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Nur ein Mal ...

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Für die, die diese Story bereits angefangen hatten: Wie in der Beschreibung schon erwähnt wird diese Geschichte komplett überarbeitet.
Gerade die ersten beiden Kapitel waren mir ein Dorn im Auge, denn, ehrlich, die sind 2006 und ohne jegliche Planung entstanden und passten kein Stück zum restlichen Stil der Story.
Auch wollte ich inhaltlich noch ein paar größere Änderungen und Ergänzungen machen, um den Rest der Story besser gestalten zu können.
Es tut mir wirklich, ehrlich leid um die ganzen lieben Kommentare, aber sie würden einfach nicht mehr zu den Kapitelnummern und zum Inhalt passen, da ich die Kapitel jetzt nicht mehr in kleinere Teile aufspalten werde.

Trotz allem wünsche ich euch viel Spaß mit dem neuen "Nur ein Mal" und ich hoffe ihr könnt weiter an dieser Geschichte festhalten und sie mit Spannung verfolgen. Komplett anzeigen

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... eine Chance bekommen

Es war Montagmorgen. Um es genauer zu sagen, war es der erste Montag im Oktober. Die Sonne hatte sich bereits vor zwei Stunden schon dazu entschieden, aufzugehen und der Welt einen weiteren Tag anzukündigen. Die Temperaturen hatten sich über die letzten Wochen hinweg zwar stetig gesenkt, trotz allem war es noch nicht all zu kalt geworden, sodass man es tagsüber noch als angenehm bezeichnen konnte. Nichts desto trotz hatte sich der Herbst entschieden seine Anwesenheit zu demonstrieren. So kam es, dass in letzter Zeit verstärkt Regenfälle für Unmut gesorgt hatten. Auch an diesem Tag kündigte sich die unerwünschte Nässe durch ein dumpfes Grollen am Himmel an, bevor es erbarmungslos zu schütten begann.

Ein gedämpftes Fluchen drang durch das Rauschen des Regens und den Lärm der vorbeifahrenden Autos. Hastig eilte ein junger Mann die Straße hinunter. Einen Schirm hatte er nicht bei sich und die Häuser auf seinem Weg boten nur wenig Schutz vor der Nässe, die sich allmählich durch seine Kleidung fraß. Das blonde Haar klebte ihm im Gesicht und kleine Rinnsale rannen darüber hinweg, doch es schien ihn nicht zu stören. Unbeirrt rannte er weiter.

Wie ein Blick auf die Armbanduhr zeigte war es sieben Minuten vor acht Uhr. Eine Zeit zu der sich normalerweise jeder Schüler bereits auf dem Schulhof, wenn nicht sogar schon im Klassenzimmer befand.
 

Jeder, nur nicht er.
 

Jounouchi Katsuya wusste, er würde es wieder einmal nicht schaffen pünktlich im Unterricht zu sitzen, was für die Meisten nichts Ungewöhnliches oder gar Neues war. Hatten doch sogar seine Lehrer sich so langsam damit abgefunden, dass er permanent zu spät kam, was leider nicht bedeutete, dass er keine Strafe erhielt. So wie er die Lage einschätzte, würde er vor der Tür landen und die Gänge von den Wasserflecken befreien dürfen, die er hinterlassen hatte.

Doch zuerst musste er seine Runde beenden.

Wäre er nicht so sehr auf das Geld angewiesen, dann hätte er sich schon längst etwas anderes gesucht. Nur leider blieb ihm im Moment nichts anderes übrig. Da es verboten war neben der Schule zu jobben, wollte ihn niemand sonst einstellen. Das Risiko von seinen Lehrern oder Mitschülern entdeckt zu werden, während er in einem Café jobbte wollte er auch nicht wirklich eingehen. Niemand wusste von seinen morgendlichen Zeitungsrunden und das war auch gut so. Sollten sie in der Schule doch alle glauben, dass er faul war und immer verschlief. Es war ihm recht solange er arbeiten und sein Überleben absichern konnte.

