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Wings of emotion~

Ereri~
von

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Friends

Der Junge schnaufte. Das Knacken hatte wohl keinerlei Bedeutung, niemand kam und schaute ins Zelt, wo es zwischen den beiden Männern heiß hergegangen ist.
 

Die ganze Nacht lag Eren wach und beobachtete den ruhig schnurrenden Rivaille. Er aß noch ein bisschen was von seinem Proviant, um seinen warnend knurrenden Magen ein bisschen zu füllen und deckte daraufhin seinen Vorgesetzten, der immer noch in Unterhose da lag, wärmlich mit seinem eigenen Umhang zu. Er selber war kaum müde und auch immer noch viel zu aufgeregt von dem Treiben letzten Abend, dass er kein Auge zubekommen könnte. Er trabte im Zelt umher, zündete die nächste Kerze an, um sich Licht zu spenden. Zudem warf er immer mal wieder einen Blick nach draußen. Es war dunkel. Auch in allen anderen Zelten. Titanen waren auch nicht zu sehen. Eren genoss diese wenigen Momente, in denen es draußen wirklich mal nach Frieden aussah. Eine Welt, in der man sich frei bewegen konnte. Eine Welt, in der man umher reisen konnte, auf Gebirge steigen konnte, an eine riesengroße Wasserfläche namens Meer reisen konnte, in der man einfach alles sehen konnte, was die weite Welt hergab – ohne Furcht vor dem Bösen. Ohne hinter Mauern eingesperrt zu sein. Eren träumte von einer solchen Zukunft. Einer Zukunft für die Menschheit, ohne Titanen. Die Auslöschung dieser Monster, die bereits den Großteil der Menschen auf dem Gewissen hatten, war sein Lebensziel.
 

Er blickte zurück auf Rivaille. Auch er musste, wie Eren nun wusste, viel durchmachen. Ein wohliges Gefühl breitete sich in seinem Herzen aus, als er daran dachte, zusammen mit Rivaille auf Weltreise zu gehen. Er liebte und verehrte ihn wirklich. Und von jetzt an würde er alles für seinen Vorgesetzten tun. Er würde ihn nicht im Stich lassen!
 

Bis zum Morgengrauen beschäftigte sich Eren damit, die Kleidung des Corporals zu waschen. Dreck konnte Rivaille bekanntlich gar nicht ausstehen.

Bevor die ersten Soldaten sich langsam aus der Nachtruhe begaben, verschwand Eren wieder in sein Zelt. „Oi Eren!“ Rivaille war aufgewacht und begrüßte ihn mit einem irritierten und leicht angenervten Blick. „Was bin ich für ein wertloses Stück, wenn ich schon in deinem dreckigen Loch übernachten muss!“ Er wischte sich seinen Sabber vom Mund und wunderte sich ob seiner Fas-Nacktheit. „Eren….!“ Der Junge winkte peinlich berührt ab. Schließlich hatte er gestern mit all den Berührungen angefangen! „Rivaille-heichou, ich hab damit nichts zu tun! H-Hier sind Ihre Klamotten, ich hab sie extra gewaschen die Nacht!“
 

Ohne Worte nahm der Kleinere sein Hemd und seine Uniform an sich, zog sie sich rasch an und schaute mit Bedacht nicht zu Eren. Verdutzt stand der Junge da. Ihm war die ganze Situation und die letzte Nacht ja schon etwas peinlich. „Ist alles in Ordnung, Hei“- „Psscht!“ zischte Rivaille, zog Eren nah an ihn heran und funkelte ernst. „Das, was letzte Nacht geschehen ist… kein Sterbenswörtchen darfst du verraten, ist dir das klar, du Insekt?!“ Erens Herz hopste wieder hoch. „Ja!“ flüsterte er aber gewissenhaft zurück. „Solltest du von unserer kleinen Liebelei irgendwas erzählen, garantier ich für nichts, du kleines Miststück! Das bleibt unter uns!“ Er drückte den perplexen Eren wieder weg von sich und erhob seine Stimme wieder zu einem harschen Ton. „Und jetzt wasch dich gefälligst noch mal ordentlich ab und komm! Die anderen warten sicher schon auf uns!“ Er drehte dem Jüngeren den Rücken zu und verließ das Gemach.

