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Neuer Gott

Wer hätte gedacht...?!
von

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Neuer Freund

Kapitel 3 „Neuer Freund“
 

„Ich hoffe ich habe euch nicht erschreckt, als ich eben zusammengeklappt bin. Jetzt also einmal von vorne: Mein Name ist Koichi Kimura… und ich bin mit meiner Mutter vor kurzem in diese Gegend gezogen. Es gibt eigentlich nicht viel über mich zu sagen…“ Verlegen beendete Koichi seine Vorstellung und setzte sich auf den Platz neben Takeru. Obwohl sich Herr Minazuki um Ruhe bemühte um langsam mit dem Mathematik-Unterricht zu beginnen, wurde ihm keinerlei Gehör geschenkt. Einige der Mitschüler hatten sich in kleineren Grüppchen zusammengefunden und plauderten munter über ihre Sommerferien, während sich einige Schüler, hauptsächlich Mädchen, zu Koichi gesellten und ihn das eine oder andere zu seiner Person fragten. T.K. schmunzelte in sich hinein und dachte sich dabei: Wie gut Koichi bei den Mädels ankommt. Irgendwie ist er zu beneiden. Koichi selbst schien es nicht ganz so beneidenswert zu finden, da er alle Fragen zwar mit einer Engelsgeduld beantwortete, allerdings einen mehr oder minder genervten Unterton nicht verbergen konnte. Je genervter der Unterton wurde, desto amüsierte kicherte T.K. und musste bei der fünften Frage, ob Koichi auch wirklich sicher keine Freundin hatte, einen Lachanfall mit einem hysterischen Hustenanfall tarnen. „Spielst du eigentlich Fußball?“ Fragte Davis, der sich irgendwie zwischen den Mitschülern hindurchgeschlängelt hatte, da er bei seinem eigenen Platz zu wenig mitbekam. Koichi schüttelte daraufhin den Kopf und antwortete mit: „Auf meiner alten Schule hab ich lieber Tennis gespielt.“ „Ach ja?! Dann wirst du Sora mögen. Eine gute Freundin von uns. Sie studiert zwar mittlerweile Design, kommt aber immer noch einmal die Woche um hier freiwillig den Tennis-Club zu leiten.“ Sagte Takeru. Koichi nickte und hoffte, dass er Sora einmal kennenlernen würde. Da der Lehrer eingesehen hatte, dass ihm ohnehin keiner zuhörte, hatte er irgendwann aufgeben Formeln und Zahlen an die Tafel zu schreiben und gesellte sich zu der Menschentraube dazu und begann Koichi über dessen alte Schule auszufragen. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Koichi alle Fragen beantwortet und seufzte erleichtert aus. T.K. dachte sich dabei, dass er wohl nicht so gut mit großen Menschenmengen umgehen könne. Und offensichtlich steht er nicht gerne im Mittelpunkt, fügte er in Gedanken hinzu. Er klopfte dem Dunkelhaarigen auf die Schulter „Hast es ja jetzt geschafft!“ Lachte er, als die Mitschüler und der Lehrer endlich gingen. Koichi rieb sich nur genervt die Schläfe. Davis, der aus Faulheitsgründen auf dem Tisch von Koichi Platz genommen hatte, verbarg nicht einmal seinen Lachanfall. „Das Problem der Beliebten!“ Koichi schüttelte nur den Kopf: „Beliebt? Wohl eher Zentrum der Neugierde. Ob Koji das auch jedes Mal über sich ergehen lassen musste, wenn er in eine neue Schule kam?“ Zum ersten Mal, seit die Stunde begonnen hatte regte sich auch Kari. Sie beugte sich quer über den Tisch von Takeru und fragte dann: „Wer ist denn Koji?“ „Sein Zwillingsbruder.“ Antwortete T.K. für Koichi. Ein fürsorglicher Unterton schwang in der Stimme des Mädchens mit, als sie fragte: „Wohnt ihr getrennt?“ Koichi nickte nur. Er redete nicht gerne darüber, dass er und sein Bruder getrennt lebten, riss dieses Thema jedes Mal aufs Neue einen Riss im Herzen auf. Dem Blonden blieb nicht verborgen, dass Koichi unter der Tischplatte wieder damit begann, sich das Nagelbett blutig zu kratzen. T.K. seufzte und dachte dabei: Scheinbar leidet er unter der Trennung von seinem Bruder sogar noch mehr als ich. Liegt vermutlich daran, dass sie Zwillinge sind. „Es ist wie bei Matt und mir. Koichi wohnt bei seiner Mutter während sein Bruder beim Vater lebt.“ Während T.K. diese Worte sprach, legte er sanft eine Hand auf die rastlosen Hände Koichis. „Du solltest damit aufhören!“ Ratlos schaute Davis zu T.K., da er sich angesprochen fühlte. Auch Hikari schien nicht ganz zu verstehen, was Takeru wohl meinte. Dieser bemerkte ihre Blicke. „Ach, nicht so wichtig.“ Winkte er ab.
 