Was ihn heute jedoch ärgerte war der Fakt, dass er wegen eben dieses Jobs nun maßlos zu spät kommen würde. Dabei wusste sein Chef doch, dass er zur Schule musste und nicht viel Zeit hatte. Trotz allem hatte er es sich nicht nehmen lassen und die Strecke des jungen Mannes heute Morgen unerwartet um etliche Blocks erweitert. Kaum hatte Katsuya seine eigentliche Tour beendet gehabt und wollte seine Tasche abgeben, drücke ihm sein Geldgeber eine erneute Fuhre in die Arme und schickte ihn wieder los, da ein Kollege ausgefallen war. Das war doch nicht gerecht!

Gerade heute war der falsche Tag, um ihn in unbekanntes Gebiet zu schicken! Dieser verfluchte Regen hatte ihn auf seiner eigenen Strecke schon kostbare Zeit gekostet. War er doch des Öfteren auf dem nassen Laub, auf den Bürgersteigen, ausgerutscht und nur knapp einem Sturz entgangen. Leider hatte seine Route keine wohl gepflegten Vorgärten und gekehrte Gehwege vorzuweisen, wie es doch beinah der ganze Rest von Domino tat. Nein, er durfte sich durch eines der ärmsten Viertel der Stadt kämpfen und dabei auch noch aufpassen, dass er nicht unvorhergesehen mit über Nacht entstandenen Müllansammlungen Bekanntschaft machte.

Eine andere Wahl hatte er leider nicht gehabt, lag diese Route doch am nächsten an seiner Wohnung. So musste er wenigstens nicht in aller Früh zwei Mal quer durch die Stadt hetzen, waren öffentliche Verkehrsmittel um diese undankbare Uhrzeit, zu der er das Haus verließ, ein reiner Wunschtraum. Mal abgesehen davon, dass er es sich gar nicht leisten konnte.

Wenn er seinen Job jedoch behalten und bezahlt werden wollte, dann sollte er so langsam fertig werden. Er hatte die Auflage alle Zeitungen bis Punkt acht Uhr in ihre zugehörigen Briefkästen verteilt zu haben. Normalerweise war das für ihn auch kein Problem, hatte er doch mit den Jahren eine gewisse Routine entwickelt. Er begann meist eine viertel Stunde vor der regulären Arbeitszeit, um noch genug Zeit für den Schulweg zu haben, so kam er meist nur zehn Minuten zu spät zum Unterricht.
 

Aber heute war definitiv nicht normal.
 

War die Karte mit der Wegbeschreibung schon schwer zu lesen, so erschwerte der stetige Regen die Sicht, sodass er nur halb so schnell vorwärts kam, wie er es sich gewünscht hätte. Immer wieder musste er anhalten und sich orientieren, bevor er weiterrannte. Er hatte noch genau fünf Minuten für eine Strecke, die im Normalfall, gut und gern, das Doppelte beanspruchen würde. Doch so viel Zeit hatte er nicht. Er musste pünktlich wieder auf der Matte stehen, oder sein Chef würde ihm den Lohn kürzen.

Gehetzt bahnte er sich seinen Weg von Haus zu Haus, seine Kleidung klebte an seinem Körper und seine Lungen brannten mit jedem Atemzug. Wenigstens war die Tasche mit den Zeitungen Wasserdicht und wurde mit jeder Tür, die er hinter sich ließ, leichter.

Abgekämpft und nach Atem ringend, stand er auch wirklich, pünktlich, wieder vor seinem Chef. Er hatte es geschafft und alle Zeitungen ordnungsgemäß verteilt. Katsuya gab die Tasche ab und während sein Chef seinen Lohn zusammensuchte, griff der Blonde nach einem Handtuch und seiner Schuluniform. Schnell war er wieder einigermaßen trocken und umgezogen, nahm sein Geld entgegen und sah zu, dass er fort kam. Vor der Tür blieb er kurz stehen.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass der Unterricht bereits begonnen hatte. Nachdem er jetzt gut eine dreiviertel Stunde am Stück durch die Straßen gehetzt war, teilte ihm sein Körper schmerzhaft mit, dass er die erste Stunde vergessen konnte. Wäre er jetzt noch in der Lage gewesen zu rennen, so hätte er eventuell noch die letzten zehn Minuten gehabt, vorausgesetzt er wurde nicht rausgeschmissen. Nun konnte er lediglich versuchen, nicht auch noch die zweite Stunde zu verpassen. Träge spannte er seinen Regenschirm auf und machte sich auf den Weg.