Draußen war die Sonne dabei, aufzugehen. Sie hatten für ein ausführliches Frühstück kaum Zeit, da auch die Titanen sehr bald aus ihren Verstecken wieder hervorkriechen würden. Ein bisschen Fleisch und Kartoffeln gab es aber dennoch. Eren kam mit einem gezwungenen Lächeln aus seinem Zelt und begrüßte seinen Trupp. Jedoch bekam er lediglich von Hanji ein nervtötend fröhliches „Guuuten Morgen~ <3“ als Antwort, ihre Augen, die durch die Brillengläser noch größer wirkten, funkelnden beängstigend. Seltsamerweise fehlten ausgerechnet Rivaille und Erwin in der Runde. Eren zuckte die Achseln, sicher war es wieder eine Planbesprechung. Er setzte sich aus Gewohnheit ein bisschen abseits von der Mannschaft auf die Erde. Immerhin ließen sie dem Jungen ein bisschen vom Essen übrig, einfach aus gezwungener Höflichkeit, denn ansonsten hielten sie ihn immer noch mehr oder weniger für ein Monster, dem man nicht über den Weg trauen sollte.
 

„Rivaille, es gibt da etwas, dass ich dich fragen muss“ Erwin hatte den Schwarzhaarigen ohne Ankündigung in sein Zelt geordert. Dieser sah gespielt emotionslos bis angenervt zur Decke. „Dein Verhalten in letzter Zeit stößt mir teilweise ein bisschen bitter auf. Vorallem… gegenüber Eren.“ Bei Erwähnung des Namens konnte Rivaille ein kurzes Schlucken nicht unterdrücken. „Und was gibt es da für ein Problem?“ gab er dann betont genervt zurück.
 

„Mir fällt auf, dass du in letzter Zeit oft den Drang zu entwickeln scheinst, Zeit mit dem Jungen alleine verbringen zu wollen. Ich weiß, natürlich steht er unter einer gewissen Beobachtung, und dir ist auch die Obhut zum Teil aufgetragen.“ Erklärte Erwin und gestikulierte wild, denn sein Gegenüber verdrehte nur die Augen. „Aber grade in letzter Zeit häuft sich das… und, um es mal auf den Punkt zu bringen, der gestrige Abend, als du mit ihm zusammen ins Zelt verschwunden bist…“ Wieder ein Schlucken des Corporals, seine Wangen färbten sich zu seinem Ungunsten leicht rosa.
 

Erwin suchte den Blickkontakt und ihm entging auch nicht das ganz leichte Aufleuchten seiner Wangen. Der blonde Hüne ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen und fuhr souverän fort. „Ich habe dich und Eren gesehen. Nicht viel. Und auch nicht lange. Aber allein schon die Geräuschkulisse, die ich im Vorbeigehen mitbekommen habe, lässt mich nichts Gutes erahnen.

Sag, Rivaille…“ Der angesprochene starrte förmlich wie besessen an die gegenüberliegende Wand, im Versuch, dass sein Blick nicht vom Commander eingefangen wird. Seine Wangen aber waren errötet. Sein Schauspiel von über-Bord-geworfenen Gefühlen wollte nicht so recht funktionieren.

„Sei ehrlich: Hast du dich an dem Jungen vergriffen? Eine Affäre mit ihm gehabt?“ Rivaille starrte wortlos gradeaus. Wieder schluckte er. „Das waren reine Disziplin-Maßnahmen, nichts weiter“ antwortete er dann gekonnt mechanisch. Wahrscheinlich sogar eine Spur zu mechanisch, denn Erwin kaufte ihm diese Lüge so nicht ab.
 