Die nächsten Stunden gingen eher ereignislos vorüber. Koichi wurde lediglich von den Lehrern in der neuen Schule und zum neuen Schuljahr begrüßt.

Nach der letzten Stunde gingen Daisuke, Hikari, Takeru und Koichi noch ein Stück gemeinsam, bevor Koichi und T.K. in eine andere Straße abbogen. Mit einem milden Lächeln verabschiedete er sich von Kari, während er Davis nur zuwinkte. Davis schaute zwischen Kari, die das Lächeln erwiderte, und Koichi hin und her. Er sagte nicht, schien sich aber seinen Teil zu denken.
 

„Und? Wie findest du unsere Schule bisher?“ Fragte Takeru. Einerseits aus Neugierde, andererseits auch um ein Gespräch zu starten. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich recht unwohl, wenn er schweigend neben Koichi herlief. Er wirkt dann immer so abwesend, dachte sich Takeru. Er wirkt dann immer so…allein. Es war vielleicht ein seltsamer Gedanke, dass Koichi - trotz Gesellschaft - einsam wirke, aber durch sein in-sich-gekehrtes Wesen schien er eben immer alle Sorgen mit sich herum zu tragen und alleine mit ihnen fertig werden zu müssen. Und eben dieser Gedanke versetzte T.K. ein seltsames Stechen in der Brust.

Auf seine Frage schaute Koichi recht lange zum Himmel hinauf, als würden die wenigen Schleierwolken ihm zuflüstern, wie er seine - wohl eher nicht ganz so netten - Gedanken in netten Worten verpacken könnte.

„Aufdringlich!“ War schließlich die Antwort. „Ich mag es ehrlich gesagt nicht im Zentrum des Interesses zu stehen… Mir wird so etwas schnell zu viel…“ Koichi seufzte und schaute den Blonden dabei mit schiefem Blick an. „Falls du verstehst, was ich meine…“ Der Angesprochene zuckte als Antwort nur die Schultern - ihm selbst erging es eher weniger so. Er war gerne unter Menschen und fand es wirklich toll, einen sehr großen Freundeskreis zu haben. Seit seine Eltern sich in seiner frühen Kindheit hatten scheiden lassen, war er oft und lange allein gewesen, weshalb er sehr froh darüber war, wenn ihm jemand seine Aufmerksamkeit hatte zuteilwerden lassen. Er mochte es nicht alleine zu sein und war wirklich glücklich darüber, Freunde gefunden zu haben, die immer an seiner Seite waren.

„Wer ist eigentlich Matt?“ Fragte Koichi um das Thema zu wechseln. Nun legte der Blonde seinerseits den Kopf schief. „Hab ich das nicht erzählt?“ Durch das Kopfschütteln Koichis fiel ihm ein, dass er tatsächlich nur kurz Kari erklärt hatte, dass die Zwillinge - ebenso wie er und Matt - getrennt lebten. Kari hatte er nicht erklären müssen, wer Matt ist. Er hatte gar nicht bedacht, dass Koichi eben selbiges nicht wusste.

