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Merry Christmas

Wichteln 2013 und noch weiter...
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Spät aber doch, das neue Kapitel, denn es ist schon wieder ein Jahr vergangen, und es ist Zeit für das Weihnachtsgeschenk^^
Ich hoffe du hast nur halb soviel Spaß beim lesen, wie ich ihn beim schreiben hatte.
Kommafehler und Co bitte ignorieren, ich wollte niemanden Korrektur lesen lassen, sondern dass du es zuerst siehst.
In diesem Fall...
Frohe Weihnachten und viel Spaß beim lesen ♥__♥ Komplett anzeigen

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Kälte

Blondes Haar, welches im kalten, grellen Licht der Neonröhren gespenstisch schimmert. Verschiedene, so unterschiedliche „Spielzeuge“ an den Wänden, den Kommoden, auf dem Fußboden…überall.

Weg! Ich möchte davon wegkommen, während ich zusehe, wie die großen Hände nachdenklich über die verschiedenen Gegenstände gleiten. Unsicher welches es heute werden soll, oder welche? Weg! Nur weg hier! Aber ich kann nicht. Wenn ich mich bewege, klirrt es. Ketten, Fesseln, die mich halten wo ich bin. Ein eiserner, geschmiedeter, kalter Ring liegt um meinen Hals, und die Kette daran ist an der Wand festgemacht. Ich komme hier nicht fort! Ich komme niemals hier fort! Ich gehöre ihm! Ich kann ihm nicht entkommen! Niemals!!!

Die Hände…sie greifen nach mir. Ich kann sein Lächeln sehen, seine Zähne. Er ist glücklich dass ich bei ihm bin, er wird mich nie wieder fortlassen. Nicht lebendig, und bis ich sterben darf, werde ich hier in Ketten seinen Launen, seinen Trieben weiterhin hilflos ausgeliefert sein.

Er kommt! Er kommt näher. Seine Hand greift nach der Kette und zieht daran. Zieht mich erbarmungslos näher an sich heran.

Ich kann das goldene Haar sehen, die kalten Augen die durch mich hindurchsehen, die meine Angst sehen, und ich kann seine Stimme hören, die mir sagt das ich SEIN bin.

Er ist so nah! Ich kann seinen Atem auf meiner Haut spüren, mein Herz schlägt so schnell und fest vor Furcht dass es wehtut, aber er kommt dennoch näher. Seine Lippen…dieses hinterhältige, siegessichere Lächeln….

Ein Ruck an meinem Halsband, dann spüre ich sie auf mir, seine Lippen, und ich höre ihn sagen dass er gewonnen hat. Schon wieder…
 

Hektisch atmend, sitze ich aufrecht in meinem Bett. Mein Blick flattert panisch umher. Dunkelheit, aber nach ein paar Wimpernschlägen sehe ich klarer. Ich sehe das Mondlicht durch das Fenster hereinscheinen, und wie sich der Vorhang davor leicht in der sanften Brise bewegt die Nachts um das Haus streicht.

Meine Hand zittert als ich sie auf meine Brust lege, und mein Herz darunter, schlägt als wäre ich einen Marathon in Bestzeit gelaufen, aber etwas Ähnliches ist auch passiert. Ich bin gelaufen, so schnell ich nur kann, das tue ich jede Nacht, und jede Nacht verliere ich dieses Rennen.

Ja, es ist nur ein Traum vor dem ich davonlaufe, aber es ist dennoch mehr als das. Es ist passiert, es ist nicht bloß ein Traum, oder Träume, es sind Erinnerungen, und ich schaffe es nicht von ihnen loszukommen. Sie sind immer da. Jede Gottverdammte Nacht sind sie da und quälen mich!

„Hattest du wieder einen Alptraum?“ Die dunkle aber sanfte Stimme Kazuyas neben mir lässt mich gleichzeitig zusammenzucken, und mein Herz vor Freude schneller schlagen. Ich drehe meinen Kopf und sehe in die dunklen Augen des Mannes der neben mir liegt. Augen die ich so gut kenne, so liebe, und in denen so oft meinetwegen Sorge zu sehen ist. Wie auch jetzt wieder.

„Alles in Ordnung Seiji?“, will er nun wissen, und ich tue das einzige dass ich kann. Ich lüge! Zwinge mich zu einem Lächeln und nicke. „Alles in Ordnung, und nein kein Alptraum. War eigentlich ganz komisch der Traum. Ich war ein Rennfahrer, wie die von der Formel 1. Du weißt schon, wie die, die wir in Monaco gesehen haben.“

Ich sehe ihn langsam nicken, und ich spüre seinen intensiven Blick auf mir. Ich weiß dass er mir nicht glaubt, aber er unterbricht mich auch nicht. Er weiß dass ich nicht darüber reden will, und er akzeptiert das. Akzeptiert das schon so lange…

„…dann bin ich plötzlich aus der Kurve geflogen. Die große am Hafen, weißt du noch?“, plappere ich weiter, und Kazuya nickt wieder. „Tja, und dann bin ich mit meinem Wagen dort im Hafenbecken abgesoffen. Deswegen bin ich so hochgeschreckt. Albern oder? Tut mir leid dass ich dich damit geweckt habe.“

„Schon gut. Kann passieren“, meint er, und ich sehe das Lächeln auf seinen Lippen. Er weiß dass ich lüge, und trotzdem lächelt er. Mein Innerstes zieht sich zusammen, das schlechte Gewissen quetscht meinen Brustkorb, aber ich schweige, nicke und starre auf meine Hände, welche immer noch zittern.

„Komm. Leg dich wieder hin. Versuch zu schlafen“, flüstert er mir nun zu und streckt seine Hand nach mir aus, vor der ich zusammenzucke und etwas weiter an den Rand des gemeinsamen Bettes rutsche. „Verzeih“, höre ich ihn nun sagen, und ich erkenne die Traurigkeit, aber auch die Wut in seiner Stimme, die in solchen Momenten immer da ist. Wahrscheinlich nicht auf mich, sondern auf den Mann der mir das angetan hat. Der Schuld daran hat, dass er mich nicht einfach so anfassen kann wie früher. Das ich immer wieder zusammenzucke wenn man mich berührt. Auch wenn Kazu das tut. Auch wenn er dabei sehr sanft und zärtlich ist. Die Erinnerungen gehen nicht weg. Sie sitzen so tief in meinem verkorksten Gehirn fest und lassen mich das was Claus mit mir getan hat immer und immer wieder durchmachen.

