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A very cheesy Christmas story

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A very cheesy Christmas story
 

23. Dezember:
 

Eine junge Trainerin streifte durch die Straßen Dukatia Cities und bewunderte die hell erleuchteten, glitzernden Schaufenster, zwei Jahre, nachdem sie das Abenteuer ihres Lebens erlebt hatte.

Touko hat sich seither verändert, sie war älter geworden, reifer, aber auch irgendwie stiller. Entsprechend der Jahreszeit trug sie unter den knappen Hotpants dicke, schwarz-weiß gestreifte Strumpfhosen, dazu winterlich gefütterte Stiefel und eine Daunenjacke.

Das Cappy, das sie seit ihrer Kindheit besessen hatte, hatte sie durch ein anderes ersetzt, es war schwarzweiß, ein Erinnerungsstück an ihr großes Abenteuer.

Damals hatte Touko mithilfe ihrer Freunde das machtgierige Team Plasma, das jungen Trainern ihre Pokémon gestohlen hatte, zu Fall gebracht und dessen König aus der Region verjagt.

Wobei man das so nicht sagen konnte, Touko hatte ihn besiegt und er war freiwillig gegangen, vielleicht sogar ein wenig einsichtiger, was das Verhältnis zwischen Pokémon und deren Trainer betraf. Der eigentliche Kopf der Bande und Strippenzieher G-Cis blieb verschwunden, ebenso wie N.

Die Male die er und Touko sich damals begegnet waren, ließen sich fast an einer Hand abzählen, was allerdings nicht verhindern konnte, dass die Gedanken des jungen Mädchens auch jetzt nach all den Jahren immer wieder zu dem jungen Mann schweiften.

So wie jetzt und dafür raufte sie sich die Haare, während sie wütend gegen eine Schneeverwehung trat.

Es war früher Abend, stockdunkel, aber immer noch reger Betrieb auf den Straßen, alle auf der Suche nach irgendwelchen Last-Minute Weihnachtsgeschenken - und das im immer stärker werdenden Schneegestöber. Ein Junge warf ihr einen verstörten Blick zu, als sie nun auch wütend auf den Schnee eintrampelte – sie strafte ihn mit einem eiskalten Blick, worauf das Kind weinend zu seiner Mutter rannte.

Das Wetter war auch mit einer der Gründe gewesen, warum Touko nicht mit ihren Freunden und ihrer Familie in Aventinia feiern hatte wollte:

Grund 1: Sie hatte ihre Abreise auf den letzten Drücker verschoben, allerdings war ihr dann eine heftige Schneesturmwarnung in die Quere gekommen - ganz toll.

Grund 2: Das familiäre Beisammensein, sowie Cherens und Bells Liebesleben, dass sie relativ schnell auf depressive Gedanken gebracht hätte.

Nicht dass sie diese jetzt nicht auch hatte - wo sie doch ohnehin schon dabei waren und an jeder Ecke Pärchen standen - aber sie hatte es gerade so geschafft, sich nicht in jeder Stadt nach einem grünen Haarschopf umzusehen und sich stattdessen auf ihr eigentliches Ziel zu konzentrieren: Die Johto-Liga.

Damals unmittelbar nach ihrem Sieg hatte Touko sich nicht erklären, wieso sie sich auf einmal so unglücklich und müde fühlte. Als wäre ein Vakuum in ihrer Brust, genauso hatte sie es sich angefühlt. Irgendwann war sie - oder eher Bell, der sie irgendwann ihre Gefühle anvertraut hatte. Sie war es auch gewesen, die Touko die Gedanken versucht hatte auszureden und sie so gut es in so einer Situation eben möglich war, unterstützt hatte.

Warum sie sich verliebt hatte, konnte die Brünette bis heute nicht sagen, allerdings erwärmte es ihr Herz, wenn sie an die liebevolle Art dachte, wie N mit Pokémon umging, wie er sie verstand, als wären sie Menschen oder wie er ihr in beinahe kindlicher Naivität von seinem Traum, einer Welt in der Pokémon in Freiheit leben konnte, erzählt hatte.

Touko zwang sich, sich zusammenzureißen, dennoch entglitt ihr ein Seufzer, als sie an damals dachte und sie kam nicht umhin sich zu fragen, wo N gerade war, oder was er wohl gerade tat.

Nach einem halben Jahr Trübsal, einigen Kilo wenigern, ernsten Gesprächen mit Bell und ihrer Mutter, hatte sie sich dazu durchringen können, wieder auf Reisen zu gehen und es hatte ihr tatsächlich geholfen all die negativen Gedanken beiseite zu schieben.

In Kanto hatte sie zunächst begonnen, viele Freunde gefunden, neue Pokémon entdeckt und schließlich sogar die Pokémonliga gewonnen.

Jetzt war Touko in Johto, zu neuer Stärke herangewachsen, wenn auch nicht ganz so energiegeladen wie früher und voller Stolz konnte sie behaupten sich nicht mehr in jeder Stadt nach einem grünen Haarschopf umzuschauen und sich solche sogar in der Menge einzubilden.

So wie jetzt. Das Herz des jungen Mädchens zog sich schmerzhaft zusammen als sie in dem Gedränge vor sich tatsächlich hellgrüne, lange, zu einen Zopf gebundene Haare entdeckte. Sie zog lautstark die Luft ein.

Beruhig dich… nur eine Wahnvorstellung oder Verwechslung, redete sie sich selbst ein und erinnerte sich, als sie in Kanto einmal einen Koordinator mit grünen Haaren von hinten angefallen hatte. Er war nicht begeistert gewesen.

Touko blinzelte einige Male und atmete tief durch, nur um festzustellen, dass die Person immer noch vor ihr lief. Auch von der Statur passte es auf N und sie musste sich zusammenreißen nicht den selben Fehler wie in Kanto zu begehen. Dunkel erinnerte sie sich an die "empörte" Reaktion der Freundin des Koordinatoren, die ihr gleich ihr Lohgock auf den Hals hetzen wollte, als Touko ihren Freund einfach umarmt hatte.

Trotz ihrer Selbstbeherrschung konnte die junge Trainerin nicht verhindern, dass ihr Herz höher schlug und sie sich unwillkürlich an die Fersen des Mannes heftete, um ihn zu gegebener Zeit zu überholen und sich sein Gesicht genauer anzuschauen. Nicht gerade elegant und zugegeben ziemlich gruselig, doch Toukos Neugier war geweckt.

Zudem machte es ihr auch fast ein wenig Spaß dem jungen Mann, der zügigen Schrittes durch die Straßen schritt zu folgen und mit jedem weiteren Meter schlug ihr Herz höher und sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen - da half auch kein Zusammenreißen und Besinnen mehr. Bell hätte ihr vermutlich eine runtergehauen.

Dieser Gedanke lenkte Touko kurzzeitig ab und sie bekam zu spät mit, wie der Mann in eine schmale Gasse abbog und so kam es, dass sie diese erst betrat als der Mann schon verschwunden war.

Ihre Gesichtzüge entgleisten, als sie in die leere Gasse blickte, während hinter ihr die Leute weiter vorbeiströmten. In Toukos Hals bildete sich ein Kloß und sie kämpfte gegen eine Träne, die sich trotzdem ihren Weg zu ihrem Kinn bahnte.

Sie blieb eine gefühlte Ewigkeit dort stehen und bemerkte erst spät, dass sich hinter ihr die Straße recht schnell leerte und ein eiskalter Wind durch die Stadt fegte. Es fröstelte sie trotz dicker Jacke und auch wenn die Enttäuschung tief in ihren Knochen saß und sie sich am liebsten unter den nun heftig niedergehenden Schneemassen begraben lassen hätte, beschloss sie, ins Pokémon Center zurückzukehren. Alles andere wäre ohnehin sinnlos gewesen.

Genau so sinnlos, wie diesem Idioten hinterher zu rennen, knurrte sie sich in Gedanken an und trat wütend gegen eine Mülltonne, worauf diese ein seltsam fiependes Geräusch von sich gab.

Verwirrt blickte sie auf die Mülltonne, aus der erst ein leises Rascheln und anschließend ein Geräusch wie „ddidididididi“ kam, es klang als würde jemand zittern.

Neugierig öffnete Touko langsam den Deckel und schielte in die Mülltonne. Ihr Schal, den sie sich bis zur Nasenspitze hochgezogen hatte konnte nur notdürftig den beißenden Gestank dämpfen, der ihr entgegenströmte.

Dann bemerkte sie, dass unter einem Haufen alter Zeitungen, einer Bananenschale und diversen Plastikverpackungen ein junges Fennekin lag und sich die Seele aus dem Leib zitterte. Das kleine Feuerpokémon, dass noch so jung war, dass sie es in zwei Händen halten konnte, hatte sich notdürftig mit den Abfällen zugedeckt, doch nun wickelte Touko es liebevoll in ihren Schal.

„Komm her kleines“, sprach sie beruhigend auf es ein und vergaß für diesen Moment alles um sich herum, „ich wärm dich auf und bring dich zu Schwester Joy.“

Das Pokémon war sehr schwach, versuchte aber dennoch zunächst sich aus dem Griff des Mädchens zu befreien und beruhigte sich erst allmählich, als Touko ihm liebevoll über den Rücken streichelte.

„Was machst du denn allein hier draußen?“, fragte sie es liebevoll und natürlich bekam sie keine Antwort. Sie konnte schließlich nicht so mit Pokémon sprechen wie andere.

Das Fennekin verschwand beinahe im dicken Wollschal und Touko drückte es schützend mit beiden Armen an ihre Brust, aber dennoch hörte das Fuchs-Pokémon nicht auf zu zittern.

Unterdessen wurde der Sturm auch immer stärker, denn auch wenn es in der Gasse recht windstill war, konnte man auf der Hauptstraße im dichten Schneegestöber kaum etwas sehen. Touko schluckte, bevor sie sich auf den Weg zum Pokémon-Center machte. Eine Stimme riss sie jäh aus ihrem Vorhaben.

„Wen haben wir denn da? Ein junges Fräulein? Einsam und verirrt im Schneesturm? Willst du dich aufwärmen?“

Erschrocken wandte sie sich um und blickte in das Gesicht eines Rowdies, der locker doppelt so breit und gut zwei Köpfe höher war, als sie. Er stank bestialisch nach Alkohol. Beim Klang seiner Stimme zitterte das kleine Bündel in Toukos Armen nur noch heftiger und Fennekin drückte sich nun selbst an ihre Brust.

„Ist das Ihr Pokémon?!“, fragt Touro aufgebracht?

„Ja“, der Mann grinst hämisch und spuckte auf den Boden, „mickriges kleines Mistvieh. Hat mirn Kumpel aus Kalos besorgt. Kann keine Attacke außer Tackle. Leg’s zurück in den Müll, da wo’s hingehört, und kümmer dich lieber um mich Süße.“

Er kam bedrohlich einen Schritt näher und gleichzeitig trat die Trainerin einen Schritt zurück. Sie selbst zitterte nun, allerdings vor Wut und unter normalen Umständen hätte sie ihn jetzt zur Schnecke gemacht.

Sie verachtete Menschen, die Pokémon in verschiedene Schubladen steckten und noch mehr hasste sie die Menschen, die ihre eigenen Pokémon schlecht behandelten und es eigentlich nicht verdient hatten, welche zu besitzen. Und überaschenderweise stimmte sie in diesem Punkt N und Team Plasma zu: Solchen Menschen sollte man ihre Pokémon abnehmen und sie an bessere Trainer geben.

All dies hätte sie dem schmierigen Kerl gerne entgegen geschrien und noch viel mehr, dann hätte sie ihr treues, starkes Admurai gerufen und ihm gesagt, er solle ihr aus den Augen treten, doch sie hatte ihre Pokémon bei Schwester Joy und war damit komplett ohne Schutz.

Sie rechnete ihre Fluchtmöglichkeiten, doch als sie von hinten noch zwei starke Arme festhielten bekam sie es mit der Angst zu tun.

„Das ist mein Skaraborn“, grinste der Mann, „es möchte, dass du uns Gesellschaft leistest. Also Mädchen halt schön still und lass einem ehrlichen Mann seine Weihnachtsfreude.“

Der Rowdy trat einen weiteren Schritt auf sie zu und die pure Panik erfasste sie, doch jeder Versuch sich zu wehren scheiterte, denn Skaraborn hielt sie fest wie ein Schraubstock, die eine Hand schmerzhaft am Rücken verdreht.

In der anderen hatte sie immer noch Fennekin und drückte dieses immer noch fester an sich.

Er kam näher und wollte Touko die Hand an die Wange legen, als sich das Feuerpokémon aus dem Schal befreite und ihm eine schwache Glutattacke auf die Hand schoss.

Erschrocken und mit schmerzverzerrtem Gesicht, wich er zurück.

„Du kleine Ratte“, knurrte er und schnappte sich das jetzt völlig erschöpfte Pokémon am Kragen, „ich hätte dich besser gleich im Fluss ertränken sollen.“

Damit warf er es beinahe achtlos gegen eine Hauswand, wo es wie ein Kissen zu Boden sackte.

„NEIN!“, schrie Touko und hatte Tränen in den Augen. Es zerriss ihr das Herz, zu sehen, wie das arme Pokémon leiden musste.

„Mistkerl“, spie sie dem Kerl entgegen, der unbeeindruckt zu ihr kam und ihr Kinn hochhob.

„Jetzt zu dir, mein Täubchen“, säuselte er sich über die Lippe leckend, bevor er sich zu ihr hinunterbeugte. Erschrocken riss Touko die Augen auf, als sie sah, was er da vorhatte und in ihrer Not biss sie ihm mit aller Kraft in die Lippe sodass sie Blut schmeckte.

Wieder wich er zurück, doch die Antwort folgte so schnell, dass die Trainerin es erst realisierte als sie heftig im Schnee landete und ihre komplette rechte Gesichtshälfte brannte. Das Blut pochte in ihren Ohren und sie hielt sich erschrocken die Wange unfähig noch irgendwie anders zu reagieren.

„Miststück“, fluchte der Kerl, „wird Zeit dass ich andere Seiten aufziehe.“

Damit trat er auf sie zu und riss sie am Kragen nach oben, „Ich bekommen nämlich immer, was ich will.“

Touko versuchte sowohl den Kloß in ihrem Hals hinunterzuschlucken als auch die bitteren Tränen, die bereits in ihren Augen brannten. Ihre Verzweiflung ließ sich nicht in Worte fassen, sodass sie nur noch die Augen zukniff und Stoßgebete aussandte. Um sich herum blendete sie alles aus, sowohl die Eiseskälte als auch sämtliche Geräusche und blieb mit ihren Gedanken ganz alleine. Sie verfluchte sich selbst einem Hirngespinst nachgejagt zu sein, einem Mann, den sie ohnehin nie wiedersehen würde und der sie vermutlich schon vergessen hatte und wegen dem sie sich überhaupt erst in dieser scheiß Lage befand.

Und sie wartete, dass es endlich vorbei war.

Ein Brüllen riss sie in die Realität zurück und kurz darauf landete sie auf Knien im Schnee, der Kerl hatte sie losgelassen.

Starr vor Schock blickte sie dennoch nur geradeaus und nahm nur aus dem Augenwinkel wahr, wie Skaraborn von einem Zoroark zu Boden geworfen wurde. Das ganze lief wie ein Stummfilm vor ihr ab und sie saß nur teilnahmslos dabei, sah wie der Rowdy haushoch verlor und sich anschließend aus dem Staub machte. Ein roter Lichtstrahl rief das fuchsähnliche Pokémon zurück.

Allmählich hatte Touko wieder ein Gefühl im Körper und spürte wie ihr ganzer Leib schlotterte, wie ihr Gesicht brannte und die Tränen stumm und unbarmherzig ihre Wangen hinunterliefen.

Dann tauchte vor ihren Augen ein Gesicht auf, an dessen Existenz sie schon beinahe nicht mehr geglaubt hatte.

„N?“, hauchte die junge Trainerin ungläubig, während immer weiter und immer mehr Tränen kamen.

"Du bist es wirklich", hörte sie ihn noch sagen, doch da fand sie sich schon in einer Umarmung wieder, die die Surrealität des Moments noch weiter unterstrich.

Hätte ihr Herz nicht wie wild gegen ihr Brust gedonnert und wäre ihr nicht die Eiseskälte dieser Winternacht durch sämtliche Knochen gefahren, dass es beinahe schmerzte, so hätte Touko dies für eine Fieberfantasie gehalten oder einen kranken Streich den ihr ihr Gehirn spielte, während der schmierige Typ sonst was mit ihr trieb. Doch die warmen Arme, die sie in diesem Moment umschlossen waren schon wieder weg bevor sie den Moment vollends erfassen und genießen konnte.

"Entschuldige", hörte sie die ihr schon fast fremde und doch eindeutige Stimme sagen und es klang fast ein wenig erschrocken, "wir sollten dich schnell ins Pokémon-Center bringen in dieser Kälte."

Die Hände hatte er auf Toukos Schulter gelegt und drückte diese nun leicht zur Bestätigung.

Überfordert mit der Situation nickte das Mädchen nur schwach und brachte nur ein heißer gekrächztes "Fennekin" heraus, als auch just in diesem Moment ein Wehklagen aus der Ecke kam, in der es zu Boden gegangen war. N reagierte schnell und eilte zu dem Pokémon. Touko selbst war immer noch von der unnatürlichen Starre befallen und bekam nur am Rande mit wie der junge Mann beruhigend und liebevoll auf das Kleine einredete. In ihr wüteten Orkane von Gefühlen, die alle so grundverschieden waren, dass sie sie unmöglich auf einmal verarbeiten konnte, doch als ihr N seine Hand entgegenstreckte und sie mit einem sanften "Komm!" zum Gehen aufforderte, durchflutete eine nie gekannte Wärme ihren Körper und die Trainerin wusste, dass sie selten glücklicher gewesen war, jemanden zu sehen. Müde wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und ließ sich von N aufhelfen, danach weigerte sich allerdings ihr Körper seine Hand loszulassen, die in diesem Moment der rettende Ast war, an den sie sich klammerte.

Darauf blickte N sie fragend an, was Touko einen kleinen Stich versetzte; dann erwiderte er allerdings vorsichtig den Händedruck. Beschämt senkte sie den Blick, doch dann liefen sie auch schon schweigend los.

Der Weg war mühsam und kostete die junge Trainerin beinahe das letzte bisschen Energie, das sie noch hatte, denn der Schneesturm fegte nun erbarmungslos durch die Stadt und verringerte durch die aufwirbelnden Schneemassen die Sicht auf nur wenige Meter.

Durchnässt bis auf die Knochen, tiefgefroren und völlig außer Atem kamen sie im Pokémon-Center an, wo Schwester Joy sie schockiert empfing.

"Was fällt euch ein bei diesem Schneesturm draußen spazieren zu gehen?", schimpfte sie, da fiel auch schon ihr Blick auf Fennekin und Touko, deren eine Gesichtshälfte inzwischen komplett geschwollen war. Sie reagierte professionell und nahm das inzwischen kaum noch atmende Feuer-Pokémon sofort entgegen und gab es Heiteira, die es eiligst wegtrug. N schauderte es, das Pokémon einem fremden Menschen zu übergeben, doch sah er ein, dass hier weit mehr als einige Tränke und Eisheiler nötig gewesen wäre, die er zu bieten gehabt hatte.

Touko für ihren Teil taute langsam auf und allmählich wurden auch ihre Gedanken klarer, obwohl alles doch recht schnell geschah: Schwester Joy drückte ihr einen dicken Eisbeutel auf die Stirn und gab ihr beruhigende Salbe, anschließend verdonnerte sie zu heißer Schokolade, einem Platz vorm Kamin und N dazu sie ja nicht aus den Augen zu lassen, was dieser mit einem Nicken quittierte. Wie ein Wirbelwind war die Schwester dann auch schon - vermutlich zu Fennekin - verschwunden.

N führte Touko, die alles schweigend hingenommen hatte in einen etwas abseits gelegenen Bereich des Foyers, plazierte sie vor dem sich dort befindenden Karmin und verschwand. Soviel also zu nicht aus den Augen lassen.

Das war der jungen Trainerin allerdings gerade herzlich egal. Sie hatte immer noch einen Kloß im Hals und war unfähig sich alleine zu bewegen, so tief saß die Angst noch in ihren Gliedern, die ihr trotz der wärmenden Flammen, Kälteschauer durch den Körper jagte. Sie zog die Beine an den Körper und legte den Kopf auf die Knie. Ihr tat alles weh.

Schwester Joy hatte hier, abseits der Aufnahme ein wahres Weihnachtswunderland errichtet. Der Kamin war vermutlich schon dagewesen - das Haus war ein Altbau - doch lag auf den weißen Fließen, die man in jedem Pokémon-Center fand ein riesiger, roter Wollteppich. Zwei große, dunkle L-Sofas luden im Angesicht des vor den hohen Fenstern tobenden Sturms zum Einmummeln ein. Darauf lagen Kissen die mit winterlichen Landschaften und kleinen Sesokitz und Darmhirplex bestickt waren. Die Krönung des ganzen war allerdings der gut zwei Meter hohe, buschige Weihnachtsbaum, der in sicherer Entfernung zum Kamin vor dem Fenster stand und mit roten und goldenen Kugeln, Lametta und kleinen Togeticfigürchen behängt war.

Aus einem kleinen Lautsprecher drang das Lied "Walking in a Winterwonderland" - ziemlich grotesk wenn man den Schneesturm draußen und Toukos Inneres betrachtete. Sie seufzte und sehnte sich nach ihren Pokémon, doch Schwester Joy konnte sie gerade unmöglich danach fragen.

"Hier", N stellte ihr eine Tasse vor die Füße und setzte sich mit etwas Abstand neben ihr vor den Kamin.

"Danke", das Mädchen brachte nur ein Nuscheln heraus und betrachtete geistesabwesend die Flammen, sich zwingend, nicht an das Erlebnis vorhin zu denken. Der Rest war Schweigen, Weihnachtslieder und das Knacken des Kamins und allmählich wurde Touko wärmer, insbesondere als ihr mehr und mehr bewusst war, wer da neben ihr saß.

Zunächst warf sie ihm nur schüchterne Blicke zu, während nach und nach Farbe in ihr Gesicht kam. Als N die Blicke bemerkte warf er ihr nur ein zögerndes Lächeln zu und sie sah ihm an, dass er etwas fragen wollte.

"Wie kommt es, dass du in Johto bist?", Toukos Kehle war trocken, sodass sie wie ein Kramurx klang. Sie räusperte sich.

"Ich bin hier auf Reisen", die Stimme des Grünhaarigen war sanft wie immer und bedacht leise und als er den interessierten Blick des Mädchens bemerkte, fing er an zu erzählen.

Nach ihrem letzten Kampf in der Pokémon-Liga hatte sich N eine Weile zurückgezogen, wo, wollte er nicht verraten. Er hatte wohl über vieles nachgedacht und war zu der Entscheidung gekommen die Welt als Pokémontrainer zu bereisen und sie und die Menschen die dort lebten besser kennen und verstehen zu lernen.

Mit seiner beinahe kindlichen Begeisterung, mit der er früher von seinen eigenen Idealen erzählt hatte, berichtete er nun voller Eifer von seinen Reisen, den Menschen und den Pokémon denen er dort begegnet war und Touko lauschte gebannt.

"Meine Ansicht, dass Pokémon frei von jedem Joch leben sollten, habe ich nicht geändert", schloss er und ein seliges Lächeln zierte seine Lippen, "doch ich habe gelernt auch deinen Standpunkt und deine Ideen ein wenig besser zu verstehen und durch die vielen Trainer, die ich kennengelernt habe, weiß ich, dass es auch viel Gutes in den Herzen der Menschen gibt."

Sein Lächeln steckte an und Touko nahm den letzten Schluck ihrer heißen Schokolade, die sie nach und nach geleert hatte. Sie wollte gerade zu etwas ansetzen, als Schwester Joy um die Ecke kam und ihr gerade ins Wort fiel.

"Ach hier seid ihr", sie lächelte freundlich, "Fennekin geht es soweit wieder gut, es schläft jetzt und sollte auf dem Weg der Besserung sein. Es war einfach nur völlig erschöpft und unterkühlt. Wie geht es deiner Wange? Du solltest die Salbe benutzen, sonst wird dein Gesicht morgen früh geschwollen sein."

Touko fragte sich, wie sie wohl gerade aussah und verfluchte Schwester Joy innerlich, sie wieder daran erinnert zu haben. Sie betastete die Stelle, an der sie die Ohrfeige erwischt hatte und spürte, dass die Haut heiß war.

"Hier habe ich übrigens deine Pokémon noch, sie sind wieder topfit", damit reichte die Schwester dem Mädchen noch ihre Pokémon und verschwand schon wieder, sie hatte wohl einiges zu tun. Und das am letzten Tag vor Heiligabend. Etwas verdattert blickte Touko ihr hinterher, bevor sie ihr Admurai herausließ, welches sich mit einem zufriedenen Grollen an ihre Schulter schmiegte.

"Hallo Admurai", begrüßte N das Pokémon und blickte ihm in die Augen, als hätte es ihm unendlich viel zu erzählen. Und so war es vermutlich auch, allerdings war seine Trainerin nicht dazu fähig ihre stumme Konversation zu verstehen.

Es war seltsam befremdlich, die beiden beim Austauschen von Blicken beobachten, dass Touko sich lieber ihrem Gesicht widmete und großzügig die dicke Salbe auf ihrem Gesicht verteilte. Die Berührung schmerzte sehr, doch die Salbe hatte einen angenehm kühlenden Effekt. Sie seufzte erleichtert, als plötzlich Admurai mit dem Kopf sanft ihre Wange berührte. Als es den Kopf wieder wegzog, hatte es eine weiße Schnauze von der Salbe und Touko machte sie liebevoll sauber.

"Erinnerst du dich an unsere erste Begegnung?", Ns Frage ließ sie erröten. Als ob sie das je vergessen könnte. Zögernd nickte sie.

"Damals hätte ich nie gedacht, dass es so etwas wie Freundschaften zwischen Pokémon und ihren Trainern geben könnte und das Pokémon nur in Freiheit glücklich sein könnten. Dann habe ich dich getroffen und habe gesehen, wie du mit deinen Pokémon gewachsen bist. Und jetzt treffe ich dich wieder, Touko und sehe, wie dich deine Pokémon förmlich anhimmeln. Es macht mich glücklich das zu sehen."

Touko schob sich eine Haarsträhne ins Gesicht, um die immer weiter aufkeimende Röte zu verbergen, während sich Admurai wie zur Bestätigung neben ihr niederließ und seinen Kopf auf ihrem Schoß ablegte, um sich kraulen zu lassen. Es stimmte. Seit sie wieder auf Reisen war, war das Band zwischen ihr und ihren Pokémon noch stärker geworden und sie wollte auf kein einziges verzichten. Sie lächelte selig, als das Wasserpokémon ein zufriedenes Grummeln von sich gab und verrieb sich nochmals die Salbe auf dem Gesicht.

"N?", fragte Touko leise.

"Natural", entgegnete er ruhig.

"Hm?"

"Natural. Mein Name", korrigierte er sie freundlich, worauf sie nur wieder errötete, "N war eine Bezeichnung im Team Plasma, doch jetzt bin ich frei und zu meinem eigenen Namen zurückgekehrt."

"Natural", Touko gefiel der Name, er passte zum sanften Gemüt des Grünhaarigen, "sehe ich sehr schlimm aus?"

Es kostete sie sehr viel Überwindung dies zu fragen und sie schaute anschließend wieder peinlich berührt in die Flammen, sich dafür verfluchend, dass sie sich gerade ausgerechnet DARUM Gedanken machte.

Er lachte auf: „Etwas rot im Gesicht, aber ansonsten schön wie immer.“

Touko glühte wie ein Magma, es waren nicht seine Worte, die eine solch heftige Reaktion hervorriefen, sondern die Art, wie er es aussprach. Als wäre es etwas ganz selbstverständliches und genau so wahr wie die Aussage, dass Pikachu Elektropokémon waren. Sie und schön. Sie blickte beschämt auf ihr Admurai und lenkte sich ab, indem sie mit ihren Fingern dessen Barthaar kämmte.

Erschrocken fuhren sie alle drei zusammen, als in penetranter Lautstärke die Fanfare, die den Beginn von „Santa Claus is coming to town“ bildete, aus dem Lautsprecher tönte.

„Das habe ich nie verstanden“, sprach Natural und starrte in die Flammen des Kamins.

„Hm?“, brachte Touko überrascht hervor, während im Hintergrund, das jazzige Weihnachtlied trällerte.

„Weihnachten“, erklärte er ruhig, „in meiner Kindheit habe ich es nie gefeiert. Vater… ich meine G-Cis hat mir erzählt, dass es ein Fest menschlicher Habgier sei. Vor einem Jahr habe ich zum ersten Mal gesehen, wie Weihnachten gefeiert wird. Die schöne Musik, lachende Kinder, Weihnachtsmärkte all die bunten Lichter und der schöne Schmuck und ich habe mich gefragt, wieso man aus Habgier so etwas Tolles erschaffen würde. Zu keiner Jahreszeit sind die Menschen so glücklich wie jetzt. Woran liegt das? Touko, wieso feiert man Weihnachten?“

Die Trainerin war geistig abwesend, denn vor ihrem inneren Auge, sah sie wieder Naturals Kinderzimmer, dass man ihr damals im Palast gezeigt hatte. Darin sah sie einen kleinen Jungen mit grünen Haaren, der an Weihnachten genau wie an jedem anderen Tag des Jahres einsam darin saß und mit seinen Spielsachen spielte, weil sein sogenannter Vater ihm wie so oft eine Lüge erzählt hatte.

„Touko?“, fragte Natural nach, nachdem sie eine Weile nicht geantwortet hatte und mit seltsam glasigen Augen ihr Admurai gestreichelt hatte.

Sie war wütend, unendlich wütend, auf denjenigen, der einem Kind eine solche Freude vorenthalten konnte. Bei ihnen daheim war schon immer Weihnachten groß geschrieben gewesen und Touko hatte es von Jahr zu Jahr mehr geliebt, auch als sich der Weihnachtsmann als ihre Mutter entpuppt hatte. Zusammen hatten sie immer das ganze Haus geschmückt, den Dusselgurrs Futter bereitgestellt, Plätzchen gebacken und den Heiligabend damit verbracht darauf zu warten, dass das Botogel vom Weihnachtsmann kam und die Geschenke brachte. Touko war vorher immer eingeschlafen und in einem Berg von Geschenken aufgewacht.

Jetzt quälte sie das schlechte Gewissen nicht einmal sondern gleich zwei aufeinanderfolgende Jahre ihre Freunde und Familie im Stich gelassen zu haben.

„Weihnachten ist das Fest der Familie und der Liebe“, brachte sie schließlich leise hervor und kämpfte beinahe mit den Tränen, „es stimmt, man gibt sich gegenseitig Geschenke, aber nicht aus Habgier, um später selbst eins zu bekommen, sondern um einem anderen Menschen zu zeigen, dass er einem wichtig ist und um anderen eine Freude zu bereiten. Doch allein darum geht es bei Weihnachten nicht. Meine Mutter sagte immer ‚Frohe, frohe Weihnachten bringt uns die Illusionen der Kindheit wieder, ruft beim Alten die Erinnerung an die Freuden der Jugend hervor und bringt den Reisenden zurück zu seinem Platz am Feuer im stillen zu Haus.‘ Es ist natürlich nicht von ihr, aber ich finde, es beschreibt das, was wir an Weihnachten fühlen sehr gut. Wärme und Geborgenheit, das Bewusstsein nicht allein zu sein auf dieser Welt und gleichzeitig gewährt uns diese Zeit die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen. Jeder freut sich auf diese Zeit und wir zeigen es, indem wir alles schmücken und uns gegenseitig beschenken. Ich weiß, es ist nicht die beste Erklärung, aber ich wüsste nicht, wie ich es anders beschreiben kann.“

Nachdem sie fertig gesprochen hatte konnte sie ihre Tränen kaum halten, die nun unaufhörlich ihre Wangen hinunterließen. Gleichzeitig ließ Touko kein Geräusch verlauten, sondern starrte nur in den Kamin, während sie sich fragte, was ihre Mutter, Bell und Cheren gerade taten. Ob sie sie ebenso vermissten, wie die junge Trainerin sie gerade vermisste? Sie wünschte ihnen, dass sie trotz allem ein schönes Fest feiern konnten, gleichzeitig hasste sie sich dafür, nicht bei ihnen zu sein und ihre eigene Melancholie über alles gestellt zu haben.

„Wir sollten zusammen Weihnachten zu feiern“, sprach Natural auf einmal ruhig und lächelte sie schüchtern an, „dir scheint das Fest sehr am Herzen zu liegen und ich habe noch nie Weihnachten gefeiert. Ich würde sehr gerne mit dir zusammen feiern.“

Der letzte Satz ließ ihr warm ums Herz werden und sie wischte sich lächelnd die Tränen ab.

„Du willst hier im Pokémon-Center feiern?“, fragte sie spaßhaft nach.

„Natürlich“, er lächelte herzerwärmend zurück.

„Hey wir auch!“, fuhr auf einmal eine Stimme dazwischen. Die beiden wandten sich um und erblickten eine kleine Gruppe aus drei Trainern, die zu ihnen getreten war.

„Wegen des Schneesturms konnten wir nicht nach Kanto zurückkehren“, erklärte der eine Trainer, er hatte braune Haare, die ihm wegen des Schneesturms nass am Gesicht klebten.

„Eric hier mag vielleicht nicht so aussehen, aber er ist ein begnadeter Koch“, das Mädchen aus der Gruppe, sie war klein, blass und blond, hatte das Wort ergriffen und deutete auf den Hünen, der hinter den beiden stand und mit seiner dunklen Haut, seinen Rastalocken und dem Körperbau eines Machomeis tatsächlich nicht aussah wie ein begnadeter Koch. Dieser nickte nur und entblößte grinsend seine weißen Zähne.

„Ich bin übrigens Amy“, erklärte das Mädchen, „ich bin Koordinatorin und das sind meine Freunde Eric und Brad. Wir kommen ursprünglich aus Wiesenflur in Hoenn aber zurzeit sind wir hier in Johto unterwegs. Also was haltet ihr davon zusammen zu feiern.“

Touko sah kein Problem darin, doch sicherheitshalber blickte sie zu Natural welcher nur lächelnd nickte.

„Je mehr desto besser, vermute ich“, grinste er und damit war es schon beschlossene Sache. Touko kam allerdings nicht umhin einen kleinen eifersüchtigen Stich zu fühlen.

Der Abend nahm recht schnell seinen Lauf. Keine fragte nach Toukos Verletzung, denn die Planung des morgigen Tages stand im Vordergrund. Von Schwester Joy hatten die Trainer die Erlaubnis die Küche des Pokémon-Centers zu benutzen und so stand ihrem Vorhaben nichts mehr im Wege.
 

24. Dezember:
 

Der Tag begann sehr früh für Touko, was nicht nur daran lag, dass sie noch einiges vorzubereiten hatten, sondern vor allem daran, dass ihr Admurai schon als kleines Ottaro gerne bei ihr im Bett geschlafen hatte und es es sich selbst jetzt in seiner finalen Entwicklung nicht nehmen ließ selbiges zu tun und sie morgens in aller Herrgottsfrühe liebevoll aus dem Bett zu treten.

Überrumpelt und ziemlich übermüdet zog sich das Mädchen ein paar Jogginghosen und einen Pulli über, band sich die Haare zusammen und schlich sich aus dem Zimmer, das sie mit Amy teilte, um zum Frühstück zu gehen.

Der kleine Speisesaal des Centers war bis zum Anschlag voll und sie hoffte, dass die ganzen Trainer nicht für Heiligabend hierbleiben würden, sie nahm sich einen Teller mit Frühstück, ein Stück Brot und ein Spiegelei, und erspähte, dass Natural bereits hier war und Gott sei Dank einen Tisch belegt hatte.

Schweigend gesellte sich Touko zu ihm, sie war bei Weitem nicht ausgeschlafen und hatte die halbe Nacht damit zugebracht ihren Platz im Bett zu verteidigen.

„Morgen“, grüßte sie Natural freundlich und lächelte – eindeutig Kategorie Frühaufsteher, „und frohe Weihnachten.“

Touko erwiderte seinen Gruß murrend und machte sich den Kopf auf den Ellbogen gestützt daran lustlos in ihrem Essen rumzustochern. Sie hatte die letzte Zeit bedingt durch ihr emotionales Dauertief nie wirklich viel gegessen und auch jetzt brachte sie kaum etwas herunter, was aber dieses Mal eher an der Person ihr gegenüber lag.

Natural beobachtete aufmerksam jede ihrer Bewegungen, was die Nervosität, die sie gerade in seiner Gegend empfand, zusätzlich verstärkte.

Es war das erste Mal seit Jahren, dass sie so normal zusammen saßen – streng genommen sogar das erste Mal überhaupt und die Situation überforderte sie gnadenlos, sodass sie sich verzweifelt auf ihr Spiegelei konzentrierte, das aufgrund ihrer kleinen Bisse kaum kleiner wurde.

Ihr Kopf war voll und aus unersichtlichen Gründen wurde sie wütend, dass sie sich gerade wie ein dummes Kleinkind verhielt, sodass sie letztlich ihr Essen in drei Bissen herunterschlang.

Klasse, Touko, lobte sie sich innerlich, so viel erwachsener.

„Hast du gut geschlafen?“, fragte sie, um etwas Smalltalk zu halten und sich nicht ganz so blöd zu fühlen.

„Ja“, erwiderte Natural lächelnd, „ich fühle mich bereit für den Tag.“

Er lächelte wie ein kleines Kind und sämtlicher Groll den das Mädchen gegen sich und den Rest der Welt hegte, verschwand.

„Ich nicht“, seufzte sie geschlagen, „Admurai kann sehr einnehmend sein…“

Darauf lachte der Trainer herzhaft, „es liebt dich abgöttisch.“

„Das fürchte ich auch“, kommentierte sie sarkastisch, musste allerdings lächeln.

Schüchtern blickte sie auf ihren Teller, da ihr nichts mehr zu sagen einfiel, als eine sachte Berührung sie aus dem Konzept brachte.

„Schwester Joys Salbe hat tatsächlich geholfen“, murmelte Natural und streichelte mit dem Daumen vorsichtig Toukos verletzte Wange, „man sieht nichts mehr.“

Touko lief – wie so oft – knallrot an, während ihr Herz kurz davor war aus ihrer Brust zu springen und auf ihrem Teller zu landen. Dass einem so etwas so schnell aus dem Konzept bringen konnte, verstand sie nicht annähernd, als die Situation auch schon durch ein herzerweichendes Brüllen gelöst wurde und Natural erschrocken seine Hand zurücknahm. Genau im selben Moment kam Admurai an ihren Tisch gestürmt – verursachte dabei ein Erdbeben der Stärke 4 – und leckte seiner Trainerin freudig einmal quer über das ganze Gesicht, bevor es ihr buchstäblich um den Hals fiel und sie auf der kleinen Bank, auf der sie bis eben noch aufrecht gesessen hatte förmlich erdrückte.

„Touko, da bist du ja“, rief Amys Stimme überflüssigerweise und erklärte, dass Admurai aus Angst verlassen worden zu sein beinahe sämtliches Inventar des Pokémon-Centers zerstört hätte. Als sie fertig war ließ das große Wasserpokémon auch endlich von seiner Trainerin ab, wich allerdings keinen Millimeter von ihrer Seite. Inzwischen waren auch Eric und Brad dazugekommen, um zu frühstücken.

„Morgen Leute“, begrüßte Brad die Runde, während der riesenhafte Eric nur ein Nicken übrig hatte, sehr gesprächig war er nicht wirklich.

„Ich geh mich dann mal fertig machen“, Touko war immer noch aufgewühlt von der vorherigen Situation und sie wollte gerade gerne auf Gesellschaft verzichten, „dann können wir auch gleich los.“

Letzteres fügte sie hinzu, als sie sah, dass alle außer ihr bereits vernünftig angezogen waren.
 

Eine halbe Stunde später war sie durch eine heiße Dusche soweit wieder zurechnungsfähig, zudem fertig angezogen und bereit mit Amy die Stadt unsicher zu machen. Ihre Arbeitsteilung sah recht einfach aus.

Eric kochte, Natural und Brad gingen alles an Nahrung und Getränken einkaufen, während Touko und Amy sich um Deko und alles was sonst noch so fehlte kümmerten.

Letztere beiden wollten sich gerade auf den Weg machen, als Touko plötzlich mit einem „Fenn“ von hinten angesprungen wurde.

Es war das Fennekin vom Vorabend.

„Ach hier bist du“, rief auf einmal Schwester Joy und kam herbeigeeilt. Fennekin schmiegte sich liebevoll an Toukos Bein, die junge Trainerin nahm es hoch und knuddelte es. Es quiekte fröhlich.

„Dir geht es also wieder besser?“, fragte sie und drückte den kleinen Fuchs an die Brust.

„Das ist richtig“, bestätigte Schwester Joy, „es brauchte lediglich ein wenig Erholung. Ich würde es dennoch gerne für ein paar Tage noch hier in der Nähe wissen, du solltest also warten, bis du es wieder frei lässt.“

Touko nickte lächelnd, „Hast du gehört, Fennekin? In ein paar Tagen, darfst du wieder draußen rumtollen.“

„Fenn!“

„Möchtest du mit uns in die Stadt kommen?“, fragte nun auch Amy und kraulte dem kleinen Pokémon vorsichtig den Kopf.

„Fenn!“
 

Und so gingen Touko und Amy zusammen mit Fennekin durch die Straßen, wo um diese Zeit die meisten Anwohner damit beschäftigt waren, die dichte Schneedecke, die über Nacht heruntergekommen war, provisorisch zu räumen. Leichte Flocken rieselten noch immer vom Himmel. Es war herrlich und zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit fühlte sich Touko richtig ausgelassen.

Amy war eine super Gesprächspartnerin, die von ihrem Leben als Koordinatorin so einiges zu berichten hatte, angefangen von dem Zeitpunkt als sie damals mit ihrem Eneko von ihren ersten Wettbewerb in ihrer Heimatstadt Wiesenflur gewonnen hatte.

Die Blondine staunte nicht schlecht, als Touko ihr alles über Team Plasma erzählte und wie sie sie zusammen mit den Arenaleitern und ihren Freunden letztlich hatte stoppen können – dabei verschwieg sie allerdings sicherheitshalber Naturals Rolle in der ganzen Geschichte.

„Sag mal, Touko“, die beiden waren inzwischen einige Stunden unterwegs und traten gerade aus einem Schokoladengeschäft, in dem Amy reichlich Geschenke für ihre Freunde gekauft hatte. Fennekin war bereits jetzt schon so erschöpft, dass es sich wie ein weicher Pelz um Toukos Hals geschlungen hatte und dort schlief.

„Hm?“, die junge Trainerin lächelte selig als sie durch die weihnachtlichen Straßen schlenderte und sich nun mehr denn je dem Inhalt eines jeden Schaufensters widmete.

„Du und Natural seid ihr eigentlich zusammen?“

Touko stockte und lief wie auf Kommando rot an. Etwas zu schnell antwortete sie:

„Nein, wo denkst du hin.“

„Aber du stehst auf ihn“, ein süffisantes Grinsen zierte das Gesicht der Koordinatorin, ihre Augen hatte sie wissend zu Schlitzen zusammengezogen, aus denen sie jetzt zu Touko schielte.

„Bestimmt… nicht.“

Auch diese Antwort kam zu schnell und ein kleines bisschen stockend.

„Heute Morgen hat das aber ganz anders ausgesehen.“

Die Brünette fühlte sich wie bei einem Verhör und ihr war bewusst, dass sie gegen Amy nicht den Hauch einer Chance hatte.

„Vielleicht ein kleines bisschen…“, gestand sie leise, doch die Blondine hatte sehr wohl gehört, denn ihr Grinsen wich einem ermutigenden Lächeln.

„Sag’s ihm doch einfach, er scheint, dich auch zu mögen.“

Touko erschrak. Ihm, Natural, ihre Liebe gestehen? Das war völlig absurd. Zaghaft schüttelte den Kopf.

„Das geht nicht“, seufzte sie schließlich, nicht nur dass er nach zwei Jahren wohl kaum ähnlich fühlen würde – so blöd war schließlich nur sie, jemandem so lange hinterher zu trauern – nein, „wir leben in komplett verschiedenen Welten.“

Und damit hatte sich nicht einmal gelogen, egal was Amy daraus interpretierte. Ihre Meinungen was Pokémon betraf gingen vermutlich immer noch sehr weit auseinander und er war einfach viel zu weltfremd.

„Mhm“, Amy schien diese Antwort zu akzeptieren, doch Touko ahnte nicht annähernd, wieso die Koordinatorin in diesem Moment ihren VisuCaster herausholte und anfing, darauf herumzutippen.
 

Amy konnte Shoppen wie eine Weltmeisterin, das musste Touko recht bald feststellen, als ihre Karte förmlich glühte von den ganzen Einkäufen. In den letzten beiden Jahren hatte sie bei Kämpfen und in der Pokémon-Liga so viel Geld angehäuft und dabei so spärlich gelebt, dass sie ohnehin bald nicht mehr gewusst hätte, wohin sie es hätte investieren sollen, daher war sie ganz froh, als Amy sie mit zusätzlichem Schmuck – als wäre das Pokémon Center nicht schon genug dekoriert gewesen -, Räuchermännchen, Walnüssen, WeihnachtsCDs (die sie unmöglich komplett durchhören konnten), sowie tausende kleiner Figürchen und Schokolade eindeckte.

Am Ende hatte Amy zudem für jeden ein Geschenk gekauft (zu diesem Zweck hatte Touko extra draußen warten müssen), sowie neue Hausschuhe, um den Dresscode des Abends auch gänzlich zu erfüllen. Geplant war das Motto „Schlafanzug“, da es bei Amy daheim üblich war, dass man die ganzen Weihnachten über nur dann den Schlafanzug auszog, um die Verwandten zu besuchen.

Die beiden Mädchen waren gerade auf dem Rückweg zum Pokémon Center – inzwischen war es früher Nachmittag – als sie an einem Geschäft vorbeikamen, dass diverse kunstvolle Pokémonschnitzereien zum Verkauf bot und endlich hatte Touko auch eine Idee, was sie Natural schenken würde.

Sie entschuldigte sich kurz bei Amy und war innerhalb von fünf Minuten mit einer weiteren Tüte bewaffnet wieder aus dem Laden zurückgekehrt.

Ihr Herz flatterte vor Vorfreude auf seine Reaktion und glücklich gingen die beiden Mädchen zum Pokémon-Center.
 

Dort herrschte bereits jetzt Stress. Eric war laut Angaben von Brad mitten in einer Kochorgie und ließ nicht einmal Schwester Joy die Küche betreten und bellte nur dauernd irgendwelche Anweisungen raus, was man ihm doch (bitte) möglichst schnell besorgen sollte.

"Was geht denn hier vor?!", fragte Amy geschockt als ein lautes Klirren von Geschirr durch das ganze Pokémon-Center dröhnte.

"Was wohl?!", fragte Brad genervt, er hatte sich mit Natural in die inzwischen leere Cafeteria gesetzt und erschöpft den Kopf auf seinen Armen abgelegt und die Augen geschlossen, "er kocht."

Die beiden Trainerinnen gesellten sich zu ihnen und von Amy kam nur ein entsetztes "Oh", als aus Richtung der Küche ein lautes "Qurtel, Flammenwurf", zu hören war.

Toukos Gesichtszüge entgleisten für einen Moment, bis Brad sie mit dem Ellenbogen in die Seite stieß und erklärte, dass dies völlig normal sei und dass sich die Mühe lohnen würde.

Die Trainerin nickte stumm, einerseits noch immer geschockt über die Geräuschkulisse, andererseits auch weil sie bemerkte, dass Ns Blick - er saß ihr schräg gegenüber - intensiv auf sie gerichtet war und sich auch, als sie ihn schüchtern anlächelte nicht änderte. Sie gäbe einiges zu wissen, was er gerade dachte.

"Also", fragte schließlich Brad, "was steht noch an?"

Und das hätte er besser nicht gefragt, denn nun präsentierten die beiden Damen voller stolz ihre Shoppingausbeute, sodass es nicht lange dauerte bis jeder dabei war, seinen eigenen Aufgabenteil in Mission Weihnachten zu erfüllen - was hieß DEKORIEREN.

Ihr provisorisches "Wohnzimmer", der kleine Bereich, in dem sie am Vorabend zusammengesessen waren, war schon bestens ausgestattet und Amy fügte lediglich einige kleine Accessoires wie beispielsweise ein Räuchercamerupt sowie Decken, die sie gekauft hatten hinzu.

Die größere Herausforderung stellte die Kantine dar, die wegen ihrer eher profanen Einrichtung recht steril und keinesfalls festlich genug für ein Weihnachtsessen wirkte.

Lange Girlanden, Lametta, Kugeln, diverse Kerzenständer, Tischdecken, Kerzen, Kerzen, noch mehr Kerzen, sowie jede Menge Liebe und Amys Händchen fürs Einrichten machten bis zum Abend aus dem Pokémon-Center ein Weihnachtswunderland, sodass ihnen sogar noch etwas Zeit bis zum Essen blieb.

Mit der lahmen Ausrede noch einmal duschen zu wollen, flüchtete sich Touko aus der Gruppe, denn jetzt, wo sie nichts mehr zu tun hatte, machte sie die unangenehme Situation fast verrückt.

Dauernd hatte sie die Blicke Naturals gespürt, gleichzeitig jedoch, hatte der Grünhaarige seit dem Frühstück kein Wort mehr mit ihr gewechselt, während er mit Brad sogar richtig herumgealbert hatte.

Unweigerlich kam sie dazu sich zu fragen, ob der braunhaarige Trainer ihn ebenso angesprochen hatte, wie Touko von Amy angesprochen worden war und fürchtete, dass er wusste was sie für ihn empfand, selbst aber anders dachte und sie deshalb mied.

Sie schluckte verzweifelte Tränen herunter, als sie aus der Dusche trat. Selbstbemitleidend blickte sie sich im Spiegel an und rang sich ein Lächeln ab. Nein, sie würde nicht weinen. Es war Weihnachten. Und Touko konnte es mit ihm zusammenfeiern. Das war mehr als alles, was sie sich je erhofft hatte.

Mit einem traurigen Lächeln fönte sie sich die Haare und schlüpfte in ihr Motto gerechtes Outfit.

Dieses bestand aus lockeren, schwarzen Shorts, einem viel zu großen T-Shirt der Band Dr. Lektrobal und die kranken Chaneiras, sowie ihren neuen… Flegmon Hausschuhen. Die Mäuler der beiden Pokémon schienen dabei ihre Füße gänzlich aufzuessen und sie kam sich ziemlich bescheuert vor.

Ihre Meinung über sich selbst änderte sich allerdings schlagartig, als Touko nach unten kam und sah, dass die anderen ähnlich gekleidet waren. Amy trug weiße Voltilamm-Pyjamahosen und ein rosa Shirt, sowie stylische Pikachu-Hausschuhe. Brad einen wie ein Anzug gestalteter Satinpyjama. Der riesige Eric hatte tatsächlich einen schwarzen Schlafanzug auf dem Lunasteins zu sehen waren und N trug ein weites graues Shirt und schwarze Jogginghosen - er war der einzige der barfuß war. Ihre Pokémon hatten sie inzwischen auch alle aus den Bällen gelassen und so saßen im Foyer des Pokémon-Centers allerlei Wesen und sofort kamen zu diesen auch noch ein Admurai, Zebritz, Panzaeron und Psiana hinzu. Touko beschloss ihr letztes Pokémon, Reshiram, in der Nacht draußen rauszulassen und es zur Feier des Tages eine Runde fliegen zu lassen.
 

Das Essen war der pure Wahnsinn, sodass selbst Touko, die eigentlich keinen Appetit hatte, zwei riesige Portionen der Hauptspeise vertilgte und sich auch beim Dessert zwei mal Nachschlag nahm. Sie waren nur zu viert in dem Pokémon Center – Schwester Joy hatte sich trotz Einladung zurückgezogen – aber Eric hatte so viel gekocht, dass es locker für eine ganze Kompanie gereicht hätte.

Als Vorspeise gab es würzige Suppe mit Garnelen, Kokosmilch und Zitronengras, als Hauptspeise Entenbrust mit Rotkraut und Kroketten und zum Dessert selbstgemachtes Zimtparfait und Tarte Chocolat.

Alles schmeckte unglaublich lecker und zu jedem Gang wurde ein Wein gereicht, sodass Touko nach dem Dessert einen roten Kopf hatte und alles etwas schwammig wahrnahm. Sie war absolut keinen Alkohol gewöhnt, doch interessanterweise, stellte er das stechende Gefühl in ihrer Brust ab, das jedes Mal aufkam, wenn sie zu Natural blickte, daher langte sie auch beim Absacker zu, während der Grünhaarige dankend ablehnte.

Nach dem Menü fielen sie zunächst alle ins Fresskoma und konnten sich nur mühsam dazu aufraffen den Tisch abzuräumen – Gott sei Dank gab es im Pokémon Center eine Bandspülmaschine, die sowohl Spülen, als auch Abtrocknen für sie erledigte.
 

Im Anschluss gingen die Trainer in ihre provisorisches Wohnzimmer und stießen mit Sekt auf den heiligen Abend an. Touko war inzwischen leicht schwindelig und als sie noch einmal kurz aufstand, um auf die Toilette zu huschen, hatte sie Mühe, ihr eigenes Schwanken zu verbergen.

Als die junge Trainerin zurückkam und sah, wie ihre Freunde beisammen saßen und Eric tatsächlich eine Geschichte vorbereitet hatte, spürte sie in ihrem inneren zum ersten Mal ein Gefühl, das sie lange Zeit verloren geglaubt hatte: Freude.

Die Weihnachtsstimmung ergriff sie so jäh und unvorbereitet, dass sie beinahe davon erschlagen wurde und das Lächeln ließ sich nun nicht mehr aus ihrem Gesicht putzen – der Alkohol tat dann den Rest.

Sie dachte nicht mehr viel nach und setzte sich ohne Umschweife, auf den Platz neben Natural, der wie durch Zufall nach ihrem Toilettengang freigeworden war.

Dann begann Eric „Der Weihnachtsmann ist da“, vorzulesen und alle lauschten gespannt, seiner ruhigen und tiefen Erzählerstimme, während sie verträumt in das prasselnde Kaminfeuer starrten. Sie waren vielleicht an einem fremden Ort mit fremden Menschen, doch Weihnachten hatte sich nie so heimelich angefühlt.

Unbewusst rückte Touko ein Stück näher an Natural heran und wie selbstverständlich legte er den Arm um sie und zog sie zu sich.

Amy warf der Brünette ein laszives Grinsen zu, doch diese schwebte gerade auf ihrer eigenen Wolke 7. Sie lehnte mit dem Kopf auf seiner Brust und lauschte gleichzeitig seinem Herzschlag und Erics Erzählung und fragte sich, ob sich so vollkommenes Glück anfühlte. Fennekin legte sich auf ihren Schoß und begann wohlig zu brummeln, während Touko es hinter dem Ohr kraulte.

Als er endete herrschte Stille und da sie beschlossen hatten, traditionsgemäß erst am nächsten Tag zu bescheren, gab es nichts mehr, um diesen vollkommenen Abend noch besser zu machen.

Stattdessen fingen sie einfach an zu erzählen und jeder brachte mit seiner eigenen kleinen Anekdote die anderen zum lachen, sodass sich der Abend lange hinzog.

Sie tranken weiter und Touko konnte die Finger nicht vom Sekt lassen, sodass ihre Umgebung irgendwann glühte und sich ein Schleier vor ihre Gedanken legte. Natural schob sie allerdings weg, stattdessen schienen sie nach jeder weiteren Geschichte noch näher zusammenzurücken, sodass der ehemalige König von Team Plasma, dem jungen Mädchen liebevoll durch die Haare strich, als dieses von der Kantoliga berichtete.

Irgendwann war sie so müde, dass sie kaum noch die Augen aufhalten kommen und nahm nur noch am Rande war, wie Brad und Natural über die Vorzüge der einzelnen Pokémotypen diskutierten. Amy war schon lange auf ihrem Platz auf dem Sofa eingeschlafen und so schloss sich auch Touko an und driftete langsam davon.
 

Sie wachte auf, als ihr zu heiß wurde. Und stellte auch gleich fest, woran es lag. Die Trainerin befand sich noch immer auf der Couch. Irgend jemand hatte sie mit einer dicken Decke zugedeckt, Fennekin lag leise schlafend auf ihr und Natural hatte beide Arme um sie gelegt, ein Umstand, der sie, jetzt da ihr Kopf zumindest etwas klarer schien, erröten ließ. Auch er schlief und hatte dabei die unschuldige Miene eines Kindes, während sein Mund leicht offen stand. Am anderen Ende der Couch lag wie ein Wiesor zusammengerollt Amy, Eric schlief auf dem Sessel und Brad hatte es sich einfach auf dem Boden gemütlich gemacht. Im Kamin schimmerte nur noch die Glut ihres Feuers und draußen war es stockdunkel und nur der Schnee schimmerte weiß im Mondlicht.

Gerne wäre sie einfach so liegen geblieben und hätte den Augenblick und die starken Arme um ihre Taille genossen, doch die Hitze war beinahe unerträglich, sodass sie zunächst behutsam Fennekin von ihrem Schoß nahm und sich danach vorsichtig aus Naturals Umarmung wand, darauf bedacht, keinen der beiden zu wecken.
 

Draußen erzitterte sie sofort unter der bitteren Kälte, doch die frische Luft half ihr wieder ein paar klare Gedanken zu fassen. Zunächst dachte sie an Reshiram und fragte sich, ob es auch ein schönes Weihnachtsfest hatte und wo es gerade herumflog.

Dann wanderten ihre Gedanken zu sich selbst und Natural. Wie sie ihm ihr plötzliches Zärtlichkeitsbedürfnis morgen erklären sollte und wie es mit ihnen weiterging. Sie wusste jetzt, dass er noch lebte, dass er sie auch nicht zu hassen schien, wie sie es zeitweise befürchtet hatte, doch gleichzeitig wollte sie jetzt, nachdem sie ihn endlich gefunden hatte, unter keinen Umständen von ihm getrennt sein. Sie hatte tausend Dinge im Kopf, die sie ihm sagen wollte, doch sie wusste, dass nie ein einziges Wort diesbezüglich über ihre Lippen gehen würde.

Erschrocken fuhr Touko zusammen, als sich etwas warmes um ihre Schultern legte und als sie sich umdrehte, sah sie, dass Natural ihr die Decke umgelegt hatte.

„Wird dir nicht kalt?“, fragte er neugierig und betrachtete ihr Gesicht, während seine Hände reglos auf ihren Schultern verweilten. Erst nach kurzer Zeit ließ er sie scheinbar achtlos los und Touko stellte traurig fest, dass dies wohl das Ende ihres kurzweiligen Glücks war.

Sie brachte keinen Ton heraus und starrte ihn nur an, nicht einmal Weinen konnte sie, obwohl ihr gerade sehr danach zumute war. Ihr Herz hämmerte unerbittlich gegen ihren Brustkorb und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als an einem anderen Ort zu sein.

„Ich wollte dich noch etwas fragen“, sprach der Grünhaarige leise und lächelte sie schüchtern an, „über Weihnachten meine ich.“

Noch immer hatte sie einen Kloß im Hals, aber sie nickte.

„Was hat es mit diesen komischen Sträuchern auf sich“, er deutete mit dem Finger direkt über sie, wo ein Mistelzweig hing, der einige weiße Beeren trug. Sofort lief sie rot an und musste gleichzeitig peinlich berührt losgrinsen – doch noch etwas Alkohol im Blut.

„Wenn zwei Personen darunter stehen und eine davon eine Beere pflückt, müssen sie sich küssen“, erklärte Touko überraschend mutig, „ich weiß nicht, wieso, aber es ist Tradition.“

Scheinbar achtlos und wie ein kleines Kind griff Natural nach oben und pflückte eine kleine weiße Beere, dann hielt er sie sich vors Auge und betrachtete sie eingehend, fast so, als warte er auf den Zauber.

„Und jetzt?“, fragte er das Mädchen vor ihm lächelnd und legte den Kopf schief.

Touko gluckste hysterisch auf, eindeutig ein Zeichen dafür, dass sie noch weit von der Nüchternheit entfernt war.

„Naja“, sprach sie ruhig und fast ein wenig beleidigt, „du kannst sie einfach wegwerfen, außer mir hat’s ja niemand gesehen.“

Er lächelte amüsiert und zog sie mitsamt der Decke zu sich heran bis sein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt war. Er spürte ihren warmen, überraschten Atem und zögerte.

„Darf… darf ich dich küssen?“, fragte er schließlich und nun lag auch auf seinen Wangen ein unverkennbarer Rotschimmer.

„Frag die Beere“, sie lächelte süffisant, während ihr Gehirn schon ausgesetzt hatte, noch bevor er ihre Lippen überhaupt berührt hatte.

Der Kuss war sanft und keusch, doch es reichte um Touko um den Verstand zu bringen, während ihr ganzer Körper unter Strom stand. Natural schmeckte süß, beinahe wie Zuckerwatte und nur leicht nach dem vorhin genossenen Wein. Ihr Herz schien trotz der Eiseskälte zu schmelzen und eine Gänsehaut legte sich über den Rücken der jungen Trainerin. Viel zu schnell war diese Augenblick vorbei und sie fand sich zurück in der Realität in seinen Armen wieder.

Als sie wieder langsam die Augen öffnete, fand sie sich unter dem gruseligsten, analytischen Blick wieder, den sie sich vorstellen konnte, während Natural scheinbar jede Reaktion ihrer Mimik in sich aufzunehmen schien, er lächelte sanft und strich ihr liebevoll eine Strähne aus dem Gesicht, während Touko ihn verständnislos anschaute.

Ehe sie sich jedoch versah, hatte er bereits eine neue Beere gepflückt und keine Sekunde gezögert sie erneut zu küssen.

Dieses Mal bewegte er vorsichtig seine Lippen und zog das junge Mädchen noch näher an sich heran, als er spürte, wie es den Kuss erwiderte. Eng umschlungen standen sie da, während beide für einen viel zu kurzen Moment in der Süße ihrer Zweisamkeit verloren gingen, dann löste Natural den Kuss erneut, doch bevor er sein Spiel nochmals wiederholen konnte, fand Touko die Sprache wieder und legte ihm energisch die Finger an die Lippen.

Sie genoss seine Küsse, jeden davon, doch sie kam nicht umhin sich wie ein Experiment zu fühlen.

„Wieso tust du das“, zischte sie erstickt und ohne dass sie es wollte oder verstehen konnte bildeten sich Tränen in ihren Augen. Sie kam sich so unendlich kindisch vor, doch konnte sie, nachdem Naturals Antwort eine Weile ausgeblieben war, den scheinbar unermüdlichen Tränenfluss nicht mehr stoppen, während sowohl ihre Gedanken als auch Gefühle Achterbahn fuhren.

Er hatte sie geküsst, das war alles, was sie sich je erträumt hatte und dennoch fühlte sie sich seltsam benutzt und wünschte beinahe verzweifelt, der ganze Abend wäre nie passiert.

Erst nachdem sie eine Weile mit bebenden Schultern und tränenüberströmtem Gesicht vor ihm gestanden hatte, konnte Natural sich dazu durchringen sie in die Arme zu nehmen und langsam auf sie einzureden.

Er selbst verstand ihren Gefühlsausbruch in keiner Weise und begann nun sich Vorwürfe zu machen, sie zu etwas gezwungen zu haben, was ihr nicht gefiel.

„Als ich auf Reisen war“, fing er leise an zu erzählen, während er ihr vorsichtig über den Rücken strich, „da habe ich es gesehen. Ich habe gesehen, wie sich Leute küssen und umarmen. Aber ich habe es nicht verstanden.“

Toukos Schluchzen verebbte, als sie seiner Geschichte lauschte.

„Ich habe dort einen Freund gefunden und auch er hat ein Mädchen geküsst, sie war Arenaleiterin und er ein berühmter Pokémontrainer. Ich habe ihn gefragt, wieso sie sich küssen und er hat geantwortet, weil sie sich lieben.“

Der Trainerin lief ein Schauer über den Rücken, doch sie ließ den Grünhaarigen weitererzählen.

„Ich habe ihn gefragt, woher ich weiß, dass ich jemanden liebe, da sagte er mir, ich würde das schon herausfinden.“

Er machte eine kurze Pause.

„Damals hatte ich es nicht verstanden, doch als ich dich gestern getroffen habe, ist mir einiges so langsam klarer geworden.“

Toukos Herz setzte einen Moment aus, sie weinte nun nicht mehr.

„Dich verletzt am Boden zu sehen, hat sich angefühlt, als wäre ich derjenige gewesen, der geschlagen worden war und als ich du vorhin zu uns ans Feuer gekommen bist und gelächelt hast, da wurde mir so warm ums Herz, dass ich das Bedürfnis hatte dich nie mehr loszulassen. Ich bin nicht zur Liebe erzogen worden, doch ich weiß, dass ich dich liebe und deshalb habe ich dich geküsst. Es tut mir leid, wenn ich dich damit bedrängt hatte.“

Er schloss seine Rede und die ganze Welt schien für einen Augenblick still zu stehen. Toukos Herz pochte erbarmungslos, während sie seine Worte kaum zu fassen vermochte.

Er liebte sie.

Er, Natural liebte sie.

Er, den sie so lange gesucht hatte, nur um diese Worte zu hören, liebte sie.

Erneut rannen ihr die Tränen über die Wangen und sie musste lachen, als sie Naturals geschockten Blick in Anbetracht ihrer Reaktion sah.

Doch noch bevor er sich ihrer entziehen, oder sie sich eines besseren besinnen konnte, hatte sie schon ihre Lippen auf seine gelegt, um sämtliche Missverständnisse zwischen ihnen, ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen.

Es waren keine Wort mehr nötig in diesem Moment.

Sie, die Heldin von Einall liebte ihn, den ehemaligen König Team Plasmas. Und er liebte sie.

Das war alles, was zählte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Haaah. So Kitsch und aaaaah.
Eigentlich wollte ich danach noch weiterschreiben, da meiner Meinung nach noch einiges offen gelassen wurde, aber das wär dann doch recht lange für einen One-Shot geworden.
Ich hoffe es war schön zum Lesen, obwohl ich eigentlich nie was in Richtung Romantik schreibe und freue mich über jeden Kommentar und jede Kritik.
Danke fürs Lesen (: Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  PrinzessinSerena
2014-05-24T17:39:55+00:00 24.05.2014 19:39
SUPER SCHÖN <3
Würde mich über einen zweiten Teil freuen wo der 24. Dezember vorkommt und ihr restliches Leben <3
Von: abgemeldet
2014-03-15T16:26:11+00:00 15.03.2014 17:26
OHHHH, is pur das SCHÖÖÖÖN. Herzschmerz miz Happyend. Da komm man doch richtig ins träumen.
Antwort von: abgemeldet
15.03.2014 17:27
hab mich verschrieben DAS PUR muss HINTER HERZSCHMERZ
Von:  Lady-Bloody-Rose
2014-02-15T09:49:41+00:00 15.02.2014 10:49
Eine süße Story. Und sehr gut nachvollziehbar, einige Rechtschreibfehler sind drinnen, aber ansonsten gefiel mir die gesamte Story. Ich würde mich freuen wenn du auch über Ash und Kasumi solch eine nette Story schreiben würdest! Mit lieben Grüßen deine Cat


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