„Mein älterer Bruder. Wie du dich vielleicht erinnerst, hab ich ja schon erwähnt, dass wir getrennt leben.“ Daraufhin nickte Koichi. „Kannst du dich an die Kindheit mit deinem Bruder erinnern?“ Kopfschüttelnd erklärte Takeru: „Ich kann mich wenn überhaupt nur an einzelne Bilder erinnern. Das, was ich über meine frühe Kindheit weiß, hat mir alles mein Bruder erzählt. Er erinnert mich übrigens ziemlich an Koji…“ Bemerkte er nebenbei. „Ach ja?“ „Mhm. Er ist auch dieser „einsame Wolf“-Typ. Wie dein Bruder. Zumindest soweit ich es beurteilen kann. Ich kenn ihn ja noch nicht wirklich lange oder gut genug um mir ein wirkliches Bild machen zu können…“ Koichi schaute betreten zu Boden - und gab damit unbewusst Takeru wieder das Gefühl, etwas Falsches gesagt zu haben. Er hasste es wieder sehen zu müssen, wie Koichi sich das Nagelbett aufkratzte. Mit bestimmendem, aber sanftem Druck, riss er Koichis Hände von einander los und hielt sie zwischen den eigenen fest. Die Stimme war dabei ebenso bestimmend und sanft wie seine Hände, als er sprach: „Du sollst das doch lassen!“ Er ließ Koichis Hände wieder frei - allerdings nicht ohne mit einem tadelnden Blick die aufgerissenen und blutigen Kratzer zu betrachten. Koichi schaute zur Seite und zog seine Hände zur Brust. Takeru seufzte und wollte schon etwas sagen, als Koichi antwortete: „Ich kenne meinen Bruder auch nicht viel besser als du es tust…Obwohl wir Zwillinge sind. Versteh mich nicht falsch. Er ist die wichtigste Person in meinem Leben und ich bin überglücklich ihn zu kennen,… aber irgendwie…“ Koichi schien nach den richtigen Worten zu suchen um seine Gefühle auszudrücken. Als ihm keine einzufallen schienen, blieb er mit hängendem Kopf stehen. Takeru ging ein paar Schritte, drehte sich zu ihm um, schloss kurz die Augen und griff den Dunkelhaarigen dann am Handgelenk und schleifte ihn einige Meter hinter sich her, bis er sich sicher war, dass Koichi wieder von alleine weiter lief. „Du brauchst dich ja nicht zu rechtfertigen…“ Er drehte sich über seiner Schulter zu Koichi und lächelte ihm aufmunternd zu „…nur pass bitte besser auf dich auf…“
 

Takeru war überrascht Stimmengewirr zu hören, als er die Haustür aufschloss. „Bin wieder da!“ Rief er in die Wohnung hinein und hörte ein fröhliches „Willkommen Zuhause!“ als Antwort. Als er in die Küche ging, sah er seine Mutter an der Kaffeemaschine und am Küchentisch eine dunkelhaarige Frau, mit den gleichen tiefen, dunklen Augen, denen er eben im Fahrstuhl noch „Bis morgen“ gesagt hatte. Er musste nicht einmal nachfragen um zu wissen, dass es sich um die Mutter der Zwillinge, Tomoko Kimura, handeln musste. „Du bist bestimmt Takeru. Koichi hat gestern schon von dir erzählt. Vielen Dank, dass du beim Aufbauen geholfen hast.“ Ihre Stimme hatte den gleichen Klang wie die von Koichi und Koji und ihre Ausstrahlung war, trotz des fröhlichen Lächelns, ebenso schwermütig wie die ihres älteren Sohnes. T.K. nickte nur und schien nicht so ganz zu wissen, was er sagen sollte. Das unangenehme Schweigen wurde aber schnell von Tomoko unterbrochen, die sich entschuldigte und nach oben wollte um Koichi von der Schule zu begrüßen.

„Frau Kimura ist wirklich sehr freundlich!“ Sagte seine Mutter, bevor der Blonde fragen konnte, was sie hier zu erledigen hatte. „Sie wollte sich eigentlich nur bedanken, dass du gestern so geholfen hast.“ Sie lächelte ihren Sohn dabei mit einem schiefen Lächeln an. „Ich hab sie dann spontan auf einen Kaffee eingeladen. Man kann sich wirklich sehr gut mit ihr unterhalten.“ Nach einem tiefen Seufzten fügte sein Mutter noch hinzu: „Als allein erziehende Mutter kennt sie zu gut meine Situation. Ich bin wirklich froh, dass du dich mit Koichi angefreundet hast.“ Takeru nickte nur. „Davon abgesehen; wie war dein erster Schultag?“ T.K. zuckte mit den Schultern. „Wie immer…“ War die ausweichende Antwort. Was sollte er ihr auch großartig erzählen? Dass er sich fast mit Davis geprügelt hatte? Oder etwa dass die alten Digimon-Akten wieder aufgerollt werden mussten, wegen Karis Besuch am Meer der Dunkelheit? Seine Mutter seufzte nur wegen der vagen Aussage, hatte aber keine Zeit sich länger damit zu beschäftigen, da sie direkt wieder in ihre Redaktion musste um einen wichtigen Artikel mit ihrem Chef durchzusprechen.
 

Für einen Augenblick war Takeru am überlegen, ob er nicht doch lieber runter gehen sollte - er wollte nicht, dass Koichi ihn für zu aufdringlich hielt. Nach einem tiefen Seufzen drückte er die Klingel und wollte schon wieder runter gehen, als hinter ihm doch noch die Tür geöffnet wurde. „Warte doch. Was gibt´s denn?“ Hörte er die leise Stimme Koichis. Er drehte sich wieder um und ihm fiel dabei einfach keine Ausrede ein, warum er hier war. Er wusste es ja selbst nicht einmal…Anstelle auf eine Antwort zu warten, machte Koichi die Tür frei um T.K. eintreten lassen zu können. „Hast du Hunger? Ich mache gerade Essen…“ Takeru hatte tatsächlich noch nichts gegessen, was er just in diesem Moment bemerkte, da er den Duft von gutem Curry roch.
 

Das Curry war wirklich verdammt gut - Takeru musste gestehen, dass er nicht gedacht hätte, dass Koichi ein solch guter Koch war. Beim Gespräch am Essenstisch hatte er erfahren, dass Koichi vor allem immer koche um seine Mutter zu entlasten. „Ich möchte nicht, dass Mama immer von ihrer harten Arbeit wieder nach Hause kommt und sich dann auch noch um mich kümmern muss. Und es ist doch schöner von einem warmen Essen, als von einem hungrigen Sohn begrüßt zu werden!“ Takeru musste bei diesen Worten Koichis einsehen, wie erwachsen der andere Junge im Vergleich zu ihm war.
 

Nun saßen die beiden Jungen schweigend auf dem Bett von Koichi, jeder mit einem Buch in der Hand, das ihnen ihre Englisch-Lehrerin aufgedrückt hatte. Bis Ende nächster Woche sollten sie es fertig gelesen haben und einen Bericht für die Klasse anfertigen. Takeru sollte „Alice im Wunderland“ präsentieren und Koichi „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. Letzterer hatte sich das Buch selbst ausgesucht - sehr zur Verwunderung der restlichen Klasse. Und vor allem war der Blonde erstaunt mit welchem Lesetempo Koichi das Buch durchlas. Während er selbst sich gerade Mal durch die ersten paar Seiten gequält hatte, war der Dunkelhaarige beinahe vollständig mit dem Lesen durch. Mit einem Seufzen schloss Koichi schließlich das Buch, legte es zur Seite und streckte sich. „Bist du etwa schon fertig?!“ Fragte Takeru ungläubig. Mit einem scheuen Lächeln nickte Koichi nur. „Aber…Wir haben das Buch doch heute erst bekommen?! Wie schnell liest du bitte?!“ Koichi zuckte nur mit den Schultern „Ich mache meine Hausaufgaben immer am ersten Tag…“
 

