, sie konnte es ein bisschen, denn auch sie fühlte sich schuldig, Sasuke damals nicht zum Bleiben überredet haben zu können.

„Sie wartet zu Hause auf dich, Sensei. Sie vermisst dich sicher schrecklich. Frauen sind so. Ich weiß das.“

„Woher…?“, fragte Kakashi, woher weißt du von ihr.

„Du musst so was nicht vor uns vorheimlichen, Sensei. Du darfst glücklich sein.“
 

~~ ~~
 

9 Tage und 3 Stunden nach Kriegsende
 

Es war vorbei. Kakashi seufzte schwer und schaute auf ein Konoha, das nicht in Trümmern lag. Er stand auf dem Balkon, der an seine Wohnung grenzte. Der Krieg war vorüber, die Toten begraben und die Lebendigen daheim. Kakashi hatte nicht heimkehren wollen. Irgendwo auf dem Schlachtfeld hatte er so entschieden und war doch gescheitert.

Er schloss die Augen und sah Obitos Gesicht. Voller Falten und Augen starrte es ihn an. Zeigte ihm die Fehler seines Lebens und Kakashi hatte einen Moment lang damit gerechnet, Obito würde ihn schalten, dafür dass er Minato hat sterben lassen, seine Verlobte Kushina, Dutzende ihrer ehemaligen Kameraden, dafür dass er Rin hat sterben lassen … aber Obito war jetzt Tobi oder Niemand und nicht mehr der Junge von damals, dem die Welt – die wirklich reale, echte Welt – eine Menge bedeutet hatte.

Kakashi schützte sich mit den Ellebogen auf dem Geländer ab. Er berührte sein unmaskiertes Kinn und fühlte Stoppeln. Vielleicht sollte er hineingehen und sich rasieren. Morgen gab es viel zu erledigen und er trug keine Maske mehr, die sein Gesicht versteckte. Nur sein rechtes Auge verdeckte er voller Scham. Er war Schuld am vierten Weltkrieg, das Auge der Beweiß dessen. Niemand sollte es sehen müssen. Er hatte seiner Familie schon genug Schande bereitet. Er hätte sterben sollen, auf dem Schlachtfeld.
 

Kakashi spürte sanfte Finger durch sein Haar streife, warmen Atem in seinem Nacken und dann zwei weiche Arme um seine Hüfte und ein rundes Kinn auf seiner Schulter.

„Du solltest reinkommen, Kakashi. Es ist eine frische Nacht.“

Sie sollte ihm nicht nahe sein wollen. Sollte ihn nicht mehr lieben. Er hatte ihre Liebe nicht verdient. Allein seine Schuld wäre es gewesen, wenn die Operation: Mondauge gelungen wäre, weil er Obito damals im dritten Weltkrieg mit seinem Körper geschützt hatte. Kakashi bereute es nicht um seines alten Augen Willens und nicht wegen der Narbe in seinem Gesicht. Er bereute es auch nicht für die kurze Freundschaft mit Obito. Für die war er dankbar. Kakashi bereute es lediglich, weil es so geendet hatte. Er hatte Emotionen über Regeln gestellt. Das war vielleicht sein Fehler gewesen, aber es hatte sein Leben gerettet und heute konnte er nicht wieder der Kakashi von damals sein, der ignorant behauptet hatte, die Regeln gingen über alles. Er bereute, aber er würde es jedes Mal wieder genauso machen.
 

~~ ~~
 

9 Tage und 16 Stunden nach Kriegsende
 

Durch den Hintereingang des Hokage-Turms, gelangte man in einen alten Keller, der schon seit Jahrzehnten als vorübergehendes Gefängnis für Schwerverbrecher diente. Einst war es viel größer gewesen, aber Mauern waren eingestürzt und nie wieder repariert wurden. Heute gab es nur noch fünf von damals über zwanzig Zellen im alten Kellerverlies und selten war überhaupt eine belegt. Neu war der Anblick des Anbus vor dem Hintereingang, der sie an einen Zweiten hinter der Tür übergab. Dieser begleitete sie nach unten. Auch dort saß ein Anbu auf dem Stuhl, aber er trug seine Maske nicht, sondern trank genüsslich seinen Kaffee. Es ging nicht darum, die Männer nicht zu erkennen. Sie sollten lediglich dafür sorgen, dass das Dorf in Sicherheit war, bis man entschied, was man mit den Gefangenen tat.

„Zu wem möchten Sie, Haruno-san?“, fragte ihr Begleiter. Sie war die Schülerin der Hokage, sie war zur keine Aussage verpflichtet, denn sie hatte jedes Recht hier unten zu sein. Die Ältesten sahen as vielleicht anders, aber die hatten eh nur noch das Geringste zu sagen. Es konnte nur eine Frage der Zeit sein, bis sie bestraft wurden, für das was sie Uchiha Itachi angetan hatten.

„Zu Uchiha Obito“, sagte sie. Sasuke wollte sie noch nicht wieder sehen.
 

Obito Uchiha, oder wer auch immer er heute war, hatte mit Besuchern gerechnet. Er dachte an die Hokage oder Verhörspezialisten, an die Ältesten oder an Kakashi, falls er noch am leben war. Er hatte nicht mit dessen jungen Schülerin gerechnet.

Ihm fiel ihr rosa Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, ins Auge. Ihre Lippen formten einen harten Strich. Er war sich sicher, dass sie ein großartiges Lachen hatte. Er hörte sie atmen. Sie hatte sich selbst nicht unter Kontrolle. Er hatte immer gedacht, Kakashi erziehe seine Schützlinge zu kleinen, harten Kampfmaschinen ohne Emotionen.

