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Der Schneeprinz

von

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Götterbesuch


 

12

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Götterbesuch
 

Ich schenke mir soeben Kaffee in meine Disney-Tasse, kaue genüsslich auf den frischen, original französischen Croissants und schaue, an Mrs. Fish vorbei, hinaus, um das herrliche Frühlingswetter zu bewundern, als es hektisch an der Wohnungstür klopft.

»Rey-Rey!« Klopf, klopf. »Rey-Rey!« Klopf, klopf. »Rey-Rey!«

»Komm rein«, erwidere ich mit vollem Mund und die Tür wird bereits aufgerissen, noch ehe ich das zweite Wort ganz ausgesprochen habe.

Nick fegt wie ein Wirbelwind durch die Räume, sodass Bob nur noch aus der Einflugschneise springen kann und Schutz bei seinem Lieblingskuscheltier sucht. Alarmiert und im Kauen inne haltend, beobachte ich, wie mein Nachbar sich schwer atmend auf einen weiteren Küchentisch plumpsen lässt, einen Batzen zusammengerollter Ausdrucke aus seiner Innentasche zaubert und sich damit erst einmal ordentlich Luft zufächert.

»Alles klar?«, frage ich vorsichtshalber und biete ihm ein Croissant an.

Nick hebt eine Hand und zeigt mir somit, dass ich noch ein paar Sekunden warten soll, bis er wieder bei Atem ist. Ich lasse ihm diese Zeit und schlürfe in der Zwischenzeit Kaffee.

Als Nick wieder, ohne zu japsen, atmen kann, knallt er die Ausdrucke vor mir auf den Tisch und sieht mich abwartend an.

»Kannst du mir das erklären?«

Mein Blick senkt sich und meine Augenbrauen gehen in die Höhe.

»Das ist Werbung für Faltencreme«, stelle ich fest und Nick beeilt sich, dass Deckblatt von dem kleinen Stapel zu reißen.

»Oh, sorry«, entschuldigt er sich und zerknüllt das Blatt. »Ich weißt auch nicht, wie das immer da rein kommt. Mein Drucker macht komische Sachen.«

Sein Drucker macht komische Sachen. Schon klar.

Ich beäuge Nick skeptisch und er deutet mir mit einem Finger, dass ich wieder nach unten sehen soll. Also tue ich dies seufzend und erstarre augenblicklich.

Loki und ich, knutschenderweise, vor den Trümmern eines eingestürzten Gebäudes. Krasse Scheiße...

»Was ist das?«, frage ich und ziehe die Blätter näher an mich heran.

»Die Abendausgabe der New York Times«, erklärt Nick und zitiert die Schlagzeile dazu. »'Chaos-Gott rettet den Tag und das Mädchen'. Kannst du mir das vielleicht einmal erklären?«

Titelseite, yeah!, denke ich, aber nur kurz, denn dann trifft mich Nicks Zornesblick, verärgert darüber, dass er es aus der Zeitung erfahren muss.

»Du solltest aufhören, die Times zu lesen«, sage ich und reiße mit meinen Fingern das Croissant auseinander, weil ich irgendeine Beschäftigung brauche. »Die verdrehen ständig die Tatsachen.«

Nun ist es an Nick, eine Augenbraue in die Höhe zu reißen. Er verschränkt sogar die Arme vor der Brust, jedoch nur kurz, denn dann schnappt er sich die Blätter, hält sie neben sein Gesicht und macht Knutschgeräusche.

»Was gibt es denn da zu verdrehen?«, fragt er und küsst ungehemmt weiter die Küchenluft.

Verärgert über sein kindisches Verhalten, nehme ich ihm die Ausdrucke weg und lege sie wieder vor uns auf den Tisch.

»Das ist nur gestellt«, erkläre ich. »Positive Schlagzeilen für die Medien, mehr nicht.«

Also echt. Warum versteht er denn nicht, dass wir nur Lokis Image ein wenig verbessern wollten?

Nick sieht mich plötzlich so an, als hätte er mich durchschaut. Er besitzt sogar die Frechheit zu grinsen. Das ist irgendwie unheimlich.

»Und was macht dein Bein da?«, will er wissen und pocht mit dem Zeigefinger mehrmals auf das Bild.

Ich weiß nicht, was er damit meint, sehe genauer hin und- Oh, wie witzig. Mein Fuß hat sich verselbstständigt und ist in die Höhe geflippt. Wie in all den Filmen, wenn das Liebespaar den ersehnten ersten Kuss austauscht und ein Gefühl der Schwerelosigkeit eintritt. Hach.

»Du kannst mir viel erzählen«, beendet Nick sein kleines Verhör. »Aber dieser Kuss war nicht gestellt.«

»Glaub doch, was du willst«, sage ich dazu nur, weil mir sonst nichts einfällt und stoße fast meine Tasse um.

»Ich wusste, dass du dich von ihm küssen lässt«, labert Nick weiter. Für ihn war das Thema wohl noch nicht gegessen. »Gleich am ersten Abend habe ich mir gesagt, Nick, habe ich mir gesagt, wenn da nichts läuft, frisst du einen Besen.«

»Nick!«, sage ich protestierend, weil es mir langsam reicht. Der Tag hatte so schön angefangen.

