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Die Legende von Shikon No Yosei

Das Schicksal einer Elementarmagierin
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
https://www.youtube.com/watch?v=VQqIIUf3jQc

Diese Geschichte bezieht sich in der Handlung auf den Inhalt des Liedes »Sternblumennacht« von Cuirina. Die Ausformulierung jedoch ist der Fantasie von Ami Diana Saphira Mercury entsprungen.
Vom Schicksal füreinander bestimmt, doch durch die Zeit getrennt – wie lässt sich ein solches Problem lösen?
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Songfiction 01: Sternblumennacht

Sternblumennacht

Einst lebten die Feenwesen Albenmark´s und die Menschen der Erde Seite an Seite … Magie war eine Selbstverständlichkeit und alle beteten zur großen Mutter der Natur, der Göttin Gäa. Zu dieser Zeit erwählte sie Klerus als neuen »König Oberon« – und er nahm Seiketsu zu seiner Frau, zu seiner »Königin Titania« … So herrschten sie gemeinsam über diese friedliche Welt. Doch nichts blieb jemals für alle Ewigkeit von Dauer … Erst hatte es nur schleichend begonnen, mit den Jahren zeigte es sich dann immer deutlicher – die Menschheit wich ihrer Anbetung der magischen Geschöpfe und in ihnen wuchs der Wunsch nach alleiniger Herrschaft. Erst fragten sie die Feen nicht mehr um Rat, wendeten sich in ihren Gebeten nicht mehr an Gäa, Oberon oder Titania … stattdessen rodeten sie unter anderem ganze Wälder, um neue Siedlungen zu errichten. Die Zahl der Menschen schoss in die Höhe, während die Feen unter dem Schmerz der Natur schwächer wurden.

Seiketsu versuchte ihr Volk milde zu stimmen: „Sie fühlten sich Jahrzehnte lang in den Schatten gedrängt … Mag sein, dass Gier ihnen näher liegt als uns – doch ebenso hochmütig müssen wir ihnen vorkommen, mächtig durch unsere Magie.“

Feen mochten keine Veränderungen – ihre Lebensspanne überdauerte Generationen einfacher Sterblicher. Dies mochte ein feuriges Aufflammen sein …

Doch nicht alle teilten ihre Zuversicht – allen voran ihr eigener Mann Klerus: „Sie zerstören ohne Sinn und Verstand … wie wilde Tiere. Selbst unsere Göttin ist nicht unfehlbar – diesen Bestien zu erlauben weiterzubestehen, war ein großer Fehler! Wir sollten jeden einzelnen von ihnen vernichten!“

Selbst Zorn änderte nicht das Wesen der Feen … Ein Tag, ein Monat, ein Jahr bedeutete ihnen nichts. Und so verstrich der Moment, den sie hätten nutzen müssen, um dieses Vorhanden in die Tat umzusetzen. Menschen vergessen schnell – was sie nicht sehen oder woran sie nicht (mehr) glauben, existierte gelinde gesagt für sie einfach nicht. Der Lebensraum der Feen schwand … der Einfluss der Menschen auf diese Welt wuchs. Aus Holzbauten wurden Steinhäuser, aus Steinwerkzeugen gingen Stahlwaffen hervor. Die mystischen Wesen waren ins Reich der Sagen verbannt. Eine von ihnen handelte von den violetten Sternblumen, in denen winzig kleine Feen schlafen sollten … Wie alle Geschichten hatte auch diese einen wahren Kern – Klerus und Seiketsu mussten ihr Volk beschützen, also verwandelten sie sich in fingergroße, geflügelte Gestalten, die aus der Entfernung nur für einfache Insekten gehalten wurden. Aber wo einmal dunkle Gefühle auf nährenden Boden gefallen war, da keimte die Saat und Blumen des Hasses sprossen in der Seele des Feenkönigs … Seine Königin bekam eine neue Seite ihres Liebsten zu Gesicht – eine kalte, abweisende Art, die ihr das Herz brach. Dies sollte allerdings erst der Anfang vom Ende sein …

In einer gar schicksalhaften Nacht betrat ein junger Mann jenen Wald, in dem das Königspaar mit seinem Hofstaat lebte, und betrachtete die leuchtend Sternblumen höhnisch. Keiner aus seiner Generation glaubte mehr an die alten Geschichten, daher wollten sie den Alten ihres Dorfes beweisen, dass diese genau das waren – Legenden aus längst vergangenen Zeiten. Ohtah bückte sich, um eine Blume zu pflücken, da schoss mit einem Mal ein greller Lichtpunkt aus der Blüte hervor. Vor Schreck wich Ohtah einen Schritt zurück. Im Grunde lächerlich, konnte es dich hierbei wohl bloß um ein Glühwürmchen handeln … Falsch gedacht, denn das Licht schwoll an und bildete schlussendlich die Gestalt eines Mannes.

