Zum Inhalt der Seite

Das Haus Telcontar

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
An dieser Stele noch mal danke für die (neuen) Favoriteneinträge, ich hab mich sehr gefreut :) Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 7

„...und die Gästezimmer wurden ebenfalls gereinigt und für die Delegation aus Ithilien vorbereitet, ganz wie Ihre Hoheit es angeordnet hat.“

Melién nickte leicht und entließ das Dienstmädchen dann mit einer flüchtigen Handgeste, während sie ans Fenster trat.

Die Abgesandten würden vermutlich morgen eintreffen und bisher verlief alles so wie geplant.

Prinz Legolas würde seine üblichen Gemächer in der Nähe der Gärten bekommen und auch für Fürst Faramir und sein Gefolge stand alles bereit.

Ihr Blick schweifte hinaus und selbst durch das Glas spürte sie die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Rasch trat sie einen Schritt zurück – sie wollte unter keinen Umständen aussehen wie eine Frau niederen Standes, deren Haut vor allem im Sommer schrecklich dunkel wurde, weil sie den ganzen Tag draußen waren.

Unwillkürlich kamen ihr alte, beinahe vergessene Erinnerungen in den Sinn.

Wie sie und Lúthiel in Imladris durch die Gärten getobt waren, meistens unter den wachsamen Augen ihrer elbischen Verwandten.

Sie war acht und Lúthiel fünf gewesen und während der dreizehnjährige Eldarion mit ihrem Vater und ein paar anderen zum ersten Mal mit auf die Jagd gedurft hatte, hatten die Schwestern sich die Zeit damit vertrieben, Bruchtal zu erkunden.

In einer Nacht hatten sie sich hinausgeschlichen, um Glühwürmchen zu fangen.

Sie waren so stolz gewesen, dass niemand sie erwischt hatte, als sie in Bruchtals Gärten verschwunden waren. Und dann...

Für einen Moment empfand Melién die gleiche, bodenlose Angst wie in jener Nacht und das Weinen ihrer Schwester klang in ihren Ohren wieder, als hätte sie einen Sprung in der Zeit gemacht. Sie wandte sich abrupt vom Fenster ab und ging schnellen Schrittes weiter.

Das war ja lächerlich. Sie hatte noch genug zu tun, bis die Delegation eintreffen würde und unliebsamen Erinnerungen nachhängen würde ihr dabei auch nicht weiterhelfen.
 


 

Niâll hatte die Lippen fest zusammengepresst, während sie mit konzentriertem Blick den Topf säuberte, damit er bald wieder benutzt werden konnte um das Essen für die Herrschaften zuzubereiten.

Bis zur Ankunft der Gäste war noch viel zu tun und sie wollte so schnell wie möglich fertig werden. Zum einen, weil sie Prügel beziehen würde, wenn sie trödelte und zum Anderen, weil sie unbedingt zusehen wollte, wenn der Fürst und sein Gefolge eintreffen würde.

Es hieß, dass ein Elb mit dem Fürsten reisen würde und das wollte Niâll um nichts in der Welt verpassen.

„Glaubst du, Elben sind wirklich so schön wie es in den Gedichten heißt?“, flüsterte Síra, eines der anderen Küchenmädchen, ihr zu, während sie eine der Pfannen säuberte.

„Natürlich sind sie das.“, flüsterte Niâll zurück, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand in der Nähe war, der ihnen zuhören könnte.

Kordir mochte es nicht, wenn sie während der Arbeit redeten. Aber Kordir mochte fast nichts und niemanden, also mussten sie nur aufpassen, nicht erwischt zu werden.

„Die Königin war doch eine Elbin und sie ist die schönste Frau in ganz Mittelerde.“

Síra nickte, warf ebenfalls einen flüchtigen Blick über die Schulter und beugte sich dann noch etwas näher zu Niâll hinüber, wobei ihr dichtes, schwarzes Haar wie ein Vorhang zwischen sie fiel und Síra es ungeduldig über ihre schmale Schulter strich.