Koichi war kurz aus dem Raum gegangen um ein wenig was zu Trinken und zu knabbern zu holen. Nachdem er das Tablett neben Takeru auf das Bett gestellt hatte, machte er sich daran einen Tisch für selbiges aufzubauen. Denn auch wenn das Bett und der Kleiderschrank standen, der Rest war noch in Kisten an der Wand gestapelt. Takeru schaute abwechselnd auf das Buch und Koichi - und musste sich eingestehen, dass er wohl erst heute Abend wieder mit Alice ins Wunderland tauchen würde. Ein Eselsohr in der Ecke, damit er die Seite wiederfinden würde, und er gesellte sich zu Koichi, der ohnehin gerade auf Hilfe angewiesen war, da er gerade versuchte eine viel zu schwere Kiste anzuheben. „Warte, ich helfe dir!“ Dankbar lächelte Koichi und gemeinsam stellten sie die Kiste in die Mitte des Raumes. Kaum dass Koichi die Hände von der Box nahm, fiel der Blick von Takeru auf selbige. Kopfschüttelnd seufzte er bei dem Anblick von den aufgekratzten Rändern der Fingernägel.

Er hob sachte die Hände von Koichi mit den eigenen hoch und betrachtete sie besorgt. Warum macht er das nur immer wieder? , dachte sich der Blonde. Wenn er ein Problem hat, kann er doch darüber sprechen. Er versuchte Koichi in seine tiefen, dunklen Augen zu schauen, allerdings hatte dieser den Blick abgewendet und schaute gen Boden.

T.K. wollte die Hände von Koichi wieder loslassen, als ein lautes „Rumms“ hinter ihm, ihn zusammenzucken und die Hände des anderen nur noch kräftiger zusammendrücken ließ.
 

„Stör ich?!“ Fragte der Junge mit den gleichen tiefen, dunklen Augen, wie eben jenen, den T.K. gerade gegenüberstand. Koji. Der Blonde folgte dem Blick von Koji - er hatte noch immer die Hände von Koichi in seinen eigenen. Mit einem Mal ließ er selbige los. „Entschuldige!“ rief er seinem Gegenüber zu. Dieser lächelte ihn er dankbar als vorwurfsvoll an. Anstelle eine Einladung oder ähnliches abzuwarten, trat Koji ein und warf sich rücklings auf das Bett seines Zwillingbruders. „Was..“ Takeru kam gar nicht dazu seine Frage zu beenden, da ein strenger Blick von Koichi ihn zum Schweigen brachte. Selbiger setzte sich zu seinem Bruder auf das Bett. Takeru überlegte ob er nicht lieber gehen und die Brüder allein lassen sollte; griff sich aber letzten Endens einen der eben von Koichi aufgebauten Stühle und setzte sich ebenfalls ans Bett.
 

Koji schien richtig, richtig wütend zu sein. Bevor er überhaupt erzählte WAS denn nun eigentlich passierte, ließ er eine Salve von Beleidigungen über den Raum und die schweigenden Jungen ergehen. „Ich muss schon wieder umziehen! Ich hab so keinen Bock mehr! Der fünfundvierzigste Umzug! In zehn Jahren! Ich kann sein ewiges „Nur noch dieser! Nur noch dieser eine Umzug!“ -Getue echt nicht mehr ab! Wofür pack ich überhaupt noch die Kisten aus?! Ich such mir nicht mal mehr Freunde! Bringt ja doch nichts!“

„Wenn es dich so stört, zieh doch einfach zu deinem Bruder.“ Schlug Takeru unbedarft vor. Das betretende Schweigen und die Blicke, die die Brüder austauschten, waren genug für den Blonden um zu verstehen, dass er scheinbar etwas Falsches gesagt hatte. Koji richtete sich auf und schaute T.K. dabei mit einem unterkühlten Blick an. „Hast du…“ Weiter kam er nicht, da Koichi plötzlich seine Hand festhielt. Schaute er zunächst nur kurz zu Koichi, blieb sein Blick plötzlich besorgt auf seinem Zwilling liegen. Er behielt Koichis eine Hand weiter fest, seinen anderen Arm legte er um seinen Zwillingsbruder. Auch Takeru beachtete nun Koichi und vergaß beinahe das Atmen: Koichi hatte mit der einen Hand die seines Bruder gegriffen. Mit der anderen krallte er sich in die Brust, war vorn über gebeugt und atmete schwer. Plötzlich riss er die Hand von Koji los und hielt sie sich während eines plötzlichen Hustenanfalls vor den Mund. Schockiert betrachteten die beiden anderen Jungen danach die Handfläche von Koichi, in der sie einige Tropfen Blut sahen. Noch schockierter als über das Blut selber waren sie über die Farbe: Anstelle eines samtenen Rot war es tiefschwarz! „Koichi…“ Koji warf über Koichi hinweg zu dem Blonden einen hilfesuchenden Blick und rief: „Los! Jetzt lauf schnell zu Mama, dass sie einen Krankenwagen ruft! Ich bleib bei Koichi!“ T.K. nickte nur und lief los.
 