„Wer … wer seid Ihr?“, stammelte Ohtah, plötzlich verängstigt.

Die Augen seines Gegenüber sahen ihn kalt an und entgegnete: „Feenkönig Oberon … Und Ihr habt es nicht nur, unverschämt wie die Menschen sind, gewagt, mein Reich zu betreten … nein, Ihr wolltet es auch noch schänden! Ich werde Euch lehren, die Magie meines Volkes ernstzunehmen!“

In einem Sekundenbruchteil war Klerus zu Ohtah getreten und hatte ihm die flache Hand auf die Brust gedrückt, augenblicklich breitete sich graue Farbe über dessen Leib aus … er wurde zu Stein verwandelt! Von dem manischem Lachen, das aus seiner Kehle drang, alarmiert, erschien Seiketsu am Ort des Geschehens.

Sichtlich geschockt über den Anblick wollte sie von ihrem Mann wissen: „Kle-Klerus, was … was hast du getan?“

„Ich beschütze nur meine Untertanen vor dieser Bestie!“, erwiderte er scharf.

Fassungslos starrte Seiketsu ihn an und meinte voller Trauer: „Das bist nicht du … Der Mann, in den ich mich verliebt habe, ist gütig - ein weiser Herrscher.“

Und sie sollte recht behalten – von jenem Moment an, war Klerus verändert … Eine Finsternis hatte von ihm Besitz ergriffen, die sich mit der kommenden Zeit sogar auf die anderen Feen seines Volkes übertrug. Wann immer ein Mensch das Pech hatte, einem von ihnen zu begegnen, quälten die Feen sie auf grausamste Weise. Seiketsu selbst floh unterdessen, nachdem sie viele Jahre erfolglos versucht hatte, ihren Geliebten zurück zum Guten zu bewegen – sie war die einzige, die von jener Finsternis verschont blieb –, wenn auch nicht allzu weit entfernt, wollte sie ihn und ihr Volk weiterhin im Auge behalten können … So verging fast ein ganzes Jahrhundert.
 

Sie starrte in das dichte Unterholz. Warum nochmal war sie hierher gekommen? Aus einem der lächerlichsten Gründe, die man sich überhaupt nur vorstellen konnte … Wegen eines verdammten Traums! Kein Traum in dem Sinne, dass sie etwas erreichen wollte, dass sie sich ein Ziel gesteckt hatte – nein, nächtliche Bilder und eine Stimme, die während des Schlafs zu ihr gesprochen, ihr zu kommen befohlen hatte. Es war eine männliche Stimme gewesen, die sie in wachem Zustand noch nie zuvor gehört hatte … doch nicht zum ersten Mal im Traum. Seit sie sich erinnern konnte, träumte sie immer wieder von dieser Stimme, die mal in ganzen Sätzen zu ihr sprach oder auch einfach nur ihren Namen rief. Kurzum es blieb lächerlich der Stimme zu folgen … dennoch stand sie nun am Waldrand und spähte hinein. Trotz der nächtlichen Stunde, die nur durch das fahle Licht des Vollmondes erhellt wurde, erspähte sie am Boden die zahlreichen Sternblumen. Eine kalte Windböe pfiff, ließ die Blätter in den Baumkronen rascheln und trieb sie vorwärts. Ein Schaudern ergriff sie, als sie die erste Sternblume passierte – jahrelang hatte man ihr die Geschichten um die grauenhaften Wesen erzählt, die darin wohnten … Feen, die herzlos alle Passanten quälten, die sich hier verirrten. Doch trotz dieser schmerzhaften Aussichten war sie her gekommen. Für einen Moment gewann die Angst die Oberhand und sie wich ein paar Schritte zurück, fort von diesem verfluchten Ort … Da entdeckte sie etwas, das eben noch nicht da gewesen war – ein kleiner, blauer Lichtpunkt, der in der Ferne schwebte. Neugier vertrieb die Angst, Neugier und die Sehnsucht nach jener Stimme, die sie überhaupt erst an jene Stelle geführt hatte. Zwanghaft ging sie weiter – ohne zu bemerken, dass sie nicht länger allein war. Dafür spürte sie mit jedem Meter, wie Kälte in ihre Gliedern fuhr und eine dunkle Vorahnung wuchs in ihr – dies war kein Ort für Menschen. Plötzlich trat sie auf eine vom Mondlicht beschienene Lichtung. Augenblicklich erstarrte sie bei dem Anblick, der sich ihr bot. Vor ihr stand die Statue eines jungen Mannes. Sie kam näher, um ihn genauer zu betrachten – sein Antlitz zog sie beinahe magisch an. Es erschien ihr, als wäre er es gewesen, nach dem sie sich ihr ganzes Leben lang gesehnt hatte, den sie hatte treffen wollen … treffen musste. Aus einem Impuls heraus, griff sie nach seiner steinernen Hand … Und staunte nun noch mehr, als bereits zuvor – ein bröckelndes Geräusch veranlasste sie dazu, aufzuschauen und sah mit einem Mal in unendlich dunkle Augen. Wie nur konnte das möglich sein? Auch der Rest seines Gesichtes und die Hand in ihrer waren nicht länger aus Stein!

