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Replika - Preis der Wahrheit

Feder & Stift - Rundumwichteln für AgentAya
von

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Epilog

„In der untergegangenen Welt gab es ein Gesetz, das besagte, dass die Würde des Menschen unantastbar sei“, begann ich und mein Herz klopfte spürbar. Ich redete schnell, weil ich nicht wusste, wie viel Zeit mir blieb. Ich konnte nicht einschätzen, ob sie mich hier vor aller Augen töten würden, oder ob sie warteten, bis ich fertig war. Deshalb beeilte ich mich, um jede Sekunde zu nutzen, in der ihnen noch nicht klar geworden war, was ich hier tat.

„Aber was bedeutet Würde? Vor allem heute? Und wie definiert sich Menschlichkeit? Die Widrigkeiten der Welt, in der wir leben, bürdet uns Entscheidungen auf, die wir vielleicht nicht treffen wollen, aber treffen müssen. Die wissenschaftlichen Möglichkeiten bieten uns Verteidigungsstrategien und Fluchtwege an und jede einzelne von ihnen hat ihren Preis. Die Wahrheit ist, dass nichts an diesem System bewundernswert ist. Es ist grausam, nicht weniger als jene, die letztlich zur Zerstörung der Welt geführt haben!“

Und dann, weil ich mutig geworden war, erzählte ich ihnen, wer ich war und woher ich kam. Und meinen Namen, meinen Namen, nicht den des Originals. Erzählte ihnen, was passiert war und aus den Augenwinkeln sah ich die angespannte Haltung des Ministers. Ich hatte meine Antwort. Sie würden warten, weil sie durch meinen Tod einen größeren Aufruhr vermuteten als durch meine Worte. Das Herz wurde mir leichter weil es bedeutete, dass ich Zeit hatte ihnen die ganze Geschichte zu erzählen. Ihnen von den anderen Klonen zu erzählen, von denen, die waren, wie sie selbst. Vom dem, was uns von ihnen unterschied und vor allem all den Dingen, die es nicht taten. Und ich erzählte ihnen von Liv und all den Dingen, die ich wusste, die, an die ich glaubte, die, die ich mehr als alles andere fürchtete.

Ich wusste nicht, ob ich gut mit den Worten umging. Ich versuchte mein Bestes und für mich fühlten sie sich richtig an. Darauf, dass diese Menschen ähnlich empfanden und dass sie nicht in der Lage wären sie einfach abzutun, darauf musste ich hoffen. Musste Vertrauen haben, dass es dem Minister nicht gelingen würde, mit ihnen zu tun, was man mit uns getan hatte, wenn wir über Dinge nachdachten, an die wir nicht denken sollten. Antworten geben die so plausibel und bequem waren, so sicher, dass sie zu glauben die einzige Alternative darstellte.

„Wir haben nicht die Macht dazu, etwas an den Dingen zu ändern“, erklärte ich und die Art, auf die sie mich ansahen erfüllte mich mit einem merkwürdigen Gefühl. Sie wirkten überrascht und entsetzt, manche ängstlich, einige wütend - aber jeder einzelne schwieg und hörte mir zu, nur mir und damit auch all den anderen, für die ich sprechen musste, weil sie es nicht konnten.

„Aber ihr schon. Und alles was ihr tun müsst, ist eine Frage zu beantworten: Ist es das wert? Ist das Leben eines Menschen das Leben eines anderen wert? Wir sind Menschen - denn es gibt keinen Unterschied zwischen uns. Wir sind ihr, ihr seid wir, gleich bis zur letzten Base unserer DNS.

Und doch behandelt ihr uns wie Dinge. Sperrt uns ein und nehmt euch dann, was immer ihr wollt, ohne uns zu fragen. Ihr wollt leben, aber das wollen wir auch. Ist euer Recht größer als unseres? Und wenn es andere wie mich gibt, die vielleicht unter euch sind, wie würdet ihr es erkennen, wenn es tatsächlich einen Unterschied gibt, der euch Recht gibt?

Diese Gesellschaft nennt sich gerecht. Ist es gerecht wenn ihr leben dürft und wir diejenigen sind, die für euch bluten und für euch sterben?“

Ich endete, spürte, wie das Schweigen der Menschen sich über mich senkte um mich zu ersticken. Ich fühlte meinen Herzschlag so unendlich bewusst und dann entdeckte ich etwas, das mich lächeln und die Furcht vergessen ließ.

Ein Gesicht, das ich kannte, obgleich es sich mit den Jahren verändert hatte. Mit dem Ausdruck von Entschlossenheit. Ein grünes und ein blaues Auge, die mich anblickten. Liv. Die andere Liv, das Original, aber es gab mir Hoffnung. Wenn die Gene eines Menschen irgendeinen Einfluss darauf hatten, wer dieser Mensch war, wenn diese Frau noch etwas anderes als die Augenfarbe von dem Mädchen in sich trug, das ich gekannt hatte, dann bedeutete dieser Ausdruck in ihrem Gesicht, dass zumindest ein Mensch in dieser Menge nicht vergessen würde, was ich getan hatte. Und vielleicht auch nicht zulassen würde, dass die anderen es vergaßen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Chimi-mimi
2013-03-18T16:31:48+00:00 18.03.2013 17:31
Ah, ein bewegendes Ende. Eine schöne, nachdenkliche und so unglaublich wahre Rede.

Ich muss sagen, dass ich mir nicht sicher bin, ob die Begebenheit mit Livs Original mir gefällt oder nicht. Ich bin da zwiegespalten, ein Teil von mir findet es nämlich etwas melodramatisch und der andere findet es in Ordnung.

Eine schöne Geschichte mit einem Blick auf eine ethisch spannende Diskussion.


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