„Die Prinzessinnen sind auch sehr schön. Und der  Prinz.“

Sie kicherte und Niâll biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, doch die Hitze in ihren Wangen verriet sie.

Síra stieß Niâll leicht in die Seite und griff dann nach der nächsten Pfanne, um sie in das inzwischen schon leicht gräuliche Wasser zu tauchen. „Jetzt schau doch nicht so ängstlich. Wir werden schon nicht dafür bestraft, dass wir den Prinzen gern ansehen.“

Niâll lächelte ihre Freundin verlegen an und wandte sich dann wieder ihrer Arbeit zu. Síra war die Tochter einer Schankhure, ihren Vater hatte sie nie kennen gelernt und manchmal fragte Niâll sich, ob das der Grund dafür war, dass die Schwarzhaarige mit vielen Themen offenherziger umging als sie selbst.

„Ich würde den Elben jedenfalls wirklich gern mit eigenen Augen sehen.“, wechselte sie schnell das Thema, „Glaubst du wirklich, dass einer dabei sein wird?“

Síra grinste. „Nun, es gibt nur einen Weg, um das herauszufinden, nicht wahr?“

Niâll zuckte leicht zusammen und sah sie besorgt von der Seite an. „Aber wir wissen doch noch gar nicht, ob Kordir uns erlauben wird, morgen auf den Hof zu gehen, um zuzusehen wie der Fürst ankommt.“

Síra zuckte unbekümmert mit den Schultern. „Ach, wenn wir unsere Arbeit erledigt haben wird er uns sicher gehen lassen.“

Niâll warf der Älteren einen kuren Blick von der Seite zu und fragte sich nicht zum ersten mal, ob es stimmte, dass Síra nur deshalb nicht von Kordir geschlagen wurde, weil sie ihn nachts in ihr Bett ließ. Fragen tat sie selbstverständlich nicht. Síra hatte sich um sie gekümmert, seit sie angefangen hatte im Schloss zu arbeiten und sie wollte ihr ihre Freundlichkeit nicht vergelten, indem sie sie kränkte.
 

Elboron kniff die Augen leicht zusammen und warf einen Blick in die Ferne.

Sie würden Minas Tirith zur morgigen Mittagsstunde erreichen und er war froh darüber. Ursprünglich hatte sein Vater die Reise selbst antreten wollen, doch ein Fieber hatte ihn niedergeworfen und da seine Mutter nicht von seiner Seite hatte weichen wollen, war es Elboron zugefallen, den Ritt nach Minas Tirith anzutreten.

Und er konnte ich bei weitem unangenehmere Aufgaben vorstellen. Er und Eldarion hatten als Kinder oft miteinander gespielt; Elboron liebte den Prinzen wie seinen eigenen Bruder und er wusste, dass Eldarion diese Gefühle teilte.

Prinzessin Béleth würde sich sicher nicht an ihn erinnern und er fragte sich, ob Prinzessin Lúthiel noch immer der kleine Wildfang war, der sie gewesen war, als er das letzte mal in der Hauptstadt gewesen war.

Und Prinzessin Melién.
 

„Elboron, wo gehen wir hin?“

Der Zwölfjährige grinste die Prinzessin nur über die Schulter an. „Hier in der Nähe ist ein Wasserfall. Vater hat ihn mit gezeigt, als wir das letzte mal hier waren. Und...“

Er verstummte, als er leise Stimmen hörte und blieb so abrupt stehen, dass Melién beinahe in ihn hineingelaufen wäre.

Die neunjährige Prinzessin funkelte ihn böse an.

„Pass doch auf!“, maulte sie, doch Elboron legte ihr schnell den Zeigefinger auf die Lippen, damit sie ruhig war. Meliéns Blick verdüsterte sich und sie bedachte ihn mit einem derart bösen Blick, der sagte „Was erlaubst du dir eigentlich?“ doch dann hörte auch sie das leise Lachen und warf dem Dunkelhaarigen einen neugierigen Blick zu, ehe sie weiter schlichen, um nachzusehen was hinter der nächsten Böschung vor sich ging.

