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Dont't you know....

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Tell me why

Kapitel 1 - Tell me why
 

"So sei es." schallte meine Stimmen laut, die tiefer und rauer klang, als für gewöhnlich. Eine unbehagliche Stille trat zwischen mir und dem Mann ein, den ich einst meinen Bruder nannte. Thor hob seinen Kopf und ich konnte die Furchen unter seinen sonst so klaren Augen erkennen. Diese blauen Ozeane, die die Welt gesehen hatte...und den Tod. Er hatte mich sterben sehen, hatte mich in seinen Armen gehalten und hatte versucht mich zu retten. //Wie dumm.// schoss es mir durch den Kopf und ich musste mir ein trauriges Lächeln verkneifen. Statt dessen erhob ich mich von dem Thron, den ich mir zugeeignet hatte. Meine schweren Glieder ließen die goldene Rüstung erzittern und der Stab in meiner Hand, der Stab Odins, pollterte wie ein dumpfer Schlag auf den Boden, als ich stand. Thor machte es mir gleich und erhob sich. Bis eben hatte er zu meinen Füßen gekniet, mich angefleht meinen Leichnam suchen und zurück bringen zu dürfen. Hierher. Nach Asgard. Einen Ort, den ich einst meine Heimat genannt habe. Doch diese Tage lagen hinter mir. Schon lange. "Du wirst nicht gehen. Egal wieviel dir Loki bedeutet hat. Dein Platz als Krieger ist hier und nicht in der Vergangenheit. Stell dich deiner Gegenwart. Es bleibt nichts, was du tun könntest, um verändern zu können, was geschehen wart." brummte ich und sah, wie Thor merklich aufzuckte bei meinem Namen. "Vater, ich wünschte nur, ich könnte ihn hier bestatten, so wie es einem glorreichen Prinzen Asgards gebührt." "Schweig Still!" gebot ich seiner Widerrede einhalt und ließ erneut den mächtigen Stab des Allvaters ertönen, der Bekanntschaft mit dem granit beflasterten Boden machte. Mein wachsames Auge blickte an dem verkümmerten Körper Thor's hinab. Seine aschblonden Haare klebten vor Blut, getränkt von den Schlachten unzähliger Kriege, die in den letzten Wochen Einzug gehalten hatten. Die verbliebenden Dunkelelfen waren zu Strecke gebracht worden und der Friede für die Neun Welten wieder hergestellt. Und dennoch bat mein Bruder- nein in dieser Gestalt mein Sohn -darum, meinen Leichnam zu bergen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Diese gefühlsbetonte Geste brachte meine Adern zum pulsieren. Es war gerade zu ekelhaft edelmütig, was Thor da plante. Und ich hätte nur zu gern sein Gesicht gesehen, wenn er entdeckte, dass in dem kargen Land Svartalheim kein Krümel von mir zu finden war. Nur eben dies konnte mein glorreicher Bruder nicht wissen.

Thor wankte, unentschlossen meinem Befehl nachzugehen oder erneut auf zu begehren. Anscheinend war er klüger geworden, denn er verbeugte sich knapp und trat mit wehendem roten Umhang den Rückzug an. "Verweile nicht in der Vergangenheit, denn den Toten können wir nicht helfen!" ließ ich mich von meinem Aberwitz hinreißen, ihm dies auf den Weg zu geben. Thor antwortete nichts darauf. Nur das knarrende Geräusch der massiven Metalltüren, die ins Schloss geschoben wurden, konnte ich vernehmen und dann....war ich allein. Endlich. Endlich konnte ich mich dieser widerwertigen Hülle entledigen, deren Antlitz ich nicht einmal in den spiegelnden Helmen meiner Untertanen ertragen konnte, wenn sie vor mir nieder knieten. Am Anfang hatte es mich noch mit Genugtuung erfüllt, dass diese Schwachmaten nicht wussten, wer vor ihnen saß und sie dennoch mir ihren Respekt zollten. Doch nun, da ich wieder allein war, umringt von goldenen Säulen und verzierten hohen Decken, erstickt von der Einsamkeit, die die Tage meines Versteckspieles mit sich brachten, kroch die Übelkeit in mir hoch, wie eine giftige Schlange. Ich konnte ihren rasselnden Schwanz hören und ihre gefletschten Zähne im aufgerissenen Maul sehen, bereit zu beißen, bereit mich meiner Sünden zu bestrafen. Ich habe den Allvater, diesen Abschaum von überheblichen Greis, den Mann, den ich einst in Kindertagen 'Vater' nannte, ins ewige Eis Jotunheims gesperrt. Wissend, dass er nie wieder aus dem von mir geschaffen Käfig heraus käme und das gleissende Licht einer aufgehende Sonne erblickte. Solle er als Eisstatur sein Leben Fristen, so wie ich mein ganzes Leben einer Lüge gewitmet hatte.