„Rivaille, darf ich dich daran erinnern, dass Eren noch minderjährig ist?“ „Ich weiß“ Der Kleinere von beiden blickte nun, sich einer gewissen Schuld bewusst, zu Boden. „Der Junge ist für solche Aktionen, wie das, was ich gestern mitbekam, noch nicht reif. Und mal ganz davon abgesehen…

Wie verstörend muss es für den Armen sein, wenn er von einem Mann wie dir einfach mal sexuell belästigt wird, oder wie du es ausdrückst, ‚Disziplin-Maßnahmen‘ durchführst! Das ist kriminell und ungesund, verstehst du?“
 

Rivaille reagierte nicht weiter auf die einschlagenden, strengen Worte Erwins. Er sah bedröppelt zu Boden. So hilflos wirkte dieser Mann wirklich selten. Er realisierte, dass er sich nicht weiter mit Lügengeschichten aus der Nummer rauswursten konnte.
 

„Oder empfindest du wirklich etwas für den Jungen?“ Der Commander legte eine Hand auf die Schulter des Kleineren. „Ich bin nicht bei der Militärpolizei und kann auch nicht über dich und über Eren richten, aber ich empfehle, dich von ihm zu distanzieren – gefühlsmäßig auf jeden Fall. Erstens befinden wir uns immer noch in einer prekären Situation, wir haben tagein tagaus mit Menschenfressenden Monstern zu tun, also liegt darauf auch unser gesamtes Augenmerk! Und Zweitens solltest du auch an Eren selbst denken. Er will es womöglich gar nicht. Du könntest ihn damit völlig verwirren oder gar Angst machen. Und ihn gar traumatisieren mit solchen Aktionen!

Es ist nicht verkehrt, eine gewisse Fürsorge zu bringen, genauso wenig wie Disziplin und Ordnung. Solange alles seine Grenzen hat! Das beherrschst du im Normalfall wie kein Zweiter, als tu es auch weiterhin!“
 

Daraufhin driftete der Blonde ab hinüber zu seiner Ausrüstung. Rivaille stand da wie angewurzelt. Ihm liefen mehrere Schauer über den Rücken. Warum schaffte er es einfach nicht wie sonst, einfach cool zu bleiben und sich nichts anmerken zu lassen? Ihm fehlten jegliche Worte. Natürlich hatte Erwin Recht und er selbst wusste das auch. Aber in seinem Herzen stach es gewaltig.

„Wir reiten heute zurück zum Schloss. Es hat keinen Sinn, ohne Plan und Muster nach den Vermissten zu suchen. Noch mehr Tote können wir uns nicht erlauben“ erklärte der Commander standhaft. „Sammel schon mal den Trupp zusammen und mach dich bereit, Rivaille!“

Der Corporal schlenderte, alle Emotionen runterschluckend, hinaus und mimte den kühlen Befehlshaber.
 

Ohne Eren, der im Hintergrund bei Hanji hockte, eines Blickes zu würdigen, teilte er seiner Mannschaft den Plan mit und marschierte demonstrativ zu seinem Pferd. Alle anderen machten es ihm nach, denn man erkannte am Horizont bereits die ersten Titanen entlangstapfen. Eren machte es ihnen ebenso nach, lief mit fragendem Blick an Rivaille vorbei, doch der beachtete ihn in Etwa so sehr wie ein Stück Luft. Das Verhalten von ihm wurde für den Jungen immer unschlüssiger. Was soll denn jetzt diese Igno-Schiene?
 

Ein anderer Teil der Soldaten baute in Windeseile die Zelte ab, sammelten ihr Hab und Gut ein, ehe alle in Formation traten. Unter Erwins Kommando steuerten dann alle übrig gebliebenen Männer zurück in Richtung Schloss. Dem Hort der Sicherheit für alle. Eren durfte sogar wieder selbst reiten, auf eines der Pferde, welches zuvor einem der verstorbenen Krieger von gestern gehörte. Das hatte schon was von humorloser Ironie, aber was sollte der Junge auch anderes tun? Zu Fuß ist nicht. Und Rivaille hatte eben auch all seine Fragen bezüglich Das-Aufpassen-auf-das-böse-dumme-Kleinkind- Eren gänzlich ignoriert.
 