»Wo ist Mr. Chaos überhaupt?«

»Keinen Schimmer«, sage ich wahrheitsgemäß und bin froh, dass er das Thema wechselt, auch, wenn es immer noch um Loki geht. »Als ich aufgewacht bin, war er bereits weg. Der Frühstückstisch war gedeckt und im Kühlschrank stand dieser leckere Käse aus der Schweiz.«

»Und du erzählst mir was von einem gestellten Kuss«, fängt Nick kopfschüttelnd schon wieder davon an.

Ich überlege, mit was ich ihm am besten bewerfen kann. Mit meinem Messer? Lieber nicht, das gibt eine Riesensauerei.

»Vielleicht ist er ja im Club«, stelle ich eine Vermutung auf und zucke mit den Schultern.

»Heute ist Karaoke-Abend«, fällt Nick bei diesem Thema spontan ein. »Kommst du mit?«

»Damit ich von dir genötigt werde, mich so richtig zu blamieren? Vergiss es.«

»Von mir hängt mittlerweile auch ein Bild im VIP-Bereich«, sagt Nick stolz und ich höre ein leises »Phlump« vor der Tür. Auch Nick horcht auf.

»Komm rein«, rufe ich erneut, weil es nur eine logische Schlussfolgerung gibt, wer da soeben vor der Tür steht, und drehe die Ausdrucke mit der bedruckten Seite nach unten auf den Tisch.

Vorsichtig öffnet sich die Tür und Lokis Kopf lugt ins Innere.

»Ich wollte gerade klopfen«, teilt er mit und tritt schließlich ganz ein.

Bob ist sofort bei ihm um holt sich eine Streicheleinheit ab, bevor Loki in die Küche schreitet, mir begrüßend eine Hand in den Nacken legt und ein »Guten Morgen, Nick« in den Raum wirft.

»Tach«, erwidert dieser und blickt wissend zwischen uns hin und her.

Dann setzt er an, etwas zu sagen, doch mein Fuß unter dem Tisch ist schneller und trifft sein Schienbein.

»Au!«, ruft er aus und ich versuche ihn niederzustarren, als er mich entrüstet ansieht.

»Lass das«, zische ich und höre erleichtert, dass das Telefon klingelt.

Ich erhebe mich, drücke mich an dem fragend drein blickenden Loki vorbei und nehme, froh, der Situation entkommen zu sein, den Hörer ab.

»Ja?«, nehme ich das Gespräch an und bemerke sofort den infernalischen Lärm am anderen Ende.

»Riley Parker«?, fragt eine männliche Stimme, die mir seltsam bekannt vorkommt.

»Ja«, sage ich zaghaft und habe ein ungutes Gefühl bei der Sache.

»Hier spricht Tony S-«

»Mr. Stark!«, rufe ich und habe sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit von Loki, Nick und Bob.

»DER Mr. Stark?«, fragt Nick stumm und ich kann nicht einmal entsetzt nicken, stehe nur mit weit aufgerissenen Augen in der Gegend herum und lausche, während Loki langsam und alarmiert in meine Richtung läuft.

»Ich wollte mich für mein gestriges Verhalten entschuldigen«, höre ich den Milliardär sagen und fühle mich durch dieses lästige Rauschen im Hintergrund gestört. »Ich habe dir nicht geglaubt und dachte du wärst nur irgend so eine armselige Spinnerin, die-«

»Sind Sie in einem Flugzeug?«, unterbreche ich den Mann, weil ich wissen will, was um Himmels Willen, da so einen Krach macht.

»Nein, nein«, gesteht er mir gerade heraus. »Ich fliege selber. Die Sache ist-«

Schon wieder würge ich ihn ab, indem ich diesmal einfach auflege.

Ich spüre, wie mein Gesicht jede Farbe verliert. Meine Arme kribbeln ganz ekelig und Angstschweiß tritt an äußerst unangenehmen Stellen aus.

»Sie kommen hierher«, flüstere ich begreifend und sammele Lokis Blick auf, der mich gerade erreicht hat und an den Oberarmen packt, bevor er aufsieht und sich sein Blick verfinstert.

»Sie sind schon da«, korrigiert er und scheucht mich zurück zu Nick, der das ganze Drama nur konsterniert beobachtet. »Verhaltet euch ruhig.« Ein Knistern erfüllt den Raum in milder Vorahnung, während Loki mit einer Hand sanft über meine Wange streicht und aufmunternd lächelt. »Euch wird nichts geschehen.«

Ein leises Fiepen entwischt mir und Loki richtet sich zu voller Größe auf, legt mithilfe seiner Magie die coole Rüstung – ohne Helm – an und strafft seine Schultern, als hinter ihm ein fünfgeteiltes »Phlump« ertönt.

Ein Krachen hinter mir verrät, dass Nick soeben in Ohnmacht gefallen ist, während Bob versucht, sich durch die Küchenfliesen zu buddeln.

