Zum Inhalt der Seite

Wolkenschlösser

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Im Bus...

Es wirken mit:
 

Eine Betonlandschaft,

Verfolgungswahn

und Graffitiblüten.
 

Die Luft im Bus ist stickig und der Verkehr in London, wie immer abscheulich.

Ich sitze an einem Fensterplatz im vorderen Bereich, neben mir eine ältere Dame, welche es sich vor ein paar Minuten dort bequem gemacht hat.

Sie hat diesen typischen Geruch nach zu viel Prafüm und Zigaretten an sich haften, welcher einem das Atmen erschwert. Ihre Haare sind kurz und grau. Ihre Kleider dagegen farbenfroh und viel zu jugendlich für ihr faltiges Gesicht. Mit ihren krallenartigen Händen, umklammert sie eine schwarze Handtasche, als wäre sie ihr kostbarster Besitz.

Ich rücke näher an das Fenster und lehne meine Stirn gegen die kühle Scheibe. Ich schließe die Augen und seufze leise auf. An der Bushaltestelle, packten mich plötzlich furchtbare Kopfschmerzen, welche durch den Sauerstoffmangel hier im Bus und dem markanten Geruch meiner Sitznachbarin nur noch gefördert worden sind.

Ich sollte wirklich versuchen länger zu schlafen. Den Lehern war bereits meine Unkonzentriertheit aufgefallen. Ich war jedoch davon überzeugt, dass sie lediglich meine dunklen Augenringe bemerkt hatten, dank denen ich aussah wie ein wandelnder Toter. Man hätte mir für meinen Geburtstag anstelle der Bücher eine neue Matratze kaufen sollen. Dann läge ich bequemer und würde auch gar nicht erst in Versuchung kommen, bis zwei Uhr morgens zu lesen.

Ich richte mich wieder auf. Miss 'Ich-bin-zwar-bereits-60-kleide-mich-aber-wie-mit-Mitte-20' wirft mir ständig verstohlene Blicke zu, als würde sie darauf warten, dass ich mich beim nächsten Halt auf sie stürzen und mit ihrer billig aussehenden Tasche davon nachen würde. Ich verdrehe die Augen. Im Alter befällt einige Leute wohl der Verfolgungswahn.

Ich wende mich wieder dem Fenster zu. Der Bus fährt durch eine Betonlandschaft.

Bürogebäude. Schandflecke in der sonst so blankgeputzten Stadt. Hier und da, blüht Graffity an den Wänden. Überquellende Mülleimer, verwaiste Bushaltehäuschen und mangelhaft gepflegte Grünfläschen runden das Bild noch ab.

Manchmal wünschte ich mir wirklich, ich würde auf dem Land leben, aber dann kommt mir wieder unser gemütliches Reihenhaus mit dem wild wucherndem Garten und dem windschiefen Dach in den Sinn und ich bin doch ganz froh darüber, ein Großstadtkind zu sein.

Der Bus bewegt sich nur schleichend vorwärts. Ich hätte zu Fuß gehen sollen, dann wäre ich schneller da gewesen. Als ich gerade darüber nachdachte, ob ich von nun an nicht vieleicht vom Bus auf meinen Drahtesel steigen sollte, trotz des gefährlichen Verkehrs, gab mein Handy einen Laut von sich.

Meine Sitznachbarin zuckte zusammen und sah mich vorwurfsvoll an. Als hätte sie noch nie eine Ente gehört. Ich ziehe das Handy aus meiner Hosentasche und sehe mir die Nachricht an.
 

„Wie wärs? Treffen wir uns morgen nach der Schule in der Milchbar?

Grace“
 

Die Milchbar, Zufluchtsort für alle gelangweilten Erwachsenen, genervten Teenager und verliebten Pärchen, der Umgebung. Außerdem machten sie das beste Pistazieneis der Welt. Einen besseren Treffpunkt gab es also nicht, wenn man davon absah, dass wir eigentlich unser Biologieprojekt fertig machen wollten und eine Bibliothek dafür geeigneter wäre.

Der Bus hielt zuckelnd an meiner Haltestelle und ich musste meine Antwort auf später verschieben. Ich räusperte mich einmal und sah die alte Dame erwartungsvoll an. Sie musterte mich einen Moment lang abschätzend, stand dann aber auf um mir den Weg freih zu machen. Natürlich nicht, ohne ihre Tasche an ihre Brust zu pressen und mich mit einem triumphierenden Blick anzusehen. Versteh einer die alten Leuten.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück