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Etwas Banales, wie Einkaufen

Fertiggerichte und andere Lebensmittel
von

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Einmalige Aktion

Sherlock stand mit einer unbeweglichen Miene in der Obstabteilung des Supermarktes. Wie konnte ihm das nur passieren? Wie konnte er überhaupt zustimmen? Freiwillig, auch noch?!! Sherlock Holmes hatte sich selbst in diese grauenhafte Situation gebracht. Der Consultingdetektiv, Meister der Deduktion und selbsternanntes Genie ging der banalen Tätigkeit des Einkaufens nach, war das zu fassen?
 

John trat neben Sherlock. „Was starren sie so vor sich hin?“ Sherlock holte tief Luft und ließ den Blick über die Menschen hier gleiten. „Das hier ist nicht in meinem Sinn!“ John betrachte eingehend ein paar Äpfel und wählte unter den Früchten jene, die er kaufen wollte. „Sie sagten, dass Sie Langeweile hatten und ich habe Ihnen nur angeboten mich zu begleiten. Selber schuld!“ Sherlock beobachte John bei der Auswahl der Früchte. „Sie haben mir einen schweren geistigen und teils auch körperlichen Kampf versprochen. Und nicht so etwas Banales wie Einkaufen!“ John lachte nur leise und betrachte einen Apfel eingehender. „Aber genau das ist es am Freitag einkaufen zu gehen, warten Sie nur ab.“ Sherlock rollte genervt mit den Augen. In was für eine Situation hatte er sich nur gelenkt. Nun musste er seinen Nacken wohl unter dieses grauenvolle Joch beugen. Sherlock begann damit die Menschen in dieser Abteilung genauer zu betrachten und zu analysieren. Gewöhnliche Menschen. Langweilig. Uninteressant.
 

„Miss Hooper!“ rief John überrascht aus. Sherlock wandte sich um und erblickte Molly, die mit einem Korb unter dem Arm neben den beiden Männern erschienen war. „Oh Dr. Watson und oh, Sie auch hier Mr. Holmes? Das ist aber eine… eine schöne Überraschung.“ die junge Frau aus der Pathologie des St. Barths College sah etwas verlegen zu Sherlock.

„Was machen sie denn hier Molly?“ Sherlock stöhnte bei Johns Frage genervt. „Einkaufen, das ist doch offensichtlich, John!“ John räusperte sich und setzte ein etwas künstliches Lächeln auf. „Das sagt man nun einmal so, Sherlock. Das ist höflich.“ Sherlock hingegen wirkte wenig beeindruckt von dieser Entgegnung. Molly lächelte die beiden nervös an. „Ist schon ok... ich verstehe das schon.“ stammelte die junge Frau. John war sich in diesem Moment allerdings nicht sicher wem Mollys Worte galten, ihm oder Sherlock.
 

Sherlock begann nun mit gekonnten Blicken Molly und ihren Einkauf zu betrachten. „Interessant: Sie haben Erdbeeren gewählt. Die großen, alle wohl geformt und nicht gerade billig. Wussten Sie, das solche perfekten Erdbeeren in einigen Kulturen als Aphrodisiakum gelten würden?“ Sherlock sah nun neugierig zu Molly und John. Molly wurde rosa um ihre Nase und lachte fahrig. Sie war nicht in der Lage darauf zu antworten, im ersten Moment. „Sherlock...!“ knurrte John durch seine Zähne. „Sie bringen Miss Hover in Verlegenheit!“ Sherlock sah Stirn runzelnd zu John. „Weshalb? Ich habe lediglich Fakten preisgegeben.“ Molly räusperte sich nun vernehmlich. „Die… die sind nur für einen Kuchen... also die Erdbeeren. Wenn sie alle gleich aussehen, dann sieht der Kuchen am Ende besser aus.“ Sherlock musterte die Frau erneut, sagte jedoch nichts weiter. „Ah ein Kuchen. Lecker! Ich hätte nichts gegen einen Erdbeerkuchen einzuwenden.“ meinte John und lächelte Molly eine Weile an. „Oh naja wenn etwas übrig bleibt, kann ich Ihnen und Sherlock gerne etwas abgeben.“ sagte Molly freundlich.
 

