"Ist das nicht absolut großartig?" Izumi strahlte über das gesamte Gesicht. "Hätte man mir das vor drei Jahren noch gesagt, ich hätte denjenigen ausgelacht."
Junpei verzog leicht das Gesicht. "Hey, wie gemein..."
Izumi lachte und zog Junpei dann in eine Umarmung. "Scusi, Junpei. Ich hab's nicht so gemeint..."
Junpei lief rot an und nuschelte etwas davon, dass er doch niemals wütend auf Izumi sein könnte. Die Anderen lachten.
Alle sechs Digikrieger hatten sich wieder einmal zu einem gemeinsamen Treffen verabredet. Seit sie vor drei Jahren aus der Digiwelt zurückgekehrt waren, trafen sie sich mindestens einmal im Monat. Eine Tradition, die sich nicht so leicht brechen ließ. Für das heutige Treffen im Eiscafe gab es allerdings einen besonderen Anlass. Izumi und Junpei hatten verkündet, dass sie nun doch tatsächlich zusammen waren. Jetzt saßen sie mit ihren Freunden hier, aßen Eis und feierten das Ganze. Die Anderen freuten sich.
Auch Takuya grinste breit und lachte, doch innerlich war er nicht ganz so fröhlich. Wie konnte er sich denn auch freuen, wenn sein eigenes Glück außer Reichweite war? Sein Blick glitt unauffällig rüber zum Älteren der Zwillinge. Kouichi saß wie meistens ruhig da, lächelte, aber sagte nicht wirklich viel. Schon lange war Takuya in ihn verliebt. Solange, dass er gar nicht mehr wusste, wie lang. Aber es hatte vermutlich schon in der Digiwelt begonnen. Etwas gesagt oder sich anmerken lassen, hatte er nie. Wieso hätte er denn auch? Er wusste nicht, ob Kouichi überhaupt Interesse am gleichen Geschlecht hatte, doch mit Sicherheit würde Takuya nicht nachfragen. Nichts wäre für ihn schlimmer gewesen, als das Kouichi wegen so was nachher noch den Kontakt abbrach. Da blieb der ehemalige Träger des Feuerspirits lieber stumm und gab sich damit zufrieden, Kouichi aus der Ferne zu betrachten und sich über jede zufällige Berührung zu freuen.
"Takuya, was sagst du denn dazu?"
Tomokis Stimme riss ihn aus den Gedanken. Kurz blinzelte Takuya. Alle blickten mittlerweile zu ihm und so hatten sich für den Bruchteil einer Sekunde auch seiner und Kouichis Blick getroffen. Dann schaute Takuya allerdings in die Runde, versuchte sein höher schlagendes Herz zu ignorieren. "Ähm, worum geht's?"
"Wo hast du denn schon wieder deinen Kopf gehabt?", seufzte Kouji leicht genervt. "Wir wollen uns nächsten Sonntag im Park treffen. Zum Picknick."
"Genau.", pflichtete Izumi bei. "Das Wetter soll gut sein und ein Picknick ist auch was Tolles. Also, was sagst du?"
"Ähm, klar, warum nicht?" Takuya lächelte munter. Wenn sie alle zusammen picknickten, dann hieß das, dass er Kouichi auch schneller wieder sah, als gedacht. Ein wundervoller Gedanke. Kurz hatte er ein Bild im Kopf, wie alle im Park waren. Kouichi lehnte im Schatten eines Baumes und er selbst hatte seinen Kopf auf Kouichis Schoß platziert. Ein schönes Bild, das er jedoch schnell aus seinem Kopf vertrieb. Solche Gedanken waren nicht gut im Beisein anderer Leute, insbesondere Kouichi selbst. Takuya versuchte sich, auf das Gespräch zu konzentrieren. Offensichtlich teilte Izumi gerade ein, wer was zum Picknick mitbringen sollte. Takuya schaltete sein Gehör wieder halb auf Durchzug, schaute stattdessen wieder unauffällig zu Kouichi. Warum nur musste Liebe so grausam sein?