„Was ist denn nun mit Walter und Herbert?“ – „Es hat keinen Sinn, nach ihnen zu suchen, wenn wir keinerlei Hinweise haben!“ warf Erwin direkt bestimmt auf die Frage einer der Reiter. „Noch mehr Leute können wir nicht sinnlos an Titanen verfüttern. Die Überlebenschancen der beiden ist nun ohnehin nur noch sehr gering. Also erstmal Rückzug!“

Ihnen stellten sich gottseidank keine Titanen mehr in den Weg. Alle sie waren weit genug entfernt. Und da sie gottseidank auch nicht die intelligentesten und schnellsten Wesen waren, brauchten sie sich grade nicht zu fürchten.
 

Aber es wartete dennoch eine Überraschung, besonders auf Eren, der die ganze Zeit wegen der plötzlichen Ignoranz seines Vorgesetzten nachgrübelte. Er wurde jäh aus der Trance gerissen, als sie in sichere Gefilde einritten und dort bereits Mikasa und Armin standen. Erens Freunde aus seiner Kindheit – Erstere gehörte so gesehen zu seiner Familie. Für ein paar Sekunden verdrängte der brünette Junge Rivaille und dachte daran, dass er in letzter Zeit gar nicht mehr so viel mit ihnen gemeinsam verbracht hatte. Wehmütig gestand er sich ein, zuletzt wirklich sehr fokussiert auf den Corporal gewesen zu sein.
 

Zur Begrüßung gab es von Mikasa eine deftige Schelle. Sie verstand es auch bestens, Eren gerne mal ordentlich zurecht zu stutzen – wenn auch mit Gewalt.

„Wie kannst du dich einfach so in Gefahr begeben?“ fauchte sie grimmig. Armin wollte sie kurzzeitig aufhalten, doch der blonde Junge war sich der unbändigen Durchsetzungsfähigkeit des Mädchens bewusst. Sie war, vor allem wenn es um ihren Adoptivbruder Eren ging, äußerst geladen und würde ihn um jeden Preis beschützen wollen. Armin war sich nicht mal mehr sicher, ob sie einfach einen sehr starken Bruderkomplex hatte, oder ob sie wirklich so sehr in ihn verliebt war, dass es schon an Besessenheit grenzte. Er wusste nur, dass die beiden ein sehr schweres und besonderes Schicksal verband.
 

„Einfach so, ohne dich mal bei uns zu melden. Schäm dich!“ Eren lief verlegen rot an, kratzte sich am Hinterkopf und lächelte zurückhaltend. „Es ist ja alles gut gegangen“ Mikasa seufzte, schüttelte entnervt den Kopf und hätte ihn am liebsten direkt von seinem Trupp weggeschleift. Dabei war noch nichtmal klar, was sie heute noch für Aufgaben zu erledigen hatten.

Gemeinsames Training stand auf dem Plan, und dazu sollten sich auch alle Mitglieder des Aufklärungstrupps, zu denen Eren und Rivaille angehörten, sich versammeln. Der brünette Junge wurde nahezu festgekettet an Mikasa, die seinen Arm permanent festhielt, während sie zu einem großen Platz gingen. Ein bisschen amüsant sah das ja schon aus. Eren ließ sie das einfach mal machen, er kannte dies ja schon zur Genüge von ihr.
 

Ein immer noch großer Haufen Soldaten stand da in Reih und Glied bereits, als die drei Kindheitsfreunde ankamen. Ein paar freudige und zuvorkommende Blicke strahlten ihnen entgegen. Einige der Soldaten kannten sie ja schon durch ihre Ausbildungsjahre. Es war schön zu sehen, dass es ihnen gut ging.
 