Vor lauter Staunen, vergesse ich zu atmen, als mein Blick auf die fünf Gestalten fällt. Am auffälligsten ist wohl der blonde Hüne an deren Spitze. Glänzende Rüstung, wallender roter Umhang und ein enormer Hammer in der rechten Hand. Beeindruckendes Erscheinungsbild, ohne Frage. Die vier Anderen, unter ihnen auch eine Frau, beachte ich kaum. Der wahre Machtkampf findet nämlich woanders statt.

»Bruder«, dröhnt die tiefe Stimme des Blonden durch den Raum und ich sehe, dass Loki sich bei Erwähnung des B-Wortes stark zusammenreißen muss, er die Lippen hart aufeinander presst, bevor er sich umdreht und sein Umhang dabei um seine Beine weht.

»Thor«, erwidert er nun und seine Stimme verrät keine Gefühlsregung. Ein Schauer läuft über meinen Rücken. »Sif, Volstagg, Hogun, Fandral.«

Die Vier von der Tankstelle nicken grüßend.

»Wirst du freiwillig mit uns kommen?«, fragt Thor und mustert Loki ohne Unterlass.

»Natürlich«, antwortet dieser gelassen, geht auf Thor zu und dreht sich dann zu mir um.

Während Thor eine Hand auf Lokis Schulter legt und sich dessen Mundwinkel traurig und wie zum Abschied ein letztes Mal heben, kommt Bewegung in meinen Körper. Ich springe auf die Beine und haste auf die Götter zu, will mit ausgestreckten Armen nach ihnen greifen.

»Loki!«, rufe ich noch, dann macht es »Phlump«.

Ich laufe ins Leere, stolpere über den gläsernen Couchtisch und bleibe, mit einer Erinnerung an Lokis traurige Augen, benommen in den Scherben des zerstörten Möbelstückes liegen. Ich habe ihm doch noch gar nicht »Pinky und der Brain« gezeigt. Menno.
 

~
 

Ich starre schon seit Ewigkeiten auf den bunten Testbildschirm, lasse den nervigen Dauerton über mich ergehen und kaue lustlos auf einer Salzstange herum. Die Schokoküsse sind mir irgendwann kurz vor fünf Uhr morgens ausgegangen. Es ist ein Jammer.

Jetzt zeigt die Uhr über der Küchenzeile kurz vor sechs, Bobs Schnarchen dröhnt lautstark aus dem Schlafzimmer zu mir herüber und ich warte seit nunmehr fast zwei Wochen darauf, dass meine Motivation mal wieder vorbeischaut, aber das Biest lässt sich einfach nicht blicken.

Ich habe sogar Urlaub genommen, um auf meiner Couch angemessen Trübsal blasen zu können. Seit Tagen kann ich nicht mehr richtig schlafen, und wenn ich mich in Tagträumen verliere, dann sehe ich immer Loki, der entweder beschäftigt am Computer arbeitet, in meiner Rüschenschürze Plätzchen backt oder mit Bob auf dem Fußboden spielt. Dabei hoffe ich immer auf ein leises »Phlump«, welches in meiner näheren Umgebung ertönt, aber es ertönt einfach nicht.

Das Morgenmagazin flimmert pünktlich sechs Uhr über den Bildschirm. Die Moderatorin ist so gut gelaunt, dass ich es nicht ertrage und die Kiste, mit einem Betätigen der roten Taste auf der Fernbedienung, ausschalte.

Meine Finger wandern zu einem Heftpflaster an meinem Unterarm. Eine tiefe Schnittwunde ist gerade erst dabei so richtig zu heilen und unter dem klebenden Schutz juckt meine Haut ganz furchtbar. Vorsichtig kratze ich ein bisschen daran herum und stoße dabei an das Armband an meinem Handgelenk. Daumen und Zeigefinger spielen an dem kleinen »R« herum und mein Blick wird unfokusiert, verliert sich irgendwo im Raum.

Ich schrecke aus einem leichten Schlaf hoch, als es an der Tür klopft. Wie ein Zombie im Pyjama, erhebe ich mich langsam und schlurfe benommen zur Tür, um dann einem gutgelaunten Nick gegenüberzustehen.

»Guten Morgen«, flötet er, legt sein bestes Lächeln auf und hält einen Brötchenkorb auf Augenhöhe. »Appetit auf ein leckeres Frühstück? Nur du, ich und das Fellknäuel.« Aus der Hosentasche zaubert er einen Hundekuchen hervor.

Aus halb geschlossenen Augen sehe ich erst ihn und dann die Croissants träge an.

»Wo sind die her?«, frage ich und meine Stimme klingt... anders.

»Aus meiner Tiefkühltruhe, frisch aufgebacken.«

Fast äußere ich, dass ich sie nicht will, weil sie nicht original aus Frankreich stammen, kann mich aber in letzter Sekunde am Riemen halten und trete beiseite um Nick Einlass zu gewähren.

»Du siehst schrecklich aus«, lässt er mich wissen, als er an mir vorbei huscht und ich die Tür hinter ihm ins Schloss fallen lasse.