Ein goldener Strahl umhüllte meinen Körper und brachte zum Vorschein, was ich wirklich war. Ein Magier. Ein verbannter Prinz, der auf den Thron zurück gekehrt war, wie es mir einst versprochen wart. Ich strich mir meine schwarzen Haare glatt und ließ mich auf den herrschaftlichen Platz meines Erfolges nieder. Doch anstatt mich über meine Errungenschaft noch weiter zu erfreuen, ging mir das Bild Thor's nicht mehr aus dem Kopf. Dieser gequälte Ausdruck in seinem Gesicht, als ich ihn seiner letzten Bitte beraubte, brannte sich in mein Gedächtnis und verschaffte mir Bauchschmerzen. "Gefühle." zischte ich leise und war froh meine eigene klare Stimme zu erkennen, die ich so lange nicht mehr vernommen hatte. Es waren zu viele Wochen ins Land gezogen, seit ich den Platz Odins eingenommen hatte. Seit ICH über das Volk herrschte, so wie es mir schon immer zustand. Umso erleichterter war ich, dass ich mein Spiegelbild in dem blank geputzten Boden erblicken konnte. Und wieder war es Thor's Gesicht, welches in meiner Vorstellung meines ersetzte. Wie von Wahn besessen zuckte ich zurück. Es durfte nicht wahr sein. Wieso erschien mir immer wieder dieses Bild? Hatte ich nicht meinen Bruder schon immer auf den Platz unter mir verweisen wollen? Ihn leiden lassen, ihn zermürbt in den Staub treten, war seit vielen Jahren mein einziger Wunsch. Und nun sollte ich Mitleid mit ihm haben? Ihn gar wissen lassen, dass es seinem Bruder gut ging? //Er ist nicht dein Bruder!// schellte mich mein spitzer Verstand und ließ mich aufstöhnen. Was war nur los mit mir. War ich bereits die Maskerade leid, die ich mir selbst auferlegt hatte? Ich wollte immer, dass man MICH verehrte und nicht die verwitterte Gestalt meines selbst ernannten Vaters. Vielleicht sollte ich dann mit dem Versteckspiel aufhören, überlegte ich kurz und schüttelte sogleich abwertend lächelnd den Kopf. Was für eine Vorstellung. Als ob ich mit offenen Armen von den Arsen empfangen werden würde, wenn ich ihnen die Wahrheit offerierte. Ob Thor mich hassen wurde? Allein für den Gedanken könnte ich mich selbst Ohrfeigen. War ich neuerdings so weich geworden, dass mich die Vorstellung schmerzte, dieser grotzkotzige, selbst überschätzende, immerzu prügelnde Blödmann von Thor könnte mich nicht mehr als seinen Bruder bezeichnen? Immerhin waren wir eben genau dies nicht. Ich wart adoptiert. Ein Findelkind aus einer anderen Welt. Ein....Monster. Dieses Wort allein brachte meinen Körper zum zittern und ich wünschte, die Zeit möge rückwärts laufen zu jenem Tag, als ich von meiner wahren Herkunft erfuhr. Ich würde mir die Ohren zu halten, mich in mein Gemach verkriechen und den Himmel anbeten, dass mein Leben keine einzige Lüge sei. Doch mittlerweile hatte ich mich damit abgefunden. Obschon es mir immer noch einen Stich ins Herz versetzte, wenn ich an mein wahres Wesen dachte. Ein Jotun. Ein Eisriese. So abstrakt diese Vorstellung auch war, denn ich war nicht einmal ein Meter siebzig groß. Ein Hempfling im Vergleich zum Hühnen mit den blauen Augen. So blau. Wie das Eis, aus dem ich ursprünglich stammte. Wie das Wasser, welches ich früher liebte zu beobachten, wie es in steten Bahnen über eine Klippe fiel und den Rand unserer Welt markierte. Damals war ich mit Thor oft an unserem Lieblingsplatz gewesen. Wir hatten der Alltagsprozedur des Palastes entkommen wollen und hatten uns stundenlang hinter einem Fels fernab der Mauern versteckt und zugesehen, wie die Strömung die kleinen Kieselsteine, die wir hinein warfen, mit sich trug. Ob sich Thor noch daran erinnerte? An jene Kindheit, die wir glücklich miteinander verbrachten? //Wach auf! Thor ist dein Feind!// ermahnte mich zum erneuten Male mein Gewissen und verpasste meinen abschweifenden Gedanken einen Dämpfer. Ich sollte mich auf wichtigere Dinge konzentrieren, als über meine verlogende Vergangenheit nachzudenken. Mir fiel der Satz ein, den ich vorhin Thor zugerufen hatte und musste schmunzeln. 'Verweile nicht in der Vergangenheit...' hatte ich zu ihm gesagt und nun war ich selbst es, der nicht los zu lassen schien.

Ein weiteres Mal an diesem Tag umhüllte mich der goldene Schein meiner Magie und verschleierte meine wahre Gestalt vor der Welt. Ich stand auf, ließ mir von den Wachen die Tore öffnen und schritt durch die verzweigten Gänge meines Palastes, bis mich meine Füße an jenen Ort brachten, den ich aufzusuchen gedachte. Vorsichtig klopfte ich an und trat ein. "Thor." verkündete ich meine Anwesenheit in seinen Gemächern und schloss die Tür hinter mir. Meine Kehle wurde trocken, als ich seinen nackten Oberkörper begutachtete, welcher mit Narben übersäht war. Seine Muskeln spannten sich an, als er die Stimme Odins vernahm, meine Stimme. Er wich meinem Blick aus und wandte sich mit dem Rücken zu mir. "Kann ich noch von nutzen sein?" fragte er und ich erkannte seinen Spott im Unterton. Meine Worte lagen wie vertrocknetes Obst auf meiner Zunge. Weshalb war ich noch einmal hier her gekommen? Ich hatte gar nicht realisieren können, wohin mich mein Körper automatisch gebracht hatte, als es bereits zu spät gewesen war. Innerlich ermahnte ich mich um Fassung. Ich räusperte mich, als sei die eingetretene Stille zwischen uns nicht so lang gewesen, wie es mir erschien und machte einen Schritt auf ihn zu. "Wegen deiner Bitte von vorhin-" fing ich an und Thor's Körper zuckte erneut auf, so wie es im Thronsaal bereits der Fall gewesen war. Doch ich ließ mich nicht beirren und fuhr fort. "Wieso eigentlich willst du so unbedingt Loki's Leiche bestatten. Ist es dein Schuldgefühl? Möchtest du dein Gewissen beruhigen, ihm zuletzt zumindest die Ehre erwiesen zu haben?" "Nein." antwortete er ohne zu zögern und schenkte mir einen Blick über die Schulter. Glasige Augen sahen mich an, direkt durch mich durch, so hatte ich das Gefühl. Dieses traurige Blau berührte mein Herz und ließ meinen Körper erschaudern. Thor's Worte waren so zart gehaucht, dass es mir meine Kehle zuschnürrte und nur schwerlich konnte ich den Sinn dessen verstehen, denn sie rauschten, gemeinsam mit meinem Blut, unbarmherzig in meinen Ohren.

"Ich will, dass er Heim kehrt. Denn hier gehört er hin."



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