Vorne, auf einer Art Bühne, standen ein paar Männer vor ihnen aufgebaut. Erwin und Rivaille waren auch mit von der Partie. Sie alle salutierten zunächst, ehe Erwin das Wort kurz ergriff. Erens Augen konnten nicht anders, als diesen kleinen schwarzhaarigen Mann mit dem Mittelscheitel zu beobachten, der mit kaltem Blick durch die Runde blickte.

Sie alle sollten ein bisschen ihre Muskeln stählen und ein paar Bodenskills trainieren. Im Grunde aber drehten sich derartige Trainingsmethoden in erster Linie darum, wie sich die Krieger untereinander verhielten. Mikasa krallte sich förmlich an Eren fest.
 

„Naaa, ihr?“ brachte die beiden eine heuchlerisch klingende Männerstimme hinter ihnen auseinander. „Oh, hallo Jean!“ begrüßte Armin freundlich den großgewachsenen jungen Mann, der zu Eren und Mikasa herabsah. Seine engen Augen wirkten, als wollen sie den brünetten Jungen auf der Stelle wegscheuchen. Ja, Er und Eren hatten sich seit Beginn an immer schon schnell in den Haaren gehabt. „Ach du wieder..“ seufzte Eren genervt. Als Jean gerade wieder mit einem Wortgefecht ansetzen wollte, wurden die Jungs von Armin unterbrochen. Schließlich ging es darum, dass sie trainieren und den Befehlen folgten – ohne Streit und Rumblödelei. Irgendwie schaffte er es, die beiden temperamentvollen Streithälse auseinander zu bringen. Auch wenn sie sich noch nichts gesagt hatten – die Blicke gegenseitig hätten schon wieder morden können.
 

Also machten sie sich alle auf ihre Weise warm. Aufmerksamkeit erregte zunächst ein Mädchen zwei Reihen weiter vorne, aus deren Uniformjacke eine Kartoffel plumpste.

„Immer wieder dasselbe mit dir! Wir haben dir doch verboten, immer das ganze Essen bei dir zu bunkern!“ mahnte einer der Aufseher streng zu der jungen Frau, die etwas bedröppelt die Kartoffel wieder einsammelte. Dabei setzte sie einen Blick auf, wie ein Meerschweinchen, dem man sein Futter vor der Nase wegnimmt. „D-Darf ich die hier wenigstens Essen, ich fall sonst noch vom Fleisch…“ hechelte das Mädchen nervös, während ihre Braunen Vorderhaare ihr ins Gesicht fielen. „Sie können auch gerne einen Bissen abhab“- „Lass die Spielereien! Es wird gegessen, wenn wir das sagen, klar?“ demonstrierte der kahlrasierte Mann, entriss ihr die Kartoffel und tippte sich auf die Brust, um das Wir in seinem Satz zu betonen. Der Dackelblick von ihr half da auch nicht mehr weiter. Der Soldat marschierte weiter nach vorne und ließ sie wie bestellt und nicht abgeholt da stehen.

„Schon gut, mach dir nichts draus, du hast noch Vorrat!“ sprach ihr ein kleingewachsener Junge mit großen, ausdrucksstarken Augen und ganz kurzen, silbrigen Stoppelhaaren zu und klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter.
 

Eren, der grade eine kurze Verschnaufpause einlegen wollte und sich von der Sache hat ablenken lassen, seufzte. Auch die beiden kannte er noch aus seiner Ausbildungszeit, sie hatten sich in den Jahren kaum verändert. Diese Erkenntnis jagte ihm ein leichtes, erfreutes Schmunzeln ab.