Als Takeru wieder kam, sah er wie Koichi mit einem Mal aufhörte zu zucken und zu keuchen und

bewusstlos zur Seite kippte, wo er von seinem Bruder aufgefangen wurde. Im Hintergrund hörte er Fräulein Kimura aufgeregt am Telefon, sah wie Koji Koichi festhielt und fühlte sich mit einem Mal so unglaublich nutzlos. Er riss die Augen auf, als er plötzlich sah, dass sich Koichi aufzulösen schien. Er blinzelte und musste sich eingestehen, dass er sich das wohl eingebildet hatte. Nur warum guckt Koji plötzlich so verwirrt? Habe ich mir das etwa nicht eingebildet? Bei Kari war das damals doch genauso? Oder irre ich mich? Er seufzte und setzt sich neben Koichi auf das Bett, um als stiller, nutzloser Betrachter auf den Krankenwagen zu warten.
 

Im Krankenhaus hatten die Ärzte ihnen mitgeteilt, dass sie keine Ursache für die plötzlichen Schmerzen Koichis hätten - den Dunkelhaarigen allerdings zur Überwachung über Nacht im Krankenhaus behalten wollten.
 

Takeru war losgegangen um ein wenig was zu Trinken zu besorgen. Als er wieder das Zimmer des Jungen mit den tiefen, dunklen Augen betrat, sah er wie Koji bei Koichi auf dem Bett saß und sachte den Hals des Älteren umklammert hielt, während sie Stirn an Stirn gelegt hatten. Dabei redeten sie im Flüsterton miteinander. Die Mutter von Koichi saß mit einem Stuhl schweigend in der Ecke und war auch die erste, die den Blonden bemerkte. Sie begrüßte T.K. mit einem freundlichen Lächeln und erst das „Dankeschön“ als ihr die Dose zugeworfen wurde, ließ die Zwillinge voneinander Ablassen.

Koji hat geweint… , dachte sich Takeru, als er die Tränenspuren auf den Wangen des jüngeren Zwillingbruders sah. T.K. setzte sich auf den anderen Stuhl neben dem Bett und gab sowohl Koji als Koichi eine Dose mit Limonade. „Vielen Dank…“ Sagten die beiden synchron.
 