„Erinnere ich mich Recht, hat dein Sensei dich Sakura genannt. Was ein passender Name, findest du nicht auch?“

„Vielleicht.“ Sie machte ein Pokerface, aber es half nicht. Sie mochte eine gute Schauspielerin sein, aber er sah durch ihre Illusion, selbst wenn die Siegel auf seiner Schläfe seinen Chakrafluss verhinderten. Hier ging es schließlich nicht um Genjutsu, sondern um die Darstellung einer Person, die man nicht war. Damit kannte er sich aus. Jahrelang hatte er versucht, jemand zu sein, der er nicht war, bis er irgendwann Niemand wurde.

„Weinst du heute wieder, Mädchen?“ Er erinnerte sich an ihre zweite Begegnung, an die Worte des Sohnes seines ehemaligen Senseis und an ihre Tränen.

Auch Rin hatte damals geweint.

„Ich denke nicht.“
 

Sie lehnte sich an die Wand gegenüber von der, an die er gekettet war. Er war gefährlich. Sie unterdrückten sein Chakra mit Siegeln, banden seine Hände und Füße zusammen und ketteten ihn an die Wand. Warum ließ man dann ein Mädchen in seine Zelle, während der Anbu draußen gemütlich Kaffee trank? Unterschätzen sie ihn doch? Oder überschätzten sie dieses Mädchen?

„Was würden deine Eltern sagen, wenn sie wüssten, dass du mich besuchst?“

„Was würden deine sagen, wenn sie wüssten, was du getan hast?“

Obito, oder wer auch immer er war, lachte auf. Dieses Mädchen amüsierte ihn. Sie war nur sehr wenig wie Rin. Nur die Liebe, die hatten sie gemeinsam – und die Tränen.
 

Sakura verschränkte die Arme vor der Brust, so wie sie es Kakashi oft hatte tun sehen. Er war ihr Sensei. Sie hatte sich mehr von ihm abgeguckt, als sie sich selbst bewusst war. Es war seine Art zu stehen, mit den Händen in den Hüften und manchmal die Worte, die er sagte. Seine Ehrlichkeit, seine Ungekünsteltheit, der Wunsch seine Lieben leben zu sehen. Sie bewunderte ihn und die Art wie er dachte, wie er sprach und wie er kämpfte. Er war ihr Sensei und es hatte Tage gegeben, an denen sie für ihn geschwärmt hatte, weil Mädchen das nun mal taten, wenn sie älter wurden und jemanden bewunderten, der nett zu ihnen war und gut aussah. Heute fühlte sie eine andere Art der Bewunderung, eine viel tiefer gehende und anhaltendere.

„Das spielt keine Rolle mehr“, hörte sie Obitos Stimme. Sie wusste nicht, ob sie ihn in Gedanken so nennen wollte. Obito Uchiha hatte Kakashi-Sensei so viel bedeutet. Viele seiner Eigenschaften hatten früher einmal zu diesem Mann – diesem Jungen, der er damals gewesen war – gehört. Dinge die sie sich von Kakashi abgeguckt hatte, waren vielleicht gleichzeitig Dinge, die ihr Sensei von Obito Uchiha übernommen hatte. Dieser Mann konnte nicht derselbe sein, den Kakashi ein halbes Leben lang betrauert hatte.

Sie reckte ihr Kinn nach vorne, ihre Augen lagen weiterhin auf dem Körper ihres Gegenübers. Sie wusste nicht, warum sie hier war. Sie hatte sich selbst nur einfach nicht davon abringen können.
 

„Bist du hier, um mich zu töten, Sakura?“

„Nein.“ Das war definitiv nicht der Grund. Sie war einmal ausgerückt, um einen Uchiha zu töten und hatte es nicht geschafft. Weil sein Leben die Welt für sie bedeutete, immer noch. Und weil sie es Naruto, Kakashi-Sensei und zuletzt auch sich selbst nicht hatte antun können, Sasuke zu töten.

Aber darum ging es hier gar nicht. Das Urteil über Leben und Sterben dieses Mannes würde nicht sie fällen müssen und sie wollte es auch nicht. Obito Uchiha und sie verband nur eines, nämlich Kakashi-Sensei. Ob das der Grund für ihren Besuch war, wusste sie nicht. Es war möglich.

„Nun“, sprach ihr Gegenüber und hob den Kopf, so weit es ihm möglich war, in die Höhe, „Warum nicht?“

„Keiner, den ich liebe, ist gestorben.“ Sie war ehrlich. Säße der Mörder einer ihrer Lieben vor ihr hätte sie ihn getötet. Sie war kein Rächer, aber sie hatte sich geschworen, nicht mehr einfach nur zuzuschauen.
 

„Und wenn einer der Zetsus deine Eltern umgebracht hätte? Wenn einer deine Freunde während des Krieges gestorben wäre? Wenn Naruto oder Sasuke gestorben wären? Wenn ich deinen Sensei getötet hätte? Was dann?“

„Meine Eltern sind Zivilisten. Um sie habe ich mir keine Sorgen gemacht“, erwiderte sie, „Ich habe keinen Moment daran gezweifelt, dass meine Freunde heil zurückkommen.“ Es war eine Lüge, aber was hatte sie tun können, außer an Sai und Ino und die anderen zu glauben?

„Du kennst Naruto und Sasuke anscheinend schlecht. Die lassen sich nicht so einfach töten.“ Das war ihre größte Sorge gewesen – Naruto und Sasuke nie wieder zu sehen wäre ihre persönliche Hölle.

„Und Kakashi-Sensei … er ist … - wie auch immer, wenn einer von ihnen wegen dir gestorben wäre, säße ich jetzt vielleicht hier drin. Denn ich hätte dich getötet.“

Wieder lachte Obito auf. Rin hatte niemals so gesprochen. Dieses Mädchen war mutig, das musste er ihr lassen. Aber sie log. Sie war lange nicht diejenige, die sie vorgab zu sein. Er erkannte nicht den Sinn ihres Besuches.
 

„Was lachst du?“ Ihre Stimme war zornig. Sie fühlte sich angegriffen. Er glaubte ihr das erste Mal Emotionen zu entlocken, die sie nicht geplant hatte mit her zu bringen.

Sakura stieß sich von der Wand ab, ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Nur durch sein Lachen kam sie sich plötzlich so hilflos vor. Hätte sie sich je getraut her zu kommen, wenn er nicht angekettet wäre? Hätte sie sich neben Naruto auf dem Schlachtfeld nicht in die Hosen gemacht vor Angst im Kampf gegen Madara und diesem Kerl hier? Sakura spürte die Tränen in sich hochsteigen. Sie hatte doch nicht weinen wollen. Wütend wischte sie sich über die Augen.

Und wieder lachte dieser Typ. Lachte sie aus, wegen ihrer Tränen. Sie wusste nicht mal, dass Kakashi ihn damals am liebsten den Heulsusen-Ninja genannt hatte.

„Sei ruhig“, schrie sie ihn an. Die Blicke der Anbu ruckten zu ihnen rüber und einer war drauf und dran näher zu kommen, aber Sakura schüttelte den Kopf. Sie brauchte keine Hilfe. Sie könnte …

„Ich könnte dich hier und jetzt töten. Meine Faust müsste nur einmal den Boden dieser Scheißzelle berühren und du wärst zum zweite Mal in deinem Leben unter mehr Felsen vergraben als du zählen kannst, Scheißkerl!“
 

Obito verstummte. Er fürchtete sich nicht vor diesem Mädchen oder ihren Drohungen. Ob sie ihn jetzt tötete oder irgendein Shinobirat seinen Tod später bestimmte, war nicht mehr von Bedeutung. Aber er begann sie zu respektieren, weil er für einen Moment sein altes, unsicheres Selbst vor sich stehen sah. Jemanden, an den er schon Ewigkeiten nicht mehr gedacht hatte. Jemand, der viel heulte und eine laute Stimme besaß, um seine Tränen und seine Schwächen zu verstecken.

Plötzlich verspürte Obito Uchiha Schmerzen im linken Arm. Jener Körpermasse, die so sehr nicht die seine war und in der er doch die stärkste Pein fühlte. Er krümmte sich zusammen, so weit es ihm seine Fesseln erlaubten, und fand doch keine Linderung.

Dann hockte dieses Mädchen vor ihm.

„Was hast du?“, fragte sie. Ihre Stimme war… besorgt. Er blickte hoch in ihr Gesicht und ihre Augen erinnerten ihn an Rins. Schöne, schöne Rin …

Er spürte ihre Finger auf seinem Arm, spürte ihr warmes Chakra. Einen Moment glaubte er, es gehöre Rin. Der einzigen Liebe seines Lebens.

Aber dann schwand der Schmerz und er sah dieses Mädchen vor sich. Sakura, die Kakashis Schülerin war und mit der er nicht sympathisieren mochte, weil er nie wieder etwas in seinem Leben haben wollte, dessen Verlust er nicht verkraften konnte.

Er wandte sich in seinen Fesseln und schubste sie weg. Sie fasste sich gerade noch und landete nicht auf ihrem Hinten.
 

Sakura erhob sich. Sie blickte ein letztes Mal hinunter auf den Mann, der Kakashi-Senseis Leben verändert hatte. Der ihn fast getötet hätte, der aber auch dafür verantwortlich war, dass Kakashi-Sensei überhaupt noch am Leben und nicht an seiner Stelle unter dutzenden Felsen gestorben war.

„Vielleicht wollte ich einfach nur Danke sagen“, sagte Sakura und wandte ihm den Rücken zu. Sie weinte nicht, aber eine Träne lief über ihre Wange, während sie hoffte, dass es so nicht zwischen Naruto, Sasuke und ihr enden musste. „Dafür, dass du Kakashi-Sensei das Leben gerettet hast. Dafür danke ich dir.“
 

~~ ~~
 

19 Stunden nach Sakuras Besuch
 

Der Herbst begann, die Tage wurden kürzer und die Nächte länger. Kakashi war es gleich, dass die Sonne später aufging. Er war auch in den letzten frischen Sommertagen bei Dunkelheit schlafen gegangen und wieder erwacht. Er hatte schon Ewigkeiten vor dem Krieg keine Schlafprobleme mehr gehabt. Noch nie in der Zeit, in der er sein Bett mit Mae teilte. Aber nach dem Krieg war nichts mehr wie vorher. Er war als ein Anderer heimgekehrt. Seine Stoffmasken, ohne die er vor dem Krieg nie vor die Tür gegangen war, lagen bei der Anbu-Maske, die er einst bei Missionen getragen hatte. Sie würden unbenutzt bleiben. Die Icha-Icha-Reihe stand im Regal und seit seiner Heimkehr war Mae die einzige, die die Bücher berührte, um sie von Staub zu befreien. Er war wieder pünktlich und mied das Heldendenkmal. Jenes Denkmal aus Stein erschien ihm plötzlich wie eine Lüge, aber das alleine war es nicht. Die Dorfbewohner konnten den Namen einer der größten Bedrohungen ihres Lebens nicht auf dem schwarzen Stein akzeptieren. So wie Naruto damals, als Hülle des Kyuubi, als Adressat ihres Hasses gedient hatte, diente nun das Heldendenkmal als Angriffsfläche. Und genauso wie Naruto, der schutzlos und unschuldig gewesen war, unter ihnen gelitten hatte, litten auch die anderen eingravierten Namen unter den Zerstörrungen und Schmierereien, mit denen eines nachts einige wenige Dorfbewohner das Denkmal bedacht hatten. Folgwährend sollte es dann ein Anbu bewachen, aber der Gedanke war schnell wieder aufgegeben wurden. Tsunade und ihre neu gewählten Berater dachten stattdessen an ein neues Heldendenkmal.

Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis man das Alte abriss, ein Neues aufstellte, alte Namen eingravierte, einen ausließ und neue hinzufügte. Der Krieg hatte Opfer gefordert.
 

