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Das Leben eines Drachen

von

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Kuki - Der Luftdrache

Der Wind säuselte leise um die Türme... so wie immer.

Kuki döste vor sich hin.

Das Heulen des Windes wurde langsam lauter. Er fegte durch die leeren Gänge und Hallen des Schlosses. Seit Jahrhunderten wohnte hier niemand mehr, außer einem Drachen mittleren Alters... 2654 Jahre. Ein weicher, federähnlicher, gelber Flaum bedeckte seinen Körper, der friedlich schlummernd im leeren Thronsaal lag. Die alte Burg, auf dem höchsten Berg weit und breit, war so riesig, dass Kuki sich in ihr frei bewegen konnte. Er lebte schon sein Leben lang auf diesem Berg, der bis weit in die Wolken reichte. Wahrscheinlich daher auch der Name: Mount Eternity. Er lebte hier schon bevor die Menschen kamen und hier eine Burg hinbauten und er lebte hier auch noch, nachdem die Menschen schon lange das Schloss und ihn vergessen hatten.

Plötzlich wurde mit einer unglaublichen Gewalt die Tür zum Thronsaal aufgestoßen.
 

Ein Wind kam auf. Erst leise und flüsternd... bald brausend und schreiend.

Was war geschehen? Verschlafen blinzelte Kuki.

Der große gelbe Drache versuchte die Stimmen der Luft zu hören, doch sie redeten so durcheinander, dass er ihnen nicht folgen konnte. Der Wind fegte durch das weiche Daunengefieder.

Schwerfällig stand er auf und versuchte die Müdigkeit aus seinem Kopf zu verbannen. Was wollte der Wind ihm sagen?

Schleppend ging er raus bis auf den Hof. Hier tobte ein wahrer Orkan, der immer wieder zwischendurch abflaute. Solches Wetter gab es selten... eigentlich nie. Alle hundert Jahre, war es so ähnlich, aber...

Er überlegte kurz. War es etwa wieder soweit? War schon wieder ein Jahrhundert vergangen? War es wieder soweit?

Kuki - Die Luft.

Waren die Kinder schon hier? Die beiden, die unter seinem Schutz standen und mit dem Ende zu tun hatten. Die Engel, mit einem viel zu harten Schicksal. Aber warum war die Luft dann so aufgewühlt? Es war anders wie die Male, die er sie schon hat kommen und gehen sehen. Was konnte das nur bedeuten? Vielleicht das etwas schief lief.

"Die Erwählten... die Kinder..." Selbst der Wind brachte nichts vernünftiges hervor. Das konnte nur etwas Schlimmes bedeuten. Ohne weiter nachzudenken erhob er sich mit ein paar kräftigen Flügelschlägen in die Lüfte.
 

Einige Zeit war er über Landschaften hinweg geglitten, jetzt kam er aufs offene Meer. Hier war die Luft immer ganz besonders rein. Sie wurde nicht von Bäumen gebremst und verfälscht. Dadurch bekam er hier erst die ganze Unruhe des Windes zu spüren. Irgendetwas musste geschehen sein, was nicht im Sinne des Schicksals war. Jemand lehnte sich auf, versuchte es zu ändern... vielleicht war auch einem der Kinder etwas zugestoßen.

Ob die anderen drei es auch bemerkt hatten? So wie der Wind auf der offenen See fegte, musste einer der "Brüder" es auf alle Fälle mitbekommen haben. In der Ferne konnte er auch schon das Ufer sehen und einen im Verhältnis großen blauen Punkt - Mizu. Er saß dort, wie immer majestätisch und geheimnisvoll.

Nur ein paar Minuten später landete er schon neben dem blauen Drachen, der ihn fragend, aber dennoch wissend, anblickte.

"Hast du es auch gemerkt?", fragte Kuki, der mühsam versuchte nicht zu tief im weichen Sand einzusinken.

Mizus Blick wanderte wieder raus aufs Meer: "Irgendetwas unvorgesehenes ist passiert."

"Meinst du einem der Erwählten ist etwas zugestoßen?" In der Stimme des Luftdrachen schwang Sorge mit. Er war genau so wie seine Schützlinge, voller Hoffnung, aber auch Besorgnis, wenn etwas nur vielleicht Anlass dazu bot. Oder sollte man besser sagen, zwei der Kinder waren genau so wie er? Schließlich waren sie ja ein Teil von ihm... so wie jeder der Drachen die Seele von zwei Kindern verwahrte, die wohl nur den Traum eines selbst bestimmten Lebens haben konnten.

Mizu seufzte schwer. "Ich glaube nicht, dass den Erwählten wirklich etwas zugestoßen ist...", er ähnelte den beiden Erwählten des Wassers auch mehr, als es ihm lieb war, "Aber sicherheitshalber sollten wir nach >Yogen< gehen. Bestimmt haben sich die anderen auch schon auf den Weg dorthin gemacht."

"Mit Sicherheit haben sie es auch gespürt. Vielleicht weiß einer von ihnen ja was los ist."

Manchmal beneidete der Wasserdrache seinen Bruder gerade zu um diese Naivität. Wenn sie es nicht wussten, würde auch keiner der anderen beiden wissen, was los war. Doch Mizu war noch nie in der Lage gewesen, ihn aus seiner Welt der Hoffnung zu reißen.

Kuki hatte jetzt eigentlich erwartet, Mizu würde gleich mit ihm starten, aber stattdessen saß er immer noch ungerührt da und blickte hinaus aufs Meer. Wahrscheinlich verabschiedete er sich gerade noch still, von seiner Heimat, der "Bay Deep Infinity". Er wusste wie ungern Mizu seine Bucht verließ. Es lag nicht nur daran, dass es sein Zuhause war, sondern daran dass er nie wirklich mit der Außenwelt zu tun hatte. Seine Verschlossenheit legte sich immer wie ein großes dunkles Geheimnis um ihn, seine Gedanken waren wie diese Bucht, tief und unendlich...

"Lass uns gehen..."

Kuki schreckte aus seinen Gedanken hoch. Er hatte sich auch in dem endlosen Blau des Ozeans vergessen. Und das obwohl seine Seele doch der Luft gehörte.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, erhoben sich die beiden tonnenschweren Drachen graziös in die Lüfte.

Es würde einen Tag dauern, bis sie Yogen erreichten.

Hoffentlich nahmen sie diesen Weg nicht umsonst auf sich.



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