„EREN!!!“ dröhnte Mikasa von hinten, riss ihn aus seinen Gedanken und schubste ihn auffordernd nach vorne. „Was ist nur los mit dir? Ständig bist du irgendwie geistesabwesend, noch mehr als man von dir gewohnt ist!“
 

Eren seufzte. Irgendwie war er ja wirklich nicht auf der Höhe, er merkte immer mehr, dass er die Nacht durchgemacht hatte. Und immer wieder musste er zu Rivaille, der gerade mit einem Besen über die Bühne fegte und dabei die Ruhe weg hatte, rüberblinzeln. Für das Training hatte er keinen Kopf. Und das bemerkten Mikasa und Armin leider sehr schnell. Dazu kannten sie ihn, der eigentlich immer sehr ehrgeizig im Training war, zu gut.
 

Als gerade keiner der Aufseher zu ihnen sah, pflanzten sich die beiden Kindheitsfreunde zum nachdenklichen Jungen am Boden. „Eren, bitte sei ehrlich. Irgendwas stimmt doch nicht mit dir!“ Die beiden versuchten, ihm eindringlich in die Augen zu blicken, doch Eren sah zu Boden. Er durfte niemandem etwas von seiner Affäre mit Rivaille erzählen, auch ihnen nicht. „Es ist alles ok, ich bin nur ein bisschen müde“ murmelte er leise und begutachtete seine Schuhe.

„Du verheimlichst uns etwas, das merken wir doch genau“ unterstrich Armin einleuchtend die Aussage von Mikasa eben. „Du musst uns nicht zwingend alles sagen, aber wir machen uns nur Sorgen um dich. Wir sind deine Freunde, du kannst uns auch vertrauen, dass wir nichts weitersagen“ flüsterte der blonde Junge ruhig und aufmunternd. Eren schluckte, denn er wusste, dass Armin einen scharfen Verstand hatte und ihm solche Sachen sicher nicht entgingen. Er würde alle Lügen als solche enttarnen.
 

„Ich…ich verstehe es ja selber nicht… Aber in letzter Zeit spielen meine Gefühle einfach verrückt…“ gab Eren zu, er wurde rosa auf den Wangen und vor seinem geistigen Auge machte sich das Bild des halbnackten Rivaille breit. Mikasa schluckte und wurde ebenfalls rot. „Ich möchte da am liebsten auch gar nicht weiter drauf eingehen, bis ich das alles selber verstanden habe…ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, mir geht’s sonst soweit ganz gut. Und meinen Titan hab ich auch unter Kontrolle.“ Sagte Eren flüsternd zu den beiden neugierigen Jugendlichen, und stand wieder auf, ohne die beiden anzusehen. Der Kahlrasierte Aufpasser hatte die drei ins Visier gefasst und steuerte auf sie zu. Mikasa und Armin blickten sich vielsagend an, sie blushte noch einwenig stärker, ehe sie sich zusammenrissen, um mit ihrem Training fortzufahren.

Die nächsten Stunden verbrachte die komplette Legion mit dem Training. Eren bemühte sich, einfach mitzumachen und sich nichts weiter anmerken zu lassen. Doch bekam er teilweise von Jean einige Denkzettel verpasst, den das sehr amüsierte. Der brünette Junge war einfach unkonzentrierter als gewohnt. Hinzu kam noch, dass Rivaille ihn den ganzen Tag lang komplett ignorierte. Auch abends, als sich alle beim gemeinsamen Essen trafen. Eren suchte unabsichtlich den Blickkontakt, das Gespräch, doch der kleine Mann behandelte ihn wie Luft und wirkte durchgängig kühl und abweisend. Nichtmal mehr beleidigen wollte er ihn anscheinend.
 