Eigentlich bin ich ein Fall für die Klapsmühle seid er mich gerettet hat. Als er plötzlich da war, zwischen all dem Schmerz und der Verzweiflung in mir…plötzlich war er da. Die Schießerei, das Geschrei, die Toten…ich habe nichts davon wirklich mitbekommen. Ich stand unter irgendwelchen Drogen. Wahrscheinlich meinen eigenen. Aber ich erinnere mich nicht wirklich an Einzelheiten. Nur das Kazu da war und das er denjenigen getötet hat, der mir das angetan hat. Das weiß ich noch. Ich sah Claus sterben, und ich…ich wollte ebenfalls tot sein. Wollte nicht das Kazuya mich so sieht. So schwach…so unwürdig…

Aber er hat mich nicht getötet. Auch nicht nachdem ich ihn darum gebeten habe. Er sagte er liebt mich und will bei mir sein. Das wir zusammen fortgehen werden. Irgendwohin wo niemand ist außer uns. Wo mir niemand je wieder etwas antun wird, weil er mich beschützt. Aber ich…ich wollte dennoch sterben, bis ich wieder klar im Kopf war obwohl…so richtig klar werde ich wohl nie wieder sein, das beweisen meine Träume schließlich doch nur zu deutlich oder nicht?

Trotzdem bin ich hier. Auf einer einsamen, kleinen, privaten Insel mitten in der Karibik. Mit dem Mann den ich über alles auf der Welt liebe, der mir so wichtig ist wie nichts anders, aber der mich dennoch nicht anfassen kann, wen ich gerade einen Alptraum von meinem Peiniger hatte, wie ich sie jede Nacht habe…

„Da gibt es nichts zu verzeihen“, murmle ich und taste nach seiner Hand, halte sie fest und versuche mich zu fangen. „Du kannst schließlich nichts dafür“, flüstere ich nun mehr zu mir selbst als zu ihm. „Du warst es schließlich nicht der dieses Monster hergeholt hat.“

Nein. Das war ich selbst gewesen. Es ist meine Schuld, und wird es immer bleiben!

„Seiji hör auf!“ Kazuyas Stimme ist fester geworden. Ich kann die Ungeduld darin hören. Er mag es nicht wenn ich mir die Schuld daran gebe, auch wenn es der Wahrheit entspricht. Er will dass alles wieder gut wird. Aber kann es das denn überhaupt noch werden?

„Entschuldige“, flüstere ich nun und sehe auf unsere Hände hinunter. Streiche mit dem Daumen über seinen Handrücken und weiß dass ich das eigentlich nicht verdiene. Seine Nähe, seine Stärke, seine Liebe. Aber ich sehne mich danach und bin egoistisch genug um ihn nicht von mir zu stoßen. Er wird wahrscheinlich schon bald erkennen, dass er mit mir seine Zeit verschwendet, und dann wird er mich verlassen. Es ist unvermeidbar.

„Versuch noch zu schlafen. Es ist noch zu früh um aufzustehen.“ Ich entziehe ihm wieder meine Hand und schlage die dünne Decke zurück um aufzustehen. „Ich hol mir nur etwas Wasser und geh ein bisschen am Strand spazieren. Ich bin noch…zu aufgewühlt um zu schlafen.“ Letzteres stimmt wenigstens, und Kazuya lässt mich gehen, sagt mir noch dass ich nicht zu lange draußen bleiben soll und legt sich wieder hin.

Hoffentlich kann er schlafen. Ich fürchte jedoch er wird mich beobachten, weil er sich sorgt. Ich bin nicht gut für ihn.
 

Nachdem ich mir ein Glas Wasser geholt habe, gehe ich wirklich nach draußen. Über die Terrasse aus Bambusholz, die drei Stufen von selbiger hinunter und schon stehe ich auf weichem Sand, welcher sogar noch etwas von der Wärme des Tages gespeichert hat.

Ich habe mir ein Shirt übergezogen, die Shorts hatte ich vorhin schon an, und nun tapse ich barfuß durch den Sand auf das Meer zu, welches im Mondlicht funkelt und glitzert.

Es ist wunderschön hier, und niemand stört uns. Niemand bedroht uns, und es gibt kein Auslieferungsabkommen in diesem Inselstaat. Warum auch keiner uns verhaften kann, falls sie nicht bereits davon überzeugt sind das wir bereits tot sind. In Tokio gibt es nun andere die das Zepter schwingen. Die Yakuza hat sich ausgebreitet und auch noch einige andere mischen jetzt das Geschäft auf, das früher meines und Kazuyas war.

Manchmal vermisse ich es, mein altes Leben. Den Livestile, das Tempo, die Gefahr…aber dann sehe ich meinen Geliebten an und weiß, dass ich es jederzeit für ihn aufgegeben hätte dieses Leben, wenn es nicht so gekommen wäre, wie es nun mal gekommen war.

Unser Zuhause ist nun hier. Oder besser gesagt, mein Zuhause ist da wo er ist. Es hätte auch ein Iglu am Nordpol sein können, aber ich gestehe mir gerne ein, dass mir dieses Klima deutlich besser gefällt.

Wenn ich den Kopf hebe, so wie jetzt, dann kann ich Sterne sehen. Tausende von Sternen, und ihr Anblick bringt mich zum Lächeln. Nicht das ich noch nie zuvor Sterne gesehen habe, aber in einer Stadt, mit all ihrem künstlichen Licht, da verblassen sie Buchstäblich, und man sieht nur noch die hellsten von ihnen. Aber hier wo es weit und breit kein grelles, falsches Licht gibt, da strahlen sie. Hell und stark, und ich liebe es sie anzusehen, denn wenn ich das tue, dann vergesse ich für einen Moment was war und verliere mich in diesem Anblick.

Das Wasserglas liegt nun leer im Sand und ich habe ein paar Schritte ins Wasser gemacht, welches immer noch nicht kalt ist. Welches hier nie kalt wird, oder nie so kalt das ich nicht hineingehen würde. Jetzt ist es angenehm lau, und sanfte Wellen umspielen meine Fußknöchel. Ich gehe noch ein paar Schritte weiter und setzte mich dann hin, lasse zu dass das Meer meinen Körper umspielt und sehe hoch zu den Sternen. Sitze einfach nur da und bewundere ihren Glanz aus der Ferne, während mir dadurch nur wieder klar wird wie glanzlos, und wenig besonders, wenig bewundernswert ich eigentlich bin, und trotzdem gibt es da einen Menschen der mich schätzt, ja sogar behauptet mich zu lieben.

Mich lieben…

Ich stütze meine Arme hinter mir in den nassen Sand und sinke etwas tiefer, lasse das Wasser mehr von mir berühren. Es ist beruhigend. Wie ein Streicheln von jemand der einem nichts tun will, aber sehr wohl die Kraft hat es zu tun.

Kann man mich denn überhaupt lieben? Was gibt es da zu lieben? Ich war ein Krimineller. Ein Monster unter den Menschen. Habe diese für meine Zwecke missbraucht, klein gehalten und auch sterben lassen. Nur damit es meinen Reichtum nicht schmälert, damit ich nicht zurückstecken muss. Ja gewiss. Kazuya ist auch kein unbeschriebenes Blatt. Er ist genauso ein Gangster gewesen wie ich. Das Geld von dem wir hier leben, haben wir nicht verdient indem wir ehrlich gearbeitet haben. Wir haben andere für uns arbeiten lassen und trotzdem…bedenkt man was ich alles getan habe, so kommt es mir moralisch verwerflicher vor als alles was Kazuya je getan hat. Wir kann dieser also behaupten mich zu lieben? Was liebt er an mir?

Als wir uns kennengelernt haben, da war es vielleicht mein gutes Aussehen, gepaart mit meinem Charme, meinem Witz und den Einfluss den ich hatte. Aber was ist es heute, wo nichts mehr davon übrig ist? Wo ich nicht mehr bin als ein kaputtes Spielzeug voller Narben die nie wieder weggehen werden. Narben die man zum Teil sehen kann, zum Teil nicht, weil sie mir auf andere Art zugefügt worden sind.

Was sieht er in mir? Was bringt Kazuya Iwaki dazu mich zu lieben? Er könnte so viel glücklicher sein als jetzt, wenn er nur fortgehen würde, oder ich weg wäre. Weg von ihm, weg aus seinem Leben. Er könnte glücklich sein, so wie Aiko und Break es sind, die sich auch zurückgezogen haben aus den Machenschaften der Unterwelt und nun unter falschen Namen irgendwo leben wo sie keiner je wieder behelligen wird. Ich habe mit Aiko vor ein paar Tagen über Skype gesprochen. Sie lächelt viel. Viel mehr als sie es früher getan hat, und sie hat richtig gestrahlt als sie mir von ihrer Schwangerschaft erzählt hat.

Ich war der erste dem sie es gesagt hat. Nicht mal Break hat es zu dem Zeitpunkt gewusst.

„Du bist mein bester Freund Seiji“, hat sie zu mir gesagt und gelächelt. “Ich wollte das du es zuerst weißt.“

Ich wusste nicht was ich darauf sagen sollte. Also habe ich gelächelt, ihr gratuliert und gesagt das ich mich für sie freue, was auch stimmte, aber sie hat bemerkt dass mein Lächeln nicht echt war. Ich habe es an ihrem Blick gesehen. Diese unausgesprochene Frage, ob es mir denn gut geht, schwebt ständig wie ein Damoklesschwert über mir, als fürchten alle ich würde von einen Moment auf den anderen durchdrehen und Amok laufen. Nun ja…ich kann es ihnen nicht verdenken. Der Arzt zu dem mich Kazuya gebracht hat, nachdem er mich aus den Händen von Claus befreit hat, schlug vor mich einzuweisen, bis es mir besser ginge, bis ich den Schock überwunden hätte, aber er hat mich nicht einweisen lassen. Er hat mich mit sich genommen. Hierher, auf diese Insel, und er hat mich gepflegt, mich nicht alleine gelassen. Er hat Tagelang nicht geschlafen um auf mich aufzupassen, weil er das niemand anderen zugetraut hätte, oder wie ich es nenne, es keinem anderen zumuten wollte.

Das Wasser umspielt nun meinen Hals. Ich habe mich hingelegt um die Sterne besser sehen zu können, und langsam setzt die Flut ein. Der Meeresspiegel steigt. Ich sehe zum Mond auf. Angeblich ist dieser für Ebbe und Flut verantwortlich. Auch dieser ist hier viel größer und schöner als er es früher war, oder empfinde ich das nur so, weil ich nun Zeit habe darüber nachzudenken, und nicht über Mord, Drogen und Geld?

Kazuya…

Was wenn er bemerkt wie kaputt ich wirklich bin? Was wenn er fortgeht? Warum ist er noch nicht gegangen? Es wäre besser für ihn…

Das Wasser läuft in meine Ohren. Ich schließe die Augen. Ein bisschen ist schon in meinen Mund geschwappt. Es schmeckt salzig. Nicht gut salzig, so wie Chips oder ähnliches. Es schmeckt irgendwie nach Leben, auch wenn es komisch ist, bedenkt man wie viele schon im Meer ihren Tod gefunden haben.

Ich kann Schritte hören. Trotz des Wassers höre ich eilige Schritte. Jemand läuft auf mich zu. Ich weiß wer es ist, und trotzdem bewege ich mich nicht, bis ich feste Hände an meinen Armen spüren kann, und ich nach hinten gezogen werde. Raus aus dem Wasser, und auf dem Sand wieder losgelassen werde.

„Was sollte denn das jetzt?“ Seine Stimme ist aufgebracht, voller Sorge und auch Wut. „Du hättest ertrinken können. Ist dir das klar?!?“

Ich sehe in sein Gesicht. Sehe die dunklen Haare die ihm etwas wirr in die Augen hängen, und wie sich seine Brust schnell hebt und senkt, weil er so gerannt ist.

Er hat mich beobachtet. Wohl vom Fenster aus. Hätte er geschlafen so wie er es gesagt hat, hätte er sich nicht so aufregen müssen. Ich sage ja…ich bin nicht gut für ihn.