Müde trottete er die Straßen entlang. Die Nacht war zu kurz gewesen und er wusste genau wem er den Umstand zu verdanken hatte, dass er nicht viel Schlaf gefunden hatte. Vorsichtig betastete er seinen Bauch. Für gewöhnlich spürte er die Schmerzen kaum noch, hatte er sich doch schon längst an ein gewisses Maß gewöhnt. Heute, musste er leidlich zugeben, dass dem nicht so war. Hatte sein Alter es doch gestern Nacht für nötig gehalten, im Vollrausch sein Zimmer, auf der Suche nach Geld, vollkommen zu verwüsten. Und nur, weil der junge Mann versucht hatte, seinem Erzeuger zu erklären, dass er erst morgen Geld bekommen würde, war dieser ausgerastet. Hätte er doch bloß geschwiegen, dann hätte er lediglich ein paar wüste Beschimpfungen kassiert. So hatte der Alte es sich nicht nehmen lassen, dem Jungen, für seine Widerworte, ein paar saftige Tritte in den Magen zu verpassen.

Wieder strich er vorsichtig über die lädierte Stelle und nun meldete sich auch noch sein Magen. Er hatte heute Morgen kein Frühstück gegessen. Selbst wenn etwas da gewesen wäre, hätte er es wohl nicht hinunter bekommen. Ihm war mehr als schlecht gewesen und so hatte Katsuya die frische Morgenluft geradezu begrüßt und die Wohnung ein paar Minuten früher verlassen. Er hatte sich ausnahmsweise etwas mehr Zeit genommen, um zu seinem Arbeitsplatz zu kommen. Wozu das geführt hatte sah man ja nun.

Normalerweise kam er gut damit zurecht, kein Frühstück zu sich zu nehmen. Dass er heute so viel rennen würde, hatte er allerdings nicht geahnt, so verwunderte es ihn kein Stück dass sein Magen immer lauter rebellierte und nach etwas Essbarem verlangte. Da musste er sich wohl oder übel unterwegs noch etwas besorgen.

Seine Schritte waren schwerfällig. Trotzdem zwang er sich zügig zu gehen. Der Regen fiel immer noch unerbittlich, aus den grauen Wolken über ihm.

Nachdem der Blonde gut die Hälfte des Weges hinter sich gelassen hatte und seine Gedanken so langsam dem bevorstehenden Unterricht zu wandte, traf ihn eine Erkenntnis wie ein Blitz. Er blieb wie angewurzelt stehen.

Es war Montag und damit der Abgabetag des Aufsatzes, den sie schon vor Wochen in Sozialkunde aufbekommen hatten. Der Lehrer hatte ihnen extra mehr Zeit gegeben, da sie sich mit der aktuellen politischen Situation zu einem selbstgewählten Thema befassen sollten. Dazu waren umfassende Recherchen nötig gewesen. Immerhin sollten sie nicht nur ein paar Zeilen schreiben.

Sozialkunde gehörte nicht unbedingt zu seinen stärksten Fächern, aber Katsuya war dennoch bestrebt einigermaßen akzeptable Noten zu bekommen. Der Blonde hatte sich, so gut es ihm möglich war, mit seinem Thema befasst, denn seine Wahl gefiel ihm sehr. Er hatte sich wirklich bemüht und viel Zeit in der Bibliothek verbracht. Auch die Morgenzeitung hatte er während des Austragens gelesen. Ab und an hatte sein Chef ihm sogar etwas vom Überschuss überlassen, mit dem er dann Arbeiten konnte. Nicht einmal seine Freunde hatten bemerkt, wie eifrig er bei der Sache war. Der junge Mann hatte sich dafür so manche Nacht um die Ohren geschlagen. Er war gestern Abend erst damit fertig geworden.