Kakashi fuhr sich durch sein silbernes Haar, während er in Begleitung des Anbus die Treppen im Keller unter dem Hokageturm hinunter schritt. Obito war kein Held.

Sie öffneten seine Zelle und ließen Kakashi passieren. Er schaute auf seinem früheren Freund. Für Rin war er ein Held gewesen. Vielleicht der einzige, den es je in ihrem Leben gegeben hatte. Ein Held, der für sie Schläge verteilte und die Regeln brach, der für sie schrie und lief.

„Was willst du?“ Kakashi schwieg. Er wollte nichts. Nicht mal auf Wiedersehen sagen. Vielleicht gab es kein Wiedersehen. Sie hatten schon genug davon gehabt.

Er starrte weiter auf den erwachsenen Körper eines früheren Freundes, den er lernte Obito zu nennen. Er hatte sich zweimal selbst therapiert. Nach Yondaime Hokages Tod, nach Rins Tod. Er musste es wieder tun. Für Mae und für…

Kakashis Augen weiteten sich, als der Mann ihm in die Augen schaute. Das andere Sharingan. Die andere Hälfte. Vielleicht waren sie doch eins.

Kakashi senkte seinen Blick. Er hatte soviel von Obito übernommen, um ihn zu ehren und sich an ihn zu erinnern. Um am Leben zu bleiben. Vielleicht hätten sie auch einfach beide sterben sollen. Aber jetzt war es zu spät. Kakashi durfte sich nicht verziehen. Er hatte Verantwortung.
 

„Ich will abschließen“, sagte er deswegen und schaute wieder hoch. „Die Sache mit uns. Damit will ich abschließen.“ Er hatte es Mae nicht versprochen. Sie war nicht so dreist, ihm solche Versprechen abzunehmen, aber sie hatten geredet und sie hatte gesagt: „Du musst ihn gehen lassen, Kakashi. Damit du bleiben kannst.“ Und er wollte bleiben. Es gab noch so viel zu sehen. Noch so viel zu tun. Ja, er hatte auf dem Schlachtfeld sterben wollen, aber da hatte er nicht an Mae gedacht, die er zur Frau nehmen wollte. Er hatte nicht an Naruto gedacht, dem er so viel schuldete und dem er dabei zuschauen wollte, wie er Hokage wurde. Er hatte nicht an Sakura gedacht, die um ihn geweint hätte und die er noch eine Weile beschützen wollte, obwohl sie schon so groß war. Er hatte an keinen seiner Freunde gedacht. Und nicht an die Zukunft, die er sehen wollte.
 

„Jedes Mal, wenn du ohne dieses Ding“, er zeigte auf Kakashis Hitai-Ate, „in den Spiegel siehst, wirst du dich an mich erinnern. Mit mir kannst du nicht abschließen, dummer Kakashi.“ Da war kein Hass. Da war Gleichgültigkeit. Obito Uchiha, der Junge, hatte Kakashi einst gehasst und Rin geliebt und Kakashi irgendwann auch, aber der Niemand, der er so lange schon gewesen war, hasste niemanden und liebte niemanden.

„Ich versuche denjenigen zu sehen, den Rin gesehen hat.“

„Wag nicht über sie zu sprechen!“, brauste Obito Uchiha. Da war Obito Uchiha, kein Tobi und kein Niemand und nicht sonst wer anders. Es war der Junge, der Rin liebte und der von sich selbst sprach und immer gewollt hatte, das Kakashi ihn anerkannte.

„Ich hab das nie gewollt“, offenbarte Kakashi, weil man mit Freunden besser sprechen konnte, als mit Niemanden. „Nichts von alledem. Ich hab nie der Letzte sein wollen.“

Obito schwieg. Kakashi wusste nicht, ob er blieb oder ob der Niemand zurückkam, der eigentlich derjenige war, den Kakashi aussperren wollte.

„Sie ist gegangen, Obito. Eines Nachts ist sie einfach gegangen. Ich hab nur ihr Hitai-Ate gefunden.“ Es sprach ihn nicht von der Schuld los, aber er hatte getan, was er gekonnt hatte. War ihr hinterher gerannt am nächsten Morgen. Hatte sie gesucht. Monatelang und nur ihr blutverschmiertes Hitai-Ate gefunden. Er wusste bis heute nicht was geschehen war.

„Du hast sie im Stich gelassen!“ Obito war noch da. Mit Rin konnte er ihn hier halten und den Niemanden aussperren. Der Niemand und Rin existieren nicht in der gleichen Welt. Denn wo der Niemand war, wurde Rin nicht geliebt und die Liebe war das einzige, was die verstorbene Rin in dieser Welt hielt.
 

Dennoch schwieg Kakashi. Was sollte er sagen? Obitos Anklagen waren korrekt. Er war zwar hinter ihr her, aber er war zu spät gewesen. Schon wieder zu spät. Immer zu spät.

„Du hast ihr ein Kind gemacht und hast dich verpisst.“

„W… was?“, stotterte Kakashi. Er hatte nie …

„Spiel nicht den Dummen, Kakashi.“ Der Hatake lehnte sich gegen die graue Wand, verdeckte sein Gesicht mit den Händen und rieb sich die Augen.

„Ich habe nie mit Rin geschlafen. Ich hab ihr kein Kind gemacht.“ Er musste kotzen. Kakashi schluckte und verdrängte das Gefühl. Er dachte an Mae und an die Zukunft und er hatte nie …

„Man hat ihr beide Beine gebrochen und die Schulter. Sie haben ihr drei Finger abgeschnitten und ein Ohr. Bastarde! Und du bist nicht da gewesen!“

Kakashi wurde speiübel, er beugte sich zur Seite und erbrach sich neben die Zellenwand. Er hatte das nicht gewusst.

„Ich hab sie gefunden. Hab nichts mehr tun können. Da war so viel Blut!“ Obito starrte auf den Boden, erinnerte sich an Rin. An ihren nackten, toten Körper.