„Es ist dir klar“, flüstert er jetzt und sein Blick…ich kann ihn nicht länger erwidern. Ich tue ihm weh. Ich sehe es so deutlich, und trotzdem kann ich es nicht verhindern. Treibe die Klinge nur mit jeder meiner Handlungen weiter und tiefer in die Wunde die ich geschlagen habe, und Kazuya…er ist das Opfer. Mein Opfer…

Er dreht sich nun um und stapft zum Haus zurück. Ich nehme es ihm nicht übel. Es tut mir sogar Leid dass ich ihm so wehtue. Das tut es wirklich, aber es ändert nichts daran dass ich es dennoch tue.

Nass und nun etwas frierend sitze ich im Sand und sehe auf das Meer hinaus, in dem sich die Sterne spiegeln, sowie der Mond.

Wie schön das Meer sein kann, und wie sehr selbst ich es schon mehrmals missbraucht habe um schreckliches zu tun.

Bilder tauchen in meinem Kopf auf. Bilder von den Jungen und Mädchen die ich mit Steinen um den Hals in den Hafen habe werfen lassen, und wie sie aussahen als sie dort wieder herausgezogen wurden. Nein. Das war nicht das Meer gewesen. Das war ich. Ich bin das Monster das solche Dinge getan hat, und das werde ich immer bleiben.

Wieder kann ich Schritte hören. Kazuya, er kommt zurück. Warum? Hat er es noch nicht bemerkt? Hat er noch nicht genug von mir?

Erschrocken zucke ich zusammen als ich das typische Geräusch hören kann, welches beim Entsichern einer Waffe zu hören ist, und mit großen Augen sehe ich hoch, und direkt in den schwarzen Lauf von Kazuyas Pistole.

Er hat es also doch erkannt? Ich lächle. Furcht fühle ich keine. Zumindest nicht vor dem Tod. Ich fürchte mich eher vor dem alleine sein, aber nichts anderes habe ich verdient. Aber ich habe mich wohl getäuscht, denn im nächsten Moment nimmt er die Waffe am Lauf, dreht sie und hält mir nun den Griff hin. Sie ist nicht mehr gesichert, wie ich erschrocken feststelle, und fragend sehe ich ihn nun an. Was soll das denn werden?

„Wenn du sterben willst“, höre ich nun seine dunkle Stimme, „dann tu es richtig. Aber bevor du dich erschießt…“ Seine Augen…ich kann bloß in seine Augen sehen und nicht fassen was er als nächstes sagt: „…tötest du gefälligst mich!“

„Nein.“ Meine Stimme klingt komisch. Viel zu zittrig. So wie der Rest von mir…schwach und unbrauchbar. Trotzdem lege ich jegliche Kraft in diese Worte. „Das werde ich nicht tun. Ich werde dich nicht töten.“

Er verdient das nicht. ER nicht!

„Doch das tust du. Das wirst du tun.“ Ich schüttle vehement meinen Kopf. Das könnte ich nie. „Wenn du das tust“, er hebt die Waffe etwas an um es zu verdeutlichen, „wenn du dich tötest Seiji…dann tötest du auch mich. Also wenn du es tun willst, tu es richtig. Lass mich nicht zusehen wie du stirbst. Lass mich das letzte was ich auf dieser Welt sehe, du, frei und am Leben sein. Denn dann weiß ich, ich habe erreicht, was ich in meinem Leben noch erreichen wollte. Wenn ich dich sterben sehe, sehe ich nur mein Versagen.“

Sprachlos starre ich ihn an. Ich kann in seinen Augen erkennen dass er es ernst meint.

„Kazuya ich…“, versuche ich meine Stimme wiederzufinden, aber er schüttelt den Kopf und hält mir die Waffe noch dichter vor die Nase. „Nein Seiji. Keine Ausreden mehr. Ich habe schon versagt als es darum ging dich rechtzeitig zu retten. Ich werde nicht zusehen wie du mir erneut weggenommen wirst. Das hier“, er deutet auf die Insel um uns herum, „Das war unser Traum. Unser gemeinsamer Traum. Wenn du das aber nicht kannst, nicht hier glücklich werden kannst mit mir, dann beende es jetzt und hier, aber ich will dir nicht beim Sterben zusehen. Das kannst du nicht von mir erlangen. Also bitte ich dich. Wenn, dann bring es für uns beide zu Ende, wenn du denkst das es keinen anderen Ausweg mehr gibt!“

Zitternd greife ich nach der Waffe. Sie ist kalt. So wie die Kälte die in mir sitzt seit Claus…

Meine Finger schließen sich um den Griff, und auch mein Griff wird dabei fester.

„Ich will nicht dass du stirbst“, höre ich mich selbst sprechen, während ich auf das im Mondlicht schimmernde Meer hinausstarre. „Ich will dass du lebst und glücklich bist.“

„Das deckt sich passenderweise sehr gut mit meinen Wünschen“, meint Kazuya nun, und ich kann am Klang seiner Stimme hören das er lächelt. Aber so einfach ist das nicht.

„Warum denkst du dass du mit mir glücklich sein kannst?“, flüstere ich nun, meine Hände zu Fäusten geballt. „Sieh mich doch an! Ich bin dich bloß…“ Weiter komme ich nicht, weil ich seine Hände auf meinen Schultern spüren kann, und er mich energisch unterbricht: „Ich SEHE dich an Seijiro! Ich sehe dich immer an, und ich sehe wie sehr du verletzt worden bist, und das ist auch meine Schuld. Wenn ich schneller gewesen wäre… Wenn ich mehr hätte tun können…“

„Nein!“ Ich drehe mich u ihm um und sehe ihn an. „Du trägst KEINE Schuld daran. Wenn einer Schuld ist, dann bin das ICH. ICH allein! Denn ich habe ihn…“

Der Schlag kommt zu plötzlich um ihm ausweichen zu können. Mein Kopf dröhnt für einen Moment und ich spüre die Hitze die sich auf meiner rechten Wange ausbreitet.

„Das habe ich verdient“, ist alles was ich sagen kann, auch wenn ich immer noch etwas überrascht bin das er mich wirklich geschlagen hat. Obwohl es mich gleichzeitig wundert warum es nicht schon früher passiert ist.