Eben dieser besagte Aufsatz lag bei ihm zu Hause.

Genauer gesagt in seinem Zimmer.

Und seine erhoffte gute Note zierte nun, dank seines Erzeugers, in Form von Konfetti den Fußboden.

Ein gequälter Laut entrann der Kehle des Blonden.
 

Das Leben war nicht fair!
 

Was machte es jetzt noch für einen Sinn in die Schule zu gehen?

Die erste Stunde hatte er im Prinzip schon verpasst. Zwar musste er den Aufsatz erst in der 4. Stunde vorlegen, aber ihn jetzt noch einmal neu zu schreiben, dazu fehlte eindeutig die Zeit. Er war ohnehin todmüde und würde sich kaum darauf konzentrieren können, mal davon abgesehen, dass die Lehrer es wohl kaum zulassen würden. Das konnte er heute definitiv nicht ertragen. Dazu kam auch noch der Sportunterricht in den letzten beiden Stunden. Seiner Ansicht nach, hatte er für heute mehr als genug körperliche Ertüchtigung gehabt. Und dann sollte er sich auch noch das Geschrei der Lehrer, die Strafarbeit wegen des fehlenden Aufsatzes, Kaibas hochmütige Spötteleien und die Blicke seiner Freunde antun? Oh ja, sie würden ihn ansehen, mit diesen mitleids- und vorwurfsvollen Blicken. Er hasste es, noch mehr als Kaibas überheblichen Blick, so angesehen zu werden. Davon wurde ihm geradezu schlecht.

Wenn er es recht bedachte, war es also keine schlechte Idee, heute nicht in die Schule zu gehen. Sollten sie sich doch alle jemand anderen suchen, auf dem sie heute herumhacken konnten. Lieber setzte er sich in ein Café, wärmte sich etwas auf und brachte endlich seinen grummelnden Magen zum Schweigen. Danach würde er weiter sehen.

Mit diesem Entschluss begab er sich in die Innenstadt und suchte sich ein hübsches kleines Café in einer Seitenstraße. Er kannte es gut, war er doch schon des Öfteren hier gewesen. Um diese Uhrzeit würde kaum jemand da sein, denn die meisten waren auf der Arbeit, oder zumindest noch auf dem Weg dorthin und die Schüler saßen in der Schule.

Katsuya suchte sich trotzdem einen etwas abgeschiedenen Platz weiter hinten und bestellte sich ein kleines Frühstück. Er wollte seine Ruhe haben. Außerdem konnte er es irgendwie nicht leiden, wenn man ihm beim Essen zusah. Es war nicht so, dass er nicht kultiviert essen konnte. Er mochte einfach das Gefühl nicht, dabei beobachtet zu werden. Das Thema Nahrungsaufnahme war für ihn ohnehin ein heikles. Zu Hause aß er meist gar nicht und wenn, dann musste er zusehen, es heimlich zu tun. Wenn sein Alter ihn erwischte, dann hatte er meist zu kämpfen, um das Gegessene auch bei sich zu behalten. Nicht, dass er damit sowieso schon Probleme hatte. Deshalb und weil er sowieso wenig Geld hatte, aß er auch in der Schule nur sehr selten. Wenn seine Freunde ihn jedoch mal einluden, oder es etwas gratis gab, dann langte er auch mal gut zu, wenn auch mit schlechtem Gewissen. Meist fiel er dann schon wie ausgehungert über seine Mahlzeit her, so galt er bei den meisten Leuten schlechthin als verfressen.
 

Lustlos rührte er in seinem Tee und dachte nach.
 

Er gab sicher ein merkwürdiges Bild ab. Zwar war seine Uniform dank des Schirms vom Regen verschont geblieben, jedoch war sie, mittlerweile, ziemlich in die Jahre gekommen. Die Ärmel und Hosenbeine waren zu kurz, so manch ein Saum hatte angefangen, sich aufzulösen und ausgeblichen war sie auch schon langsam. sogar einige Knöpfe fehlten, weshalb er die Jacke eigentlich nie schloss. Leider hatte er kein Geld für eine Neue, also musste sie nun das letzte halbe Jahr noch durchhalten. Dazu kamen seine noch immer nassen Haare. Zwar klebten sie ihm nicht mehr pitschnass in der Stirn, aber, durch das vorherige Abrubbeln, standen sie immer noch recht wüst in alle Richtungen ab. Er sah sicher aus wie ein ausgestoßener, verlauster Straßenköter, um es mit Kaibas Worten zu beschreiben.

An manchen Tagen war Katsuya geneigt, ihm wirklich zuzustimmen. Sicher, er war nicht verlaust, aber wie ein geprügelter Hund kam er sich trotzdem vor. Das würde er dem Brünetten gegenüber jedoch nie zugeben, hätte er vor den Beleidigungen dann doch auf Ewig keine Ruhe.

Kaum dachte er an den jungen CEO, erschien sofort ein Bild dessen vor seinem inneren Auge, wie dieser ihn mit einem abschätzigen Blick von oben herab musterte und dieses typische überlegene Kaiba-Grinsen aufgelegt hatte. Katsuyas Hand verkrampfte sich um die Tasse und er knirschte leicht mit den Zähnen.

Was hatte er dem Brünetten eigentlich getan, um so eine Verachtung auf sich zu ziehen? Der Größere hatte, schon bei ihrer allerersten Begegnung, kein gutes Haar an ihm gelassen. Warum musste der Andere ihn selbst dann beleidigen und runtermachen, wenn Katsuya ihn in Ruhe ließ? Selbst andere Schüler, mit denen er nur wenig zu tun hatte, ja sogar Passanten auf der Straße bedachten ihn mit Blicken, als wäre er nichts Wert. Wildfremde Menschen! Niemand nahm ihn wirklich ernst. Hatte er nicht auch ein wenig Respekt verdient? Er hatte sich doch nichts zu Schulden kommen lassen, oder jemandem irgendetwas getan. Katsuya versuchte anderen stets, offen gegenüber zu treten. Warum also? Er gab sich doch Mühe!

Aber nicht einmal seine eigene Familie hatte ihn haben wollen.

Seine Mutter war kurz nach der Scheidung mit seiner Schwester nach Osaka gezogen und hatte Katsuya unmissverständlich klargemacht, dass sie ihn nicht wollte, dass er ihr egal war. Zwar hatte seine kleine Schwester versucht, den Kontakt zu halten, aber da er sie weder besuchen konnte oder durfte und ihre Mutter Telefonate strikt unterband, kam es nur selten zu einer Unterhaltung zwischen den zwei Geschwistern. Ab und an hatten sie sich Briefe geschrieben, doch selbst dafür reichte das Geld auf seiner Seite meist nicht aus. Erst, als er damals das Video von ihr erhielt, in dem sie sich wünschte, ihn noch einmal zu sehen, da versuchte er wirklich alles, um sie zu erreichen. Er hatte ihr ein Versprechen gegeben, vor vielen Jahren, am Strand. Und Versprechen hielt er für gewöhnlich, egal was es ihn kostete. Also hatte er alles für sie gegeben und am Königreich der Duellanten teilgenommen, nur, um das Geld für ihre Operation zu gewinnen. Und er hatte es geschafft.