Sie aßen, allesamt müde, genüsslich die Portion Fleisch. Über das Mysterium wegen Erens Verhalten redete niemand mehr, Mikasa und Armin lenkten ihn mit Alltagsgesprächen ab. Sogar für den ein oder anderen Lacher wurde gesorgt. Sasha und Connie, so hießen die beiden Soldaten, die heute Vormittag beim Training zuerst negativ aufgefallen waren. Sie waren von Natur aus lockere Gesellen und immer für einen Spaß zu haben. Sasha, das braunhaarige Mädchen, hatte sich dank ihres überaus großen Appetits und ihrer Schwäche für Kartoffeln und Brot ein gewisses, komödiantisches Image in der Truppe ‚erarbeitet‘. Eren seufzte, während seine Augenlider immer schwerer wurden. Er selbst wär gerne auch einfach lockerer, fröhlicher, würde mit der ganzen Situation, in der sie sich befanden, am liebsten einfach um einiges entspannter und weniger verkrampft umgehen. Aber er war einfach ein sturer, naiver und teils tollpatschiger Heißsporn, das gestand er sich ein. Er könnte niemals wegsehen, davonlaufen, sich mit dem Leben hinter irgendwelchen Mauern abfinden, geschweige denn so zu tun, als sei alles Friede, Freude, Eierkuchen und schön und lustig.
 

Eren, der während des abendlichen Speisens immer mehr seine gewaltige Müdigkeit von der durchzechten letzten Nacht zu spüren bekam, legte seinen rechten Arm und seinen Kopf auf den Holztisch. Mikasa und Armin dachten sich nicht viel weiter dabei und aßen zunächst weiter.

„Ey, das ist noch nicht dein Bett, Eren!!“ rief Jean feixend herüber zu dem brünetten Jungen. Dessen Augen waren aber nunmehr zugefallen und großartig reagieren, mit Ausnahme eines leisen Seufzers, tat er auch nicht mehr. Mikasa blickte entnervt zwischen ihm und Eren hin und her und stupste ihren Adoptivbruder vorsichtig in die Schulter. Der rührte sich jedoch gar nicht. „Eren. Verarsch mich nicht. Du kannst doch jetzt nicht hier nicht einfach einschlafen am Tisch!!“ Sie tippte ihn mehrmals, immer fester in die Schulter, doch der Junge gab nur immer mehr schnurrende Geräusche von sich. Die Situation zog die gesamte Aufmerksamkeit der vielen Soldaten an sich. Auch die von Rivaille, der an einem ganz anderen Tisch saß, nun aber linste auch er finster herüber. Jean und ein paar andere begannen zu kichern und ernteten Blicke des Todes von Mikasa. „Wir sollten ihn am besten hier weg in ein Bett bringen“ schlug Armin vor, nickte Mikasa zu, ehe die beiden sich Eren griffen, sie ihn sanft über ihre Schulter legte. Ganz schön schwer war er über die Jahre geworden, dachte sich das schwarzhaarige Mädchen stöhnend. Armin half ihr bei der Aktion, ehe die beiden, unter spöttischem Applaus seitens Jean sowie ein paar anderen Männern den Saal verließen.
 

„Vielleicht ist er ja schwer verliebt“ murmelte Armin, als sie in einem Gang waren. „Das würde sein seltsames Verhalten irgendwo erklären, genauso wie die Tatsache, dass er ja selber meinte, er kommt mit seinen Gefühlen nicht zurecht.“ Mikasa wurde tomatenrot auf den Wangen. Sie hüstelte. „Haha, als ob…“ „Warum auch nicht?“ erwiderte Armin gestikulierend. „Wir befinden uns in einem passenden Alter dafür. Vergiss das nicht. Auch wenn ich mich frage, welches Mädel denn die Glückliche sein könnte…“ Mikasa wurde noch röter und sah demonstrativ weg.
 

„Hier geht’s entlang“ den beiden stockte gewaltig der Atem, als wie aus dem Nichts plötzlich kein Geringerer als Rivaille neben ihnen auftauchte. Er stolzierte vorraus, über das Gelände, ohne sie großartig weiter anzusehen. Der Corporal lotste die beiden bis herunter zu Erens Kellerraum. Er schloss ihnen alle Türen auf und zeigte mit einer Handbewegung, dass sie den Jungen einfach auf sein Bett legen sollen. Geredet wurde aber nicht.