„Und… das Kind?“

„Sie hat zwei Wochen vorher entbunden. Ich hab das Kind nie gefunden. Es war nicht bei ihr.“
 

Kakashi wischte sich über den Mund. Er mied den Anblick seines Erbrochenen und rückte ein Stück zur Seite. Der saure Gestank blieb.

„Hatake-San?“, hörte er die fragende Stimme des Anbus und winkte ab. Er schätzte ihre Sorge, aber wollte nicht gestört werden.

„Woher …?“

„Ich hab’s dir eben schon gesagt: Stell dich nicht dumm!“

„Aber …“ Kakashi konnte keinen klaren Gedanken fassen. Wessen Kind hatte Rin geboren? Wie war das möglich? Er hatte nie etwas gemerkt und ja, es hatte über ein halbes Jahr gedauert, bis er Rins Hitai-Ate gefunden hatte, aber… Scheiße!

„Wir dachten erst die Bastarde hätten sie vergewaltigt. Aber man erkennt den Unterschied.“

„Ja.“ Kakashi war fertig. Er musste hier raus. Er hatte nicht abgeschlossen. Vielleicht konnte er das nie. Er bedeutete dem Anbu, ihm die Zelle zu öffnen und stolperte hinaus. Er wollte nach Hause.
 

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52 Stunden nach Kakashis erstem Besuch
 

Sakura ging erneut die Treppen hinab, doch ihr Ziel war ein Anderes, als vor knapp drei Tagen. Obito Uchiha hatte sie nichts mehr zu sagen und sie hätte eh nicht Zeit genug, ihn zu besuchen. Am Abend sollte das Gespräch stattfinden, das über seine Zukunft entschied. Sie, als eine der neuen Berater der Hokage, hatte anwesend zu sein. Niemandem vertraute Tsunade so wie ihr. Sakura wollte es wert sein. Sie konnte nicht zulassen, dass ihre Gefühle ihr Urteilsvermögen trübten. Nicht mal Kakashi würde das in diesem Zusammenhang wollen. Ginge sie zu Obito Uchiha, konnte sie sich nicht versprechen, objektiv zu sein. Sie war beim ersten Mal eingeknickt und hätte er nicht ihre Hand fort gestoßen, hätte sie wohlmöglich Dinge gesagt, die sie nachher bereute.
 

Über Sasukes Zukunft hatten sie gestern Abend in der ersten von vielen folgenden Ratssitzungen gesprochen. Er war ein Verbrecher, nichtsdestotrotz hatte er entscheidend zum Sieg der Allianz beigetragen. Außerdem war er nicht viel älter als sie, Tsunade und ihr neuer Rat bedachte das in seinen Entscheidungen. Sie selber hatte nichts gesagt, dass außerhalb ihrer Pflicht lag. Es war nicht nötig gewesen. Sasuke hatte nichts zu befürchten, dass sein Leben bedrohte.

Sie ließ sich die Zellentür öffnen und trat hinein. Sasuke hatten sie ebenfalls fest gekettet, aber er konnte sich, im Gegensatz zu Obito Uchiha, in seiner Zelle bewegen. Einzig die Kette an seinen Fußgelenken war mit der Wand verbunden und erlaubte ihm keine zu großen Schritte. Seine Hände waren vor seinem Unterbauch zusammengebunden, aber nicht so eng beieinander, dass er sie nicht mehr bewegen konnte. Es gab keine Hindernisse aufzustehen und selbstständig das Klo in seiner Zelle zu nutzen. Jetzt aber hockte Sasuke im Schneidersitz auf seiner Pritsche und stand auch nicht auf, als sie in seine Zelle kam.

„Was willst du hier?“, er starrte sie mit seinen schwarzen Augen an. Auch ihm hatte man durch Siegel das Chakra entzogen.

„Dir berichten, was die gestrige Versammlung bezüglich deiner Sache ergeben hat.“ Sie war förmlich, aber was sollte sie tun? Nach diesem Jungen hatte sie ihr Leben gerichtet, viel zu lange und konnte immer noch nichts an ihren Gefühlen ändern, obwohl er sie zu töten versucht hatte.

„Ah“, machte Sasuke und dann: „Wann tötet die mich?“

„Was redest du?“

„Tu nicht so, Sakura. Ich will nur wissen wann, dann kannst du dich verziehen.“

„Die töten dich nicht. Wir töten dich nicht“, betonte sie. Sie konnte doch niemals in einem Rat sitzen, der seinen Tod veranlasste. Das wäre nichts anderes, als ein Betrug an allem, an das sie je geglaubt hatte.
 

„Dann versauere ich hier in der Zelle, oder was?“, fragte Sasuke, beschloss aber für sich selber: „Sollen die mich lieber hinrichten als das.“

„Spinnst du?“, fragte sie und wurde wütend. Naruto, Kakashi-Sensei und sie hatten doch nicht ein halbes Leben lang um ihn gekämpft für so was!

Sasuke starrte seitlich an ihr vorbei gegen die Wand. Für ihn schien das Gespräch beendet. Er wollte lieber sterben als lebenslang in dieser Zelle zu hocken. Aber so war es doch gar nicht! Absolut nicht! Sakura schnaubte. Es war fast ein Auflachen. Sie hatte doch selbst nicht damit gerechnet, dass man Sasuke fast unbestraft ließ. Aber irgendwie passte das zu dem neuen Konohagakure, das für alte Fehler büßen wollte.

„Du kannst weiter schmollen, Sasuke. Ist mir egal! Aber ich bin hier um dir mitzuteilen, dass morgen Nachmittag ein ANBU kommen wird, um dich zu Kakashi-Sensei nach Hause zu bringen. Für die nächsten Monate wird er dein gesetzlicher Vertreter sein. Er hat für dich gebürgt, Sasuke. Damit dir kein Hausarrest mit rund um die Uhr Bewachung durch fremde ANBUs droht. Alles weitere auch im Bezug auf dein Shinobi-Dasein und der Siegel zur Chakrakontrolle werdet ihr morgen besprechen“, sagte sie förmlich und wandte sich ab. Sie war schon kurz davor wieder die Zelle zu verlassen, als sie noch einmal stehen blieb. Es tat weh mit einem Sasuke zu sprechen, der sie nicht da haben wollte, aber eigentlich hatte sie sich daran schon vor langer Zeit gewöhnt. Dummes Mädchen, dachte sie, was hast du geglaubt es würde jetzt plötzlich anders sein?!

Trotzdem konnte sie nicht gehen, ohne Sasuke die einzige Sache zu sagen, von der sie glaubte, dass ihm wirklich etwas daran lag.

„Das Heldendenkmal wird in den nächsten Tagen abgerissen. An einem neuen wird schon gearbeitet. Es soll wirklich schön werden. Und Itachis Name wird draufstehen, darüber war sich die Versammlung gestern Abend einig.“ Sie wagte nicht zurück zublieben, bedeutete dem ANBU ihr die Zellentür zu öffnen und verließ den fensterlosen, kleinen Kellerraum.
 

~~ ~~
 

69 Stunden nach Kakashis erstem Besuch
 

Es war mitten in der Nacht, als Kakashi sich zum zweiten Mal auf den Weg ins Kellerverlies Konohagakures machte. Er war keiner der Berater der Hokage, aber man hatte Wert auf seine Anwesenheit bei Versammlungen gelegt und er leistete brav Folge. Sogar für Sasuke hatte er gebürgt, weil man es von ihm erwartete. Aber er würde sich etwas vormachen, wenn er sagte, er habe es nicht auch selbst gewollt. Sasuke sah er immer noch als seine Verantwortung an. Er hatte als Sensei falsch gehandelt und ihn nicht aufhalten können. Wenn er schon nicht die komplette Schuld auf sich laden konnte, wollte er wenigstens so aufrichtig sein und sich eine Teilschuld anlasten. Die hatte er in jeden Fall. Aber Mae trug keine Schuld. An nichts von alledem. Mae war erst in sein Leben getreten, als alle seine Fehler schon begangen waren.

Er dachte an sie, als er in Obitos Zelle trat und erkannte wieder einmal, dass er sie nicht verdient hatte. Mae nahm alle seine Fehler und wandelte sie in etwas Gutes.
 

Obito schlief nicht. Er saß immer noch auf dem kalten Steinboden und seine Fesseln hielten ihn dort. Aber das war nicht mehr von Bedeutung. Morgen würde es vorüber sein.

Der Uchiha schaute ihn nicht an, als er begann zu ihm zu sprechen.

„Verschwinde, Kakashi! Du bist der Letzte, den ich hier haben will.“

„Mag sein. Aber ich wollte dir mitteilen, dass ich es nicht tun werde.“ Während ein ANBU losgeschickt wurde, Obito Nachricht zu überbringen, hatte man Kakashi vor die Wahl gestellt. Wollte er derjenige sein, der es zu Ende brachte? Tsunade wusste von ihrer gemeinsamen Geschichte, Obitos und seiner. Deswegen hatte sie ihn nicht übergehen können. Er hatte seine Entscheidung getroffen, weil er wusste, dass er es nicht konnte. Er hätte nicht nur bereuen müssen, dass er Obito damals mit seinem Körper schützte (das tat er), sondern auch sicher sein müssen, dass er nie wieder so gehandelt hätte. Und das war er nicht. Noch immer war er der festen Überzeugung, es jedes Mal wieder genauso zu tun, wenn er vor dieser Wahl stünde. Er konnte nicht Obitos Mörder sein.

„Welcher Bastard wird mich dann hinrichten? Einer von den netten Kerlen da draußen? Gai? Die Hokage persönlich?“

„Das weiß ich nicht. Es wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit passieren.“ Kakashi wusste nicht, für wen er das sagte. Vielleicht für sich selber. Konohagakure machte einen Wandel durch, das war sicher. Alleine mit dem neuen Beraterstab der Hokage änderte sich Grundlegendes. Alte, längst überholte Traditionen, verschwanden mit den Ältesten in der Versenkung und Kakashi konnte nicht anders, als darüber erleichtert sein. Die Hinrichtungen auf dem Marktplatz hatte er nie gemocht und war ihnen, wie eine immer größer wachsende Anzahl an Dorfbewohnern, fern geblieben.
 

„Dann kannst du ja jetzt gehen“, behauptete Obito, schloss die Augen und gab vor, sich nicht mehr zu interessieren. Kakashi nickte geschlagen. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Er wollte abschließen, aber es schien als gäbe es diese Option für sie nicht. Vielleicht würde Obito Uchiha ihn ein Leben lang verfolgen. Und vielleicht hatte er nichts anderes verdient.

Kakashi fuhr sich mit beiden Händen über das unmaskierte Gesicht, das Hitai-Ate und durch die Haare.

„Eines noch“, sagte er, ohne Anstalten zum Gehen zu machen. „Du bist dir sicher, dass da draußen ein Kind von Rin rum läuft?“

Obito schwieg, ganz so als wolle er ihm sagen, dass sie darüber nicht miteinander redeten. Aber Kakashi warte. Er hatte Mae gesagt, dass es sein konnte, dass er heute Abend nicht nach Hause kam. Für Kakashi war sicher gewesen, dass der Versammlung bis spät in die Nacht gehen konnte und dass er danach noch Obito um Antworten ersuchen wollte.

Kakashi ließ sich an der Zellenwand, gegenüber des Uchihas, hinab gleiten, sodass sie auf einer Höhe saßen.