Zu jener Zeit, als das Battle City Turnier begann, fand auch die Operation statt und er hatte sich, seine Mutter ignorierend, zu Shizuka begeben, hatte sie doch nach ihm verlangt. Seiner Mutter mochte er egal sein, aber nicht seiner Schwester. Sie hatte immer zu ihm gehalten, egal was war und dafür war er ihr überaus dankbar. In der Zeit seiner anderen Abenteuer mit Yuugi, hatte er allerdings wieder den Kontakt zu ihr verloren. Er war sich nicht einmal sicher warum. Er hatte zwar nicht überaus viel Zeit gehabt und auch kein Geld, um sie zu besuchen oder ihr zu schreiben, doch auch von ihr kam keine Nachricht. Sicher war seine Mutter daran wieder schuld gewesen. Aber war er denn besser? Er hatte ja nicht mal eine simple Karte vollbracht. Vielleicht machte er sich einfach etwas vor und sogar seine kleine Schwester konnte ihn mittlerweile nicht mehr leiden. Er hatte sie sicher enttäuscht. War es ihr also zu verdenken? Trotz allem, klammerte er sich mit aller Kraft an diesen kleinen Schimmer von Liebe und Zuneigung. Hoffte er doch, dass sie, egal wie weit sie voneinander getrennt waren, immer noch einander Kraft geben konnten. In letzter Zeit dachte er wieder häufiger an seine Schwester und versuchte Mut und Zuversicht zu schöpfen, um weiter zu machen, denn er war müde.

Müde, den Attacken seines Vaters weiterhin entgegen zu treten. Körperlich sowie psychisch.

Sein Leben war schon ganz schön beschissen, das konnte man nicht bestreiten und dabei wünschte er sich doch nur ein bisschen Liebe und Zuneigung, eine Familie, keine Schmerzen.

Ein tonloses Seufzen rann über seine Lippen und Katsuya biss von seinem belegten Brötchen ab, bevor er einen Schluck seines nun gut temperierten Tees trank. Er war herrlich und wärmte seinen ausgekühlten Körper wenigstens ein wenig auf. Ein schmales , kraftloses Lächeln zog an seinem Mund.
 

Nachdem er, eine Weile später, sein Essen erfolgreich vernichtet hatte und der Tee nun nicht mehr seine Hände, sondern sein Innerstes wärmte, entschied er sich, sich wieder auf den Weg zu machen. Er hielt es einfach nicht lange an einem Ort aus, mal von den ganzen unangenehmen Blicken abgesehen. Er zahlte und verließ das Café.

Wieder mit seinem Schirm und der Schultasche bewaffnet machte er sich auf den Weg zu seinem Lieblingsplatz. Es war ein kleiner Spielplatz, umgeben von ein paar Bäumen, der sich in einem Viertel befand, welches an seines grenzte. Es war nicht das Nobelviertel von Domino aber doch sauber. Er liebte diesen Platz, denn bis auf ein paar Kinder aus der Nachbarschaft kam dort eigentlich kaum jemand hin. Dort hatte er seine Ruhe, wenn er allein sein wollte.

Der immer noch stetig fallende Regen machte ihm mittlerweile kaum noch etwas aus, er konnte ja doch nichts daran ändern. Als er seinen Zielort nach etlichen Minuten der Wanderschaft erreichte, sah er dort zwei Jungen Fußball spielen und wie der Oberschüler erkennen konnte, handelte es sich um Zwillinge. Sie schienen, so an die 9 oder 10 Jahre alt zu sein.

Für eine Weile beobachtete er sie und erinnerte sich dabei an die Zeit mit seiner kleinen Schwester, als er noch so jung war und in der er oft mit ihr am Strand gewesen war oder auch auf Spielplätzen gespielt hatte. Es war eine schöne Zeit gewesen.
 

“Hey, du, willst du mitspielen?”
 

Durch die Frage aus seinen Gedanken geschreckt, blinzelte der Blonde leicht irritiert.

Aber nein, er hatte sich nicht verhört, die Kleinen hatten ihn wirklich zum Spielen eingeladen. Der Oberschüler musste nicht erst lange nachdenken, bevor er leicht lächelnd nickte, seine Schultasche, unter dem Regenschirm geschützt, auf einer nahegelegenen Bank abstellte und zu den beiden Jungen lief. Ein kleines Spielchen konnte schon nicht schaden, auch, wenn er weiterem Sport für heute eigentlich entsagen wollte.

