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Wir-Das heißt du und ich

von

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Ein leises Schmatzgeräusch war zu vernehmen, das rascheln einer Bettdecke und schließlich ein dumpfer Ton. Das Kreischen einer Eule durchbrach die angehende Stille, der Wind rauschte und die Straßenlampe vor dem Fenster flackerte und warf ein gruseliges Licht in den Raum. Über das blasse Gesicht, des Jungen, welcher vor wenigen Sekunden noch aus dem Bett gefallen ist, tanzten unruhige Schatten, während er sich langsam aufrichtete.
 

Die hellen Augen waren noch halb geschlossen und Tränen hatten sich in seinen Augenwinkeln gesammelt. Ständig zuckte der schmale Körper zusammen, krümmte sich unter den Herz zerreißenden Schluchzen. Bilder zogen vor seinem inneren Augen vorbei. Sein Bruder wie er weinend unter der alten Eiche saß. Sein Bruder, wie er ihn, hysterisch lachend, an den Schultern gepackt hatte. Wie er ihn angesehen hatte. Voller Schmerz und Trauer war sein Blick gewesen.
 

Kaoru schauderte es immer noch, wenn er daran dachte. Sein Zwilling sah so einsam, verlassen und verzweifelt aus und er konnte nicht helfen. Er hatte einfach da gestanden und nichts getan. Überhaupt nichts. Er hätte helfen müssen! Das war seine Pflicht als Zwilling! Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, war er nicht einmal im Krankenhaus gewesen, als Hikaru aufgewacht war! Dabei wusste er doch, dass sein Zwilling nicht in Krankenhäusern schlafen konnte.
 

Sich Vorwürfe machend rannte er die Treppen des Anwesens hinunter. Kaoru war es egal, ob er die wenigen Angestellten, die hier nächtigten, aufweckte. Ihm war es egal, dass er nur ein dünnes T-Shirt und eine kurze Hose an hatte. Genau genommen war ihm alles egal, solange er so schnell wie nur irgendwie möglich zu seinem Bruder kam.
 

Die Jacke wurde von der Garderobe gerissen, die Füße in das erstbeste Paar Schuhe gesteckt die er finden konnte und dann die große Tür der Villa aufgerissen. Kalte Luft wehte Kaoru entgegen und ließ das rote Haar im Wind tanzen. Der Windzug ließ ihn frösteln und das Pfeifen des Windes, gepaart mit den Rufen einer Eule, vermutlich die gleiche die vor ein paar Stunden so laut geschrien hatte, dass er aus dem Bett gefallen war, verlieh der Nacht etwas unheimliches.
 

Er hasste Neumondnächte. Es war stockduster und er mochte die Finsternis nicht. Leider war es aber genau an diesem Tag Neumond, was die gesamte Situation nicht unbedingt verbesserte. Aber Kaoru wollte sich keine Angst machen lassen. Weder von dieser dämlichen Eule, noch von der Dunkelheit. Er musste nun stark sein. Für seinen Bruder. Für Hikaru. Den Menschen, der ihm das Liebste auf der Welt war. Seinem Zwilling.
 

Entschlossen straffte der Hitachiin die Schultern. Er durfte Hikaru jetzt nicht hängen lassen. So war es nun einmal. Er hatte schon genug Zeit damit vergeudet, dumm im Türrahmen zu stehen. Jetzt war handeln angesagt. Seine Füße setzten sich in Bewegung, liefen durch den Schlamm, welcher sich auf den Wegen angesammelt hatte.Er hatte nur ein Ziel: Das Krankenhaus, Zimmer 452, Hikaru.
 

Mir zusammengekniffenen Augen starrte Hikaru die Decke an. Sie war weiß. Er drehte den Kopf zu der Wand rechts von ihm, dann zu der links von ihm. Ebenfalls weiß. Genauso wie deie Wand vor ihm, der Boden, das Bett und der Fensterrahmen. Das einzige, was in diesem Zimmer nicht weiß war, waren wohl seine Augen, Haare und das hässliche Krankenhauskleidchen, in welchem er nun schon seid neun Stunden in einem weißen Bett lag.
 

Seine Haare und Augen brachten ihm jedoch nicht sehr viel, schließlich konnte er sie nicht sehen, weswegen er sich wohl mit dem Minzgrünen Fetzen begnügen musste. Doch schon nach ein paar Minuten des Anstarren, brannte das Grün in seinen Augen und Hikaru wendete seinen Kopf wieder ab. War so wie so nicht interessant. Da konnte er genauso gut die Decke anstarren. Weiß.

Er hasste weiß. Es war eine schreckliche Farbe. Nun, genau genommen nicht einmal das. Er wollte sich aber nicht Gedanken darüber machen, ob weiß nun eine Farbe war oder nicht. Für ihn zählte nur, das weiß langweilig war. Da konnte es noch so viele Bedeutungen haben, weiß war, ist und bleibt langweilig.
 

Seufzend drehte er den Kopf wieder zur Seite, um die weiße Tür, an welcher ein kleines Schild mit der Aufschrift '452' angebracht war, anzustarren. Kaoru war immer noch nicht gekommen. Die Tür war nicht aufgegangen, an die Wand geprallt und hatte auch keinen Blick auf einen völlig aufgelösten Jungen preisgegeben. Kaoru war weder an sein Bett gerannt und hatte gefragt wie es ihm ging, noch hatte er sich zu ihm auf die Matratze gelegt, sich an ihn gekuschelt und gesagt das alles gut wird.
 

Nichts von all dem war passiert und Hikaru kam sich mit jeder Minute die verstrich verlassener vor. Alleine. Einsam. Hatte er seinen Zwilling verschreckt? Hatte dieser nun Angst vor ihm? Warum hatte er sich nicht besser unter Kontrolle? Tränen benetzten die bleichen Wangen, welche noch blasser waren als sonst. Ein leisen Schluchzen verließ Hikarus Kehle, durchdrang den Raum.

Erschrocken schlug sich Hikaru die Hände vor den Mund. Er wollte nicht weinen. Nicht jetzt. Nicht hier. Er wollte nur noch in Kaorus Armen liegen, den Kopf in der Halsbeuge seines Zwillings vergraben und dessen Duft inhalieren.
 

Ein Schluchzen unterdrückend schloss er die Augen, welche in dem letzten Jahr so leer geworden waren. Es war besser so, dachte sich der ältere Hitachiin. Mit dem Gedanken, dass nun wenigsten niemand mehr seinen Schmerz sehen konnte, schlief er ein. Er merkte nicht mehr, wie eine Krankenschwester die Tür öffnete, um einen Jungen Mann den Raum betreten zu lassen. Er bemerkte nicht, wie sich eben dieser auf dem Rand des Bettes niederließ und seine Hand nahm.
 

Mit einem Lächeln im Gesicht sah der junge Mann, Kaoru, auf das schlafende Gesicht seines Bruders herab. Liebevoll strich er über die feuchten Wangen und gab seinem Zwilling einen Kuss auf die Stirn. Vorsichtig legte Kaoru seinen Kopf auf der Brust Hikarus ab und lauschte dessen Herzschlag. Langsam schloss er die Augen, das stetige Pochen des Herzens seines Bruder machte ihn ganz schläfrig.
 

Er war gerade am einschlafen, als er hörte wie sein Bruder etwas im Schlaf murmelte. Neugierig beugte sich der jüngere Zwilling näher an den Mund des Anderen, um die Worte besser verstehen zu können. Ein wenig musste er lächeln, als er hörte das Hikaru seinen Namen aussprach, doch was danach aus dem Mund des Älteren kam, ließ ihn hochspringen, seinen Zwillinge entsetzt ansehen und dann aus dem Raum flüchten. Laut krachend fiel die Tür ins Schloss und ließ einen müden Hikaru aus seinen süßen Träumen schrecken.



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