„Man kann mir viel nachsagen, aber wenn es um Rin geht, lüge ich nicht. Sie ist alles Gute, was es je in meinem Leben gegeben hat.“ Er schwieg eine Weile, öffnete die Augen und bedachte Kakashi mit einem Blick voller Hass. „Du hasst keine Ahnung, wie hart es war, sie drei Mal zu verlieren.“

Kakashi schielte zu Boden. Er verstand Obito gewissermaßen. Er kannte das Gefühl, so von einer Frau zu denken. Und er auch hatte Rin verloren. Nicht drei Mal, aber… Moment! Drei Mal?!

„Was meinst du mit ‚sie drei Mal zu verlieren’?“
 

„Das ist nicht weiter von Bedeutung“, beschloss Obito, aber dachte ein letztes Mal zurück an jenes Genjutsu, in dass er geraten war und dass zu seiner Entscheidung geführt hatte Madara Uchiha und Tobi und schließlich ein Niemand zu werden. Er hatte das immer anders geplant. Er hatte mit Rin und mit Kakashi leben wollen, auch dann noch, als Rins Leiche ein zweites Mal, und dieses Mal wirklich, vor ihm gelegen hatte. Operation: Mondauge war nie Böse gemeint gewesen (jedenfalls nicht von ihm) und er wusste nicht, wann es zu etwas Bösem geworden war.

„Es tut mir Leid, Obito. Ich hab nie gewollt, dass es so kommt. Ich hab mit euch leben wollen“, sagte Kakashi und wusste nicht, wie ähnlich seine und Obitos Träume immer gewesen waren.

Obito schnaubte, dann schniefte er leise und machte ein Geräusch, dass wie: „Ja“, klang.
 

Der Niemand war fort. Madara Uchiha und Tobi waren es schon lange. Keinen von ihnen hatte er je gemocht, aber sich selber noch weniger. Doch jetzt war Obito da. Obito Uchiha war am Leben. Noch für ein paar Stunden bis zum Morgengrauen und dann sühnte er für all seine Fehler.

Er blickte rüber zu Kakashi, der bei ihm war in seiner letzten Nacht. Obito drängte die Tränen zurück, die schon Jahre nicht mehr da gewesen waren.

Da war Hass. Obito hasste Kakashi Hatake. Weil er Rin hatte sterben lassen. Weil er nie nach ihm gesucht hatte. Und am allermeisten hasste Obito ihn, weil er niemanden lieben wollte.

„Ich will, dass du verschwindest“, sagte der Uchiha und beide vermissten sie eine Beleidigung, die auf diese Worte zu folgen hatte.

„Ich kann nicht. Ich will mit dir abschließen. Aber ich weiß nicht wie.“

„Du bist so dumm, Kakashi. Du hast längst mit mir abgeschlossen. Schon längst.“

Der Hatake schüttelte den Kopf. So stimmte das nicht. Er hatte irgendwann hingenommen, dass Obito tot war, vergessen hatte er ihn nie. Obito hatte ihn zu dem gemacht, der er heute war. Er hatte ihn immer begleitet.
 

„Warum hast du es getan?“, fragte Kakashi, weil er in diesem Moment glaubte, es wäre die einzige noch zu stellen wichtige Frage. Doch sein Gegenüber schüttelte den Kopf.

„Ich bin kein Heiliger“, sagte Obito in dieser Nacht, „aber ich habe nichts mehr zu verbergen. Kannst du das auch von dir behaupten?“ Er grinste sein altes Grinsen. Er wusste, dass Kakashi so viel zu verbergen hatte.

„Nein.“ Der Hatake dachte an Mae und sein Baby in ihrem Bauch. Davon konnte er Obito nie erzählen, denn Mae und dieses Kind waren zu gut um in das hier rein gezogen zu werden. Spräche er jetzt von ihnen, währen sie doch nichts weiter als ein Beweis für sein Überleben und sie waren so viel mehr als das. Auch Rin war das gewesen. Es gab solche Menschen.

Die Männer schwiegen, aber als draußen die Sonne aufging, begann Obito von seiner Traumwelt zu erzählen.

„Ich wollte eine Welt aus Liebe und Friede, eine Welt für Gewinner. Ich wollte eine Welt nur aus dem, ohne Hass und Leid. Am allermeisten wollte ich eine Welt, in der Rin am Leben ist. Aber ich hab auch an dich gedacht. Ich wollte immer mit euch leben.“ Jetzt wo er es aussprach, klang alles wie ein romantischer Traum, aber das war egal. Es hatte nie mehr sein sollen. Es war seine Traumwelt.
 

„Ganz am Anfang hatte ich keine bösen Absichten. All das sollte etwas Gutes sein. Irgendwann auf dem Weg bin ich verloren gegangen.“
 

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13 Tage und 15 Stunden nach Kriegsende
 

In der Stunde nach Obitos Tod saß Kakashi im Gras. Er blickte auf den Fleck platt gedrückter Erde, auf dem jahrelang das Heldendenkmal stand. Es gab keinen Ort an dem er heute lieber wäre als an diesem. Obito und er waren nicht als Freunde auseinander gegangen, aber sie waren auch keine Feinde. Kakashi fand kein Seelenheil in der Hinrichtung seines alten Kameraden. Ein erstes, winziges Stück Seelenheil hatte er gestern Nacht gefunden. Er hatte begonnen Obito zu vergeben und mit dem sich selbst. Es war ein langer Weg, aber er war nicht alleine. Er hatte Verantwortung und Leute, die ihn liebten. Er brauchte keine Traumwelt.

Und Kakashi Hatake war froh, nicht auf dem Schlachtfeld gestorben zu sein.
 

by Jessa_



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SarahSunshine
2013-02-09T18:51:27+00:00 09.02.2013 19:51
Hallo!
Erst mal möchte ich mich herzlich dafür bedanken, dass du eine Fanfiction für meinen Wettbewerb eingesendet hast.

Leider ist deine Geschichte nicht regelkonform, weshalb ich dich für den Wettbewerb disqualifizieren muss. Ich sehe keine Relation zu meinem vorgegebenen Thema. Du hast immer nur kleine Andeutungen gemacht, wie ein familiäres Verhältnis von Team 7, Kakashis anscheinend neuer Familie (mit einem unbekannten/eigenen Charakter – was verboten war), der Beziehung von Kakashi und Obito, wovon leider nichts gefragt war.

Dennoch möchte ich dir gerne einen Kommentar hinterlassen, da ich mich mit der Geschichte auseinander gesetzt habe.

Insgesamt finde ich die Idee sehr schön. Das Leben nach dem Krieg zu schildern lässt einem Autor immer sehr viele Türen offen, besonders wenn vom Manga her noch nichts vorgegeben ist. Allerdings habe ich das Gefühl, dass du sehr viel mehr Handlung hattest einbauen wollen. Einige Themen hast du einmal angeschnitten und dann verworfen. Du hast immer wieder neue Handlungsstränge angeschlagen, die für mich nicht im Zusammenhang mit den vorherig gewählten Szenen stehen. Dass du die jeweiligen Geschichtsabschnitte immer mit x Stunden/Tage bevor... gekennzeichnet hast, hat mir sehr gut gefallen, aber am Inhalt hat es dann leider ein bisschen gehapert. Man erkennt an der Wortanzahl, dass du sehr viel Inhalt eingebracht hast und ich denke, dass da noch sehr viel mehr reingehört hätte, um die Geschichte komplett abzurunden.
Du springst von einer Szene mit diesen Figuren zur nächsten mit anderen Figuren und da hat mir oft der Zusammenhang gefehlt. Du versuchst viele Figuren einzubauen, darunter das komplette Team 7, selbst mit Yamato und Sai, dann das Team Kakashi inklusive Kushina und ein eigener Charakter, über den man meiner Meinung nach viel zu wenig erfährt – sofern sie nur eine Randfigur sein soll, was ich nicht so empfinde, wurde zu viel gesagt. Ich denke manchmal ist weniger mehr und wenn du dich auf die Sicht von Kakashi beschränkt hättest, hätte das eigentlich schon gereicht, da du ohnehin überwiegend seine Sicht beschreibst.
Einigen Szenen fand ich etwas aus der Luft gegriffen, wie der plötzliche Einwurf von Rins Schwangerschaft und dass dieses Kind von Kakashi sein soll, nur um es als Beispiel zu nehmen. Aber von Kakashis Seite aus wird darauf kaum eingegangen. Ja, er nimmt Notiz davon, ja er fragt noch einmal nach, aber sonst fehlen mir da seine Gedanken und Gefühle von denen man nicht viel erfährt.

Sakuras Charakter hast du meiner Meinung nach sehr gut getroffen, jedenfalls kann ich alle ihre Handlungen nachvollziehen und vor allem das provokante Gespräch zwischen Obito und ihr hat mir sehr gut gefallen. Auch Obitos Darstellung hat mir sehr gut gefallen, dass du unter anderem die Rolle von Madara und ihn schlussendlich als einen Niemand bezeichnet hast, in dem der wahre Obito doch noch einmal geweckt wurde, kam sehr gut rüber. Bei Kakashi hingegen frage ich mich, ob er wirklich so reagieren und sein würde. Er ist bei dem Kampf gegen Pain ja schon quasi gestorben, hat sich in der Zwischenwelt mit seinem Vater unterhalten und ist dann zurückgekehrt. Ich denke nicht, dass er das Leben dann doch wieder so leichtfertig wegwerfen wollen würde, auch wenn ihm Fehler, die er gemacht hat, bewusst werden. Der Rest wurde meistens nur in einer Szene erwähnt, dass ich mir um sie nicht sehr viele Gedanken gemacht habe, wenn ich ehrlich bin.

Beim Formalen kann ich nur wenig meckern. Wie gesagt, mir gefällt die sinnbildliche Unterteilung, der du dich bedient hast. Ein paar Formulierungen sind aus meiner Sicht unglücklich gewählt. Darunter fällt aus meiner Sicht auch „Der Hatake | Der Uchiha | Der/Die Nachname“, nach meinem persönlichen Empfinden kann man solche Synonyme für eine Figur weglassen und sich anderer bedienen. Was mir des weiteren negativ aufgefallen ist, dass du dich sehr oft des Wortes „Sensei“ bedient hast. An sich stört es mich nicht, wenn das erwähnt wird, wenn einer der Lehrer so angesprochen wird, da es ja genauso wie „-sama, -san, -kun, -chan usw.“ gehändelt wird, aber im normalen Erzählstil würde ich es eher durch das Wort „Lehrer“ ersetzen. Du hast sehr oft in der geschichtlichen Erzählung „Kakashi-Sensei“ geschrieben, wenn du Sakura genutzt hast und das schlug mir nach einiger Zeit aufs Gemüt. Für Kakashi kannst du noch viele andere Synonyme nutzen, beispielsweise „Shinobi, Ninja, Jonin, Mann, Lehrer etc“. Rechtschreibfehler habe ich nur wenige gefunden.

Die Kurzbeschreibung ist sehr, sehr kurz gehalten und wenn ich ehrlich bin, hat sie mich nicht so neugierig gemacht, dass ich gesagt habe: Hey! Die will ich jetzt sofort lesen! Mir fehlt da ein bisschen der Spannungsbogen, der einem die Geschichte schmackhaft macht.

Die Charakterbeschreibungen finde ich schön und passend. Ich weiß zwar nicht, warum du das Alter erwähnt hast, da es in der Geschichte eigentlich keine tragende Rolle gespielt hat, aber trotzdem finde ich die Gestaltung sehr schön. Die drei waren ja auch die tragenden Figuren in der Geschichte.


Ich hoffe, du nimmst diesen Kommentar nicht zu persönlich, sondern siehst ihn als konstruktive Kritik. Nichts von dem Gesagten ist böse oder als Angriff gemeint. Insgesamt finde ich die Geschichte gut, aber an einigen Stellen durchaus noch verbesserungsfähig.

Liebe Grüße
SarahSunshine



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