„Ja das hast du“, kommt es nun von Kazuya, der mich an den Schultern gepackt hält und mich zwingt ihn anzusehen. „Aber nicht weil du Claus hergeholt hast, oder weil du davor Scheiße gebaut hast! Sondern weil du dir ständig die Schuld daran gibst. DU hast keine Schuld daran Seiji! Dieser Mann war ein Monster! Ein kranker Freak der sich an deinem Schmerz gelabt hat und dich beinah getötet hat! ER trägt die Schuld! Er allein! Keiner hat ihn gezwungen dir das anzutun. Es ist nicht deine Schuld. Du bist das Opfer, nicht der Täter.“ Jetzt spüre ich wieder seine Hand auf meiner Wange. Diesmal sanft und zärtlich. Er streichelt mich, und ich kann diese verdammten Tränen nun nicht mehr zurückhalten als ich ihn frage warum es sich denn dann trotzdem so anfühlt?

„Wenn ich nicht gewesen wäre, wäre er nie zurückgekommen“, flüstere ich erstickt, bemüht nicht zu heulen, was mir aber nicht mehr gelingt.

„Das weißt du nicht. Er war besessen von dir. Er hat bestimmt nach einer Möglichkeit gesucht dich zu finden.“

„Und ich hab es ihm einfacher gemacht.“

„Das spielt keine Rolle mehr Seiji. ER ist tot! Er kann und wird dir nie wieder wehtun können. Hörst du? Nie wieder!“

Ich weiß das, deswegen nicke ich auch. Aber das allein ist es nicht. Ich kann Kazuya unter den Tränen nicht deutlich sehen, als ich zu ihm hochsehe. Aber ich muss es ihm sagen. „Er ist trotzdem immer noch da“, flüstere ich und deute mit meinem Finger auf meinen Kopf. „Da drinnen! Er ist immer da. Ich werde ihn nicht los. Egal was ich versuche, oder was du für mich tust. Er kommt immer wieder zum Vorschein und lässt mich nicht vergessen!“

„Dann müssen wir uns mehr anstrengen.“ Kazuya spricht mit dem Brustton der Überzeugung, während seine Hände sich auf meine Wangen legen, damit ich seinem Blick nicht wieder ausweichen kann. „Wir haben doch früher auch nie einfach so aufgegeben oder? Warum sollten wir es jetzt tun? Warum sollen wir ihn gewinnen lassen? Kämpf mit mir dagegen an Seiji. Lass uns ihm zeigen das er uns nicht zerstören kann.“

Sprachlos sehe ich in seine Augen. Augen voller Hoffnung und Stärke, aber auch voll mit versteckter Wut. Er gibt sich selbst die Schuld an dem was passiert ist. Das kann ich nicht begreifen. Wie auch etwas anderes nicht.

„Warum tust du das?“, frage ich ihn, und spüre mein Herz dabei schneller schlagen. „Warum willst du mich immer noch nachdem was passiert ist? Du hast gesehen was er mit mir….“, meine Stimme versagt und ich muss kurz die Augen schließen, weil die Erinnerungen wieder zurückkommen. Doch plötzlich spüre ich weiche Lippen auf meinen, auch wenn der Kuss hart und alles andere als sanft ist. Überrascht schlage ich meine Augen wieder auf, und sehe in die meines Geliebten, die beinahe funkeln vor…vor was? Kampfgeist?

„Weil ich dich liebe Seijiro Nagano! Egal was passiert ist, und weil du mir gehörst und nicht ihm. Und das werde ich dir und ihm beweisen. Wenn du sagst er ist in deinem Kopf, dann bekommen wir ihn eben dort raus. Gemeinsam“ Gemeinsam schaffen wir das. Gemeinsam bekämpfen wir ihn. Was passiert ist, ist passiert. Das lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Aber die Zukunft Seiji! Die Zukunft liegt noch vor uns. Du kannst also aufgeben und ihn gewinnen lassen, oder du bekämpfst ihn mit mir und wir bestimmen den Rest unseres Lebens selbst. So oder so. Wir tun es gemeinsam, denn das ist es was ich vom Leben will. Mit dir leben, oder mit dir sterben. Aber ohne dich, bin ich bereits tot.“

Ich sehe in seine Augen und erkenne dass er die Wahrheit sagt. Das er wirklich meint was er sagt, und ich spüre mein Herz aufgeregt in meiner Brust flattern. Was ist das für ein Gefühl? Hoffnung?

Immer noch halte ich Kazuyas Pistole in meiner Hand, und diese Hand hebe ich nun, halte sie zwischen uns. Dann geht es sehr schnell. Mit geübten Handgriffen sichere ich die Waffe und lasse das volle Magazin herausschnellen, so dass es in den Sand fällt. Dann werfe ich, und sehe das schwarze Metall durch die Luft fliegen, und mit einem lauten „Platsch“ kurz darauf im Meer versinken. Das Magazin folgt nur einen Wimpernschlag später nach.

„Ich will mit dir zusammen sein Kazuya Iwaki. Weil du der einzige Mensch auf dieser Welt bist, den ich liebe. Denn ich je geliebt habe und je lieben werde. Aber ich habe Angst davor zu verlieren. Dich zu verlieren und IHN gewinnen zu sehen“, gestehe ich ihm nun und kralle meine Hände in das Shirt welches seine breite Brust bedeckt. „Was wenn er gewinnt?“

Kazus Stimme ist warm und sanft, aber dennoch stark. „Darüber machen wir uns Gedanken wenn es soweit kommen sollte, und bis dahin, kämpfen wir dagegen an. Du bist nicht schwach Seiji. Du bist stark, und sobald du das selbst wieder einsiehst, wird auch dieser böse Geist in deinen Erinnerungen weiterziehen, weil dann für ihn kein Platz mehr dort sein wird. Denn den beanspruche ich ganz für mich allein. Weil du mir gehörst, und ich dir!“

Ich nicke, lasse mich von ihm halten und schließlich ziehe ich ihn zu mir, um ihn zu küssen. Seine Lippen auf meinen, die kosten, liebkosen. Ich will mehr. Ich dränge mich an ihn, mit der Verzweiflung eines Ertrinkenden, klammere mich an ihn und vertiefe den Kuss, während wir gemeinsam auf den Sand hinabsinken, ich ihn an meinem Rücken spüren kann. Warm und weich, und Kazuya über mir, auf mir.

Ja. Ich will kämpfen! Ich will vergessen was war. Nicht alles, denn es war ein Teil von mir, aber ich will leben. Ein neues Leben Mit dem Mann den ich liebe. Ich will ihm Raum geben. Auf dass er ein Sturm wird der uns tragen wird.