Es war mittlerweile spät in der Nacht und Koichi endlich am Schlafen. Koji und Takeru saßen beiden schweigend an jeweils einer Seite des Bettes von Koichi. Tomoko war nach einigen Stunden wieder nach Hause gefahren - einerseits um der Mutter von T.K. Bescheid zu geben, dass alles in Ordnung sei, andererseits aber auch, da sie am nächsten Morgen wieder früh aufstehen musste. Da sie gerade erst den Arbeitsplatz gewechselt hatte, konnte sie sich nicht einfach frei nehmen - auch wenn sie es noch so gerne wollte. Ein plötzliches Klingen ließ Koji und T.K. zusammenfahren: Das Handy von Koichi ließ eine hübsche Melodie ertönen. Die beiden schauten sich überrascht an und machten sich dann auf die Suche nach dem Handy - alleine schon weil in dem Krankenhaus ein strenges Handy-Verbot herrschte. T.K. war schließlich der erste, der es aus der Jackentasche von Koichi holte und - wohl eher aus Gewohnheit, denn wirklich aus Absicht - ran ging. Er riss kurz die Augen auf, als er eine unbekannte, tiefe Männerstimme hörte. Schweigend gab er das Gerät an Koji weiter, der anders reagierte als er gedacht hatte: Mit wütendem Unterton zischte er, dass die Person es nicht mehr wagen sollte diese Nummer anzurufen. „Wer..?“ Fragte der Blonde und ein abwertender Blick Kojis brachte ihn schon dazu zu denken, dass er nie eine Antwort erhalten würde. „Mein Vater…“ Sagte der Dunkelhaarige schließlich seufzend. „Warum hast du nicht gesagt, dass Koichi im Krankenhaus liegt?“ „Weil es ihn nichts angeht!“ Koji hielt sich kurz die Hand vor dem Mund, war er doch recht laut geworden und er wollte Koichi nicht wecken. Er rieb sich die Schläfe und schien zu überlegen wie er die Situation am besten erklären würde: „Vater weiß nicht, dass Koichi und ich uns kennen…“ Takeru betrachtete ihn schweigend, war aber sehr verwundert. Wie kann er so etwas nicht wissen? Bevor T.K. seine Frage laut aussprechen konnte, wurde sie auch schon von Koji beantwortet. „ Wir wurden getrennt, als wir noch ganz klein waren. Mein Vater hat mir seitdem erzählt, dass meine Mutter tot sei! Und Koichi hat er nie mit einem Wort erwähnt! Wir haben uns auch nur per Zufall getroffen…“ Koji biss sich auf die Lippen und überlegte wohl wie er das, was danach kommt am besten erzählen könne. „Jedenfalls hab ich unsere Mutter schon kurz darauf kennengelernt, während Koichi nie Anstalten machte unseren Vater kennenzulernen - was ich durchaus nachvollziehen kann!“ T.K. verstand zum ersten Mal, was wohl in den Brüdern vorging und auch die Komplexität der Situation. Dann fiel ihm etwas auf: „Wie kam dann euer Vater an die Handynummer von Koichi?“ Koji seufzte und zuckte mit den Schultern. „Vermutlich hat er Zuhause per Zufall die Nummer von ’nem gemeinsamen Freund von Koichi und mir gefunden und ihn so lange genervt, bis er die Nummer von Koichi rausrückte…War wohl auch erst notwendig, weil ich nicht pünktlich zum Abendessen zurück war und wegen des Krankenhauses mein Handy ausgeschaltet hab!“ Letzteres sagte er mit solch bitterem Unterton, dass T.K. sich sicher war, dass selbst ein Tauber ihn hätte hören können!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ea
2013-04-24T16:42:33+00:00 24.04.2013 18:42
so, schreib ich auch mal ein kommentar

bisher finde ich deine fanfic sehr schön, besonders, weil sie die beiden abschnitte der digimonreihe nehmen, die ich am liebsten mag :)
dein schreibstil gefällt mir auch sehr, nur manchmal springst du ein wenig, wie soll ich das erklären *denk* manchmal ist es ein wenig schwierig dem genauen verlauf zu verfolgen oo was das lesen auch einfacher machen würde, das wären mehr absätze in den absätzen, also nicht diese ein-zeilen-sprünge, sondern einfach mal nach einem satz in der nächsten zeile weitermachen :)
dann kann man sich auch leichter merken, wo man zuletzt war, wenn man beim lesen unterbrochen wird ;)

auf jeden fall freue ich mich auf jedes neue kapitel und bin schon mehr gespannt, wann und wie und ob überhaupt die digimon vorkommen und was koichi hat, hoffentlich kratzt er nicht ab *snief*

lg Ea
Antwort von:  Hasenprinzessin
24.04.2013 19:40
alloha,

danke für dein kommi^^ keine sorge, ich lass koichi nicht sterben >.< (dafür hab ich ihn auch zu gern^^! ich hab total geheult als der gestorben ist^^)

und hey: frontiers und digimon 02 sind auch meine lieblinge^^ und meiner meinung nach harmonieren die staffeln perfekt^^)

danke für den tipp mit den zusätzlichen absätzen (ich werd versuchen ihn zu beherzigen, kann aber nichts versprechen XD)

hoffentlich werden dir dann auch die nächsten kappis gefallen =3

lg hasüüü


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