Neujahr's Wunsch
Seufzend kam sie auf dem Astronomie Turm zum Stehen. Genau an der Stelle, an der Dumbledore von Snape getötet wurde. Zitternd zog sie sich ihren Mantel enger um die Schultern. Warum war alles nur so schwer? Das siebte Jahr hatten sie nun endlich doch wiederholen können und es war mittlerweile wieder Winter geworden. Um genau zu sein Silvester. Ein Geräusch neben ihr ließ sie zusammenfahren und herumwirbeln. Mit geweiteten Augen sah sie den Jungen vor sich an, Draco.
„Was machst du hier?“
„Das frage ich dich, statt den Countdown mit deinen tollen Freunden zu zählen, stehst du hier allein?“ Den Sarkasmus in seinen Worten ignorierend sah sie, wie sich eine seiner Augenbrauen verwundert hob und er sie skeptisch musterte. Langsam drehte sie sich wieder in richtung Aussicht während sie leise begann zu Antworten.
„Wozu? Sie haben jeder jemanden bei sich, mich brauchen sie nicht. Außerdem, können sie meinen Wunsch sowieso nicht erfüllen, seitdem Ron wieder mit Lavender zusammen ist.“ Sie spürte wie er nun noch näher kam und sie von der Seite her fragend ansah. Dennoch hatte sie nicht vor, weiter mit ihm zu reden, geschweige denn ihm noch mehr von sich Preis zu geben.
„Sag nicht, du bist auf so ein Froschgesicht mit Mähne wie ein Esel eifersüchtig.“ Überrascht von seinen Worten drehte sie sich zu ihm und sah ihn mit großen Augen an, ehe sie verstand, was er wirklich gesagt hatte und lachen musste.
„Naja, etwas, immerhin war ich lange genug in diesen Trottel, Ronald Weasley, verliebt. Aber du hast recht, ich sollte nicht eifersüchtig sein, denn was bedeutet es schon, dass er mich während der großen Schlacht geküsst hat? Dennoch, es ist noch erstaunlicher, dass du mich zum Reden kriegst, ohne das ich dich gleich verhexen will oder ich mich mit dir streite.“ Ihre Worte waren klar wie die Luft, die sie beide so weit oben umgab. Es war für sie überraschend gewesen, dass er sich entschlossen hatte, nicht den Weg seiner Eltern ins Ausland zu folgen, sondern wieder zurück nach Hogwarts zu kommen, um dort mit allen anderen aufzuräumen und das neue Schuljahr zu beginnen welches sie alle durch den Krieg mehr oder minder nicht beginnen konnten.
„Was soll das für ein Wunsch sein?“ Irritiert und aus ihren Gedanken gerissen sah sie ihn nur fragend an.
„Was?“ Sie sah wie er seufzte und sie resigniert ansah.
„Ich hab gesagt - Was soll das für ein Wunsch sein?“ Kaum hatte sie seine Worte vernommen, drehte sie sich auch schon wieder weg. Natürlich wusste sie nicht, dass er trotzdem genau gesehen hatte wie sie errötete.
„Ich, ein Neujahrskuss um Mitternacht.“ Nur leise kamen die Worte aus ihrem Mund, sodass er doch große Mühe hatte, sie zu verstehen. Ungläubig sah er sie an.
„Du spinnst, Granger, wegen so einem Schwachsinn stellst du dich kurz vor Mitternacht allein hier oben hin und starrst auf deine feiernden Freunde hinab, statt mit ihnen zu feiern?“ Wütend funkelten ihre Augen, doch sah sie ihn weiterhin nicht an.
„Und was ist mit dir? Das gleiche könnte ich dich auch fragen! Warum feierst du nicht da unten mit? An keine Freunde kann es nicht liegen, immerhin sind sogar Parkinson und Zabini da.“
„Ich will nicht, für mich haben solche Tage nie etwas bedeutet. Es ist doch rein ein ausgedachter Grund, um sich zu betrinken und damit alles zu rechtfertigen, was sie in der folgenden Nacht noch tun werden.“ Ohne dass sie es wollte, sah sie ihn doch wieder an. Sie kam nicht umhin seine Denkweise vollends zu verstehen, denn auch sie hatte schon oft daran gedacht. Allerdings nie etwas derartiges geäußert, denn sie wusste, wie sehr ihre Freunde immer begeistert waren, Trinken und Party machen zu können. Ihr wäre ein ruhiger Ballabend dann doch schon lieber. Unruhig sah sie in seine Augen, die zu ihrer Verwunderung nicht so stahlgrau und kalt wirkten wie sie immer dachte, sondern viel eher stürmisch wie ein Unwetter mit einem seltsamen silbrigen Glanz. Wie gebannt von ihm rührte sie sich kein bisschen und bekam nur unterbewusst mit, dass alle Schüler und Lehrer auf dem Platz unter dem Astronomie-Turm begonnen hatten von zehn abwärts zu zählen. Gleich war es soweit und sie würde das neue Jahr genauso wie alle anderen verbringen. Allein und ohne Kuss. Zumindest, wenn man den jungen Malfoy vor ihr nicht als jemanden bezeichnete der zu ihr gehörte und mit ihr gemeinsam dort war.
„Weißt du, ich bin auch wegen der Aussicht hier.“ Betäubt kamen die Worte über ihre Lippen.
„Hmm, Logenplätze also“, stellte er fest. Ein nicken ihrerseits folgte. Noch immer sah sie in seine Augen und bemerkte nicht, wie er ihr Stück für Stück immer näher kam, bis sich ihre Lippen trafen und sie verschwommen mitbekam, dass lautes Jubeln ausgebrochen war und das neue Jahr mit einem riesigen Feuerwerk eingeläutet wurde. Doch es interessierte sie nicht. In diesem Moment wollte sie einfach nur diesen unglaublich zaghaften und sanften Kuss genießen, den er ihr schenkte. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit und doch war es viel zu schnell wieder vorbei. Erst als sie seine Worte hörte, verstand sie was gerade geschehen war.
„Happy New Year, Hermione.“ Draco Malfoy hatte sie geküsst und ihren Wunsch erfüllt.