Dieser Hauch von Hoffnung…
 

*~*~*
 

CUT! Perfekt Leute, die Aufnahme ist im Kasten!“ Ich nehme die Stimme des Regisseurs kaum wirklich wahr, genauso wenig die Tröte die das Ende der Aufnahme für das gesamte Team signalisiert. Plötzlich wird es hell um uns, die Scheinwerfer sind wieder an und vertreiben die Dunkelheit und den Sternenhimmel um uns herum, aber davon bekomme ich alles nur so wage am Rande mit. Meine Finger sind immer noch in das Hemd des Mannes über mir gekrallt, und unsere Zungen tanzen immer noch wild miteinander diesen Kuss den ich nie enden lassen möchte. Weil er so echt, so intensiv ist. Zumindest für mich.

„Ähm…Jungs? Die Szene ist im Kasten. Ihr könnt aufhören.“ Das ist der Typ von der Aufnahmeleitung. Egal. Soll er verschwinden, wie auch alle anderen von der Crew.

Inzwischen dringen ein paar anfeuernde Kommentare und Pfeifen an mein Ohr. Das restliche Team scheint seinen Spaß mit uns zu haben.

„Ich würde ja sagen ihr könnt das in eurer Freizeit machen Jungs, aber da wir fertig sind, ist das wohl schon so“, höre ich nun wieder den Regisseur sprechen, der dann lacht, wie auch der Rest am Set, und ich wohl oder übel aufhöre meinen Partner zu küssen, da auch dieser mit einem Lächeln auf den Lippen andeutet diesen Kuss nun enden zu lassen.“

„Meine Güte das war perfekt.“ Bill, der Regisseur winkt uns zu sich an die Bildschirme. Er ist richtig aufgeregt, also muss die Szene wirklich gut geworden sein, was mich erleichtert aufatmen lässt, denn wenn ich ehrlich bin…ich hätte sie ungern nochmal spielen wollen. Nicht wegen dem Kuss am Schluss oder so, aber…es hat mich ganz schön mitgenommen, diesen Charakter des Seijiro Nagano zu spielen. Besonders seit sein Leben solch einen Verlauf angenommen hat. Ich lebe dabei zu sehr mit. Werde eins mit der Figur die ich spiele, aber das macht mich angeblich zu einem so guten Schauspieler, wie ich –zumindest behaupten das Kritiker und Fans gleichermaßen- wohl bin.

„Das war herausragend“, flüstert mir Myako, meine Masken und Kostümbildnerin nun ehrfürchtig zu, während sie mir meinen Bademantel reicht, und ich ihr dafür das nasse Shirt gebe, das voller Sand ist. Der Bademantel hat auch den Vorteil nun zu verbergen was dieser Kuss mit meinen unteren Regionen angestellt hat. Nicht dass das schlimm wäre, denn immerhin sind ich und Kazuya –sein richtiger Name ist übrigens Hiroshi Isamu- auch im wirklichen Leben ein Paar. Er wäre wohl auch beleidigt gewesen wenn mich dieser Kuss nicht scharf gemacht hätte.

„Ich meine das ernst. Sie haben so ergreifend gespielt, mein Herz klopft immer noch vor lauter Aufregung“, gesteht mir die Frau neben mir aufgeregt und wischt sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln, und wenn ich mich umsehe, so entdecke ich noch einige mehr die sich verstohlen ein paar Tränen von den Wangen wischen. Hinter den Kameras, am Rand des Sets.

„Ja. Das Ende einer Ära kann einen schon emotional aufwühlen“, meint eine andere junge Frau und strahlt mich an. „aber ich glaube felsenfest daran dass sie diesmal den Emmy gewinnen werden Saburo-sama.“

Ich bedanke mich höflich für das Lob und versuche mir den Sand aus den Haaren zu schütteln als ich plötzlich eine warme, vertraute Hand an meiner Wange spüre, und gleich darauf in das Augenpaar sehe, mit dem ich so oft arbeite, und gleichzeitig privat so glücklich bin.

„Tut es sehr weh?“, will Hiroshi nun wissen, und streichelt behutsam über meine etwas gerötete Wange, was mich nur leicht den Kopf schütteln lässt. „Nein gar nicht mal so schlimm. Aber du hast ganz schön hingelangt“, antworte ich um zusehen zu können wie er etwas betroffen zusammenzuckt und sich gleich entschuldigt. „Das wollte ich nicht wirklich. Ich war nur… der Dreh und die Situation. Da ist es mit mir durchgegangen.“

Ich lächle stehle mir einen kurzen Kuss um ihn zu beruhigen. „Alles bestens. Dadurch wurde es immerhin authentisch. Nochmal hätte ich die Szene sowieso nicht gedreht wenn du so drauf bist.“

Ringsum Gelächter, und auch Hiro lacht. So ist er nun mal. Ein Schauspieler durch und durch. So sind wir beide. So sind alle hier die für dieses Studio arbeiten.

Wir drehen Fernsehserien und Fernsehfilme. Meist Filme, OVA`s zu den Serien, die im ganzen Land der Renner sind, und durch das Internet auch weltweit schon eine beachtliche Fangemeinde besitzt. Ob es für einen Emmy reichen wird, na ich weiß nicht. Aber ich mag den Gedanken und ich freue mich wenn Fans mir das sagen, sowie meinen Kollegen, und ich freue mich für unsere Autoren, eine kleine bunte Truppe die sich aus der Leidenschaft des Schreibens heraus, vor Jahren im Internet kennengelernt hat, und die den Stoff für unsere Storys in ihren Köpfen entstehen lassen.

Wir als Schauspieler können nur so gut sein wie das was uns das Drehbuch vorschreibt, und ich bin froh das die Truppe noch lange nicht am Ende mit ihren Ideen zu neuen Storys oder dem Weiterverlauf der aktuellen ist, denn ich spiele gerne in ihren Geschichten eine Rolle. Egal wie wichtig oder nebensächlich diese dann auch sein mag.