Kurz stellten die Zwillinge sich als Taro und Jiro vor, wobei Taro der, um ein paar Minuten, Ältere war. Zu Katsuyas Glück trugen die Beiden nicht die gleiche Kleidung, sodass er sie leicht unterscheiden konnte und nachdem auch er sich kurz vorgestellt hatte, begann das Spiel.

Man hätte es vielleicht eher als Schlammschlacht bezeichnen sollen, denn mit einem Fußballspiel hatte es bei weitem nicht allzu viel gemein. Sie rutschten nur so üben den aufgeweichten Boden und der Ball war eher ein matschiges Geschoss als alles Andere. Nach kurzer Zeit schon, war der Blonde komplett durchnässt und eingedreckt und sah nicht besser als die beiden Jüngeren aus, die ja schon wesentlich länger bei der Sache waren. Keiner von ihnen störte sich daran, geschweige denn, dass es sie überhaupt im geringsten interessiert hätte.

Natürlich war der Oberschüler den beiden eigentlich überlegen, spielte er doch in der Schule auch regelmäßig Fußball, aber er wollte und musste den Beiden ja nichts beweisen. Klar, ab und an wollten sie mal einen speziellen Trick sehen, welchen der Große gern zeigte, aber im großen und ganzen war es ein spaßiges Miteinander. Das Tor stand leer und es ging vielmehr darum seinen Gegenspielern das Leder abzunehmen und es im Kasten zu versenken. Jeder spielte dabei irgendwie gegen und mit den Andreren. Mal arbeitete der Blonde mit einem der beiden zusammen, nur, um im nächsten Moment hinterhältig reingelegt zu werden, doch ausmachen tat es ihm nichts.

Trotz ihrer äußeren Gleichheit, fand der Oberschüler schnell gewisse Unterschiede bei den Beiden. Taro, als der Ältere, gab oft die Anweisungen und führte den Jüngeren. Man spürte, wenn auch nicht so stark ausgeprägt, das Verhalten als großer Bruder. Jiro hingegen war anfangs noch etwas zurückhaltender gewesen, allerdings sehr schnell Katsuya gegenüber aufgetaut. Es schien sich dabei also nur um die Scheu, Fremden gegenüber zu handeln, denn wenn es um flinke, freche und waghalsige Manöver ging, stand Jiro seinem Bruder in nichts nach. Die Zwei bildeten eine wunderbare Einheit und der Blonde war sich sicher, dass die Geschwister sich ohne Worte verstehen konnten.

Als Katsuya zum wiederholten Male rittlings im Matsch saß, da die Zwillinge ihn unerwartet attackiert und umgeworfen hatten und nun auf ihm saßen, als Regentropfen sein erhitztes Gesicht benetzten, der Stoff nur so an seinem Körper klebte, da fing er an unbeschwert zu lachen und die beiden Kleinen stimmten kurz darauf mit ein.

Es fühlte sich unbeschreiblich gut an.
 

Wann hatte er das letzte Mal so befreit lachen können?
 

In diesem Moment, hatten das miese Wetter, seine sonst stetig präsenten Sorgen und die leichten Schmerzen in seiner Magengegend keine Macht über ihn. Es war unwichtig. Der junge Mann genoss den Augenblick des Glücks und das Gefühl, wenn auch nur für jetzt, so etwas wie kleine Geschwister bei sich zu haben, wieder der große Bruder zu sein. Das Gefühl von Familie.

Nachdem sie sich wieder beruhigt hatten, kletterten die Zwillinge von ihm runter und Katsuya erhob sich ebenfalls. Grinsend verwuschelte er ihnen die nassen Haare und dann ging das muntere Spiel auch schon weiter.
 