Bob schreckt aus seiner Aufwachphase, als der Duft des Leckerlis seine empfindliche Nase erreicht. Er poltert in die Küche, wo Nick bereits zugange ist, sitzt seinen breiten Hintern auf den Fliesen platt und wartet geduldig, bis Nick ihm den Hundekuchen ins Maul schiebt. Bis es soweit ist, hat er bereits einen See vor sich auf den Boden gesabbert. Normalerweise würde ich jetzt mit einem Küchentuch für Ordnung sorgen, aber heute ist mir alles egal. Ich lümmele mich an den Tisch, lasse mich bedienen und beobachte Mrs. Fish dabei, wie sie sich durch ihren Algengarten schlängelt. Irgendwann werde ich ihr einen Fischfreund kaufen, ihn Loki nennen und sie werden putzige Fischkinder zusammen haben.

Ich wende seufzend den Blick ab und beobachte Nick dabei, wie er Butter, Marmelade und Milch aus dem Kühlschrank holt, Orangensaft in zwei Gläser schüttet und sich dann auf die Suche nach sauberen Geschirr macht. Er seufzt, als er keins findet und den Abwaschberg in der Spüle bemerkt.

»Das letzte Mal habe ich dich so gesehen, als keine weitere Staffel deiner Lieblingsserie gedreht wurde«, bemerkt mein Nachbar und sieht mich kopfschüttelnd an.

Oh ja, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Verflucht seist du, ABC!

Nach einem Frühstück, welches wir stillschweigend verbracht haben, Nick für zwei gegessen und Bob versucht hat, uns daran zu erinnern, dass er auch noch existiert, nötigt mich Nick zu einem Spaziergang. Jippieh... Wenn ich eine Fahne hätte, würde ich jetzt teilnahmslos damit wedeln.

»Kann ich irgendetwas für dich tun?«, fragt Nick schließlich pflichtbewusst, als Bob mich durch Valdez zerrt und an jeder Ecke »Zeitung liest«, wie ich es so gern nenne.

»Kannst du Loki wiederbringen?«, spricht es flugs aus mir und ich richte den Blick stur geradeaus.

»Nein«, sagt Nick, ohne diesmal einen blöden Spruch zu machen.

»Dann kannst du rein gar nichts für mich tun.«

Abrupt bleibt Nick stehen, ich gehe noch drei Schritte, halte ebenfalls an und schaue zu ihm zurück. Er sieht mich verärgert an.

»Das muss aufhören, Riley«, sagt er. Oh, er betitelt mich nicht mit einem der zahlreichen Spitznamen, die er mir gegeben hat. Es muss ihm ernst sein. »Loki ist jetzt wieder da, wo er hingehört und sitzt vermutlich hinter Schloss und Riegel. Wir müssen damit leben, dass wir nie erfahren werden, was-« Er unterbricht sich selbst, als er bemerkt, dass seine Worte nicht gerade aufbauend sind. »Die Sache ist, wir können nun mal nicht eben in die Götterwelt reißen, im Hause Odin anklopfen und fragen, ob sie vielleicht eine billige Putzkraft benötigen, um so ganz nebenbei auszuspionieren, wie es Mr. Chaos ergangen ist.«

Ich stelle mir Loki in einem dunklen Verlies vor, in Ketten gelegt und an die Kerkermauer gefesselt, durstig. Irgendwo in der Ferne tropft Wasser von der Decke und das Geräusch treibt ihn fast in den Wahnsinn. Seine Augen haben sich so sehr an die Dunkelheit gewöhnt, dass er beinahe erblindet, als ein Henker kommt und-

Mein Magen verkrampft sich bei den Bildern in meinem Kopf.

Dann wird mir etwas klar.

»Das ist es!«, rufe ich und urplötzlich wandelt sich meine Stimmung von zu Tode betrübt in euphorisch.

»Du willst putzen gehen?«, fragt Nick überrascht. »Ich weiß, dass ich viele gute Ideen habe, bin mir aber nicht sicher, ob das eine davon ist.«

»Bist du so gut und bringst Bob nach Hause?«, frage ich und drücke Nick schon die Leine in die Hand. »Ich muss los.«

»Was hast du denn vor?«, höre ich ihn noch rufe, antworte nicht und renne bereits die Straßen entlang.
 

~
 

Der Motor verstummt und ich sehe aus dem Cockpitfenster. Der ganze Schnee ist verschwunden, aber sonst hat sich seit meinem letzten Besuch hier nicht viel getan. Sogar das Schneemobil steht noch neben der Forschungsstation.

Wie in Trance, haste ich aus dem Flugzeug und lege den gleichen Weg wie vor ein paar Monaten zurück. Diesmal jedoch renne ich den Gang entlang, knalle gegen die Fahrstuhltür und bin schon bald schwer atmend auf dem Weg nach unten.

Die Türen gleiten zur Seite und ich stolpere in das Labor, welches diesmal einen ganz anderen Eindruck macht. Es sieht irgendwie so... unbenutzt aus.