Wir drehen hier ja deswegen auch nicht bloß eine Serie. Nein! Es laufen mehrere Sets gleichzeitig, und wir spielen in den unterschiedlichsten davon mit. Nicht immer sind Hiro und ich beide dabei, oder wenn doch, dann sind wir nicht immer ein Paar, was es für mich nicht immer einfach macht meinen Freund in Liebesszenen mit anderen zu sehen. Aber das ist eben unser Beruf. Auch ich habe solche Rollen. Manchmal sind wir die Guten, dann wieder die Bösen. Manchmal lieben, manchmal hassen wir uns. Das ist unser Job. Ich gehe nur viel zu oft in meinen Rollen so auf, das ich dann im RL auch so drauf bin, aber ich habe mich daran gewöhnt und mein Partner, sowie auch meine Kollegen genauso.

Trotzdem stimmt es mich hier und heute etwas traurig. Das Ende einer Ära, so wurde vorhin gesagt. Nun ja. Zu Seijiro Nagano fühlte ich mich immer schon sehr angezogen. Also die Rolle meine ich. Dieser durchtriebene Gangsterboss, von dem ich anfangs dachte er kann nur das böse Arschloch sein…im Laufe der Jahre entwickelte er seine ganz eigene, tragische Geschichte, wie auch die Charaktere um ihn herum . Ich spiele viele Rollen hier, aber Seiji hat es mir mehr und mehr angetan. Ich fiebere bei jeder neu geschriebenen Folge mit ihm mit, und natürlich auch mit seinem Partner, und versuche dass dann so gut ich es eben kann umzusetzen. Dabei tauchte ich vielleicht etwas zu weit in sein denken, sein Handeln ein, aber es war mir bisher immer eine große Ehre diesen Mann, diese Rolle spielen zu dürfen. Ihm durch mich Leben einzuhauchen, und nun, nun ist ihre Geschichte so ziemlich erzählt. Vielleicht kommen noch ein paar Auftritte in der neuen Staffel mit ihm dazu, aber an sich, wurde die Geschichte von Seiji und Kazuya erzählt, und es fühlt sich irgendwie so leer in mir an, wenn ich daran denke dass ich ihn nun nicht mehr spielen werde. Auch wenn ich mich über das Ende sehr gefreut habe, und auch Angst hatte ob ich dieses Drama, diese Verletzlichkeit, die Verzweiflung richtig rüberbringen kann. Aber scheinbar konnte ich es. Es scheint so als wären zumindest alle vorerst begeistert.

Das letzte Wort haben aber ohnehin immer die Fans. Also werden wir uns wohl überraschen lassen.

Jetzt aber lasse ich mir von Hiro die Tränen von den Wangen wischen, von denen alle hier glauben sie seien ein Beweis für mein schauspielerisches Talent, obwohl sie in Wahrheit echt waren, oder es immer nach sind, und sehe dann den anderen beim Feiern zu. Eine Flasche Champagner wurde geöffnet und gerade herumgereicht. Man lacht, scherzt, ist glücklich und mit der Leistung, er Arbeit zufrieden.

„Alles in Ordnung Riku?“ Die tiefe, samtige Stimme meines Partners erinnert mich jetzt an die Szene die wir vorhin gespielt haben, und wie Seiji es tat, lächle nun auch ich und lüge, sage das alles in Ordnung ist und ich nur etwas müde bin.

Es ist keine schwere Lüge finde ich, aber eben nicht ganz die Wahrheit. Ich bin etwas durch den Wind. Sehe mir das Set hier an diesem wundervollen Stand von Mauritius an, an dem wir drehen, und werde schwermütig und auch etwas traurig. Mein Freund durchschaut mich, wie Kazuya es getan hat, und auch er sagt nichts, lässt mir fürs erste meinen Willen, und ich bin ihm sehr dankbar dafür.
 

Stunden später sitze ich alleine hier am Strand. Das Filmset ist abgebaut, die Crew im Hotel. Entweder um dort noch zu feiern, oder sie schlafen schon. Ich weiß es nicht. Ich habe mich vor knapp einer Stunde von der Feier davongeschlichen, die da noch im vollen Gange war, und bin hierher an den Strand spaziert, wo es nun wirklich still ist, und zwar weil keiner mehr hier ist und sich –wie vorhin- hinter den Kameras versteckt hält. Ich bin alleine, sitze im weichen Sand, und sehe mir die Sterne, den Mond und das Meer an, die nun allerdings schon verblassen, da sich langsam der neue Tag am Horizont ankündigt. Zwar noch ohne Sonne, aber einfach mit deren Licht, welches langsam am Horizont das Meer emporzusteigen scheint.

Während ich mir also dieses beginnende Farbenspiel am Himmel ansehe, höre ich noch weitere Schritte hinter mir im Sand. Ich muss mich nicht umdrehen um zu wissen wer es ist.

„Wie hast du mich gefunden?“, frage ich, ohne vom Ozean aufzusehen, nachdem Hiro hinter mir stehen geblieben ist, und wahrscheinlich auch den Horizont bewundert.

„War nicht schwer“, kommt es von hinter mir. „Auf unserem Zimmer warst du nicht, und hier am Strand warst du in den letzten Tagen sehr oft.“ Er setzt sich hinter mich, legt seine Arme um meinen Oberkörper und zieht mich an sich, so dass ich an seiner breiten Brust lehnen kann, was ich nur zu gerne tue, während ich meine Hände auf seine lege.

„Du warst heute so aufgewühlt Riku. So ganz anders als sonst“, flüstert er an meinem Ohr und ich zeichne unbestimmte Muster auf seinen Handrücken, während ich seiner Stimme lausche. „Was ist los? Irgendetwas bedrückt dich. Sag mir was es ist. Oder vertraust du mir nicht mehr?“

„Das ist es nicht“, antworte ich, und senke meinen Blick. Ich weiß nicht ob er verstehen kann was mich bedrückt. Heißt das denn automatisch dass ich ihm nicht vertraue? „Ich weiß auch nicht. Es ist als…als hätte ich mich zu sehr mit meiner Rolle beschäftigt. Als würde…als bekäme ich ihn nicht mehr aus meinem Kopf.“

„Seiji?“ Ich nicke stumm. „Ist das denn schlimm? Ich meine…er ist doch inzwischen einer der Guten. Und er hat sich sehr verändert. Zum Guten eben.“

Wieder nicke ich. Aber auch das ist es nicht allein.