Ein Außenstehender mochte sie für unverantwortlich und völlig verrückt, wenn nicht sogar lebensmüde erklären, denn sie spielten jetzt schon seit geschlagenen zwei Stunden im strömenden Regen. So langsam waren die Drei aber auch an ihren Grenzen. Der pampige Boden erschwerte das Laufen ungemein und trotz der vielen Bewegung waren ihre Körper ausgekühlt. Da sich bei dem Blonden innerlich so langsam der Beschützerinstinkt und große Bruder meldete, schlug er vor, für heute, Schluss zu machen, damit die Jungs sich zu Hause aufwärmen konnten. Mit leichtem Murren als Widerstand stimmten sie dann aber zu, jedoch kam der Große nicht drum herum noch eine letzte Runde mit ihnen zu spielen. Diese großen Kinderaugen waren wirklich eine gemeine Waffe.

Kurz darauf herrschte auf dem Platz schon wieder ein reges Treiben.

Katsuya passte den Ball zu Taro, welcher jedoch kurz vor der Annahme, im Schlamm ausrutschte und der Länge nach im Matsch landete. Das Rund hatte es sich unterdessen nicht nehmen lassen und war, undankbarer Weise, ein ganzes Stück entfernt, auf der Gegenüberliegenden Straßenseite gelandet, niemand hatte es bisher bemerkt. Die Aufmerksamkeit lag vorerst auf Taro, der sich auf die Knie geschoben hatte und sich die Nase rieb. Der Schlamm, welcher ihm im Gesicht klebte und nun auch noch verteilt wurde, bot einen mehr als lustigen Anblick und die beiden Anderen konnten sich vor Lachen kaum halten. Der Geschädigte nahm es mit Humor und sobald er bestätigt hatte, sich nicht verletzt zu haben, sahen sich alle Drei nach dem hinterhältigen Leder um.

Jiro war der Erste, der es erspähte und rannte los.
 

“Ich hol ihn!”
 

Katsuya starrte ein paar Sekunden lang auf den Rücken des Kleinen und etwas zog sich in ihm unangenehm zusammen. Dann setzte er dem Jungen nach, der bereits die Straße erreicht hatte.
 

“Jiro, warte!”
 

Doch das Rauschen des Regens, dämpfte seinen Ruf und der Jüngere nahm es in seinem kindlichen Eifer kaum wahr. Taro hatte sich inzwischen erhoben und folgte den beiden.

Aus dem Augenwinkel bemerkte der Zwilling zwei Lichter, die sich rasch näherten.
 

“Jiro!!”
 

Auch dem ihm hinterherjagenden Blonden blieb diese Tatsache nicht verborgen und als der jüngere Zwilling, wegen des Schlamms unter seinen Sohlen, ausrutschte und unsanft auf dem Asphalt der Gegenfahrbahn mit den Knien aufkam, blieb dem Oberschüler für eine Sekunde das Herz stehen. Der Kleine hatte sich schnell wieder aufgerappelt, wurde nun jedoch auf ein Geräusch neben sich aufmerksam.
 

Geweitete Kinderaugen starrten erschrocken in helle Scheinwerfer.
 

Das letzte was Katsuya wahrnahm, war das schrille Quietschen von Autoreifen auf nasser Fahrbahn und beißender Schmerz.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Kemet
2015-03-10T04:15:44+00:00 10.03.2015 05:15
Ich freue mich auf eine Fortsetzung. Schöner Stil, wenngleich die Begegnung und das Spiel von Jiro, Taro und Jou etwas an Glanz verlor, weil es doch recht runtergerasselt auf mich wirkte, wo doch sonst alles so detailiert geschrieben war.
Dennoch beißt die Maus keinen Faden ab, Schreibe weiter, ich würde mich freuen.
Von:  Onlyknow3
2015-03-08T16:28:00+00:00 08.03.2015 17:28
Das ist doch ok wenn du die Geschichte überarbeitest. Hier hast du meinen neuen Kommi und ich sage dir mir gefällt die Geschicht und ich freue mich sie noch mal zu lesen. Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von: abgemeldet
2015-03-08T11:03:46+00:00 08.03.2015 12:03
das hast du echt sehr schön geschrieben
ich bin gespannt wie es weiter geht

LG kai


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