Eren bekam von alledem nichts mit, so tief war er in der Traumwelt versunken. Als er von Mikasa auf sein Bett gelegt wurde, entwich seinem sabberndem Mund ein gehauchtes ‚Heeeichoouuuuuu~‘, was jeder mitbekam. Mikasa blickte ihn verstört an, Armin zuckte die Achseln. Rivaille aber brachte seinem Untergebenen einen Teufelsblick entgegen.
 

„Geht, ihr zwei, ich kümmer mich um den Dreckspatz“ zischte Rivaille gewohnt kühl. „Eine kurze Frage hätte ich noch an Sie“ Mikasa blieb neben ihm stehen, blickte ihn einleuchtend an, und zog seine Aufmerksamkeit auf sich. „Ist Ihnen nicht entgangen, dass Eren sich in letzter Zeit seltsam verhält? Stimmt das, dass er in letzter Zeit keinen Kontrollverlust mehr hatte und nicht zum Titan geworden ist?“

„Das warn zwei Fragen“ entgegnete Rivaille ihr genervt. Bei beiden begannen aber die Wangen zu glühen. „Nein, natürlich ist mir aufgefallen, dass dieses Balg scheinbar immer unkonzentrierter ist als ohnehin schon, zum Kotzen sowas. Und nein, wenn er zum Titan geworden wär, hätte ich ihn wohl bereits eliminiert“
 

Ohne Weiteres verwieß Rivaille die beiden aus dem Raum. Armin entging nicht das leichte Lächeln, was sich auf dem sonst so düsterem Gesicht des Älteren bildete, als er zu Eren sah. Aber dennoch gingen er und Mikasa, mit düsterem Blick zurückschauend, zurück zum Saal. Was er da bei Rivaille wahrnahm, behielt der blonde Junge an ihrer Seite aber zunächst mal für sich.

Ein paar Momente für sich und Eren wollte der Corporal noch haben. Er setzte sich aufs Bett, nahm die Hand des Jungen in seine und beobachtete ihn, wie er seelenruhig weiterschlief. Sanft streichelte Rivaille ihm über die Hand. Auch wenn viele Angst vor ihm hatten, und der Mann selber auch über die Zerstörungswut, die Eren in seiner Titanengestalt aufbringen konnte, wusste, in diesem Moment grade strahlte der Junge eine engelsgleiche, wohltuende Aura aus. „Eren, mein kleiner Scheißer…“ murmelte er in sich gehend. „…Ich fürchte, so wie das momentan läuft, hat das mit uns beiden keine Zukunft. Ich… ich liebe dich wirklich, aber jetzt müssen wir erstmal wieder voneinander weichen. Zuviel Aufsehen haben wir schon erregt.“ Er stand auf, hob vorsichtig seinen Arm nach oben, und gab ihm einen leichten Kuss auf die Hand.
 

„Schlaf gut, Eren. Morgen wartet auf dich ein anstrengender und interessanter Tag“ Mit einem leichten, aber echten Lächeln verschwand Rivaille aus der Kellerzelle.
 

Viel geschah an diesem Abend nicht mehr. Über Eren redete niemand mehr. Zumindest machte dies den Anschein. Zeitig verschwanden alle in ihr für sie gedachtes Quartier. Rivaille entschwebte, mit einem Stück reinerem Gewissen, nach oben, in sein frisch duftendes Gemach. Ja, morgen war ein bedeutender Tag für Eren – und demnach auch für ihn.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Hatsu-chan
2013-11-05T14:45:30+00:00 05.11.2013 15:45
Armer Eren von dem Mann den man liebt, erst so barsch behandelt zu werden und dann komplett ignoriert... tut sicherlich weh (auch wenn er weiß wie Levi nun mal drauf ist).
Bin schon gespannt was das für ein besonderer Tag sein wird für die beiden^^ und wie lange sie wirklich von einander die Finger lassen können hehe
freue mich schon auf die Fortsetzung.
lg
Antwort von:  Pibu-san
23.11.2013 12:13
oh i bin ganz deiner meinung... ignoranz ist was schlimmes...


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