Ich sehe mich um. Keine Jane, kein Erik, nicht einmal eine aufgedrehte Darcy. Verdammt. Aber die Maschine steht noch da, fällt mir erleichtert auf. Ob ich das Stargate auch allein in Gang kriege?

»Was machst du denn hier?«, höre ich eine Stimme hinter mir und drehe mich erschrocken um.

Darcy ist hinter einem Computerbildschirm aufgetaucht und sieht mich fragend an.

»Darcy!«, keuche ich, erleichtert darüber, dass doch nicht alle ausgeflogen sind. »Ich brauche deine Hilfe. Ich muss... Ich muss dringend...«

Darcy springt in dem Moment auf, als meine Beine unter mir nachgeben.

Das nächste an was ich mich erinnere ist, dass ich auf dem Boden hocke und ein Glas Wasser in der Hand halte.

»Alles klar?«, fragt die junge Assistentin und rückt ihre Brille zurecht.

Ich schüttele den Kopf.

»Warum ist diese Station so fernab jeder Zivilisation?«, hauche ich, immer noch nicht ganz bei Atem.

»Hier sind die Sonnenstürme am besten messbar«, sagt Darcy, als würde das alles erklären und ich kämpfe mich auf die Beine.

»Ich muss nach Asgard«, erkläre ich ihr eilig und sie sieht mich ausdruckslos an.

»Ja, und ich hätte gern keine Probleme mit meinen Kontaktlinsen.«

»Ich meine es ernst«, sage ich und donnere das Wasserglas auf einen Labortisch.

»Ich auch«, sagt Darcy nur und sieht sich um. »Siehst du hier irgendjemanden der dir weiterhelfen kann? Es sind alle bei einem super wichtigen Meeting an der Ostküste. Nur mich haben sie als Aufpasser dagelassen. Als würde hier irgendjemand irgendetwas klauen. Obwohl... jetzt bist du ja da. Vielleicht-«

»Kannst du das Ding in Gang setzen?«

»Ich? Nein. Also eigentlich schon. Aber ich darf nicht. Wir sind noch nicht soweit, dass wir Menschen teleportieren können. Zu gefährlich.«

»Ist mir egal«, winke ich ab. »Es ist wirklich wichtig. Bitte, Darcy.«

»Ich kann nicht«, bleibt sie hartnäckig. »Was, wenn dir etwas passiert? Dein Körper in Asgard landet, dein Kopf aber hier bleibt?«

»Dann verbuddelst du meine Überreste und niemand wird etwas davon erfahren.« Sie sieht mich überrascht an und ich ergreife ihre Hände. »Bitte.«

Darcy kaut auf ihrer Unterlippe herum und wirft den verschiedenen Computern verstohlene Blicke zu, dann sieht sie mir forschend in die Augen. Irgendetwas muss sie darin sehen. Verzweiflung?

»Also schön«, entscheidet sie sich schließlich dafür, mir zu helfen. »Aber sage nicht, ich hätte dich nicht gewarnt, wenn du tot bist.«
 

~
 

»Soll ich dich auch wieder zurück holen?«, höre ich Darcy durch eine Gegensprechanlage fragen, sehe sie aber auf der anderen Seite der Glasfront nicht.

»Nein«, rufe ich, weil ich nicht weiß, ob sie mich sonst versteht.

»Wie du meinst«, ist ihre Antwort und ich trete unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, während ich im Zentrum des Sternentors stehe und der Dinge harre, die noch kommen mögen.

»Eine Frage noch«, fällt mir plötzlich ein. »Das mit den Gedächtnislücken, das habt ihr doch geregelt, oder?«

Es dauert lange bis Darcy antwortet. Zu lange.

»Klar«, schwindelt sie mich in einer Lüge, die ich sofort durchschaue an. Na prima. Nicht auszudenken, wenn ich in Asgard lande und mich an nichts mehr erinnern kann. Dann würde ich vielleicht doch noch als Putzfrau enden. »Aufgepasst. Es geht los.«

Ich schließe die Augen, weil ich nicht sehen will, wie ich mich gleich in meine atomaren Bestandteile auflöse, balle die Hände zu Fäusten und merke, dass meine Nägel Wunden in meine Handflächen reißen. Ein Ziehen in der Magengegend lässt mich aufstöhnen. Wie unangenehm. Blitze zucken durch meine geschlossenen Lider hindurch, dann habe ich das Gefühl zu fallen und gehe in die Knie, als ich plötzlich wieder festen Boden unter meinen Füßen spüre. Das ging unerwartet schnell.

Erleichtert öffne ich die Augen und blinzele verdutzt auf einen Weg, der in allen Farben des Regenbogens funkelt. Hat es tatsächlich funktioniert? Kann ich mich noch an alles erinnern? Schnell sage ich in Gedanken meine Konfektionsgröße, meinen Geburtstag und meine Sozialversicherungsnummer auf. Puh, scheint gut gegangen zu sein.

Ich hebe den Blick und goldene Schuhe geraten in mein Sichtfeld. Bin ich geschrumpft oder weshalb sehen diese Füße so riesig aus? Mein Blick wandert weiter und ich sehe noch mehr Gold, dunkle Haut und-

»Wah!«, rufe ich, als mich krasse goldene Augen ansehen, falle nach hinten und lande unsanft auf meinem Hintern.

»Ich habe dich bereits erwartet«, dröhnt eine Stimme in meinem Ohr und der Weg unter mir erzittert unter den Worten des Riesen. Wie groß er wohl ist? Drei Meter? Drei Fünfzig? Schwer zu sagen. Der Helm bringt einen leicht dazu, sich zu verschätzen. Er sieht mich an und doch habe ich den Eindruck, als würde er durch mich hindurch die Angelegenheiten aller Welten ergründen.

»Du bist Heimdall«, schlussfolgere ich und erhalte als Antwort ein begrüßendes Kopfneigen. »Warum hast du Lokis Aufenthaltsort auf der Erde nicht preisgegeben?«, frage ich den Wächter der Götter, einfach, weil sich gerade die Gelegenheit dazu bietet.

»Weil ich auch gesehen habe, was dann geschehen wäre«, sagt er und ich muss schlucken. Jetzt auch noch Hellseher? Oi.

Ich bin nicht sicher, ob ich wissen will, was er gesehen hat. Weiß er vielleicht auch um mein Schicksal? Soll ich danach fragen? Noch ehe ich mich entscheiden kann, deutet er mit seiner gewaltigen Hand hinter mich.

»Zum Schloss geht es da entlang«, sagt Heimdall und ich drehe mich um.

Boah!

Ich bin wirklich in Asgard.

Am anderen Ende des Regenbogenweges reckt sich ein goldener Palast in den galaktischen Himmel. Ich sehe hohe Türme mit wehenden Bannern, flankiert von weit reichenden Gärten. Wasserkaskaden, die in die Tiefe stürzen und weit unter uns in einem wogenden Ozean münden, der selber über den Weltenrand stürzt und sich in der Unendlichkeit des Raumes verliert. Irgendwo in der Ferne ertönt eine Fanfare und die fremden Klänge lassen meine Ohren klingeln. Am Himmel stehen zwei Sonnen und lassen das viele Gold glitzern und glänzen.

Mein Mund klappt auf und ich bin von so viel Prunk erst einmal geblendet. Das ich das noch erleben darf.

»Ich habe mir erlaubt, Frigga zu informieren«, sagt Heimdall hinter mir und ein Fragezeichen bildet sich in meinem Kopf. »Ich teleportiere dich in ihre Räumlichkeiten. Viel Glück, Riley Harleen Parker.«

Ich öffne den Mund, um etwas zu sagen, doch dann bin ich übergangslos einfach woanders. Ganz ohne Ziehen in der Magengegend oder Übelkeit. Verrückt.

Meine Füße stehen auf einem weichen Läufer und ich schaue mich schon wieder staunend um.

Hohe Räume, offene Fenster mit leichten Vorhängen, die sanft in einer milden Brise wehen. Bequeme Sitzmöglichkeiten, majestätische Gemälde und herrliche Teppiche an den Wänden. Weite Flügeltüren und überall wieder viel zu viel Gold. Und dieser Geruch... Moment mal...

Ich höre eilige Schritte und wende den Blick zu der offen stehenden Flügeltür. Eine Frau kommt hereingeschwebt, schön wie der Morgen und in einem Gewand gekleidet, welches mir nur zu sehr vor Augen führt, wie schrecklich underdressed ich gerade bin.

»Meine Liebe«, begrüßt sie mich mit ausgebreiteten Armen und diese wenigen Worte klingen in meinen Ohren wie ein leises Lied.

Erhaben schreitet sie auf mich zu und zieht mich in eine feste Umarmung. Ich hänge nur sprachlos in ihren Armen und bemerke, wie groß diese wunderschöne Frau ist. Wieso zum Teufel sind hier alle so groß?

Ihr blondes Haar weht um meine Nase. Es riecht nach... Loki?

Vollends verwirrt stehe ich nur stumm in der Gegend herum, als sie mich auf Armlänge von sich schiebt und dankbar anlächelt.

»Heimdall hat mir berichtet, dass du unterwegs bist. Ich bin dir so dankbar.«

»Ich habe doch gar nichts gemacht«, wage ich zu äußern und die Göttin schmunzelt.

»Noch nicht«, sagt sie geheimnisvoll, deutet auf eine Sitzecke und wir nehmen Platz. »Oh, wie unhöflich von mir. Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Frigga. Ich bin Lokis Mutter.«

Seine Mutter!

Wie ich weiß, ist das biologisch nicht ganz korrekt, aber ich will heute einmal nicht auf Kleinigkeiten herumreiten.

»Ich bin Riley«, sage ich hastig und reiche ihr meine Hand, was sie zu amüsieren scheint.

Ich überlege, was ich als nächstes sagen soll, doch Frigga kommt mir zuvor.

»Ich hatte gehofft, dass jemand bei der Verhandlung ein gutes Wort für Loki einlegt. Ich freue mich, dass du es bist.«

Häh?, kann ich nur denken. Dies und die Tatsache, dass ich hier mit einer Königin spreche. Irre.

»Die Verhandlung hat noch nicht stattgefunden?«, frage ich verwundert und gleichzeitig erleichtert.

»Oh nein«, meint Frigga und faltet ihre Hände sittsam in ihrem Schoß. »Mein Mann ist erst heute von einer Reise zurückgekehrt. Das Urteil wird morgen gefällt.« Morgen? Na Halleluja, es ist noch nichts verloren. Das nenne ich doch mal wieder perfektes Timing. »Du wirst doch vor dem Gericht aussagen, Riley?«

»Natürlich«, sage ich eilig und ärgere mich, dass ich kein Höschen zum Wechseln dabei habe. Frigga strahlt nach meiner Zusage über das ganze Gesicht. Dann verblasst ihr Strahlen wieder und die Göttin sieht verstohlen hinab auf ihre Hände. Irgendetwas scheint ihr Kummer zu bereiten. »Darf ich... darf ich ihn sehen?«

Ihr Blick hebt sich wieder und die Frau scheint zu überlegen. Dann erhebt sie sich.

»Warte hier.«

Ohne ein weiteres Kommentar schwebt sie mit wehendem Gewand aus dem Raum und lässt mich allein zurück. Nervös trommele ich mit den Fingern auf die Armlehne des schicken Sessels, in dem ich sitze. Sekunden werden zu Minuten. Minuten ziehen sich in die Länge und laufen träge wie Quecksilber aus einem zerbrochenem Thermometer. Dann, endlich, nach einer gefühlten Ära, höre ich erneut Schritte. Diesmal nicht leise trippelnd sondern hart und in einem größeren Intervall. Eilig erhebe ich mich und stehe abwartend im Zimmer, als Thor durch die Flügeltür schreitet. Mein Gesicht verfinstert sich.

Hey, das ist irgendwie der falsche Sohn.

»Komm mit«, brummt er mir ohne Begrüßung zu, dreht sich schwungvoll um und geht den Weg zurück, den er bereits gekommen ist.

Ich gehorche, setze mich so hastig in Bewegung, dass ich über meine eigenen Füße stolpere und haste dem Gott des Donners hinterher. Auf dem Flur angekommen, sehe ich gerade noch, wie sein roter Umhang um die nächste Ecke verschwindet. Die Beine in die Hand nehmend, haste ich ihm hinterher und habe ihn nach einem kurzen Sprint eingeholt. Trotzdem muss ich mich anstrengen, um mit Thor mithalten zu können. Wenn er einen Schritt macht, mache ich drei. Schon nach ein paar Metern hänge ich wieder hoffnungslos hinterher und so ist mein Laufstil eine Mischung aus Rennen und Gehen, wobei ich immer darauf achte, aus Angst, äh, Respekt, eine Schrittlänge hinter ihm zu gehen. Ich bin außerdem froh, dass er seinen Hammer diesmal nicht dabei hat.

»Wo gehen wir denn hin?«, wage ich zu fragen, als wir einen weiteren, mit Feuerschalen gesäumten, Weg entlang gehen, der genauso aussieht wie die dutzend anderen Gänge davor. Ich erhalte keine Antwort, starre auf sein breites Kreuz und beeile mich schon wieder, den Anschluss nicht zu verlieren.

Hin und wieder begegnen wir im Wirrwarr der Gänge ein paar Palastwachen oder Bediensteten. Sie alle nehmen Haltung an, als Thor kommentarlos vorbei schreitet, und mustern mich mit eindeutigen Blicken. Ich werde mir meiner Jeans überdeutlich bewusst und versuche ab jetzt, immer wenn wir jemanden begegnen, mich möglichst komplett hinter Thor zu verstecken.

An einer Gabelung des Ganges fällt mir ein Beistelltisch auf. In einer Schale – natürlich aus Gold – kokelt irgendein Kraut leise vor sich hin.

»Was ist das?«, frage ich erneut und deute mit dem Finger auf das Arrangement, hoffend, dass ich wenigstens diesmal eine Antwort erhalte.

Thor wirft mir einen kurzen Blick zu und geht dann unbeirrt weiter, steuert nun eine bewachte Treppe vor uns an.

»Rentierflechte«, sagt der Gott und mir dämmert es langsam. »Wenn man es verbrennt, verbreitet sich ein angenehmer Duft.«

Aha! Das Mysterium um Lokis Duft ist endlich gelöst. Riley Holmes hat wieder einen Fall abgeschlossen.

Stillschweigend lassen uns die Wachen passieren und wir folgen der großen Wendeltreppe nach oben. Bereits nach wenigen zurückgelegten Metern keuche ich wie blöde. Auf jedem Treppenabsatz, den wir überschreiten, häufen sich Wachposten in glänzenden Rüstungen. Was die hier wohl bewachen?

Als wir am höchsten Punkt ankommen, bewachen zwei besonders grimmig aussehende Zeitgenossen ein schweres Tor und öffnen dieses prompt, als Thor ihnen stumm ein Zeichen dazu gibt.

»Du hast fünf Minuten«, sagt er zu mir und ich gaffe wie ein beklopptes Schaf in der Gegend herum.

Er macht keine Anstalten durch das Tor zu treten, also gehe ich voraus und habe das Gefühl, irgendeine Barriere zu durchschreiten. Eine Gänsehaut nimmt von meinem Körper Besitz. Unheimlich.

Ich sehe zurück und erblicke Thor, der jeden meiner Schritte in dem... äh... Turmzimmer mit verschränkten Armen beobachtet.

Ich widme meine Aufmerksamkeit wieder dem Raum und wäre fast gegen eine Wand aus Glas gelaufen. Gerade so, kann ich meinen Körper kurz davor stoppen und mich vor einer Peinlichkeit bewahren. Dann realisiere ich, was das hier eigentlich ist.

Ein Gefängnis!

Ein kleiner Raum im höchsten Turm des Palastes, Blick auf die Gärten, eine kleine Annehmlichkeit in Form eines Bettes, mehr nicht. Und die »Zellentür« besteht aus Glas, keine Lücken zu sehen.

Loki steht mit dem Rücken zu mir am Fenster und mein Herz macht einen Hüpfer, als ich ihn erkenne. Er hält den Kopf gesenkt und ich überlege, wie ich seine Aufmerksamkeit erregen soll. Ans Glas klopfen? Mich räuspern?

»Bist du wieder hier, um mir eine Moralpredigt zu halten?«, löst sich dieses Problem von selbst, als Loki völlig desinteressiert sein Wort an mich richtet. Trotz des Glases, ist seine Stimme ganz klar zu hören.

Ich weiß nicht, wie ich angemessen darauf reagieren soll, also sage ich gar nichts und warte, bis er sich umdreht. Als er dies tut, sehe ich, dass er ein Buch in den Händen hält. Seine Augen weiten sich erkennend, als er mich erblickt.

»Du?«, ist seine einzige ungläubige Frage und ich sehe mich gezwungen, die Hände in die Luft zu reißen.

»Überraschung!«, rufe ich und lächele, fühle mich aber gar nicht danach, als Loki mich weiterhin völlig entgeistert ansieht.

Dann ist er wieder Herr der Lage, klappt das Buch zu und wirft es auf das Bett.

»Ich dachte, du wärst jemand anderes«, erklärt Loki sich und tritt an das Glas heran, welches uns voneinander trennt. »Wie kommst du-... Was machst du hier?«

Irgendwie wirkt er nicht sonderlich erfreut. Gut, ich kann es ihm nicht verübeln. Wer will schon, dass man ihm eingesperrt in einen Glaskasten sieht? Aber trotzdem...

»Ich musste wissen, wie es dir geht«, gestehe ich ohne große Umschweife.

»Ich existiere«, sagt er schlicht und der kühle Blick, mit dem er mich betrachtet, gefällt mir gar nicht.

»Du scheinst dich gar nicht zu freuen«, sage ich kleinlaut.

Vielleicht hätte ich lieber zuhause bleiben sollen? Dabei fand ich die Idee hier vorbeizuschauen anfangs so super.

»Freuen?«, spuckt Loki förmlich aus. »Auf was denn? Auf ein Leben in den Kerkern Asgards? Verbannung? Auf eine Hinrichtung? Wieso sollte ich mich darauf freuen?«

Ich erschrecke, als seine Faust gegen das Glas schlägt und zucke zurück, sehe ihn mit großen angstvollen Augen an. Das ist er also. Der Loki, der vor ein paar Monaten auf der Erde Angst und Schrecken verbreitet hat. Me not likey.

Als er die Furcht in meinem Gesicht sieht, senkt er langsam und fast beschämt den Blick, öffnet seine Faust und legt seine schlanken Finger behutsam gegen das kalte Glas.

»Entschuldige« fügt er leise hinzu und trägt einen Kampf mit sich selbst aus. Irgendetwas liegt ihm wohl auf dem Herzen und er ist sich nicht sicher, ob er es aussprechen soll.

»Schon gut«, sage ich in der Zwischenzeit und gehe wieder einen Schritt auf ihn zu.

»Ich muss gestehen, dass ich bereits damit abgeschlossen hatte, dich nie wiederzusehen«, offenbart er mir und sieht mich endlich wieder mit seinen tiefgründigen Augen an.

Ich lege meine Hand ebenfalls gegen das Glas, sodass nur noch dieses unsere Hände davon abhält, sich zu berühren.

»Es wird alles gut«, beteuere ich und hoffe, dass ich mich dadurch auch selbst davon überzeugen kann.

Loki betrachtet kurz unsere Hände und sieht mich dann auf eine Art an, die den Eindruck erweckt, dass er meinen Worten keinen Glauben schenkt.
 

~ Ende des 12. Kapitels ~



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Noisa-Grellchen1992
2013-08-25T21:58:28+00:00 25.08.2013 23:58
Armer Loki :( *Taschentücher reich* Ich sag auch für dich aus x.x


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