„Du bist es, du bist hier … Shiko.“, flüsterte er beinahe ungläubig.

Kaum, dass ihr eigener Name über seine Lippen gekommen war und sie verstand, dass es seine Stimme gewesen war, welche sie gerufen hatte, kannte sie ebenso seinen: „Ohtah …“

Ein warmes Gefühl stieg in beiden auf, jetzt da sie einander vollends erkannten. Die Welt um sie herum verschwand – einzig der Blick des anderen bedeutete mehr etwas und die unauslöschliche Verbindung ihrer Seelen durch alle Zeiten. Aber schon in der nächsten Sekunde legte sich ein Schatten über Ohtah´s Gesicht.

„Verzeih´ mir, Geliebte, doch es geht nicht …“, brachte er schwer heraus und drückte Shiko fest an sich, „Wir können in diesem Leben nicht zusammen sein, denn vor langer Zeit kam ich her, sah die Sternblumen blühen und ich habe gelacht … über das, was man sich über sie erzählt. Und habe damit mein dunkles Schicksal besiegelt – eine Fee verwandelte mich in Stein und weder Schwert noch Zauber kann mich befreien. Mir ist nur einmal in tausend Jahren gewährt, eine einzige Nacht als Mensch zu erleben. Wenn dann jedoch das erste Licht des Tages diese Lichtung berührt, werde ich wieder leblos und kalt … Das ist mein Fluch!“

Tränen sammelten sich in ihren Augen. Verzweiflung überflutete sie. So zogen die Stunden über beide hinweg, während Shiko in Ohtah´s Armen ruhte. Sie sprachen darüber, wie ihr Leben unter anderen Umständen verlaufen wäre – dieser Streich, der sie entzweien würde, war eine furchtbare Strafe, für ein Verbrechen, das gar nicht wirklich von ihnen selbst begangen worden war.

„Wir werden uns wiedersehen …“, flüsterte Ohtah nahe an ihrem Ohr.

Shiko wollte kein Versprechen darauf, ihm in einem anderen Leben erneut zu begegnen … trotzdem nickte sie stumm. Es schmerzte sie zu sehr – die Aussicht ihn in diesem Feenwald zurücklassen zu müssen …
 

Obwohl sich Shiko mit aller Macht dagegen zu wehren versucht hatte, musste sie der Schlaf letztendlich dennoch übermannt haben. Als sie die Augen öffnete, lag die Lichtung in hellem Sonnenlicht. Sie spürte den harten Untergrund – ohne ihn anzusehen, wusste Shiko, was geschehen war … Ohtah war erneut zu Stein geworden. Die Tränen hatten rote Spuren auf ihren Wangen hinterlassen, die von der neuerlichen, salzigen Berührung brannten. Schwerfällig erhob sich Shiko, ihre Beine wollten sie nicht recht tragen. So schleppte sie sich zum Waldrand zurück, den Blick nach vorn gerichtet mit einem dumpfen Stechen in der Brust - denn ihr Herz hatte Shiko in den Tiefen des Feenwaldes zurückgelassen …

Gerade da sie auf Höhe der letzten Sternblume verharrte, rief es: „Bitte, haltet ein!“

Erschrocken wirbelte Shiko herum und sah sich einer grazilen, jungen Frau gegenüber, deren braunes Haar beinahe bis zum Boden reichte. Ihre Augen funkelten geheimnisvoll, doch in ihnen lag keine Niedertracht.

„Wer seid Ihr?“, wollte Shiko wissen, „Oder … was seid Ihr?“

Zwar war die Fremde auf den ersten Blick von menschlicher Gestalt … allerdings liefen ihre Ohren spitz zu, ihre Glieder samt dem Rumpf wirkten länger gezogen.

Sie lächelte und hob die leeren Hände, während sie antwortete: „Es besteht kein Anlass für Euch, Euch vor mir zu fürchten. Mein Name lautet Seiketsu … Euch vielleicht eher bekannt als >Feenkönigin Titania<, Gemahlin von Klerus – dem >Feenkönig Oberon<.“

Trotz ihrer beschwichtigenden Worte, erschrak Shiko zunächst, dann besann sie sich: „Ich heiße Shiko. Ihr … Ihr wirkt so anders, als es von Eurem Volk heißt.“

Seiketsu war eine Fee … und dennoch wirkte sie so freundlich, gar gütig, aber gleichzeitig auch irgendwie verzweifelt – all diese Gefühle spiegelten sich nun in ihrer Stimme: „Oh ja, das ist eine sehr traurige Geschichte … über Euren Liebsten und meinen Gemahl. Ich werde Euch alles erzählen, so werdet Ihr verstehen. Alles begann vor vielen Jahrzehnten …“

Gebannt lauschte Shiko, wie Seiketsu ihr von jener Nacht berichtete, in der Ohtah und Klerus einander begegnet waren.

„Feen lieben nur ein einziges Mal in ihrem schier unendlichen Dasein … Ohne Klerus bin ich ebenso verflucht wie dieser Junge.“, schloss die Braunhaarige ihre Erzählung.

Voller Mitgefühl umarmte Shiko sie. Kein Deut Zweifel regte sich in ihr. Sie wollte Seiketsu glauben … Vor allem jetzt, da sie ihre Gefühle ebenso verspürte – von dem Menschen getrennt zu sein, den man am meisten liebte, schmerzte auf eine tiefere Art, als jede körperliche Verletzung.

„Hört mich an – Ihr seid nunmehr meine letzte und einzige Hoffnung!“, beschwor Seiketsu sie.

Etwas verständnislos löste sich die Rothaarige von ihr und sie entgegnete: „Ohtah sagte, nichts könnte den Bann brechen – weder Schwert noch Zauber!“

„So ganz stimmt das nicht. Weder Gewalt noch gewöhnliche Magie können etwas dagegen ausrichten, das ist wahr … doch jeden Fluch kann man brechen – nichts ist stärker als wahre Liebe!“, meinte die Königin überzeugt und richtete ihren Blick in die Tiefen des Feenwaldes, „Allein mag es mir nicht gelungen sein, Klerus von der Finsternis zu befreien … aber bin ich ihr auch nicht erlegen. Ich bin ganz sicher, das liegt an unserer Liebe!“

So klein die Chance wäre – Shiko würde jedes Quäntchen Hoffnung ergreifen, wenn dadurch Ohtah gerettet werden könnte! Gemeinsam kehrten die beiden zu jener Lichtung zurück. Shiko´s Körper begann zu erbeben – letzte Nacht hatte sie sich bereits gefürchtet, dieses Mal war es weitaus schlimmer. Seiketsu berührte sie an der Schulter, gab ihr einen sanften Anstoß. Zaghaft ging Shiko zu Ohtah und griff erneut nach seiner Hand. Sie betrachtete jede Facette seines Gesichts, bis sie bei seinen Augen angelangt war. Mehr als irgendetwas sonst auf dieser Welt wünschte sie sich ihre Tiefe zurück …

„Ich liebe dich, Ohtah … Das habe ich schon immer getan und werde es für alle Ewigkeit tun. Du hast mir versprochen, wir würden uns wiedersehen … in einem anderen Leben, aber ich will dich jetzt bei mir haben! Ich flehe dich an … komm´ zu mir zurück …“, sprach Shiko zu ihm und berührte seine Lippen mit ihren eigenen.

Der Kuss war kalt, hart … anfangs. Dann jedoch erwiderte Ohtah ihn und presste sie fest an sich.

Als sie einander ansahen, war es diesmal der Schwarzäugige, der weinte, und nur ein einziges Wort bahnte sich seinen Weg: „Wie?“

„Ein Kuss wahrer Liebe kann wirklich jeden Fluch brechen …“, erklärte Seiketsu lächelnd.

Erst jetzt bemerkte Ohtah sie und bugsierte Shiko rasch hinter sich, aber diese sagte: „Es ist alles in Ordnung. Seiketsu ist unsere Freundin – nur ihretwegen konnte ich dich retten.“

Perplex hörte Ohtah zu, was es mit der ganzen Situation auf sich hatte, und wollte anschließend wissen: „Ich schulde Euch demnach Dank, Königin Titania. Was ich allerdings nicht begreife – weshalb konntet Ihr König Oberon bislang nicht erlösen?“

Dieser Gedanke war Shiko ebenfalls bereits gekommen, wollte ihn jedoch nicht aussprechen.

Seiketsu seufzte schwer: „Von jenem Tag an kam ich nicht mehr an ihn heran ... Und als die Finsternis übermächtig wurde, bin ich geflohen. Deshalb habe ich auf eine Gelegenheit wie diese gewartet – nun da Ihr frei seid, Ohtah, ist die Finsternis geschwächt und ich kann Klerus erreichen.“

„Dann gehen wir sofort zu ihm!“, bestimmte Shiko euphorisch.

Beseelt davon, mit Ohtah wiedervereint zu sein, wünschte sie sich dieses Glück auch für Seiketsu und Klerus. Die Feenkönigin öffnete den Mund zum Sprechen, da versank der Wald urplötzlich in nächtlicher Dunkelheit – nur ohne Gestirne am Firmament. Die Sternblumen schienen zu glühen …

„Ihr habt also Sehnsucht nach mir …“, durchdrang eine schneidende Stimme den Wald, „Doch statt den Platz an meiner Seite wiedereinzunehmen … verbrüdert Ihr Euch mit dem Feind.“

Klerus trat zwischen den Stämmen der Bäume hervor. Von überall her hörte man hämisches Lachen – er war in Begleitung der anderen Feen.

„Es stimmt – ich habe Shiko geholfen, Ohtah zu erlösen. Für Euch, mein Liebster! Seht Ihr denn immer noch nicht, wie sehr Ihr und unser Volk sich verändert hat? Wir sind die Kinder der Lichtalben, den Erstgeborenen unserer Göttin Gäa.“, redete Seiketsu auf ihn ein, während sie auf ihn zuging.

Schatten bewegten sich zwischen den Bäumen. Ohtah nahm eine Habachtstellung ein, um Shiko beschützen zu können.

Unbeeindruckt von ihren Worten keifte der Feenkönig zurück: „Überlasst diese Menschen uns und ich lasse Euch aufgrund unserer Verbindung ziehen.“

Einmal war sie bereits geflohen … hatte ihren geliebten Mann verlassen, im Stich gelassen. Beinahe ein Jahrhundert lang hatte sie gewartet … Nicht, dass sie Shiko und Ohtah jemals der Folter ihrer Artgenossen überlassen würde … Sie ging zu ihm. Und auf einmal schöpfte die Braunhaarige neue Hoffnung, denn Klerus breitete seine Arme aus, um sie zu umarmen. Doch kaum stand sie direkt vor ihm, legte er seine Hände um ihren Hals, hob sie hoch und drückte zu. Alles in ihr schrie, sie strampelte, ruderte mit den Armen. Shiko wollte ihr zu Hilfe eilen, aber Ohtah hielt sie fest – ihm war nicht entgangen, dass die Dutzende Feen, welche sie umzingelten, immer näher gekommen waren. Der Blick ihrer strahlend blauen Augen suchten den seinen. Hass schlug ihr entgegen, der ihren Widerstand brach … Klerus presste seine Finger noch fester in ihr Fleisch und Seiketsu´s Bewegungen schliefen ein, ihr Kopf hing nach vorne geneigt. Triumphierend löste er die Umklammerung – sie fiel Richtung Boden. Als ihr Gesicht das seine passierte, streiften ihre Lippen flüchtig seinen Mund. Die Zeit blieb für einen Moment stehen … Schneller, wie es für einen Menschen überhaupt möglich gewesen wäre, fing Klerus Seiketsu in ihrem Sturz auf und bettete ihren leblosen Körper in seinen Armen.

„Liebling, was … was habe ich nur getan?“, murmelte er geschockt, „Ich wusste, was ich tat … und gleichzeitig auch nicht. Vergebt mir … Ich liebe Euch, Sei! Oh, Gäa, bitte … bitte …“

Ohne auf eine Antwort der Göttin zu warten oder vielleicht hoffte er, dass das Resultat seiner Tat die Antwort auf sein Flehen wäre – Klerus küsste Seiketsu. Die zum Gebet gefaltet, beobachtete Shiko das Geschehen, während Ohtah die Feen im Auge behielt – manche von ihnen hielten sich den dröhnenden Kopf, andere waren ohnmächtig geworden oder schrien wie von Sinnen. Seiketsu hatte recht gehabt – nichts würde jemals stärker sein, als wahre Liebe … Und auch nicht der Tod – oder der Beinahe-Tod … Schwerfällig hoben sich Seiketsu´s Lieder, sie blinzelte mehrfach. Shiko stieß einen Freudenschrei aus.

„Sei, mein Liebling … Ihr lebt ...“, hauchte der Blonde vollkommen fertig.

Ein kaum merkliches Lächeln schlich sich auf ihre Züge, während sie sanft nickte.

„Es tut mir leid … Ich … ich habe keine Ahnung, wie das alles geschehen konnte. Dieser unbändige Zorn hat mich nicht mehr losgelassen. Ich war … verloren, gefangen.“, fuhr er fort, „Vergebt mir, bitte, vergebt mir … Ich habe Euch angegriffen, Euch fast getötet …“

Seiketsu legte Klerus einen Finger auf die Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen, ehe sie erwiderte: „Ihr seid erlöst, dafür hätte ich gern mein Leben gegeben. Aber ich bin nicht tot … Und unser Volk auch nicht. Wir … wir sollten dieses Kapitel einfach hinter uns lassen und neu anfangen. Dort, wo wir wirklich hingehören – dies ist nicht unsere Welt, war es nie.“

Klerus hatte Seiketsu als seine Königin erwählt, weil er seit jeher in sie verliebt gewesen war … doch ihre Intelligenz, ihr Mitgefühl und ihr Charme machten sie zu einer wahren Königin. Die Erde war nicht ihre Heimat … Einst waren die Feen aus Albenmark auf die Erde gekommen, weil die Menschen auf eines der magischen Weltentore gestoßen und die magiebegabten Wesen, um Hilfe gebeten hatten. Klerus und Seiketsu waren bereits hier geboren worden, aber ihre Eltern hatten noch in der von Gäa selbst erschaffen Welt gelebt. Es war an der Zeit dorthin zurückzukehren …

Auf ihren Wink hin traten Shiko und Ohtah an Seiketsu´s Seite, die sie glücklich anlächelte und sagte: §Shiko, ich habe Euch so viel zu verdanken! Ohne Eure Liebe wäre Klerus wohl für alle Zeit verloren in der Finsternis gewesen … Bitte grollt ihm nicht, Ohtah.“

„Ohne den Fluch wäre ich Shiko niemals begegnet … Also vergeben und vergessen.“, brummte Ohtah etwas verlegen, woraufhin ihm Klerus dankbar die Hand schüttelte.

Anschließend schlug der Feenkönig vor: „Sagt, möchtet Ihr nicht mit uns nach Albenmark kommen und bei uns im Feenreich leben?“

Sie tauschten überraschte Blicke, die allerdings Bände sprachen …
 

Für jedes Problem, dem Shiko, Ohtah, Seiketsu und Klerus bislang in all ihren Leben begegneten, konnten sie letztendlich eine Lösung finden. Denn wahre Liebe kann bekanntlich jeden Fluch brechen!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ein wenig ist der ewige Zyklus ja angedeutet, aber ebenso gut könnte es unabhängig von den anderen Werken betrachtet werden.
Ich wollte dem traurigen Ende unbedingt ein Happy End verleihen, weil ich dieses Lied unglaub berührend finde! Komplett anzeigen

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