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Ein unerträglicher, nicht enden wollender Schmerz

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein bisschen Spoiler-Alarm wegen Rin, wobei ich so vage bleibe, dass nicht wirklich viel gespoilert wird. Komplett anzeigen

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But do not ask the price I paid

Es war die schlimmste Sünde von allen gewesen.

Kakashi hatte schon davor viele Menschen umgebracht. Und danach folgten so unzählig viele weitere, dass etliche Leute sich wunderten, wie er damit umgehen konnte. Natürlich gehörte das Töten irgendwie zu einem Shinobi-Dasein dazu. Aber auch unter Ninjas gab es gute, schlechte und grausame Menschen. Vielleicht, überlegten diese vielen Leute mal mehr, mal weniger laut, gehörte Kakashi zu den Letzteren.

Kakashi selbst war es ziemlich egal, was die anderen sagten. Selbstverständlich bekam er es mit, aber es kümmerte ihn nicht sonderlich. Er wusste, wie grausam, schlecht und abscheulich er war. Seit es passiert war, verging kein Tag, an dem er nicht daran dachte und von Tag zu Tag hasste er sich selbst mehr und mehr.

Wenn er nur das Versprechen, welches er dem sterbenden Obito gegeben hatte, gebrochen hätte, wäre es dann weniger schlimm gewesen? Wäre das Ergebnis nicht das gleiche gewesen?

Nein.

Es ging nicht nur darum, dass er Rin nicht hatte beschützen können, es ging auch um die Art wie Rin gestorben war. Oder vielmehr, durch wessen Hand.
 

Immer wieder sah Kakashi alles vor sich. Wie sie von den feindlichen Ninjas umringt wurden und wie in Rin langsam der Gedanke aufkam, dass es für sie nur noch einen Ausweg gab.

Er hatte es nicht hören wollen. Er hatte nichts davon hören wollen. Sie mussten es nur heil hier wegschaffen, dann würden sie eine Lösung finden. Minato würde eine Lösung finden, er fand immer eine! Kakashi war in Panik verfallen. Eigentlich hatte er zu diesem Zeitpunkt das Versprechen schon nicht mehr eingehalten. Hätte er Rin vorher besser beschützt, wäre dies nicht passiert.

Zögerlich und voller Resignation schüttelte Rin den Kopf. „Du musst mich töten, bevor wir auch nur in die Nähe des Dorfes kommen. Bitte, Kakashi!“

„Sei still! Wir müssen hier weg, dann wird uns etwas einfallen!“ Hastig versuchte Kakashi die feindlichen Shinobi, die abwartend um sie herum standen, zu zählen. Wie viele waren es? Würde er diese überhaupt alle schaffen, ehe sein Chakra zur Neige ging? Er musste Rin einfach beschützen, er musste!

Rin kämpfte mit den Tränen. Selbst wenn Kakashi das tat, was sie verlangte, was würde dann aus ihm werden? Bei all seiner Stärke und seinem Talent würde er es trotzdem schwer haben, gegen so viele Gegner zu bestehen. Und selbst wenn er dies schaffte, wer würde sich dann um ihn kümmern? Gewiss wollte sie nicht sterben. Sie wollte zusammen mit Kakashi nach Hause zurückkehren. Ihm noch so viel sagen. Aber es gab keine andere Möglichkeit.

Die Tränen liefen ihre Wangen hinunter. Immerhin, und an diesen Gedanken klammerte sie sich nun, wartete Obito auf sie.

„Ich habe es versprochen,“ sagte Kakashi plötzlich. „Ich habe ihm versprochen, dich zu beschützen. Und das werde ich tun.“

Rin sah in sein entschlossen dreinblickendes Gesicht. Er verstand nicht. Von jetzt an lag es an ihr.

Kakashi formte die Fingerzeichen für sein Chidori und visierte die nun in Alarmbereitschaft versetzten feindlichen Shinobi im Hintergrund an. Rin hatte Angst vor dem, was nun kommen würde. Hoffentlich würde wenigstens Kakashi es bis nach Hause schaffen. Ihr Körper setzte sich in Bewegung und noch bevor Kakashis Hand ihren Brustkorb durchbohrte, dachte sie an das, was sie ihm schon immer hatte sagen wollen: „Ich liebe dich.“

Doch alles, was Sie in ihrem letzten Moment noch herausbringen konnte, war lediglich sein Name.

„Ka...kashi.“

Und sie sah noch seinen entsetzten Blick und wie seine Augen sich mit Tränen füllten, während ein entsetzlicher Schmerz durch ihren Körper und ihren Geist jagte.

In dem Augenblick, in dem Rin sich in seinen Angriff geworfen hatte, hörte Kakashis Verstand auf zu arbeiten. Er sah in ihr erschrockenes, schmerzverzerrtes Gesicht und hörte, wie sie als letztes, was sie je sagen würde, seinen Namen aussprach.

Die umstehenden Shinobi begannen zu fluchen, doch Kakashi hörte sie nicht. Alles, was er noch hörte, war das unerbittliche elektrische Zwitschern seines Chidoris. Ebenso wenig spürte er irgendetwas von dem eiskalten Regen, der unaufhörlich auf ihn niederprasselte. Alles, was übrig war, war eine grenzenlose Verzweiflung, die in Verachtung umschlug. Verachtung für eine Welt, in der Rin nicht mehr lebte, und Verachtung für ihn selbst, der Schuld daran war.

Während er seinen Arm zurückzog, hallte in fortdauernder Wiederholung Obitos Stimme in Kakashis Kopf wider: „Beschütz Rin bitte.“
 

Er hatte eine einzige Aufgabe in seinem Leben gehabt. Und er hatte sie nicht erfüllen können. Stattdessen hatte er sich noch mehr Schuld aufgeladen. Er war dafür verantwortlich, aber niemand zog ihn zur Verantwortung.

Schlimmer noch.

Nachdem Minato erfahren hatte, was geschehen war, wollte er ihn sogar trösten.

Kakashi verstand die Welt nicht mehr. Für jemanden wie ihn konnte man doch keinen Trost übrig haben.

„Es war nicht deine Schuld,“ wiederholte Minato immer und immer wieder und klang dabei von Mal zu Mal verzweifelter. Er hatte Angst vor dem, was in Kakashi vorgehen könnte. Panische Angst davor, seinen ersten und letzten Schüler zu verlieren. Auf welche Weise auch immer. Und Minato versuchte alles, was ihm einfiel, um ihn zu retten. Er sagte ihm immer wieder, dass es nicht Kakashis Schuld war, nichts davon. Zuerst blockte Kakashi alles davon ab. Es sprachen sowieso alle anderen viel leiser als die Stimmen von Obito und Rin, die er in seinem Kopf so laut hörte, dass sie es unmöglich machten, an etwas anderes zu denken. Wenn niemand anderes ihn zur Verantwortung zog, musste er dies eben selbst tun. Er wusste, was er zu tun hatte.

Doch er konnte nicht.

Zitternd legte er das Schwert wieder aus den Händen und brach, aus Verzweiflung über seine Unfähigkeit, nicht einmal dies hinzubekommen, weinend auf dem Boden seiner kleinen dunklen Wohnung zusammen.

Von da an dachte er lange darüber nach, welche Möglichkeiten ihm sonst noch blieben. Wenn er selbst es nicht beenden konnte, musste er einen Weg finden, wie jemand anderes dies für ihn erledigen konnte. Und solange er darauf wartete, würde er sich wenigstens als nützlich für das Dorf erweisen.

Minato protestierte, aber das war Kakashi egal. Es war ihm so vieles egal geworden. Wichtig war, dass er sich jeden Tag vor Augen führte, was er verbrochen hatte. Und so war es nicht verwunderlich, dass er gleich nachdem er seine Anbu-Uniform abgeholt hatte, zuerst zu Rin ging und ihr von seiner neuen Aufgabe erzählte. Nachdem er die Blumen an ihrem Grab ausgewechselt hatte, besuchte er Obito und erzählte es auch ihm. Und wie jedes Mal, wenn er dort war, drängte sich Kakashi ein Gedanke auf: Was wäre geschehen, wenn Obito nicht unter diesem Felsen zerquetscht worden wäre? Was würde er sagen, was würde er tun? Würde Obito ihm verzeihen? Wie sähe eine Welt aus, in der Obito noch leben würde?
 

But do not ask the price I paid

I must live with my quiet rage

Tame the ghosts in my head

That run wild and wish me dead

Should you shake my ash to the wind

Lord, forget all of my sins

Or let me die where I lie

´Neath the curse of my lover´s eyes


Nachwort zu diesem Kapitel:
Am Schluss der vollständige Refrain von Lover´s Eyes, weil es so schön passt. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sensenmann
2014-05-24T11:11:32+00:00 24.05.2014 13:11
Oh, das Kapitel ist wieder sehr traurig geworden ;_;
Im Original-Kapitel mit Rins Tod, war das alles schon so aufwühlend, aber es jetzt noch einmal so zu lesen... Ich bin nur froh, dass Minato zumindest noch da war, natürlich hat der auch Angst seinen letzten Schüler zu verlieren. Allerdings war ich doch etwas geschockt bei der letzten Szene. Hat Kakashi wirklich daran gedacht sich umzubringen? Auf die gleiche Art wie sein Vater? :(


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