Es war nicht lange danach, dass sich das Treffen auch auflöste und jeder seinen eigenen Weg ging. Takuya schritt langsam die Straße entlang, als hastige Schritte ihn aufblicken ließen. Kouji kam neben ihm zum Halt, war ihm nachgelaufen.
"Kouji, ist noch was?", fragte Takuya verwirrt.
Der Langhaarige schüttelte leicht den Kopf. "Sollte was sein? Wollt dich nur noch ein Stück begleiten. Problem?"
Takuya zuckte die Schultern. Gegen etwas Gesellschaft hatte er nichts und er musste auch zugeben, dass es nicht das erste Mal war, dass Kouji ihn ohne Begründung begleitete, obwohl es einen Umweg darstellte. Meistens im Schweigen. So auch jetzt. Zumindest für eine Weile.
Dann blieb Kouji einfach stehen. Takuya tat es ihm leicht verwundert nach. "Was ist, Kouji?"
Kouji schaute etwas nachdenklich, vielleicht auch etwas nervös drein. "Sag mal... Wie stehst du eigentlich zu... zu Schwulen...?"
Takuya blinzelte kurz. "Eh?" war das erste, was er dazu sagte, ehe mehr kam. "Wie soll ich schon dazu stehen? Jeder, wie er will, oder?"
Kouji nickte langsam. "Auch... wenn einer deiner Freunde schwul wäre?"
Langsam machte es bei Takuya Klick und er wusste, was Kouji ihm sagen wollte. Langsam ging er auf ihn zu, legte ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte. "Kouji... Ich wäre der Letzte, der ein Problem damit hätte. Ich bin genauso wie du."
Nun war es an Kouji, überrascht zu schauen. "Ernsthaft?"
Takuya nickte. "Ernsthaft. Ich bin schwul."
Kouji atmete erleichtert aus. Ihm war anzusehen, dass damit eine gewaltige Last abgefallen war. "Du, ähm... du hast aber keinen Freund, oder?", fragte er dann aber, wenn auch wieder sichtlich nervöser.
Takuya schüttelte leicht den Kopf. "Nee, bin Single...", sagte er langsam. Er ahnte, in welche Richtung das Ganze nun ging. Und Koujis nächste Frage bestätigte ihm das.
"Willst du's... vielleicht mal versuchen... mit mir?"
"Ehm..." Takuya schluckte. Er wusste nicht wirklich darauf zu antworten. Kouji war sein bester Freund. Er mochte ihn, ja, aber lieben tat er wen anders. Wobei nun, wo sie sich so nahe gegenüber standen und Takuya seit langem Kouji mal wieder richtig betrachtete, deutlich wurde, wie sehr sich die Brüder doch ähnlich sagen. Die Gesichtszüge waren beinahe dieselben, wenn auch Kouichis etwas sanfter und weicher waren. Die kurzen Strähnen vor den Ohren waren auch fast gleich, doch der Rest der Haare unterschied sich. So ähnlich und doch so verschieden... Doch selbst wenn Takuya die Ähnlichkeiten sehen wollte, waren da nur die Unterschiede. Er liebte Kouichi und das schon solange. Warum dann musste es Kouji sein, der sein Interesse anmeldete?
"Ehrlich gesagt habe ich nie darüber nachgedacht...", sagte Takuya langsam. "Ich weiß auch nicht, ob das wirklich funktionieren kann..." Takuya sah schon, wie Kouji bedrück zu Boden sah. "Aber man kann es ja mal miteinander versuchen." Kouji blickte wieder auf. Takuya sah verlegen zur Seite. "Ich weiß nur echt nicht, ob das wirklich funktionieren wird und ich will dich wirklich nicht als Freund verlieren... Also..."
"Wenn es nicht funktionieren sollte, können wir doch einfach wieder zurück zu Freunden gehen, oder?", fragte Kouji hoffnungsvoll.
"Eigentlich schon...", meinte Takuya.
"Dann..." Kouji verringerte noch etwas den Abstand zwischen ihnen. "versuchen wir es?"
Takuya lächelte leicht und nickte schließlich. "Versuchen wir es..."
Und damit ließ er sich von Kouji in einen tiefen Kuss ziehen.