„Ist es wegen der Beziehung der beiden? Seiji und Kazuya?“ Ich spanne mich an ohne es beeinflussen zu können, und bestätige seine Vermutung damit sogleich. „Du machst dir wieder Sorgen wie es mit uns weitergehen soll oder?“

Voll ins Schwarze getroffen. Er kennt mich inzwischen einfach schon zu gut. Wir sind nicht nur ein Liebespaar, wir sind auch Freunde. Vielleicht auch beste Freunde. Für mich ist es so, und Hiro…er durchschaut mich einfach, zu einfach.

Aber auch ich kenne ihn, und ich weiß dass ihn meine Eifersucht stört. Dabei bemühe ich mich sie im Zaum zu halten, und ich bin auch nicht mehr halb so schlimm, wie ich es schon gewesen bin. Auch ich hab mich verbessert. Zum Guten, auch wenn ich es immer noch furchtbar finde meinen Freund in Liebesszenen mit anderen zu sehen, aber hey, das ist unser Job. Ich tu das schließlich auch, also akzeptiere ich es…irgendwie.

„Ich weiß auch nicht“, murmle ich schließlich, „die Szene heute…diese Verzweiflung, und dann doch diese immer noch so große Zuneigung zueinander…“

„Du meinst Liebe?“, ich höre ihn lächeln. Ja. Ich kann das auch.

„Du hast mir mal gesagt „Liebe“ klingt kitschig“, erinnere ich ihn leicht schmollend.

„Es ist trotzdem Liebe zwischen den beiden.“

„Aber es ist Fiktion?“, kontere ich.

„Trotzdem…Liebe.“

Ich seufze und schüttle leicht belustigt den Kopf. Dann werde ich wieder ernst. „Und das zwischen uns?“, flüstere ich unsicher. „Was ist das zwischen uns? Wie nennst du das?“

Er schweigt, aber er verspannt sich nicht, oder stößt mich von sich. Er denkt nach, und ich…ich atme, denn nichts anderes kann ich im Moment tun. Diese Frage…wir sind schon lange zusammen, aber ich habe sie noch nie gestellt, weil ich Angst davor hatte. Vor der Antwort, und die steht nun aus.

„Du willst wissen ob wir auf ewig zusammen bleiben?“

Keine Ahnung? Will ich das? Ich weiß es nicht. Ich will nur wissen wie er uns sieht. Sich und mich.

„Riku, ich weiß nicht was mit uns beiden in 20 Jahren sein wird, und ob wir dann noch zusammen sind, oder ob wir uns getrennt haben… Ich weiß es nicht. Genauso wenig wie du, aber eins weiß ich“, erklärt er mir nun und dreht mich zu sich um, so dass ich ihn ansehen muss. „…jetzt und hier, bin ich verrückt nach dir du Idiot! Jetzt und hier, kann ich mir nicht mal vorstellen mit einem anderen zusammen zu sein, weswegen ich dir auch hierher an den Strand nachlaufe, um dich zu suchen, dich zu finden und dir das zu sagen, obwohl ich finde, du solltest das eigentlich wissen, und es nicht in Frage stellen.“

Sprachlos starre ich ihn an. Hat er das wirklich gerade gesagt? „Du bist verrückt nach mir?“

„Glaubst du mir nicht?“ Jetzt klingt er beleidigt und ich kann nicht anders als zu lächeln, weil ich es niedlich finde wenn er so guckt, worauf er mir ein „Du bist echt ein Idiot“, zuraunt, was mich noch breiter grinsen lässt.

„Ja das bin ich wohl“, flüstere ich und küsse ihn stürmisch. „Aber wenn du dir nicht mal vorstellen kannst mit einem anderen zusammen zu sein…dann fürchte ich dass deine Karriere wohl stark darunter leiden wird. Immerhin hast du einen vollen Drehplan und…Autsch! Hey!“ Ich reibe mir den Hinterkopf, weil er mir einen ziemlich unsanften Schlag auf selbigen gegeben hat.

„Du bist echt unromantisch weißt du das?“, knurrt er mich nun an und ich ziehe einen Schmollmund. „Ach und mich zu schlagen nennst du romantisch?“

Seine Augen funkeln, und auf seinen Lippen breitet sich ein Lächeln aus dass ich nur zu gut kenne, und welches mir wohlige Schauer über die Haut jagt, die Lust auf mehr machen.

„Was?“, will ich jetzt wissen, aber er grinst nur noch breiter und antwortet mit einem leisen Raunen: „Kommt ganz darauf an wie fest ich dich schlage, und wo“, schnurrt er wie eine große Katze und ich muss lachen, will ihn küssen und er schnappt nach seinen Lippen. Mit seinen Zähnen, ehe ich mich schnappen und beißen lasse, und wir uns küssen. Heiß, leidenschaftlich und innig.

Ja. Ich habe es nicht nötig ihn in Frage zu stellen. „Uns“ in Frage zu stellen. Ich bin glücklich. Mit dem Mann den ich liebe, mit meinem Leben… ich sollte es genießen, und mich nicht fragen „Was wäre wenn?“, denn dann ist es vorbei.

Eine Gruppe von begabten Autoren schreibt die Rollen die ich spiele, aber mein Leben…dessen Verlauf schreibe ich selbst. Und meine Liebe, ist eine Geschichte die zwei schreiben. Mein Lebenspartner und ich, und das haben wir nun vor.

„Beweist du mir wie verrückt du nach mir bist?“, bitte ich ihn heiser flüsternd, und schon liege ich wieder mit dem Rücken auf dem weichen Sand, mein Liebster auf mir, der verführerisch lächelt und mir einen kurzem Kuss stiehlt, während seine Hand unter mein Shirt gleitet, und es nach oben schiebt, bevor er ein: „Dein Wunsch ist mir Befehl“, an die Lippen flüstert, und selbige dann wieder mit einem heißen Kuss verschließt, während sie Sonne nun am Horizont aufgeht und alles in ein warmes, weiches Licht taucht, und nicht nur die Dunkelheit um uns herum vertreibt, sondern auch die Kälte verschwinden lässt, welche sich in mein Herz geschlichen hatte, aber für die nun kein Platz mehr dort ist. Weil es voller kitschiger, romantischer, Herzchen auf dem I, Liebe ist, was hoffentlich auch so bleibt.

Das ist mein Hauch von Hoffnung, und den erhalte ich mir, koste was es wolle...



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