So leise wie möglich schob Elboron die Zweige des Busches zur Seite und presste sich Sekunden später die Hand vor den Mund, um nicht versehentlich laut aufzulachen.

Auf der Lichtung, die sich vor ihnen erstreckte, saßen Elborons Eltern, Lord Faramir und Lady Eowyn. Faramir hatte sich gerade vorgebeugt und flüsterte seiner Gemahlin etwas ins Orh, woraufhin sie erneut leise lachte und sich dann vorbeugte, um ihn zu küssen.

Elboron spürte eine Hand an seinem Arm und drehte sich um.

Meliéns Wangen schienen zu brennen und sie vermied es, ihn anzusehen.

„Wir sollten gehen. Das schickt sich nicht.“, murmelte sie und raffte dann ihr Kleid, um in eine andere Richtung zu gehen.

Elboron grinste und folgte ihr.

„Das war nur ein Kuss, Prinzessin. Nichts, wovor man Angst haben muss.“

Melién blieb abrupt stehen und drehte sich zu ihm um, ein trotziger Ausdruck in den hellen, grauen Augen.

„Ich hatte keine Angst. Es schickte sich nur nicht, ihnen zuzusehen.“

Ihre Wangen waren noch immer tief rot und Elborons Grinsen vertiefte sich.

„Ach so?“

„Ja!“

„Also hast du keine Angst davor, irgendwann selbst geküsst zu werden?“

Melién starrte ihn einen Moment lang sprachlos an. „Du...ich...es gehört sich nicht, eine Lady so etwas zu fragen!“, brachte sie schließlich mit allem kindlichen Ernst heraus, den sie aufbringen konnte.

„Ich glaube dir nicht.“, verkündete Elboron grinsend, „Ich glaube, dass dir das Angst macht, weißt du?“

Melién sah ihn einen Moment lang erbost an, ehe sie kurzentschlossen auf ihn zu ging.

„Ich sagte, ich habe keine Angst!“

„Beweis es.“, forderte der Dunkelhaarige sie aus einem Impuls heraus auf. Er war nämlich ziemlich neugierig.

Melién biss sich kurz auf die Unterlippe und sah ihn unsicher an, ehe sie nickte.

„Na gut. Aber danach darfst du nie wieder sagen, dass ich Angst habe.“

Elboron nickte zustimmend, ein Grinsen auf den Lippen, ehe er einen Schritt auf sie zu ging, mit einem Mal vollkommen unsicher, was er eigentlich tun sollte.

„Was denn? Hast du Angst?“, zog die Prinzessin ihn auf, doch auch ihr Blick hatte etwas sehr unsicheres.

Elboron atmete tief ein, bevor er sich vorbeugte und seine Lippen kurz auf die der Prinzessin drückte. Weniger als einen Herzschlag später traten sie auch schon wieder voneinander weg, beide mehr als verlegen.

Und als sie Eldarion hörten, der nach ihnen rief folgten sie dem Ruf nur allzu gern, in stummer Übereinkunft, diesen Tag nie wieder zu erwähnen.
 

Elboron grinste leicht. Er hätte es damals nicht einmal sich selbst gegenüber zugegeben, doch er war zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon ein bisschen in die Prinzessin verliebt gewesen, auch wenn er dieses Gefühl nicht hatte zuordnen können.

Und selbst wenn er es gekonnt hätte – er hatte schon damals gewusst, dass der Sohn des Truchsess niemals als möglicher Heiratskandidat für eine der Prinzessinnen in Frage kommen würde. Kein König würde seinem Truchsess einen ernsthaften Anspruch auf den Thron zugestehen, das wäre Wahnsinn und er wusste das...

Er schüttelte leicht den Kopf.

Das war Jahre her und vermutlich erinnerte Melién sich nicht einmal mehr an jenen Ausflug und den ungelenken, kindischen Kuss in der Mittagshitze.

Und eigentlich spielte das alles sowieso keine Rolle.

Er drückte seinem Pferd sanft die Hacken in die Seite um es anzutreiben.

Er war das Reisen leid und er wollte so schnell wie möglich in Minas Tirith ankommen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück