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Frozen Heart

von

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Prolog

Prolog

Ich erinnerte mich noch daran, dass es kalt war. Kalt und dunkel. Ich war allein in meinem vereisten Zimmer. Mein Atem wurde sichtbar und ich zitterte am ganzen Körper. Aber es war nicht die Kälte, die mich zum Zittern brachte, an die war ich mittlerweile schon gewohnt… sie war schon immer da gewesen. Meine Augen huschten durch das Zimmer und blieben am Fenster hängen. Mittlerweile war es Mitte Dezember und der Schnee hüllte Arendelle bereits ein. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich diesen Schnee noch geliebt. Gerne war ich mit meiner kleinen Schwester Anna nach draußen gegangen und baute einen Schneemann oder wir veranstalteten eine Schneeballschlacht. Es war alles perfekt… bis zu diesem einen Moment.

Ich biss mir auf die Unterlippe und schluchzte leise. Ich wollte Anna nicht verletzen… ich wollte es wirklich nicht!

Langsam schleppte ich mich zum Fenster und ließ mich auf dem Fensterbrett nieder. Ich verfolgte die Schneeflocken und legte meine Hand an die Scheibe. Diese fror sofort an der Stelle ein, an der ich sie berührte, aber diesmal ignorierte ich es. Ich wollte nach draußen, wollte im Schnee spielen, wollte ein Iglu bauen, einen Schneemann, Schlittschuhlaufen und so vieles mehr! Ich wollte einfach frei sein…

Ein leises Lachen war zu hören, was mich aufschrecken ließ. Ich sah mich in meinem Zimmer um, konnte allerdings niemanden sehen. Langsam blickte ich wieder aus dem Fenster heraus. Aus dem leichten Schneefall wurde langsam ein richtiger Schneesturm. Ich beugte mich noch etwas nach vorne und überlegte, ob ich einfach das Fenster öffnen und raus in den Schnee springen sollte. Er zog mich richtig an, ich wollte diesem Ruf folgen, aber etwas hielt mich davon ab.

Die Angst.

Ich schluckte die aufkommenden Tränen herunter und starrte weiter stumm aus dem Fenster. Es war so, als könnte ich jede einzelne Schneeflocke genauestens sehen… als wären meine Sinne im Winter viel ausgeprägter.

»Kleine Eisprinzessin…«

Ich schreckte zusammen und wich von Fenster zurück, als ich die Wörter vernahm. Wieder sah ich mich um und wieder konnte ich niemanden sehen. Bildete ich mir das nur ein? Ich schüttelte den Kopf und sah vom Weiten nach draußen. Bewegte sich dort etwas? Erneut schüttelte ich mein Haupt und ballte meine Hände zu Fäusten. Einbildung!

Mit einem leisen Knurren wand ich mich vom Fenster ab und schmiss mich auf mein Bett. Ich kniff die Augen zusammen. Ich musste mich zusammenreißen, da war nichts!

»Mein Kopf denkt sich immer nur doofe Sachen aus…«, murmelte ich und seufzte leise. Ich sollte endlich schlafen…
 

»Du bist nicht allein, kleine Eisprinzessin…«

Kapitel 1 - Awake

Kapitel 1 – Awake
 

-15 Jahre später-
 

»Elsa… Elsa, wach auf! Komm zu dir, Elsa… du kannst hier nicht schlafen!«

Erschrocken fuhr ich hoch. Was war das? Ich fasste mir an den Kopf und schüttelte diesen.

»Ein Traum…?« Verwirrt sah ich mich um. Ich war nicht in meinem Bett und auch nicht im Schloss. »Was zur…« Langsam stand ich auf und mit jeder Sekunde die verstrich, wurden meine Augen größer. Ich stand mitten im Schnee auf dem Nordberg. Wie war ich hierhergekommen? Ich sah an mir herunter. Meine Sachen hatten sich nicht geändert, es war immer noch mein übliches blaues Kleid. Ich fuhr mir durch die Haare und versuchte mich an den vorherigen Tag zu erinnern. Ich erinnerte mich daran, dass ich mit Anna und Kristoff zusammen gegessen hatte… im Schloss. Danach war ich in meinem Arbeitszimmer und dann? Verdammt, dort endete meine Erinnerung.

»Verdammt…«, murmelte ich. »Ich muss zurück.« Ich machte einen Schritt vorwärts und sogleich blieb mein Schuh im tiefen Schnee stecken. Seufzend kniete ich mich hin, zog ihn heraus, leerte den Schnee aus ihm und zog ihn wieder an. »Zum Glück ist mir nicht kalt.« Ich sah noch einmal den Schnee an und seufzte. So würde ich nicht vorankommen. Mit einer Handbewegung hatte ich mir den Weg frei gemacht und nickte zufrieden. So sollte es kein Problem sein, zurück nach Arendelle zu kommen und vor allem mit allen Sachen, die ich trug.

»Elsa… pass auf!«

Erschrocken blieb ich stehen. Was war das? Ich sah mich zu allen Seiten hin um. Da war doch gerade wieder diese Stimme… diese Stimme, die mich schon in meiner Kindheit verfolgt hatte. Mein Herz klopfte bis zum Hals und ich sah zu Boden. Eine Wurzel zog sich über meinen selbstgemachten Weg. Eine verdammt große Wurzel. Ich blinzelte verwirrt. Wollte die Stimme mich davor warnen? Grummelnd schüttelte ich den Kopf. Das war doch Unsinn. Da war nichts! Ich bildete mir das nur ein.

Ich stieg über die Wurzel drüber und ging mit schnellen Schritten weiter. Nach ein paar Sekunden begann ich zu laufen und schließlich zu rennen. Mein Umhang wehte im aufkommenden Wind. Es begann zu schneien. Ich sah kurz nach oben in den Himmel.

»Das passt mir gerade gar nicht«, sagte ich keuchend in den Himmel hinauf und rannte noch etwas schneller.

»Elsa!«

Ich hielt meinen Kopf. »Sei endlich still!« Ich rannte noch schneller, versuchte vor dieser Stimme in meinem Kopf zu fliehen. Zu spät bemerkte ich, dass sich mein Umhang in einem hervorstehenden Gestrüpp verfing und eine Sekunde später befand ich mich auch schon am Boden. »Autsch…« Ich drehte mich um und zog an meinem Umhang, allerdings hing er verdammt fest. Seufzend krabbelte ich zum Gestrüpp und machte mich daran, den Stoff zu befreien. Möglichst, ohne ihn kaputt zu machen. Ich spürte etwas Nasses an meiner Wange. Verwirrt legte ich meine Hand an diese und sah nach oben.

»Regen…?« Ich blinzelte. Immer mehr Tropfen trafen auf mein Gesicht und ich knurrte leise. »Das ist verdammt unpassend!« Immer noch darüber rätselnd, wie ich hier hoch kam, schaffte ich es endlich meinen Umhang zu befreien. Ein paar Sekunden saß ich noch so da, ehe ich endlich wieder aufstand und mich Richtung Heimat aufmachte. Ein starker Wind kam auf und ich musste mein Gesicht mit den Händen schützen, um nicht den ganzen Regen in die Augen zu bekommen. Der Wind wurde noch stärker und ich konnte mich kaum noch vom Fleck rühren. »Verdammt…«

Ich drehte mich um und öffnete wieder die Augen, um mich zu orientieren. Meine Augen weiteten sich ein wenig. Vor mir stand mein Eispalast, den ich damals gebaut hatte, als ich mich in die Berge geflüchtet hatte. Ich schluckte und legte eine Hand auf meine Brust. Ich brauchte Unterschlupf, bis der Regen nachgelassen hat. Einen Moment lang zögerte ich noch, doch dann lief ich entschlossen los. An der Treppe machte ich noch einmal kurz Halt. Ich berührte das Geländer und nach einem kurzen magischen Moment war diese wieder vollkommen in Takt. Ich rannte diese nach oben und blieb wieder vor der Tür stehen, die ich langsam aufschob. Im Inneren war noch immer alles so, wie ich es verlassen hatte. Ich schloss das Tor wieder hinter mir und lehnte mich dagegen.

»Allein…«, flüsterte ich. Ich erinnerte mich nicht gerne an diese kurze Zeit zurück, in der ich mich hier versteckt hatte. Hier, wo ich Anna zum zweiten Mal verletzt hatte…

Ich atmete tief durch und ging langsam die große Treppe nach oben. Es war ja nicht für lange… nur, bis der Regen nachgelassen hatte. Ich blieb auf halber Treppe stehen und sah nach draußen. Der kleine Regenschauer entwickelte sich langsam zu einem richtigen Sturm. Ich schluckte. Warum regnete es überhaupt? Es war doch kalt genug für Schnee, immerhin lagen die Temperaturen seit Wochen schon unter dem Gefrierpunkt. Ich stieg weiter nach oben und kam schließlich in einen großen Raum. Inmitten des eisigen Raumes lag der kaputte Kronleuchter. Ich schloss für einen Moment die Augen und erinnerte mich daran zurück, wie Hans dem Soldaten die Armbrust nach oben geschlagen hatte und dann… ja. Ich seufzte leise. Ich sollte keine Gedanken mehr daran verschwenden.

»Es sieht wirklich alles genauso aus, wie ich es verlassen habe.« Ich ging quer durch den Raum und blieb vor einem großen Fenster stehen. Der Sturm wurde immer schlimmer. Ich drehte mich wieder um und machte mit meiner rechten Hand kreisende Bewegungen. Der Schnee aus meiner Hand formte sich zu einem großen Stuhl und gefror zu Eis. Ich setzte mich darauf und sah mich um.

»Also schön…« Ich spielte etwas mit meinem geflochtenen Zopf. »Ich habe noch nie mit einer Stimme geredet, die nicht da ist, aber…« Ich seufzte und ließ meine Haare wieder los. »Wenn da wirklich jemand ist, finde ich, dass es langsam Zeit wird, das du dich zeigst!« Ich versuchte sicher zu wirken, aber ich kam mir so dämlich vor. Immerhin sprach ich doch nur mit einer Stimme in meinem Kopf! Da war doch nichts…

»Elsa…«

Ich zuckte heftig zusammen und sprang auf. Ich begann leicht zu zittern. Hatte ich da etwa gerade eine Antwort bekommen?! Ich biss mir auf die Unterlippe.

»Bitte… zeig dich! Ich weiß, dass da jemand ist… das spüre ich einfach.« Meine Augen huschten über all das Eis, aber niemand war zu sehen. Ich hielt mir den Kopf. »Soweit bin ich also schon, ich rede mit einer imaginären Stimme.«

»Ich bin doch hier!«

Wieder diese Stimme. Ich drehte mich einmal um mich selbst, konnte aber niemanden sehen. »Wo bist du dann? Warum sehe ich dich nicht?« Ein leichter Windstoß kam auf und etwas streifte meine Wange.

»Ich war immer hier…«

Ich hörte die Stimme ganz nah an meinem Ohr. Erschrocken sah ich zur Seite, konnte aber einfach niemanden sehen. »Ich will dich sehen, zeig dich doch!« Stille. Ich schluckte. Also doch nur Halluzinationen. Wieder kam ein leichter Wind auf und ich sah zum großen Fenster. Die Scheibe war plötzlich übersäht mit kleinen Eisblumen. »Was…« Ich ging näher heran und betrachtete das Schauspiel, das sich mir bot. Plötzlich formte sich aus all den Blumen eine große Schneeflocke, die sich von der Scheibe löste und um mich herum schwebte. Ich lachte leise.

»Was…« Ich versuchte nach der Flocke zu greifen, allerdings war sie schneller als ich. »Warte!« Ich verfolgte sie und probierte immer wieder nach ihr zu greifen. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind… aber ich war allein, also war das einmal in Ordnung. Als die Schneeflocke direkt über mir war, sprang ich nach oben. »Hab ich dich!« Überrascht weiteten sich meine Augen, als ich kurz vor der Flocke etwas anderes zu packen bekam. Mit den Zehenspitzen noch am Boden sah ich mit großen Augen nach oben auf meine Hand, die scheinbar etwas Unsichtbares hielt. Ich umschloss das was auch immer etwas fester und konnte ein leises Keuchen hören.

»Du hast einen festen Griff.«

»Wer bist du… warum kann ich dich hören und spüren, aber nicht sehen?!« Das Etwas, das ich noch immer mit meiner Hand fest umschloss, schwebte langsam nach unten und schließlich landete es vor mir. Ich traute ich nicht loszulassen, ich wollte es nicht wieder aus den Augen verlieren. Ich sah auf meine Hand und verstärkte wieder den Griff. Es war weich… weich und kalt. »Dein Arm?« Ich hörte wieder ein leises Lachen. Es erinnerte mich an meine Kindheit… ich hatte es damals oft gehört.

»Mein Name ist Jack Frost…« Ich blinzelte noch einmal und hob dann langsam meine andere Hand. Zögerlich hob ich sie weiter an und kam der unsichtbaren Gestalt langsam näher. Als meine Hand auf einen Widerstand stieß, hielt ich noch einmal kurz inne. Wieder weich und kalt zugleich. Es fühlte sich nach einem Pullover an. Meine Hand fuhr etwas nach oben und ich kam an seiner Schulter an. Ich lächelte leicht.

»Jetzt kann ich mir wenigstens vorstellen, wie groß in etwa mein imaginärer Freund ist.« Wieder dieses Lachen.

»Imaginär… ich bin echt, Elsa.« Ich schüttelte leicht den Kopf.

»Nein, ich werde einfach nur verrückt… ich sollte weniger arbeiten.« Trotz der festen Überzeugung, dass ich mir all das nur einbildete, ließ ich nicht los. Ein wenig wollte ich noch daran festhalten, dass ich nicht ganz allein war. »Jack…« Ich spürte seine Hand auf meiner, die auf seinem Arm ruhte.

»Elsa… ich bin wirklich da.« Ich sah zu Boden und schloss dann meine Augen. Für eine Sekunde schoss mir das Bild von Anna und Kristoff in den Kopf. Sie waren so glücklich zusammen… es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er ihr einen Antrag machen würde. Und ich würde zustimmen. Anna hatte es verdient endlich glücklich zu werden, nachdem sie eine viel zu lange Zeit alleine war. Ich lächelte. War ich glücklich?

»Nein…« Ich fühlte mich nicht glücklich. Ich war müde geworden mit der Zeit… ich wollte mich auch endlich einfach nur noch zurücklehnen und abschalten. Vielleicht war dieser Jack Frost deshalb immer noch da… ja, mein imaginärer Kindheitsfreund, der sich erst heute mir vorstellte. Aber…

»Ich kann dich berühren«, sagte ich leise. »Und ich kann dich hören.« Ich sah wieder nach oben. Dorthin, wo ich mir vorstellen konnte, dass seine Augen sind. »Aber ich will dich auch sehen. Ich will wissen, ob es dich wirklich gibt.« Ich spürte wieder einen leichten Windhauch.

»Reicht es dir nicht, dass du mit mir sprechen kannst?« Ich lächelte.

»Einbildung, Jack Frost.«

Es herrschte wieder Stille. Wenn ich ganz genau hinhörte, konnte ich seinen leisen Atem hören. Plötzlich bewegte sich sein Arm und eine kalte Hand, die aber auf eine seltsame Art und Weise auch warm war, legte sich auf meine Wange.

»Du musst an mich glauben, kleine Eisprinzessin.«

Kapitel 2 - Heard

Kapitel 2 – Heard

Seit bestimmt gut einer viertel Stunde stand ich nun schon so da. Ich traute mich nicht, mich großartig zu bewegen. Ich hatte Angst, dass wenn ich ihn loslasse, er dann weg sein würde. Stille umgab uns.

»Jack… warum bist du immer hier?« Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Ich fühlte mich einfach nur schwach im Moment und schloss meine Augen.

»Weil du wie ich bist.« Verwirrt sah ich wieder dorthin, wo ich sein Gesicht vermutete.

»Wie ich?«

»Deine Kräfte, Elsa.« Ich hörte ihn leise aufseufzen. »Ich weiß, wie es ist, mit dieser Kälte zu leben.« Ich senkte meine Augenlider.

»Bist du deshalb so kalt?« Ich drückte seine Schulter etwas und schluckte. Wieder hörte ich dieses wunderbare leise Lachen, dass mich durch so viele einsame Stunden hinweggetröstet hatte. Ich lächelte leicht.

»Ja. Mein Name ist nicht umsonst Jack Frost. Ich mache den Winter und das schon seit vielen Jahrhunderten.«

»Jahrhunderte? Wie…«

»Ich bin ein Hüter.« Ich spürte, wie sich sein ganzer Körper anspannte. »Und das schon seit über 300 Jahren.« Ich runzelte die Stirn und suchte in meinem Gedächtnis, ob ich schon einmal irgendetwas über Hüter gehört hatte.

»Was ist das? Ein Hüter?«

»Ich beschütze die Menschen… aber vor allem die Kinder.« Ich lachte leise.

»Bist du dann so etwas wie der Weihnachtsmann oder der Sandmann?« Ein leichter Windhauch kam auf.

»North und Sandy sind auch Hüter, ja.«

»Willst du mir gerade erzählen, dass ich die Beiden wirklich gibt?« Endlich konnte ich von ihm ablassen und nahm einen Schritt Abstand.

»Natürlich gibt es sie.« Er klang so ernst und überzeugt davon, als wäre all das hier wirklich wahr. Ich drehte mich um und sah zum Fenster. Der Regen hatte wieder aufgehört, aber der Himmel war immer noch tief grau.

»Ich muss zurück…« Ich drehte mich wieder um. Zögerlich sah ich mich um. »Jack?« Ich kam mir einfach so verdammt albern vor, ich konnte all das einfach nicht glauben. Ich sprach wie ein Kleinkind mit einem unsichtbaren Freund. Ich knurrte leise. Das war doch alles vollkommen absurd! Ich sollte einfach ins Schloss zurückkehren und mich richtig ausschlafen.

»Ich bin hier.« Wie ein leichter Windhauch wirkte seine Stimme direkt neben meinem Ohr. Ich versteifte mich und schluckte. Ich konnte ihn immer noch hören. Ich schlug ins Leere.

»Geh endlich weg! Du existierst nur in meinem Kopf!« Bevor ich noch irgendwelche Worte hören konnte, rannte ich los zur Treppe. Ich brauchte endlich wieder einen klaren Kopf.

»Elsa! Warte!«

Ignoriere es!

Ich hielt mir den Kopf.

»Du bist nur eine Stimme in meinem Kopf! Lass mich allein!« Ich rannte die Treppe hinunter, riss das Tor auf und lief hinaus. Ohne mich umzusehen stürmte ich weiter in Richtung Arendelle. Ich musste herausfinden, wie ich auf den Nordberg gekommen war. Warum ausgerechnet dort? Wer hatte mich dort hingebracht? Oder hatte ich Schlafgewandelt? Ach, war doch jetzt egal!

Zu spät bemerkte ich den steilen Abhang.

Zu spät bemerkte ich die Eisfläche.

Zu spät wollte ich nach einem Ast in der Nähe greifen.

Ich schrie auf und krallte mich mit aller Kraft an der kleinen Stelle fest, die nicht von Schnee oder Eis bedeckt war. Die Eiskönigin stirbt, indem sie einen eisigen Abhang hinunterfiel. Welch‘ Ironie! Ich spürte mein Herz, dass lautstark gegen meine Brust hämmerte. Ich kniff meine Augen zusammen. Ich wollte noch nicht sterben! Vorsichtig wagte ich einen Blick nach unten. Großer Fehler. Sofort sah ich wieder auf meine Hände. Wenn ich wenigstens mit einer Hand loslassen könnte… aber nein, das ging nicht, ich würde sofort abstürzen.

»Jack…« Warum dachte ich jetzt wieder an ihn? Er existierte nicht! Er konnte mir nicht helfen.

»Keine Sorge, ich bin immer bei dir.«

Zwei Hände griffen mir unter die Arme und ich fühlte mich plötzlich so leicht und frei. Ich blinzelte einige Male und sah nach oben. Nichts. Ich sah wieder nach unten und bemerkte, dass ich einige Meter über dem Boden schwebte.

»Wie…«

»Ich sagte doch bereits, dass ich echt bin.« Ich schloss meine Augen und lächelte.

»Danke… Jack Frost.« Ich schluckte die aufkommenden Tränen herunter. Ich musste stark bleiben. Ich spürte, wie er seine Arme um mich legte und etwas an sich drückte.

»Keine Sorge, ich werde dich sicher nach Hause bringen.« Sein Körper, der vorhin noch so eiskalt war, strahlte plötzlich eine seltsame Wärme aus. Ich atmete tief ein und wieder aus. Dann lächelte ich und nickte.

»Danke...«
 

Als ich das nächste Mal meine Augen aufschlug, befand ich mich in meinem Zimmer. Verwirrt sah ich mich um und schließlich auf meine Hände.

Ein… Traum?

Ich schüttelte etwas den Kopf und sah mich um. Das Fenster war geöffnet, ich hatte es wohl vergessen zu schließen. Ich schluckte, dann rief ich vorsichtig: »Jack?« Ich wartete einige Sekunden der Stille ab, ehe ich enttäuscht den Kopf hängen ließ. Also doch bloß ein dummer Traum. Ich lachte leise und trocken auf. Natürlich war es nur ein Traum gewesen, was denn sonst? Sich über mich selbst ärgernd stand ich vom Bett auf.

»Ich sollte etwas essen.« Mit diesem Vorsatz verließ ich den Raum und ging den langen Gang entlang in Richtung großen Saal. Dort angekommen sah ich mich suchend um. Doch bevor ich mich auch nur einen weiteren Zentimeter bewegen konnte, wurde ich von hinten beinahe umgeworfen. Nur mit Mühe konnte ich mich noch aufrechthalten. »Was… Anna!« Ich sah über meine Schulter in das Gesicht meiner kleinen Schwester, die mich anstrahlte.

»Elsa! Wo warst du denn den ganzen Tag?« Sie ließ von mir ab und ich fuhr mir durchs Haar.

»Ich war ziemlich müde.« Ich sah zur Seite und dachte wieder an den Traum. Doch schnell verwarf ich den Gedanken wieder und lächelte sie an. »Warum denn so stürmisch?«

»Also weißt du, ich-«

»Anna!« Kristoff, der gerade angerannt kam, schnitt ihr das Wort ab und blieb neben ihr stehen. Fragend sahen wir Beide ihn an. Er lächelte nur. »Königin Elsa, dürfte ich euch einen Moment alleine sprechen?« Verwirrt sah ich ihn an, willigte dann aber schließlich ein.

»Also gut…« Anna ging ein paar Schritte rückwärts. »Dann komme ich später nochmal wieder.« Und nach diesen Worten verschwand sie wieder in die endlosen Gänge. Ich sah zu dem Blonden.

»Was kann ich für dich tun?«

»Wisst ihr, ich-«

»Kristoff. Ich habe dir doch schon einmal gesagt, dass du mich bitte duzen sollst.« Ich lächelte ihn aufmunternd an, was ihn verlegen grinsen ließ.

»Okay, also…« Er kratzte sich am Hinterkopf und wusste wohl nicht so recht, was er sagen sollte.

»Geht es um Anna?« Zaghaft nickte er. Ich schloss einen Moment meine Augen. Ich wusste, dass der Moment kommen würde. Und ich wusste auch, wie ich reagieren würde. »Dann sprich endlich.« Erneut lächelte ich ihn an.

»Würdet ihr… würdest du mir die Ehre erweisen, deine Tochter- äh, ich meine deine Schwester… deine Schwester zu… heiraten?« Es war seltsam. Ich hatte schon oft über diesen Moment nachgedacht. Darüber, wie ich reagierten würde, wenn er mich fragte, ob er Anna zur Frau nehmen dürfte. Ich gönnte den Beiden das Glück, natürlich. Aber ein kleiner Teil in mir wollte wohl einfach noch nicht meine kleine Schwester loslassen. Ich drehte mich von Kristoff weg und sah zu einer der großen Fenster.

»Ich habe schon oft darüber nachgedacht, was ich wohl genau auf diese Frage sagen werde.« Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken. Ich beobachtete den tanzenden Schneeflocken draußen. Fasziniert davon hob ich meine Hand und ließ die Fensterscheibe gefrieren. Kleine Eisblumen waren nun auf dem ganzen Fenster zu sehen… wie in meinem Traum. Ich atmete tief durch und drehte mich dann wieder zu ihm um. »Kristoff Bjorgman.« Ich legte meine Hände auf seine Schultern. »Keinem anderen außer dir würde ich meine kleine Schwester anvertrauen. Ihr habt meinen Segen.« Er strahlte mich an.

»Vielen Dank, Königin Elsa.«

»Und wenn du sie nicht glücklich machst, lass ich dich zu Eis gefrieren.« Ich grinste, doch er wie ich wussten, dass das mein voller Ernst war. Er nickte.

»Ich werde alles dafür tun, damit es Anna gut gehen wird.«

»Gut… und nun geh zu ihr und stell‘ ihr die Frage. Ich bin mir sicher, dass sie sich wahnsinnig freuen wird.« Mit einem weiteren Nicken und einer kleinen Verbeugung verabschiedete er sich und lief los zu Anna. Ich sah ihm noch eine Weile nach. Ich hätte nicht gedacht, dass die Frage von ihm so bald kommen würde. Na gut, Anna war nun 21 Jahre alt, langsam wurde es Zeit.

»Und ich bin schon überfällig…«, flüsterte ich leise zu mir selbst und schüttelte im selben Moment den Kopf. So schnell würde ich mich wohl nicht binden. Ich sah auf meine Hände. Außerdem, wer würde denn mit einem Eismonster verheiratet sein wollen?

Ein Knacken ließ mich aus meinen Gedanken schrecken. Schnell sah ich mich in dem großen Saal um, konnte allerdings nicht herausfinden, wo das Geräusch herkam. Aber wahrscheinlich hatte ich mir das nur wieder eingebildet, geschah ja öfters in letzter Zeit.

Mein Blick glitt wieder zum mit Eisblumen übersäten Fenster. Ich sah genauer hin und erkannte, dass diese sich langsam bewegten. Erneut sah ich auf meine Hände. War ich das noch? Machten sich meine Kräfte wieder selbstständig? Mein Blick glitt zu einem anderen Fenster. Auch dort breitete sich langsam das Blumenmuster aus. Ich sah zum nächsten Fenster, aber auch dort war es nicht anders.

»Was ist denn jetzt?« Ich presste meine Arme an meinen Körper heran. Was tat ich da?! Ich wollte das Schloss nicht wieder einfrieren! Ich dachte, ich hätte mich endlich unter Kontrolle.

Und dann…

Dann hörte ich es wieder…

Dieses wunderbare, herzerwärmende Lachen…

Kapitel 3 - Sensed

Kapitel 3 – Sensed

»Jack?« Zögerlich kam sein Name über meine Lippen. Ich sah mich um. »Du bist hier… nicht wahr?« Ja, dieses Lachen würde ich überall wiedererkennen. Es war einfach… wundervoll.

»Ja, ich bin da.« Da war wieder seine Stimme. Ich schloss meine Augen.

»Also war es doch kein Traum.« Ich spürte einen leichten Windhauch.

»Natürlich nicht.« Ich sah zur großen Tür, ging zu dieser und schloss sie. Es sollte mich niemand für verrückt halten, wenn sie sahen, dass ich mit mir selbst redete. Einen Moment lang stand ich noch einfach da, ehe ich mich wieder umdrehte und meine Augen durch den Raum huschten.

»Wo bist du?« Ich streckte meine Hand aus und ging einen Schritt nach vorne.

»Hier.« Eine kalte Hand umschloss meine. Ich seufzte leise und sah zu Boden.

»Wenn das jemand sehen würde, würde derjenige mich für verrückt erklären. Immerhin rede ich mit einer unsichtbaren Person.« Ich lachte leise und sah wieder auf. »Warum bist du unsichtbar?« Eine Schneeflocke erschien aus dem Nichts, tanzte vor meiner Nase und schwebte um meinen Kopf herum.

»Kaum ein Mensch kann mich sehen. Es gibt nur wenige Kinder, die an mich glauben.« Ich konnte aus seiner Stimme hören, dass ihn das traurig stimmte. Ich legte meinen Kopf leicht schief. »Normalerweise laufen die Menschen einfach durch mich hindurch und können mich nicht wahrnehmen.« Ich biss mir auf die Unterlippe, schluckte und trat noch einen Schritt näher an ihn heran. Dann hob ich meine andere Hand an und suchte seine Schulter, wo ich meine Hand kurz ablegte. Ich schloss meine Augen und ließ meine Hand weiter nach oben wandern. Ich ließ sie über seinen Hals und dann seine Wange gleiten, an der ich dann verharrte. Ich versuchte mir vorzustellen, wie sein Gesicht aussehen könnte.

»Ich glaube… du hast blaue Augen. Eisblau.« An meiner Hand spürte ich, wie er seinen Mund zu einem Lächeln verzog.

»Das ist richtig.« Meine Hand wanderte ein Stück weiter nach oben und ich konnte seinen Haaransatz spüren.

»Welche Haarfarbe hast du?«

»Weiß.« Ich lächelte.

»Das war in der engeren Auswahl. Das und blond.« Ich ließ meine Hand wieder zurück auf seine Schulter sinken. »Du bist kalt… aber gleichzeitig strahlst du auch eine unbeschreibliche Wärme aus.« Ich öffnete wieder meine Augen und sah ihm ins Gesicht. »Wie bist du zum Hüter geworden? Wird man dazu geboren?« Er spannte sich an.

»Nein, man wird auserwählt.«

»Von wem?«

»Vom Mond.« Er seufzte leise. »Ich hatte eine kleine Schwester und… wir waren Schlittschuhlaufen. Aber das Eis war noch zu dünn und… Sie wäre eingebrochen. Aber statt ihrer bin ich eingebrochen.«

»Du hast sie gerettet…«

»Und dafür ein verdammtes unsterbliches Leben erhalten.« Er ließ meine Hand los. »Es ist schon toll… aber auch nur, wenn man gesehen wird. Ansonsten kann es mit der Zeit richtig einsam werden.« Er entfernte sich von mir. Auf einmal fühlte es sich wieder so verdammt kalt an.

»Jack… wo bist du?« Ich sah mich schon beinahe verzweifelt um und ging einige Schritte bis zur Mitte des Raumes. Ich atmete tief durch und schloss meine Augen. Wenn ich ganz genau hinhörte, konnte ich seinen Atem bestimmt wieder hören. Immer noch mit geschlossenen Augen drehte ich mich nach links und ging einige Meter, bis ich wieder stehen blieb und erneut hinhörte. Weiterhin blind setzte ich mich wieder in Bewegung, ging etwas schneller, streckte meine Hand aus und bekam seinen Pullover zu fassen.

»Du hast mich gefunden.« Sein leises Lachen ertönte. Ich seufzte erleichtert auf und öffnete wieder meine Augen.

»Ich…« Ich suchte nach Worten. »Ich… danke, Jack Frost. Dafür, dass du immer auf mich aufpasst.« Ich lächelte ihn an und konnte seine Hand für den Bruchteil einer Sekunde auf meiner Wange spüren.

»Du solltest noch etwas schlafen, Eisprinzessin.« Sein Finger tippte gegen meine Stirn. Nach diesen Worten fühlte ich erst, wie müde ich eigentlich noch war. Ich nickte.

»Ja, das sollte ich tun…« Ich legte meine Hände auf seine Schultern, schluckte und drückte mich dann an ihn. Am Anfang war es kalt, doch nach kürzester Zeit spürte ich wieder diese wunderbare Wärme von ihm ausgehen. Unsicher legte er seine Hände um mich. Ich konnte seinen Atem hören und in meinem Nacken spüren. Meine rechte Hand legte ich in seinen Nacken, während ich die andere auf seiner Schulter verweilen ließ.

»Elsa?« Ich schüttelte den Kopf.

»Lass mich nur einen Moment… lass mich es versuchen zu glauben, dass ich nicht verrückt bin.« Behutsam strich er mir über den Rücken.

»Dann glaube an mich… dann wirst du mich auch sehen können.«

»Ich weiß, aber… das ist alles so unrealistisch und… keine Ahnung. Ich wehre mich wohl noch irgendwie dagegen an dich zu glauben. Aber ich würde gerne…« Er strich mir vorsichtig durchs Haar. Ich lehnte mich etwas zurück suchte wieder nach seinen Augen. Langsam legte ich meine Hand an seine Wange. Was sollte ich tun? Ich wollte ihn endlich sehen. Wollte endlich wissen, wer es war, der immer bei mir war und mich beschützte. Der mir das Leben gerettet hatte…

Mit klopfendem Herzen senkte ich meine Lider und zog ihn ein Stück näher zu mir. Vielleicht könnte ich ihn dann sehen… vielleicht auch nicht, wer weiß. Auf den Versuch kam es an. Meine andere Hand rutschte auf seine Brust und ich konnte spüren, wie sein Herz schlug.

Er war es, der den letzten Abstand überwand und ehe ich mich versah, spürte ich seine Lippen auf meinen. Sie waren so schön warm und weich, ich hatte es mir ganz anders vorgestellt. Mein Herz klopfte bis zum Hals und ich hielt den Atem an. Die Sekunden verstrichen und langsam löste ich mich wieder von ihm. Als nächstes kam in mir ein sehr bekanntes Gefühl wieder hoch.

Angst.

Ich hatte Angst davor, wenn ich nun meine Augen öffnen würde, dass ich ihn immer noch nicht sehen könnte. Was würde gleich passieren? Ich schluckte und traute mich einfach nicht. Ich zählte in meinem Kopf von zehn herunter.

10… 9… 8…

Ich wollte ihn endlich sehen!

7… 6… 5…

Aber was wäre, wenn ich ihn nicht sehen würde?

4… 3… 2…

Warum… warum kann ich ihn nicht sehen?!

1… 0…

Ich öffnete meine Augen. Stille umgab uns, wie so oft.

»Jack…« Sein Blick lag auf mir. Seine schneeweißen Haare glänzten im Licht des Kronleuchters. Und seine eisblauen Augen sahen direkt in meine. Ich sah auf meine Hand, die immer noch an seinem blauen Kapuzenpullover verweilte. Dieser war teilweile mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Ich sah auf den Boden. Neben ihm lag ein großer Holzstab. Ich blickte wieder auf und lächelte.

»Genau so hab ich mir dich vorgestellt…« Überrascht sah er mich an.

»Das heißt, du… du kannst mich sehen?« Langsam nickte ich. Seine Augen begannen zu strahlen. Bevor ich etwas dagegen tun konnte, schnappte er sich seinen Stab, schlag seinen Arm um meine Hüfte und nur einen Augenaufschlag später fand ich mich meterhoch in der Luft. Erschrocken hielt ich mich an seinem Pullover fest.

»Was…«

»Es wird Zeit für ein wenig Spaß!« Er flog zum Fenster, öffnete es und flog mit mir nach draußen in einen kleinen Schneesturm.

»Jack! Was wird das?« Er grinste mich bloß an und landete schließlich mit mir auf einer großen freien Wiese, bedeckt mit Schnee. Er ließ mich los und nahm ein paar Schritte Abstand. Ich sah mich um und wusste immer noch nicht so recht, was das werden sollte. Bevor ich meinen Blick wieder auf ihn richten konnte, erwischte mich ein Schneeball am Kopf. Erschrocken sah ich zu ihm. Jack stand einige Meter von mir entfernt, in seiner Hand ein Schneeball.

»Na warte!« In weniger als einer Sekunde erschuf ich einen Schneeball und warf ihn in seine Richtung. Doch er konnte ausweichen und schmiss den nächsten Schneeball auf mich. Bevor dieser mich erreichen konnte, erschuf ich eine Wand aus Eis vor mir, die mich beschützte. Als der Schneeball daran abprallte, ließ ich sie wieder verschwinden, beugte mich nach unten, nahm etwas Schnee und formte den nächsten Ball. Jack lachte und wich auch diesem aus. Sein Lachen war ansteckend, weshalb ich auch damit begann. Ich lief nach links los und feuerte immer wieder einen Schneeball auf ihn ab, denen er entweder geschickt auswich oder abfing.

Die Schneeballschlacht dauerte noch eine Zeit lang, doch irgendwann konnte ich einfach nicht mehr und ließ mich neben Jack in den Schnee fallen. Mein Atem ging schnell, genauso wie seiner. Ich sah zu ihm und gleichzeitig begannen wir zu lachen. Schon lange hatte ich mich nicht mehr so wohl und ausgelassen gefühlt.

»Danke«, sagte ich leise zu ihm. »Für den Spaß.« Er gab mir keine Antwort, lächelte mich aber liebevoll an. Ich blickte wieder in den Himmel, wo sich die Wolken langsam verzogen und einen Sternenhimmel preisgaben. Wann war es denn dunkel geworden? Ich legte meinen Kopf wieder zur Seite und betrachtete Jack. Dieser sah mich ebenfalls an.

»15 Jahre hat es nun gebraucht, bis du mich sehen konntest.« Sein Blick glitt wieder in den Himmel. »Was muss ich nur für eine Geduld haben…« Ich setzte mich auf, wand aber den Blick nicht ab.

»Ich… das tut mir Leid, also ich-«

»Elsa.« Er setzte sich ebenfalls auf, sein Lächeln blieb. »Ich wusste, dass du mich eines Tages sehen würdest. So unterschiedlich sind wir ja nicht.« Er tippte den Schnee sanft mit einem Finger an. Dieser wurde binnen Sekunden zu Eis und formte sich zu einer Blume. Faszinierend sah ich dem Schauspiel zu. Ich war es eigentlich gewohnt, dass alles um mich herum zu Eis wurde, aber das hier war irgendwie anders. Weil es von jemand anderes kam. Jemand, der genauso war wie ich. Jemand, der ebenfalls Tag für Tag mit dieser Kälte in seinem Inneren auskommen musste.

»Wie hast du es geschafft, damit klarzukommen?«, fragte ich und betrachtete die Blume. »Mit dieser Kälte.«

»Wenn man sich einmal mit ihr angefreundet hat, ist sie nicht weiter schlimm. Sie kann zu einem treuen Begleiter werden. Immer wenn ich alleine war, war sie da… so wie ein Freund.« Wir sahen uns in die Augen und lächelten uns an. Dann verschwand mein Lächeln wieder.

»Wenn ich später einschlafe und dann wieder aufwache… werde ich dich dann nicht mehr sehen können?« Er lachte leise.

»Solang du an mich glaubst, wirst du mich immer sehen können. Und selbst wenn du mich nicht siehst… ich werde niemals weit weg sein.«

Kapitel 4 - Seen

Kapitel 4 – Seen

Es war nicht die erste Nacht, in der ich frierend im Bett lag. Allerdings war es dieses Mal besonders schlimm. Ich zitterte am ganzen Körper, schlang die Decke dichter um mich und es half trotzdem nicht. Ich schlug meine Augen wieder auf, setzte mich auf und sah mich im Zimmer um. Normalerweise fror ich nur so, wenn ich den Raum eingefroren hatte, was aber diesmal nicht der Fall war. Ich rieb meine Arme und sah zum geschlossenen Fenster. Es war eine sternenklare Nacht. Seufzend legte ich mich wieder hin und starrte an die Decke. Ich konnte unmöglich schlafen, wenn mir so eiskalt war.

»Seit wann ist mir eigentlich kalt…«, murmelte ich und zog meine Zweitdecke über mich. Aber auch die half nicht viel. »Verdammt.« Ich schlug die Decken zurück, stand auf und ging zum Fenster, um es zu öffnen. Ja, eine wirklich super Idee es zu öffnen, wenn einem eiskalt war.

Winterliche Nachtluft kam mir entgegen. Ich atmete tief ein und schloss meine Augen. Die Kälte war schnell vergessen und ich lächelte. Draußen fühlte ich mich viel wohler als im Inneren des Schlosses. Einfach durch die Schnee rennen, lachen und sich um nichts Sorgen machen müssen. Mein Lächeln verschwand und machte Platz für einen traurigen Ausdruck.

»Das könnte ich wohl erst tun, wenn ich tot wäre.« Kopfschüttelnd ging ich zurück in mein Bett und schlüpfte wieder unter meine Decken. Mit offenem Fenster war mir gleich viel wärmer… Tonlos seufzte ich. Diese Kräfte richteten schon seltsame Dinge mit meinem Körper an. Der Wind blies durch das Fenster in mein Zimmer und ließ mich erschaudern. Dieser sanfte Hauch erinnerte mich an Jack…

Meine Augen huschten durchs Zimmer. Er war nicht hier. Ich zog mir grummelnd die Decke über den Kopf. »Er kann ja schlecht immer hier sein.«

Aber ich wünschte, er wäre es.

Seufzend stand ich wieder auf und verwarf diesen Gedanken schnell. Ich sollte nicht so denken. Ich betrat mein Ankleidezimmer und zog mir mein blaues Kleid an. Danach setzte ich mich kurz vor den Spiegel und flocht meine Haare. Noch den Pony zurückgestrichen und schon war ich bereit nach draußen zu gehen. Ich überlegte kurz, ob ich durch die Tür gehen sollte, aber dann war mir das schon fast zu langweilig. Also schritt ich wieder ans Fenster heran und stieg auf das Fensterbrett. Ich sah nach unten. Springen kam nicht in Frage, das würde ich nicht überleben. Ich stieg mit meinem linken Fuß auf den Fensterrahmen und schon erschien Eis vor meinem Fenster, das sich zu einer Treppe formte, die bis zum Boden herunter reichte. Anfangs etwas unsicher, stieg ich diese herab, jedoch stieg mit jeder Stufe die Vorfreude, weshalb ich auf halber Treppe anfing zu laufen und schließlich zu rennen. Als ich im Schnee ankam, atmete ich tief durch und ließ mich einfach nach hinten fallen.

Es war einfach wundervoll! Ich fühlte mich frei und spürte, dass ich für diesen einen Moment einfach nur an mich denken konnte. Für diesen Moment wollte ich keine Königin sein, ich wollte nur Elsa sein… einfach nur Elsa. Ich sprang auf und unter meinen Füßen begann der Schnee zu Eis zu werden. Ich formte eine leuchtende Kugel aus Schnee in meinen Händen und warf sie hoch in die Luft. Dort zersprang sie in tausende Schneeflocken. Ich breitete meine Arme aus und freute mich einfach wahnsinnig darüber, dass ich meinen Kräften freien Lauf lassen konnte.

Ich begann loszurennen und mit jedem Schritt gefror der Schnee unter meinen Füßen zu Eis. Ich blieb auf einem kleinen Hügel stehen und erschuf einen kleinen Schneemann, der Olaf sehr ähnlich sah. Leise lachte ich und gestaltete einen Garten mit einer Mischung aus Eisblumen und Eiskristallen. Ich fühlte mich so unglaublich wohl, ich konnte es kaum in Worte fassen.

Ich ließ mich wieder in den Schnee fallen und beobachtete die Sterne und den Vollmond.

»Es ist wunderbar«, flüsterte ich und streckte meine Hand aus. Kleine Schneeflocken sprühten aus meinen Fingerspitzen hervor und flogen hoch in die Luft. »Einfach wunderbar…« Zu meinen Schneeflocken gesellten sich noch einige mehr dazu. Verwirrt setzte ich mich auf und sah zur Seite. Nicht weit von mir war Jack… er war in der Hocke, hatte sich seine Kapuze über den Kopf gezogen und ließ genau wie ich mit seinem Stab kleine Schneeflocken in den Himmel fliegen. Er lächelte mich an und zog sich die Kapuze vom Kopf.

»Ich dachte du schläfst.« Ich wendete meinen Blick wieder von ihm ab und sah zu den tanzenden Schneeflocken.

»Wollte ich auch… aber mir war kalt.« Ich spürte seinen Blick auf mir und wenige Sekunden später saß er neben mir.

»Wie kann denn der Eisprinzessin kalt werden?« Lächelnd zuckte ich mit den Schultern.

»Das wüsste ich auch gerne.« Ich ließ mich nach hinten fallen. »Dann habe ich das Fenster geöffnet und mir wurde wieder warm…« Jack sah hoch zum Mond. »Jack… weißt du, wie ich auf den Nordberg gekommen bin?« Er sah kurz zu mir und dann wieder zum Mond.

»Du bist Schlafwandler.« Er lächelte etwas. »Ich habe versucht, dich zum Umkehren zu bewegen, aber du hast dich nicht abhalten lassen und bist mit geschlossenen Augen da hoch gelaufen. Erst, als du dich einfach hingelegt hast, konntest du mich endlich hören.« Er begann zu lachen. »An Annas 20. Geburtstag hast du dich in die Küche geschlichen und vier Stücke Torte gegessen. Danach hast du dich einfach auf den Boden gelegt und weitergeschlafen.« Ich wurde leicht rot.

»Aber… ich bin doch in meinem Bett aufgewacht damals!« Er sah mich wieder an.

»Ich konnte dich da schlecht liegen lassen. Eigentlich dachte ich, dass ich dich nicht berühren könnte, aber na ja… es hat funktioniert.« Er begann mit den schwebenden Schneeflocken zu spielen. »Das letzte Mal hatte ich es vor zwei Jahren versucht… als du geflohen bist und all das Wasser gefroren hast, über das du gelaufen warst. Ich wollte dich aufhalten, aber du bist einfach durch mich hindurchgelaufen.« Er seufzte und sah wieder zu mir. »Danach hab ich mich nicht mehr getraut.« Er stand auf, zog sich wieder die Kapuze über und schulterte seinen Stab. »Tut mir Leid, aber ich muss heute Nacht noch arbeiten.« Er grinste mich entschuldigend an. Ich stand ebenfalls auf und kam einen Schritt auf ihn zu.

»Nimm mich mit!« Überrascht blinzelte er mich an.

»Was?« Entschlossen sah ich ihn an.

»Ich… ich will einfach wissen, wie die Welt da draußen so ist. Nicht nur hier…« Verwundert sah er mich an, ehe er wieder in den Himmel sah.

»Du bist ein Mensch, man wird dich sehen können.«

»Das ist mir egal!« Ich hielt ihn am Ärmel fest. »Bitte Jack… ich möchte nur einmal etwas anderes außer Arendelle und den Nordberg sehen. Ich möchte die Welt sehen!« Für einige Sekunden sah er mich mit seinen eisblauen Augen einfach nur an, ehe er ergeben seufzte.

»Also gut.« Er legte seinen Arm um meine Hüfte. »Aber halt‘ dich gut fest, ich hab’s heute ein wenig eilig.« Ich klammerte mich schon fast an ihm fest, als wir hoch in die Lüfte stiegen und man einen wunderschönen Ausblick über ganz Arendelle hatte.

»Wow…« Doch bevor ich es noch weiter bestaunen konnte, flog Jack rasend schnell los, was mich dazu veranlasste, mich noch mehr in seinen Pullover zu krallen.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich wieder festen Boden unter den Füßen. Wir standen auf einem Hügel inmitten eines Dorfes. Fragend sah ich zu Jack, der mich angrinste.

»Lass es einfach schneien«, sagte er und berührte mit seinem Stab einen Baumstamm, der sofort vereiste. »In diesem Teil des Landes bin ich eh recht spät dran.« Ich sah mich weiter um.

»Wo sind wir?«

»Im Norden Italiens.« Ich nickte langsam und lächelte dann.

»Na dann mal los…« Ich ließ wieder eine leuchtende Schneekugel erscheinen. Jack stieß sich vom Boden ab und flog über die Dächer, die er immer wieder leicht mit dem Stab berührte. Eiszapfen hingen wenige Sekunden später von den Dächern herab. Ich warf die Kugel hoch in die Luft und schon rieselten tausende Schneeflocken herab. Ich begann durch das Dorf zu rennen und immer wieder ließ ich leuchtende Schneekugeln in den Himmel steigen, um es noch mehr schneien zu lassen. Hier und da vereiste ich auch ein Fenster oder ließ einen Brunnen zufrieren.

Nach einiger Zeit blieb ich atemlos stehen und betrachtete mein Werk zufrieden. Das Dorf war nun von einer dicken Schneeschickt bedeckt. Es war wunderschön…

»Das ging sehr schnell.« Jack landete neben mir. »Danke für deine Hilfe.« Ich sah zu ihm.

»Gerne.« Ich lächelte ihn an. »Es hat… Spaß gemacht. Ich wünschte, ich könnte das immer machen.« Leise seufzte ich.

»Ich müsste noch einen Abstecher nach Frankreich machen… willst du mir wieder helfen oder-«

»Ja!«, rief ich sofort dazwischen, räusperte mich dann aber. »Äm, ja.« Verlegen lächelte ich. Er erwiderte es und reichte mir seine Hand. Ich ergriff sie und schon befanden wir uns wieder in der Luft in Richtung Frankreich…

 

»Die Sonne geht langsam auf.« Jack sah in Richtung Osten und dann zu mir. »Du hast kaum geschlafen heute Nacht, vielleicht solltest du das noch ein wenig nachholen.« In dem Moment, wo er das sagte, kamen wir im Schloss an. Wir flogen durch mein noch geöffnetes Fenster und er ließ mich los. Ich nickte langsam.

»Ja, das wäre vielleicht nicht schlecht.« Ich versuchte das Gähnen zu unterdrücken. »Schläfst du etwa nie?« Fragend sah ich ihn an, doch er lachte bloß leise.

»Ich könnte schon, aber unbedingt muss ich nicht.«

»Ich an deiner Stelle würde auch nicht schlafen… mit so einem wunderbaren Job.« Ich lächelte und setzte mich auf die Bettkante, ließ mich nach hinten fallen und schloss dann meine Augen. Ich war echt verdammt müde.

»Mittlerweile ist er wirklich wunderbar… aber das ist er auch nicht immer.« Ich wollte nachfragen, was er damit meinte, doch er war schneller als ich und sprach weiter. »Aber auf ewig lässt es sich hoffentlich gut aushalten.«

»Ewig… das ist verdammt lange…«

»So lange werde ich wohl existieren.« Ich schlug meine Augen auf und legte meinen Kopf zur Seite, um ihn ansehen zu können. Er schritt wieder auf das Fenster zu, doch bevor er verschwinden konnte, sprang ich auf, lief zu ihm und hielt ihn fest.

»Warte…« Fragend sah er über die Schulter zu mir. Ich hatte meinen Kopf gesenkt und wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Kurz war es still. »Kannst du… noch etwas bleiben? Nur solange, bis ich eingeschlafen bin…« Ich sprach so leise, dass ich dachte, er würde mich nicht hören, doch das tat er. Denn er drehte sich wieder um und ging mit mir gemeinsam zum Bett. Ich legte mich auf die Seite, sodass ich ihn ansehen konnte, als er sich auf die Bettkante setzte. Ich schloss meine Augen und hörte, wie er seinen Stab leise ablegte und sich dann neben mich legte. Eine Zeit lang geschah nichts, doch dann nahm ich all meinen Mut zusammen und rückte näher zu ihm.

Ich spürte noch seine warmen Lippen an meiner Stirn, ehe ich lächelnd und mit einem wunderbaren Gefühl im Bauch einschlief.

Kapitel 5 - Loved

Kapitel 5 - Loved

»…sa. ELSA!!!«

Erschrocken fuhr ich hoch. Was war das?! Verwirrt sah ich mich im Zimmer um, als die Tür aufgerissen wurde und Anna reingestürmt kam.

»Elsa!« Sie sprang auf mein Bett und umarmte mich freudig.

»Anna… was…«

»Er hat mich gefragt! Er hat endlich die Frage gestellt!« Sie ließ mich los, dann neben mich fallen und begann zu lachen. »Wollte er darüber mit dir das letzte Mal sprechen? Hat er dich um deinen Segen gebeten.« Ich lächelte.

»Ja, das hat er.« Meine Gedanken wanderten weg von Anna, als mir einfiel, dass ich vorhin noch mit Jack eingeschlafen war… wo war er?! Unauffällig durchsuchte ich das Bett, während Anna irgendetwas erzählte. Aber ich hörte ihr nicht zu, viel zu sehr war ich damit beschäftigt, nach ihm zu suchen. Als ich ein Grummeln hörte, lugte ich über den Bettrand hinweg auf den Boden, wo Jack kopfreibend saß. Anna musste ihn wohl ausversehen aus dem Bett geworfen haben, als sie auf mein Bett gesprungen war…

»Entschuldige…«, sagte ich so leise, dass nur er es hören konnte und lächelte ihn an. Er sah zu mir hoch und grinste.

»Halb so schlimm.« Er stand auf und schnappte sich seinen Stab.

»Oh Elsa, ich kann es immer noch kaum glauben!« Anna ließ einen Freudenschrei und umarmte mich dann wieder. Ich erwiderte und sah über ihre Schulter zu Jack, der am Fenster stand und noch einmal zu mir sah. Bittend sah ich ihn an.

Geh nicht!

Doch er lächelte mich nur an. »Ich komme später wieder.« Nach diesen Worten stieß er sich vom Boden ab und flog durch das Fenster davon. Leise seufzte ich und schob Anna etwas von mir weg.

»Na, dann sollten wir mal mit den Hochzeitsvorbereitungen anfangen. Es gibt noch so viel zu tun!« Ich stand auf und zog meine kleine Schwester ebenfalls auf die Beine. »Welche Gäste sollen eingeladen werden? Wie groß soll die Torte sein? Wann genau wollt ihr heiraten? Wie soll d-«

»Elsa.« Anna nahm meine Hände und lächelte mich liebevoll an. »Ich möchte, dass du mein Kleid für mich machst.« Aus großen Augen sah ich sie an.

»Was?« Sie nickte und legte ihren Kopf schief.

»Kein Schneider der Welt könnte das so gut wie du.« Ich erwiderte ihr Lächeln.

»Es wäre mir eine Ehre, dein Kleid für dich zu… zaubern.« Ich betonte das letzte Wort extra und grinste schief.

»Und ich will eine zehnstöckige Torte!«

»Anna…«

»Na gut, neun reichen auch.« Gleichzeitig begannen wir zu lachen und endlich konnte ich mich richtig für Anna freuen, dass sie jemanden fürs Leben gefunden hatte. Kristoff war der Richtige für sie, daran bestand absolut kein Zweifel.
 

»Jack?« Zögerlich sah ich aus dem geöffneten Fenster. Seitdem ich ihn sehen konnte, schloss ich es gar nicht mehr, damit er jederzeit hereinkommen konnte. Ich legte meine Hände auf das Fensterbrett und lehnte mich etwas nach draußen. »Jack?«

»Guten Abend, Eisprinzessin.« Erschrocken wich ich einen Schritt zurück, als Jack plötzlich vom Dach herunter durch mein Fenster sprang. Ich atmete tief durch und sah ihn böse an.

»Erschreck‘ mich doch nicht so!« Sein entschuldigendes Grinsen reichte vollkommen aus, damit ich ihn wieder anlächelte. Doch dann wendete er sich von mir ab und betrachtete den Mond.

»North meinte, es wäre besser, wenn ich nicht mehr herkommen würde.« Alles in mir zog sich zusammen und ich musste mir auf die Unterlippe beißen, um nicht loszuschreien.

»North ist…«

»Der Weihnachtsmann«, beendete er meinen Satz und seufzte. »Und eigentlich hat er recht. Ich nehme meine Pflichten als Hüter kaum noch wahr.« Ich wollte etwas erwidern, aber mir fielen einfach keine Worte dafür ein. Stille umgab uns und ich starrte mit weit aufgerissenen Augen auf den Boden. Was sollte ich nur sagen?

»Also… wirst du gehen… und nicht wiederkommen?«, brachte ich dann endlich leise und gebrochen hervor. Ich traute mich nicht, ihm in die Augen zu sehen, zu sehr hatte ich Angst vor der Antwort.

»Ich sollte, ja.« Meine Hand an meiner Brust wurde zur Faust und ich drückte sie mit aller Kraft gegen mein Herz, um ruhig zu bleiben. Ich hörte leises Knacken unter meinen Füßen. Der Boden überzog sich langsam mit einer Eisschicht. »Aber ich will nicht.« Überrascht sah ich zu ihm. Er betrachtete immer noch den Mond, sein Gesichtsausdruck war ernst. »Alles geschieht aus einem Grund und ich habe dich bestimmt nicht umsonst getroffen. Das fühle ich einfach.« Erleichterung machte sich in mir breit und ich atmete aus. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich die Luft angehalten hatte…

»Dann… bleibst du?« Meine Stimme war immer noch nicht mehr als ein Flüstern. Endlich sah er mich wieder an, lächelte leicht und nickte. Voller Erleichterung ließ ich mich auf den Boden sinken. Das Eis, das ich vor wenigen Sekunden unter meinen Füßen erschaffen hatte, war leider schon im ganzen Raum und man hätte mein Zimmer nun zum Schlittschuhlaufen verwenden können.

»Aber für immer kann ich nicht bleiben… ich muss mit meinen Pflichten wirklich nachsichtiger umgehen…« Ich sah zu ihm auf. Im Moment wollte ich einfach nicht daran denken, dass er irgendwann gehen würde. Für mich zählte gerade nur der Moment. Und im Moment war er hier.

Ohne groß nachzudenken, sprang ich auf und umarmte ihn. Verwundert erwiderte er die Umarmung.

»Elsa?«

»Ich bin so froh, dass du nicht gehst.« Ich kniff die Augen zusammen und eine kleine Träne schlich sich aus meinem Auge und rollte über die Wange. »Ich wünschte, du könntest immer hier sein.«

»Aber was-« Bevor ich noch weitersprechen konnte, drückte ich ohne nachzudenken meine Lippen auf seine. Völlig überrumpelt sah er mir in die Augen und einige Sekunden lang sahen wir uns nur an, ehe er sowie ich unsere Augen schlossen. Ich wollte ihn nicht gehen lassen. Ich wollte ihn am liebsten nie wieder gehen lassen! Ich drückte mich fester an ihn und er verstärkte ebenfalls die Umarmung. Viele kleine Schmetterlinge flatterten durch meinen Bauch und kitzelten mich am ganzen Körper. So ein wunderbares Gefühl hatte ich noch nie in meinem Leben gespürt. Nie wieder wollte ich ihn loslassen, wollte einfach eine kleine Ewigkeit mit ihm so verbringen…

Langsam lösten wir uns wieder voneinander und ich vergrub meinen Kopf an seiner Brust, schloss die Augen und lauschte seinem schnell schlagenden Herzen. Meines schlug nicht weniger schnell. Seine Hand strich behutsam über meinen Rücken und die Welt schien für einen Moment stillzustehen. Keiner wollte etwas sagen, wollte diesen Moment nicht zerstören. Nur langsam realisierte ich, was ich da getan hatte. Ich schluckte und bereute aber nichts.

Das letzte Mal war es, um ihn zu sehen.

Ich atmete tief durch.

Aber diesmal nicht. Ich wollte es so!

Langsam drückte ich mich etwas von ihm weg, hob ich meinen Kopf an und sah ihm in die Augen.

»Ich… es tut mir leid, ich…« Mir fehlten die Worte, doch Jack sagte nichts darauf, legte seine Hand an meine Wange, zog mich wieder zu sich und küsste mich wieder. Diesmal war ich es, die ihn überrumpelt ansah. Doch schneller als beim letzten Kuss schloss ich meine Augen und genoss es einfach, bei ihm zu sein. Ich legte meine Hand auf seine, die an seinem Stab verweilte. Mir war plötzlich so unglaublich warm, es war einfach wundervoll. Keine Kälte war in mir, nur diese unglaubliche Hitze. Der Stab wurde hell und erleuchtete den ganzen Raum in blauem Licht. Es begann in meinem Zimmer zu schneien und irritiert sahen wir Beide nach oben.

»Was ist denn jetzt?«, fragte Jack leise und sah mich wieder an. »Bist du das?« Ich schüttelte den Kopf.

»Ich dachte, dass du das wärst.« Auch von ihm kam ein Kopfschütteln. Doch ehe wir es uns erklären konnten, wer von uns das nun war, hörte es auch schon wieder auf und der Schnee sowie das Eis von vorhin waren verschwunden.

»Okay, das war… seltsam.« Jack räusperte sich, sah nach oben und legte seine Hand auf den Hinterkopf. Er wusste wohl nicht so recht, was er sagen solle. Ich lächelte, legte meine Arme um ihn, meinen Kopf auf seine Brust und schloss die Augen.

»Ich wünschte, ich wäre wie du«, sagte ich leise.

»Hm?« Ich spürte seinen fragenden Blick auf mir. Meine Hand fuhr langsam über seinen Rücken und ich sprach weiter.

»Ein Hüter… eben einfach so wie du.« Ich seufzte leise. »Außer ich kann dich hier keiner sehen. Das ist…«

»Ich weiß, bescheuert.« Auch er seufzte und legte seinen Arm um mich. Die andere Hand verharrte immer noch an seinem Stab. So standen wir eine Weile lang einfach nur da, keiner wollte den anderen loslassen. Wollte einfach nur bei dem Anderen sein, den Herzschlag lauschen, den Atem spüren… einfach da sein.

»Ich muss los.« Jacks Stimme war leise und man hörte deutlich heraus, dass ihm das ganz und gar nicht passt. »Lass das Fenster geöffnet… ich werde später wiederkommen.« Er lächelte mich an und ich erwiderte es.

»Ich schließe es doch gar nicht mehr.« Meine Stimme war genauso leise wie seine. Noch einmal drückte ich mich fest an ihn und er erwiderte es, doch nach viel zu kurzer Zeit ließ er mich wieder los.

»Bis später.« Der Abschiedskuss, den er mir gab, verweile viel zu kurz auf meinen Lippen. Er sprang durch das Fenster wieder hinaus und ich sah ihm so lange nach, bis er außerhalb meiner Sichtweite war. Ein paar Minuten stand ich noch am Fenster, ehe ich dann zum Bett ging und mich darauf fallen ließ. Ich starrte an die Decke und dachte an alles und an nichts.

»Verdammt…« Ich legte mich auf die Seite und drückte mir ein Kissen ins Gesicht. »Warum kann ihn nur keiner sehen…« Meine Stimme wurde durch das Kissen gedämpft. »Ich wünschte, wenigstens die Menschen hier könnten ihn sehen.« Ich zog mir das Kissen wieder vom Gesicht und sah mit Tränen in den Augen zum geöffneten Fenster.

Es dauerte lange, bis ich endlich einschlafen konnte. Ich bemerkte nicht mehr, wie Jack ein paar Stunden später wieder kam. Er setzte sich auf den Bettrand und strich mir mit einem traurigen Blick durchs Haar. Dann seufzte er, fuhr sich durch die eigenen Haare, legte seinen Stab beiseite und legte sich zu mir.

»Es wird wohl nie eine Möglichkeit geben…«, sagte er leise. »Niemals…«

Kapitel 6 - Astray

Kapitel 6 – Astray

Ein unglaublicher Lärm weckte mich auf. Grummelnd setzte ich mich auf, rieb mir die Augen und sah mich um.

»Was ist denn jetzt schon wieder.« Ich sah mich um. Ich war alleine. Seufzend stand ich auf und folgte der Lärmquelle bis in den Krönungssaal. Anna und Kristoff waren dort aufzufinden und einige Diener, die Tische und Stühle umstellten. »Was tut ihr da?« Verschlafen fuhr ich mir übers Gesicht.

»Elsa!« Freudig drehte sich Anna zu mir und klatschte in die Hände. »Wir stellen den Saal ein wenig um. Ich will schon einmal ausprobieren, wie es dann an der Hochzeit aussehen wird.« Die Hochzeit… richtig. Es waren ja nur noch wenige Wochen bis dorthin.

»Sie ließ sich nicht davon abbringen«, sagte Kristoff und sah mich entschuldigend an. Ich winkte bloß ab.

»Ist schon okay. Macht nur weiter, ich habe noch einiges zu erledigen. Anna?« Angesprochene sah mich fragend an. »Kommst du später mal zu mir? Ich habe etwas mit dir zu… besprechen.« Ich betonte das letzte Wort extra um ihr einen Wink zu geben, dass ich einen ersten Versuch des Kleides machen wollte. Sie schien es zu verstehen und grinste mich an.

»Natürlich!« Nickend wand ich mich ab und ging zurück in mein Zimmer, um mich für den Tag fertig zu machen.

 

»Puh.« Erschöpft lehnte ich mich zurück und schloss die Augen. Ich hatte es mir nicht so anstrengend vorgestellt, die ganzen Einladungen zu verfassen. Ich fuhr mir durch die Haare und spielte mit einer Haarsträhne, als ich einen Finger an meiner Wange spürte. Ich lachte.

»Jack, was machst du da?« Grinsend öffnete ich die Augen und sah zu dem Kopf über mir.

»Jack?« Anna sah mich irritiert an. »Wer ist das?«

»Anna!« Schnell sprang ich auf und begann hektisch die Briefe zu sortieren. »Warum klopfst du nicht an?«

»Hatte ich.« Ich spürte ihren stechenden Blick auf mir. »Und wer ist nun dieser Jack?« Ich schüttelte den Kopf und grinste sie an.

»Ich weiß auch nicht, wie ich auf den Namen gekommen bin.« Ich sah ihr an, dass sie mir kein Wort glaubte. »Ist doch jetzt egal.« Ich ging durch den Raum und holte einen kleinen Hocker aus einer Ecke, den ich dann in die Mitte stellte. »So, jetzt stell‘ dich da mal drauf, damit wir anfangen können.« Schnell war der Weißhaarige vergessen und voller Vorfreude sprang Anna auf den Hocker. Ich umkreiste sie ein paar Mal und legte meine Hand an mein Kinn. »Ich werde einfach ein wenig herumspielen. Sag, wenn dir etwas gefällt.«

»Okay.« Ohne eine wirkliche Vorstellung legte ich die Hand auf ihr derzeitiges Kleid. Dieses begann sofort sich weiß zu färben. Die Ärmel verschwanden und wurden durch kleine durchsichtige Handschuhe ersetzt, die ein wenig glitzerten. Das Kleid selbst wurde vorne knielang und hinten hatte es eine kleine Schleppe. Anna betrachtete sich im Spiegel.

»Vorne würde ich es auch lang machen«, meinte sie und drehte sich einmal. »Die Schleppe gefällt mir sehr gut. Vielleicht noch ein Muster?« Ich nickte.

»Schulterfrei?«

»Ja und die Handschuhe etwas länger.« Ich machte das Kleid vorne länger und verpasste dem Oberteil ein glitzerndes Blumenmuster. Die Handschuhe wurden länger und färbten sich nun ebenfalls weiß. Bevor sie sich wieder betrachten konnte, öffnete ich ihre Hochsteckfrisur und ließ einen Schleier, der an einer kleinen Krone befestigt war, auf ihrem Kopf erscheinen. Der Schleier ging beinahe bis zum Boden. Ich trat beiseite, sodass sie sich wieder im Spiegel ansehen konnte. Ihre Augen wurden groß und sie schlug sich die Hände vor den Mund.

»Elsa…« Mit Tränen in den Augen sah sie mich an, sprang vom Hocker und umarmte mich stürmisch. »Es ist perfekt! Ich liebe es! Vielen Dank!« Ich erwiderte die Umarmung und lächelte.

»Du siehst wunderschön aus. Genau wie Mutter damals.« Sie sah mir in die Augen und nun schlich sich eine Träne aus ihren Augenwinkeln.

»Das ist das Schönste, was du hättest sagen können.« Ich lachte leise und wischte die Träne von ihrer Wange.

»Dieser Tag wird perfekt, das verspreche ich dir.« Wieder umarmte sie mich.

»Es werden alle da sein, die ich liebe, natürlich wird er damit perfekt!« Ich strich ihr über den Rücken und sah zum geöffneten Fenster. Jack stand im Fensterrahmen und sah uns mit einem leichten Lächeln an.

»Ja, alle werden da sein.« Mein Lächeln wurde breiter. »Perfekt.«

 

»Und – hepp!«

Jack half mir hoch auf den Ast. Ich atmete erleichtert aus, als wir endlich auf dem höchsten Punkt angekommen waren und setzte mich vorsichtig hin. Jack setzte sich neben mich und gemeinsam betrachteten wir den Mond.

»Wegen mir schläfst du kaum noch.« Ich sah ihn an und grinste dann.

»Na und?« Er hob eine Augenbraue.

»Der Schlafmangel könnte sich auf deine Gesundheit auswirken.« Ich winkte ab und sah wieder in den Himmel.

»Mir könnte es nicht besser gehen…« Ich spürte seinen Blick auf mir.

»Elsa…«

»Hm?« Fragend glitt mein Blick wieder zu ihm. Für einen kurzen Moment hielt er den Augenkontakt, ehe er nach unten auf einen gefrorenen See sah. Er kaute auf seiner Unterlippe und ein schlechtes Gefühl breitete sich in mir aus. Das konnte doch kaum etwas Gutes bedeuten. »Jack… was ist los?«

»Ich…« Er seufzte und sah wieder nach oben zum Sternenzelt. »Das wird… das letzte Mal sein, dass ich hier bin. Wenn ich weiter jede Nacht zu dir komme, dann…« Er seufzte und vergrub seine Hände in den Haaren. Ich schluckte und begann leicht zu zittern. Meine Hand krallte sich in den dicken Ast.

»W-Was sagst du da…«

»Es ist nicht gut für dich, wenn ich weiter zu dir komme«, fuhr er leise fort. »Du brauchst jemanden, der immer für dich da ist, der immer an deiner Seite ist und das Königreich regiert… all das kann ich nicht für dich tun. Ich kann nicht immer da sein, weil ich für die ganze Welt da sein muss. Du musst Arendelle regieren.« Tränen stiegen mir in die Augen und ein bedrückendes Gefühl staute sich in meiner Brust auf.

»Anna kann-«

»Weder du noch ich glauben, dass Anna bereits soweit ist, Arendelle zu regieren«, fiel er mir ins Wort und sah mich endlich wieder an. Langsam schüttelte ich den Kopf.

»Du kannst doch jetzt nicht einfach so wieder verschwinden… ich habe dich doch… gerade erst gefunden…« Immer mehr Tränen stiegen mir in die Augen und verschleierten mir die Sicht. Er fuhr sich über das Gesicht.

»Ich will ja auch nicht gehen… aber ich muss. Es ist das Beste so. Keiner außer dir kann mich hier sehen… jeder würde dich für verrückt erklären.« Er hatte Recht. Natürlich hatte er Recht! Das wusste ich doch alles schon vorher, aber ich hatte es wieder verdrängt. Mein Atem kam nur noch stoßweiße und die erste Träne lief meine Wange hinunter.

»Ich will nicht, dass du gehst…«, flüsterte ich und drückte meine Faust gegen die Brust. »Ohne dich werde ich wieder einsam sein wie vorher.« Leicht lächelte er mich an.

»Anna ist immer für dich da… und auch viele andere Menschen.« Ich schüttelte den Kopf.

»Das ist nicht dasselbe!« Er legte seine Hand auf meine Wange und strich mit dem Daumen die Tränen weg.

»Ich werde nie weit weg sein, Eisprinzessin.« Ich kniff die Augen zusammen.

»Jack, ich…« Er zog mich zu sich und drückte mich fest an seine Brust. Leise schluchzte ich und krallte mich in seinen Pullover.

»Ich weiß.« Seine Stimme war sanft und leise. Langsam strich er mir über den Rücken. »Keine Angst, ich werde immer auf dich aufpassen.« Er drückte mich noch fester an sich. »Versprochen.« Der Ast, auf dem wir saßen, wurde immer kälter und endlich verstand ich, dass ich das wieder war. Ich fror ihn ein. Ich hatte mich im Moment einfach nicht unter Kontrolle. Ich krallte mich noch mehr in ihn und sah auf seinen Arm. Erschrocken wollte ich von ihm ablassen, doch er ließ mich nicht los.

»Jack… ich werde dich verletzen…« Aber er ließ nicht los.

»Wirst du nicht.«

»Jack!« Sein ganzer Pullover war nun mit einer Eisschicht bedeckt. »Jack, du wirst einfrieren!« Er lachte leise.

»Als würde ich das.« Er ließ mich nicht los und sah mir weiter in die Augen. »Du wirst mich niemals mit Eis verletzen können, Elsa.« Ich gab auf und ließ mich wieder gegen seine Brust fallen. Sein Pullover war eiskalt, aber seine Hand auf meinem Rücken war warm.

Nach viel zu kurzer Zeit ließ er langsam von mir ab.

»Mach’s gut, kleine Eisprinzessin.« Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und ehe ich mich versah, hatte er sich schon vom Ast abgestoßen und war hoch in die Lüfte gesprungen.

»Jack…« Ich sah ihm nach. Erneut bahnten sich Tränen den Weg über meine Wangen. Ich sprang vom Ast und landete etwas unsanft im Schnee. »JACK!« Ich begann ihm nachzurennen, aber natürlich war er schneller. Als ich ihn aus dem Blickfeld verloren hatte, ließ ich mich auf die Knie fallen. »Jack…« Ich vergrub mein Gesicht in den Händen. »Verdammt…« Ich begann wieder zu zittern und rieb mir die Arme. »Jack… Jack! JACK!!!« Ich konnte so viel schreien wie ich wollte… es brachte einfach nichts. Er würde nicht zurückkehren. Meine Schreie verstummten und hinterließen eine Leere in mir.

»Jack…«

 

Zwei Wochen lang verließ ich kaum mein Zimmer. Ich aß sehr wenig und wollte einfach niemanden sehen. Am sechzehnten Tag klopfte jemand leise an die Tür.

»Elsa?« Annas Stimme wirkte traurig. Wie damals, als sie immer versucht hatte mit mir zu sprechen. »Elsa was ist los… bitte rede doch mit mir! Bitte…« Ich sah zur Tür und schluckte. Ich war mir nicht sicher, ob ich schon so weit war. »Na gut… dann nicht…«

»Anna.« Meine Stimme war leise und brüchig, aber die Schritte, die sich von meiner Tür entfernten, verstummten wieder. »Es tut mir Leid…« Ich schluchzte. Nach wenigen Sekunden hörte ich wieder Schritte und dann das leise Öffnen der Tür. Anna lugte in mein vereistes Zimmer.

»Elsa, was…« Erneut schluchzte ich.

»Er ist weg…« Endlich konnte ich wieder mit jemanden sprechen.

»Wer ist weg?«

»Jack…« Und nach schier endloser Zeit schienen sich meine Fesseln zu lösen. Weinend fiel ich Anna in die Arme, als sie neben mir saß und erzählte ihr alles unter Tränen.

Kapitel 7 - Never

Kapitel 7 – Never

Es dauerte noch weitere vier Wochen, ehe ich wieder richtig lächeln, geschweige denn mein Zimmer verlassen konnte. Anna war stets bei mir und versuchte mich aufzumuntern, wo es nur ging. Ich war ihr sehr dankbar, doch weder sie noch sonst jemand hier konnte diese Leere in mir füllen, die Jack hinterlassen hatte. 15 Jahre lang war er immer da gewesen. Auch, wenn ich ihn so lange nicht sehen konnte… mit ihm an meiner Seite hatte ich mich sicherer gefühlt. Nun war ich verletzbar. Ich hatte Angst, dass jeden Moment jemand hinter mir stehen und ein Messer in den Rücken jagen würde. Ich hatte einfach wahnsinnige Angst…

Leise klopfte ich an Annas Tür. Von Innen hörte ich ihre Stimme, die mich hereinbat. Langsam öffnete ich die Tür und betrat ihr Zimmer. Ich sah mich um und mein Blick blieb an ihr hängen. Sie trug ihr Brautkleid und eine Dienerin steckte gerade ihre Haare hoch. Sie sah zu mir und lächelte.

»Elsa! Gut, dass du da bist.« Ich schloss die Tür hinter mir und trat näher an sie heran.

»Lassen Sie mich das machen. Gehen Sie im Saal aushelfen«, sagte ich zu der Dienerin, die sich kurz verbeugte und dann aus dem Zimmer verschwand. Ich begann wieder damit, die Stecknadeln aus Annas Haaren zu holen. »Mit offenen Haaren gefällst du mir viel besser.« Anna lachte leise.

»Danke, Elsa.« Ich erwiderte nichts mehr darauf und kämmte noch einmal durch ihre Haare. Durch den Spiegel lächelte sie mich an. »Ich bin froh, dass du heute hier bist.«

»Aber das ist doch selbstverständlich.« Ich legte die Bürste beiseite und die Rothaarige drehte sich zu mir. »Immerhin muss ich dich ja in Kristoffs Obhut geben.« Sie stand auf und umarmte mich. Ich erwiderte die Umarmung. »Du siehst wunderschön aus.«

»Vielen Dank…« Ich nahm den Schleier von der Kommode und steckte ihn ihr ins Haar.

»Na dann… werden wir dich mal verheiraten gehen.« Anna war das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht zu bekommen. Sie hackte sich bei mir ein und gemeinsam gingen wir zum Saal. Vor der Tür blieben wir noch einmal stehen. Ich sah sie an. »Bist du soweit?« Sie sah mir in die Augen und nickte.

»Ja, ich bin bereit.« Ich nickte zwei Dienern zu und diese öffneten dann langsam die große Tür. Musik ertönte im selben Moment und wir betraten gemeinsam den festlich geschmückten Saal. Kristoff stand am Altar und drehte sich zu uns um. Sein Blick lang die ganze Zeit auf Anna. Er hätte nicht glücklicher sein können als jetzt…
 

Es war kurz nach Mitternacht. Ich saß auf dem Fensterbrett und starrte aus dem Fenster. Mittlerweile war der Frühling ins Land gezogen und kein Schnee war zu sehen. Ich hatte eine Decke um meinen Körper geschlungen und zitterte. Das Fenster war heute das erste Mal geschlossen… Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und biss mir auf die Unterlippe.

»Er wird nicht zurückkommen…«, sagte ich leise und schüttelte den Kopf. »Ich werde ihn nie wieder sehen… ich sollte endlich damit abschließen können…« Immerhin waren nun schon zwei Monate vergangen. Aber es fiel mir so verdammt schwer, auch nur eine Sekunde lang nicht an ihn zu denken.

»Jack…« Mein Blick glitt wieder aus dem Fenster zu den Bergen. An der Bergspitze lag noch ein wenig Schnee, dort konnte der Frühling noch nicht die Oberhand gewinnen. Ich lehnte mich etwas nach vorne und die Decke fiel von meinen Schultern auf den Boden. Leise und langsam öffnete ich eine Fensterseite und ließ den kalten Nachtwind herein. Ich atmete tief ein und lächelte leicht. Ich fühlte mich gleich viel wohler. Ich stieg vom Fensterbrett herunter und öffnete auch die andere Seite des Fensters.

»Du hast gesagt, dass du nie weit weg bist…« Ich berührte den Fensterrahmen mit einem Finger und sofort vereiste es. »Aber wo bist du dann?« Ich seufzte und schloss die Augen. »Ich will dich sehen…« Meine Hand krallte sich in das Kleid und ich schluckte. »Es ist schon viel zu lange her, dass du bei mir warst. Du hast mir doch versprochen, nie weit weg zu sein! Warum… warum spüre ich dann, dass du nicht hier bist? Wenn du bei mir wärst, dann wüsste ich das doch! JACK! Jack… warum hast du dein Versprechen nicht eingehalten…« Ich senkte meinen Kopf und starrte auf das Graß unter meinem Fenster. Blumenranken wanderten seit mehreren Wochen schon die Wand hinauf. Sie wuchsen sehr schnell… ein paar Wochen noch und sie hätten mein Fenster erreicht.

»Kann ich dich etwa erst im Winter wiedersehen?« Ich sah wieder in die Ferne. Das war doch alles albern… Ich saß hier und führte Selbstgespräche, während Jack wahrscheinlich hunderte von Kilometer weit weg war.

Was wäre, wenn ich mir all das doch nur eingebildet habe?

Schnell schüttelte ich den Kopf. Nein. Dieses Gefühl war echt. Dieser Schmerz in meiner Brust… All das konnte ich mir nicht ausgedacht haben. Es war echt! Jack war hier gewesen, daran bestand kein Zweifel. Er war mir zur Seite gestanden, hatte immer auf mich aufgepasst und…

»Ich habe mich verliebt…« Meine Worte waren nicht mehr als ein Hauchen und wurden durch den aufkommenden Wind weggetragen. Er war wie ich. Er verstand mich wie kein Zweiter. Niemals könnte ein Anderer diesen Schmerz in mir verstehen und mich in kalten und einsamen Momenten trösten… nicht so wie er. Ich unterdrückte das Schluchzen und schloss wieder meine Augen. Ich sollte ihn vergessen, das wäre das Beste.

»Es wird niemals eine Möglichkeit für uns geben… eine gemeinsame Zukunft… das wird es einfach nicht geben.« Es tat weh. Es tat so unglaublich weh! Es fühlte sich an, als würde mein Herz in tausend Teile zerspringen. Mit wackeligen Beinen stand ich auf und ging mit langsamen Schritten zu meinem Bett. Das waren schon viel zu viele traurige Gedanken für einen Abend. Ich sollte endlich schlafen. Morgen kamen schließlich Anna und Kristoff von ihrer Hochzeitsreise zurück und ich wollte ihnen doch einen ordentlichen Empfang bereiten.

»Es ist alles in Ordnung.« Ich legte mich hin und sah zu dem immer noch geöffneten Fenster. Die Beiden sollten morgen schließlich nicht denken, dass ich immer noch ein Trauerkloß war. Ich war es zwar, aber es war nun schon so lange her… ich sollte wenigstens so tun, als wäre ich darüber hinweg gekommen.

»Du fehlst mir, Jack…«, flüsterte ich und schloss meine Augen. »So sehr das es weh tut…« Ich schniefte und vergrub mein Gesicht zwischen all den Kissen. »Ich werde dich niemals vergessen… niemals.«
 

Das Fenster überzog sich langsam mit einer dünnen Eisschicht. Ein Blumenmuster entstand und kleine Schneeflocken lösten sich davon. Jack saß vor dem Fenster und starrte stumm in die Ferne.

»Jack…« Eine sanfte Stimme holte ihn aus den Gedanken. Er sah über die Schulter und erblickte die Zahnfee und den Sandmann. Er seufzte und wand sich wieder ab.

»Was wollt ihr?« Tooths Flügelschlag war für einen kurzen Moment das Einzige, was zu hören war, doch nach kurzer Zeit verstummte auch das, als sie neben Jack zum Stehen kam.

»Du solltest uns besser begleiten… North meinte, der Mann im Mond möchte mit uns allen sprechen. Es ist sehr wichtig.« Fragend sah der Weißhaarige zu den Beiden. Über Sandys Kopf erschien ein Ausrufezeichen, während er mit beiden Händen in seine Richtung winkte. Ein Zeichen dafür, dass Jack ihnen folgen sollte. Eigentlich hatte er überhaupt keine Lust, aber leider hatte er keine Wahl, weshalb er leise grummelnd aufstand und seinen Stab schulterte. Gemeinsam gingen sie zum Globus, wo North und Bunny bereits auf sie warteten.

»Ah, na endlich!« North breitete seine Arme aus und kam auf sie zu. »Wurde auch Zeit. Mann im Mond ist schon ganz ungeduldig.« Lustlos sah Jack zuerst zum Weihnachtsmann und dann hinauf zum Mond, der hell durch das geöffnete Dach zu ihnen hineinschien. North wand sich nun ebenfalls dem Mond zu.

»Wir sind nun alle hier! Warum hast du uns zusammengerufen?« Von einer Sekunde auf die nächste schien der Mond viel heller zu leichten. Jacks Stab begann auch plötzlich hell zu leuchten. Erschrocken ließ er ihn los und stolperte einen Schritt zurück.

»Was ist denn jetzt los?!«, fragte Bunny und zog einen Bumerang. Natürlich nur zur Sicherheit versteht sich.

»Ich weiß nicht…« Norths Augen wurden groß und waren auf Jacks Stab gerichtet, der immer heller leuchtete. Wenige Sekunden später berührte die Stabspitze den Boden und sofort war der Boden zu einer spiegelglatten Eisfläche.

»Was soll das?!« Jack verengte seine Augen zu Schlitzen, trat wieder an seinen Stab heran und griff nach ihm.

»Jack, nicht!« Tooths Warnung kam zu spät. Der Blauäugige umschloss seinen Stab mit einer Hand. Eine eisige Kälte durchströmte sofort seinen Körper und er ließ einen Schrei.

»Was läuft hier?! North, tu doch was!« Die Zahnfee sah den Weihnachtsmann flehend an, doch dieser schüttelte nur den Kopf.

»Mann im Mond weiß, was er tut.« Der Mond strahlte eine unglaubliche Kälte aus. Keiner der Hüter hatte ihn jemals so gesehen. Doch nach kurzer Zeit war das Schauspiel vorbei. Der Mond sowie Jacks Stab hörten auf zu leuchten und mit einem Schlag war all die Kälte verschwunden. Jack lag neben seinem Stab am Boden und bewegte sich nicht.

»Jack!« Voller Sorge flog Tooth zu ihm und berührte ihn vorsichtig am Arm. Der jüngste der Hüter zuckte heftig zusammen und riss die Augen auf. Erschrocken wich Tooth zurück, als Jack aufsprang und sich hektisch umsah. »Was ist los?«

»Was war das?!« Völlig außer sich rannte er zu North und sah ihm fest in Augen. »Was sollte das?! Du kennst den Mann im Mond am besten von uns! Also was sollte das?!« Verwirrt sah North ihn an.

»Was hast du gesehen?« Erst jetzt wurde Jack klar, dass er der Einzige war, mit dem der Mann im Mond diese Version geteilt hatte. Langsam schüttelte er den Kopf und wich zurück.

»Das darf nicht sein… das kann einfach nicht passieren!« Schneller, als die anderen Hüter ihn hätten aufhalten können, rannte er zu einem geöffneten Fenster und flog fort. Völlig durcheinander sahen sich die vier Verbliebenen gegenseitig an. Der Weihnachtsmann sah hoch zum Mond.

»Was hast du vor? Was hast du ihm gezeigt?« Doch der Mond schwieg. Sein helles Licht schien auf den Nordpol nieder und es schien, als würde er ihnen sagen wollen:

Ihr werdet schon noch verstehen.

Sandy zog an Norths Mantel. Fragend sah er ihn an, als über dem Kopf des Sandmannes ein gebrochenes Herz und ein Fragezeichen erschienen. Er zuckte mit den Schultern.

»Ich weiß nicht, was Jack da gesehen hat… aber es war nichts Gutes.«

Kapitel 8 - Forever

Kapitel 8 – Forever

»Elsa?« Anna klopfte an meine Tür und wartete, bis ich sie hereinbat. Ihr lächelndes Gesicht erschien hinter der Tür und wurde dann zu einem Grinsen. »Möchtest du mit mir Schlittschuhlaufen gehen?« Fragend sah ich sie an.

»Anna, es ist Hochsommer!« Sie tippte ihre Zeigefinger aneinander und sah sich verlegen im Raum um.

»Ich weiß… aber ich habe gerade so Lust drauf.« Ich lachte und stand auf.

»Ich denke, es macht nichts, wenn die Arbeit mal ein bis zwei Stunden liegen bleibt.« Voller Vorfreude klatsche Anna in die Hände.

»Danke, Elsa!« Sie schnappte sich meine Hand und zog mich hinter sich her. »Heute gibt es nur dich und mich.« Sie lachte und zog mich aus dem Schloss hinaus, über die große Wiese und blieb dann am See stehen. Erwartungsvoll sah sie mich an. Ich schüttelte lächelnd den Kopf und berührte dann mit dem Fuß das Wasser. Sofort breitete sich das Eis aus und überzog den ganzen See. Lachend packte Anna ihre Schlittschuhe aus und zog sich diese über. Schneller als ich schauen konnte, war sie auch schon auf dem Eis.

»Komm schon! Beeil dich!«, rief sie mir zu drehte sich einmal. In den letzten zwei Jahren hatte sie gelernt Schlittschuhe zu laufen und mittlerweile beherrschte sie es sehr gut. Den halben Winter hatte sie auf der Eisfläche verbracht. Sie liebte das Eis und meine Kräfte.

Nun betrat auch ich das Eis und rutschte zu Anna, die nach meinen Händen griff. Für eine kurze Zeit sah es so aus, als ob wir miteinander tanzen würden, doch das hielt nicht lange an. Denn Anna verlor ihr Gleichgewicht und beide fielen wir auf das harte Eis.

»Autsch…«, murmelte sie und grinste mich entschuldigend an. Ich schüttelte lächelnd den Kopf und stand wieder auf.

»Ich hole uns mal etwas zu trinken«, sagte ich und schlitterte zum Rand des Sees. Währenddessen versuchte Anna wieder aufzustehen.

Ein lautes Knacken war zu hören. Das Geräusch ging mir durch Marck und Bein. Wie erstarrt blieb ich im Graß stehen und drehte mich langsam wieder um. Anna stand mitten auf dem See und sah mit weit aufgerissenen Augen auf die Eisfläche. Kurz herrschte Stille, ehe sich Anna einen Zentimeter bewegte und wieder ein Knacken zu hören war.

»Anna!«, schrie ich und rannte zurück zum See. Das war unmöglich! Sie konnte nicht einbrechen! Das Eis war dick genug, darauf hatte ich doch extra geachtet! Auf der Eisfläche in ein paar Meter Entfernung blieb ich wieder vor ihr stehen und sah sie an. »Beweg dich nicht!« Anna war die Angst deutlich ins Gesicht geschrieben. Panisch sah sie mich an und nickte. Ich musste mich nun zusammenreißen. Auf keinen Fall durfte ich nun die Kontrolle verlieren!

»Elsa…« Annas Stimme zitterte, genauso wie ihre Beine.

»Hab keine Angst, ich bin bei dir!« Vorsichtig kniete ich mich hin und berührte das Eis mit meiner Hand. Mein Blick blieb bei Annas Füßen. Der Eisstrahl, den ich durch das Eis geschickt hatte, erreichte sie und das Eis unter ihr verfestigte sich wieder. Erleichtert atmete Anna auf, doch ihr Zittern blieb. Immer noch sah ich ihr die Angst an, die sie im Moment voll und ganz beherrschte. Auch ich zitterte am ganzen Körper und hatte das Gefühl, als wäre es noch nicht vorbei.

Und ich sollte Recht behalten.

Erneut war ein lautes Knacken zu hören. Erschrocken sah ich zu Annas Füßen, allerdings war das Eis noch ganz und wies auch keinerlei Risse auf. Schnell stand ich auf und ging einen Schritt vorwärts.

Hätte ich das mal besser nicht getan.

Erneut ein lautes Knacken und endlich begriff ich, dass das unter mir war. Ich sah nach unten auf die vielen Risse, die sich gebildet hatten. »Anna! Lauf!« Bevor ich meine Kräfte einsetzen konnte, brach das Eis. Erschrocken riss ich meinen Kopf nach oben. Das Letzte, was ich sah, bevor mein Kopf auf der harten Eiskante aufschlug und mein Körper im Wasser versank, war Jack, der mit einem panischen Gesichtsausdruck und ausgestreckter Hand auf mich zugeflogen kam.

Dann wurde alles schwarz um mich.
 

Es war kalt und ich spürte starken Wind, der über meinen Körper strich. Ich verkrampfte mich und kniff die Augen zusammen. Leises Schluchzen war zu hören und meine Augenlider flatterten.

»Autsch… mein Kopf…« Ich setzte mich auf. Ich saß auf dem Eis inmitten des Sees. Ich sah mich um und erblickte Anna, die weinend am Rande des Sees saß. Kristoff stand hinter ihr und hatte seine Hände auf ihre Schultern gelegt. Sein Blick war traurig auf den See gerichtet. Völlig perplex stand ich auf und ging zu ihr.

»Anna, warum weinst du?«, fragte ich sie leise und ließ mich vor ihr auf die Knie fallen. Ohne mich zu beachten, schluchzte und weinte sie weiter. Ihr Gesicht war in den Händen vergraben und sie schien mich nicht zu hören. »Anna! Warum-« Ich wollte nach ihrer Hand greifen, doch ich griff durch sie hindurch. Erschrocken stolperte ich zurück und riss meine Augen weit auf. Was war das?! Ich schluckte, riss mich zusammen, stand auf und ging wieder auf sie zu.

»Anna!« Ich versuchte erneut nach ihrer Hand zu greifen, doch wieder konnte ich sie nicht berühren. Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus. »ANNA!« Den Tränen nahe versuchte ich es immer wieder, doch ich konnte es einfach nicht. Eine Träne rollte über meine Wange und ehe sie auf der Eisfläche ankam, wurde sie selbst zu Eis und zersprang beim Aufprall.

»Warum siehst du mich nicht?« Verzweifelt griff ich mir in die Haare und dachte nach, was passiert sein könnte, dass sie mich nicht sah. Plötzlich überkam es mich und mir fiel alles wieder ein. Ich fiel auf die Knie und starrte das Eis unter mir an. »Das kann nicht sein…« Meine Finger krallten sich in das Eis.

Ich bin… tot…

Ich schüttelte den Kopf und versuchte erneut Anna oder auch Kristoff zu berühren, doch ich konnte es nicht. Immer wieder griff ich durch sie hindurch.

»NEIN!«, schrie ich und immer mehr Eiskristalle, die vor wenigen Sekunden noch Tränen waren, zersprangen auf dem Eis. »Ich bin doch hier, Anna… ich bin hier…«

»Wir sollten gehen…«, sagte der Blonde leise und kniete sich zu Anna herunter. Diese schniefte noch einmal und nickte dann langsam. Kristoff half ihr auf die Beine und ließ die ganze Zeit über nicht ihre Hand los.

»Das hat sie nicht verdient…«, flüsterte meine kleine Schwester, als sie sich in Bewegung setzten. Kristoff drückte sie an sich und strich ihr beruhigend über den Kopf.

»Sie war ein wundervoller Mensch.« Er drückte ihre Hand. »Und ich bin mir sicher, dass sie niemals weit weg sein wird. Sie ist immer da.«

Ich war die Eiskönigin, die wegen ihrem Eis gestorben war. Welch Ironie. Ich sah den Beiden nach und wusste nicht, was ich nun tun sollte. Sollte ich ihnen nachgehen? Sollte ich woanders hingehen? Sollte ich einfach hier bleiben und warten? Aber auf was sollte ich warten? Darauf, dass mir irgendwer sagte, was ich nun tun sollte? Von alleine kamen die Antworten bestimmt nicht.

Nach kurzem Überlegen stand ich mühsam auf und sah noch einmal zum Schloss.

Ich bin tot.

Bevor dieser Gedanke Überhand gewinnen konnte, drehte ich mich um und schritt über die Eisfläche. War Jack nicht auch so gestorben? Ja, war er… Er hatte seine kleine Schwester gerettet und war dafür selbst eingebrochen. Am Waldrand blieb ich stehen und sah zu Boden.

Kleine Schneeflocken rieselten auf den Waldboden herab und der Boden wurde mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Verwundert sah ich nach oben. Auf einen der Äste saß Jack. Seinen Stab hielt er an den Baumstamm, der zu Eis gefror. Er lächelte mich an, aber sein Blick war traurig.

»Jack…«, hauchte ich. Ich wollte zu ihm rennen, ihn anbrüllen, wo er die ganze Zeit war, ihm Vorwürfe machen und gleichzeitig wollte ich ihn nur umarmen und glücklich darüber sein, dass er sich endlich wieder zeigte. Er sprang vom Ast herunter und landete vor mir. Eine Weile lang sah ich ihn nur an, ehe Wut in mir aufkam.

»Du Idiot!«, schrie ich ihn an und schlug ihm gegen die Brust. »Du bist so ein verdammter Idiot!« Immer wieder schlug ich gegen seine Brust und beschimpfte ihn, doch mit der Zeit wurde ich immer leiser und meine Beschimpfungen gingen im Schluchzen unter. »Wo warst du die ganze Zeit…« Ich drückte mich an ihn und er legte seine Hände um mich. Behutsam strich er mir über den Rücken.

»Es tut mir Leid…«, flüsterte er. »Das hätte nicht passieren sollen.« Fragend sah ich ihn an. Sein Blick war immer noch traurig. »Das alles hier. Wenn ich früher da gewesen wäre, hätte ich dich retten können. Aber als du ins Wasser gefallen bist…« Er schüttelte den Kopf. »Über dir war plötzlich eine dicke Eisschicht und egal wie sehr ich es auch versucht hatte… ich kam einfach nicht durch…« Er gab sich die Schuld an meinem Tod… Ich legte meine Hand an seine Wange und lächelte.

»Es ist schon okay. Ich hätte auch vielleicht einfach besser aufpassen oder schneller sein sollen.« Ich lachte leise. »Das ist wohl irgendwie blöd gelaufen.«

»Nimm das doch nicht so auf die leichte Schulter!« Fest sah er mir in die Augen. »Du bist nun ein Geist! Du bist-«

»Eine wunderbare Ergänzung für uns.« Überrascht sahen wir Beide zu dem großen Mann, der plötzlich neben uns stand.

»North!«, rief Jack und drückte mich noch etwas fester an sich. »Was macht ihr alle hier?« Hinter dem Weihnachtsmann waren eine Fee, deren Federn in vielen Farben leuchteten, ein großer Hase und ein kleiner goldener Mann, der sich verschlafen umsah.

»Mann im Mond schickt uns.« Er kam auf mich zu und legte eine Hand auf meine Schulter, als Jack wieder von mir abließ. »Er sagt, du bist eine von uns. Ein Hüter.« Völlig überrumpelt sah ich alle Anwesenden kurz an.

»Was?« Der Hase machte einen Sprung und stand nun neben North.

»Noch eine Frostbeule, na toll.« Die Fee lachte leise und auch Jack begann nun zu lachen. Ich begriff langsam, was hier geschah und wurde von dem Lachen angesteckt.

»Wunderbar! Es ist Zeit für Eid! Kommt alle zum Nordpol!« Und bevor ich noch irgendetwas sagen konnte, waren alle bis auf Jack verschwunden. Er lächelte mich an und reichte mir seine Hand.

»Darf ich bitten, kleine Eisprinzessin?« Mit einem Lächeln griff ich nach seiner Hand.

Epilog

Epilog

Es war tiefster Winter, als ich nach Arendelle zurückkehrte. Etwas unsanft kam ich im Schnee auf, stand schnell wieder auf und strich mir das Kleid zurecht.

»Das mit der Landung üben wir nochmal«, sagte Jack, der grinsend neben mir aufkam. Ich seufzte.

»Ja… aber nicht jetzt.« Mein Blick war auf das geöffnete Tor gerichtet. Etwas unsicher ging ich darauf zu, dicht gefolgt von Jack, der meine Hand nahm. Gemeinsam betraten wir das Schloss. Ich sah mich um und ging dann auf den Krönungssaal zu. Die Tür stand dort ebenfalls weit auf, sodass ab und zu ein kalter Windstoß hineinkam. Jack und ich blieben am Anfang des Saales stehen und sahen nach vorne.

»Lang lebe Königin Anna!« Die Menschen im Raum klatschten und jubelten meiner kleinen Schwester zu. Sanft lächelte ich, ließ Jack los und ging zu Anna, die nun bei Kristoff stand und sich mit ihm unterhielt. Ich blieb vor den Beiden stehen und atmete tief durch. Unter meinen Füßen gefror der Boden zu Eis. Im Saal wurde es still und alle sahen erschrocken zu Boden. Ich stieß mich vom Boden ab, flog hoch in die Luft, erschuf eine große leuchtende Schneekugel und warf sie nach oben. Sie zersprang in tausende Schneeflocken und nun schneite es im Saal. Ich sah zu Anna, die sich die Hände vor den Mund geschlagen hatte und Tränen in den Augen hatte. Kristoff umarmte sie lächelnd von hinten.

»Sie ist immer da«, flüsterte er ihr leise ins Ohr. Ich erschuf eine weitere Schneekugel. Jack schwebte plötzlich neben mir und nickte mir zu. Sein Stab berührte meine Kugel, die danach erneut hoch in die Luft flog und dort zersprang.

Viel Glück. Ich hab dich lieb!, stand dort nun aus all den Flocken geschrieben. Annas Augen weiteten sich.

»Elsa… Jack…« Sie ging ein paar Schritte vorwärts und ihr Blick glitt zu uns. Ich lächelte sie an und winkte ihr dann zu. Nun waren die Tränen bei ihr nicht mehr aufzuhalten. »Ich dich auch! Ich hab dich auch lieb, Elsa! Und ich wünsche dir alles Glück der Welt…« Lächelnd wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht.

»Sie sieht dich…«

»Uns«, verbesserte ich Jack, als er mich umarmte und einen Kuss auf die Wange gab. »Sie sieht uns beide.« Wir lachten und flogen wieder zum Ausgang. Dort drehte ich mich noch einmal um und winkte ihr zu. »Bis bald«, flüsterte ich und verschwand mit Jack aus dem Schloss.

»Bis bald…«, sagte Anna leise. Kristoff kam zu ihr. Sie lächelte ihn an und lehnte ihren Kopf gegen seine Brust. »Sie ist glücklich…«
 

Ich sah noch einmal auf das Schloss herab. »Kommst du?« Ich drehte mich zu Jack, der mich fragend ansah. Freudig flog ich auf ihn zu und schmiss mich in seine Arme. »Wow, alles oka-«

»Ich liebe dich«, unterbrach ich ihn. Er strich mir durchs Haar.

»Ich dich auch«, flüsterte er und drückte mir einen Kuss aufs Haar. Ich sah ihm in die Augen und lächelte.

»Tot sein ist eigentlich gar nicht so schlecht.« Jack lachte.

»Vergiss deinen Job nicht.« Ich schüttelte den Kopf.

»Niemals.« Und bevor er etwas erwidern konnte, drückte ich meine Lippen auf seine.

Nun konnte die Ewigkeit beginnen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Huhu :D
Willkommen zu meiner allerersten Crossover-Fanfiction :3
Ja, mich hat auch das Jack/Elsa Fieber gepackt und als ich das Bild
http://img4.wikia.nocookie.net/__cb20131004221255/rise-of-the-brave-tangled-dragons/images/f/ff/Elsa​_jack.png
gesehen hab, war mir klar, dass ich dazu eine Fanfiktion schreiben muss! >_<
Also... das ist meine Inspiration! :D
Ich hoffe, dass ich ein paar Reviews bekommen werde >w< Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Irgendwie hatte ich dieses Kapitel verdammt schnell geschrieben... //D
Ich hoffe, dass ich das mit den weiteren Kapiteln auch so schnell hinbekommen werde... >_<
Über ein paar Kommentare würde ich mich freuen <3

LG~ Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (19)
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Von:  Angel-blue
2015-07-30T11:54:00+00:00 30.07.2015 13:54
Ich liiiiiiebe diese geschichte, du hast einen wahnsinnig tollen schreibstyl. Weiter so
Von:  KarasuTsubasa
2015-02-25T22:15:34+00:00 25.02.2015 23:15
Süße FF*.*
Du hast einen klasse Schreibstil,
Mach weiter so^^
Von: abgemeldet
2014-12-30T19:58:33+00:00 30.12.2014 20:58
BitteBitteBitte schreib' weiter, die Geschichte ist RICHTIG GUT!!! Zu toll um jetzt aufzuhören, du hast echt Talent.
ICH LIEBE ES!!!
Von:  jelsa2
2014-12-13T13:30:33+00:00 13.12.2014 14:30
Ein wunderschönes ff. Ich habe beim vorletzten Kapitel fast geweint ;) ♥
Von:  Vanima
2014-12-10T17:29:22+00:00 10.12.2014 18:29
Oh wow... Diese Geschichte ist so wunderschön *_* Du hast einen wirklich tollen Schreibstil, der mich vom ersten Satz an direkt abgeholt hat und auch die Idee an sich, dass Jack immer schon bei ihr war und sie beschützt hat, fand ich unheimlich süß.
Ich konnte mir nur keinen Reim darauf machen, warum das Eis gebrochen ist. Hat Elsa nicht richtig aufgepasst? Oder hatte der Mond irgendwie seine Finger im Spiel? Aber der würde doch sicher niemanden umbringen, nur um einen neuen Hüter zu schaffen, oder?
Aber bis auf diese Kleinigkeit finde ich deine FF durch und durch wunderbar gelungen :-)
Lg Mia
Von: abgemeldet
2014-11-26T18:27:07+00:00 26.11.2014 19:27
Das ist eine schöne FF und ein bisschen traurig als sie wie Jack in einem vereisten See Reinfiel,aber dennoch eine sehr schöne FF wirklich schön geschrieben
Von:  sesshomaru13
2014-10-21T18:04:55+00:00 21.10.2014 20:04
Wirklich coole Geschichte!!!
Von:  inci
2014-07-09T16:26:05+00:00 09.07.2014 18:26
Wow!!! Bin hin und weg. Hab gerade die gesamte ff durchgelesen während meine Tochter die eiskonigin auf DVD schaut.
Die ff ist sehr schön geschrieben im vorletzten teil hatte ich pipi in den Augen.
Sehr schön
Von:  Jea1995
2014-07-04T19:09:07+00:00 04.07.2014 21:09
Ich finde deine Story echt gut :)
Von: abgemeldet
2014-05-15T09:11:56+00:00 15.05.2014 11:11
Ach echt?
Ich habe es gesucht, aber nicht gefundenXD
Ich schau noch einmal :D
Danke, für diese wunderschöne Story nochmal^_^
Antwort von:  Little_Dana
15.05.2014 15:53


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