Zu Sherlocks größtem bedauern setzte die junge Frau ihren Einkauf nun gemeinsam mit den beiden Männern fort. Dies musste wohl an den gesellschaftlichen Konventionen liegen oder es lag einfach daran das der Mensch angeblich immer die Nähe seiner Mitmenschen suchte. Sherlock hatte sich noch nie als ein sogenanntes zoon politikon* verstanden. Mollys mädchenhaftes Gekicher drang an die Ohren des Privatdetektivs. Sherlock stöhnte gequält. „Oh ja, wir haben alle Spaß bei diesen banalen Dingen und nutzen nie unseren Verstand…“ brummte Sherlock Holmes gereizt während er langsam Molly und John folgte. Die beiden tauschten sich über die Dinge in den Supermarktregalen aus, während Sherlock immer wieder seine Mitmenschen analysierte. Sie waren so ermüdend langweilig, dass die Analyse nur wenige Sekunden brauchte. In der Hoffnung, dass John ihm etwas mehr Abwechslung bot, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Arzt und die junge Frau. Beide führten gerade ein Gespräch über die Vorzüge von Fertignahrung.
 

„Naja für jemanden, der nicht kochen kann und auch wenig Zeit hat, ist es ein sehr gute Alternative.“ sagte Molly und stimmte damit Johns vorhergehender Bemerkung über die Produkte zu. Sherlock trat näher an die beiden heran und ließ den Blick über das Regal gleiten. Er empfand es schon als beeindruckend, wie viele Fertiggerichte es gab. Der Detektiv war noch nie ein großer Fan von diesen Nahrungsmitteln gewesen. Lieber hungerte er, als sich mit Hilfe von Wasser und der Mikrowelle Nudeln mit Fleisch zu erschaffen. Wer glaubte denn bitte schön, dass dieses Zeug eine Alternative zur normalen englischen Küche sein konnte? Widerlich. Sherlock warf einen raschen Blick in den Korb von John. Entsetzlicherweise musste er feststellen, dass sein Mitbewohner genau dieses Zeug in den Korb gelegt hatte. „Sie wissen, wie schädlich diese Fertiggerichte sind, oder?“ fragte der Detektiv vorsichtshalber. John hatte sicher nur wieder einmal seinen Verstand nicht gebraucht, denn immerhin war er doch Arzt und musste daher die Gefahren von diesem Zeug kennen. „Sie übertreiben, Sherlock.“ meinte John nur gelangweilt. „Ich übertreibe keineswegs. Haben Sie sich einmal die Zusammensetzung von diesen Lebensmitteln angeschaut? Auf Dauer ist es äußerst schädlich für den Körper.“ Molly warf einen flüchtigen Blick auf die Rückseite von dem Fertiggericht welches sie noch in ihrer Hand hielt. „Und außerdem, lässt es einen dick werden. Diverse Herz und Gefäßerkrankungen wären die Folge.“ während Sherlock dies erzählte, sah er äußerst intensiv Molly an. Wieder wurde ihr Gesicht rosa. „Zudem denke ich nicht, dass Sie damit ihr Date heute Abend beeindrucken können, Molly. Dafür sollten sie wohl besser richtig kochen.“ John starrte Sherlock entsetzt an und wandte sich eilig zu der jungen Frau. Diese wirkte als ob sie gleich ohnmächtig würde. „Sherlock, halten Sie die Klappe. Molly, hören Sie ihm einfach nicht zu, er will sie bloß ein wenig ärgern, weil er sich langweilt.“
 

Sherlock blieb ungerührt. „Warum sollte ich sie ärgern. So etwas tun nur kleine Kinder.“
 

„Was unterscheidet Sie in Ihrem Verhalten von einem kleinen Kind?“
 

Sherlock ignorierte diesen unqualifizierten Kommentar des Doktors. „Einiges, aber dies tut nichts zur Sache im Moment. Ich habe lediglich festgestellt, dass Miss Hooper besser selbst kochen sollte für ihre Verabredung, von der Sie sich zweifellos mehr erhofft, als eine nette Plauderei. Anhand der Erdbeeren, der Kuvertüre welche als Überzug für die Erdbeeren dienen soll und des Champagners in ihrem Korb lässt sich erahnen, dass Miss Hooper heute Abend wohl keinen Besuch eines gewöhnlichen Freundes haben wird. Eher eines Liebhabers. Kennen Sie ihn schon lange, Molly?“ John fuhr sich genervt mit der Hand über das Gesicht. Noch ehe er oder Molly reagieren konnten, sprach Sherlock weiter. „Nein, sie kennen sich noch nicht lange. Der Champagner und auch der Kaviar, welche Sie auf Ihrem Einkaufszettel stehen haben, lassen darauf schließen, dass sie ihn noch nicht lange kennen. Sie wollen ihn beeindrucken und mit diesen kleinen Luxusartikeln für sich gewinnen. Keine schlechte Taktik. Sie zeigen ihm damit Ihre Vorzüge auf und geben ihm damit eine gute Begründung warum er es einmal mit Ihnen versuchen sollte. Ich kann Ihnen zudem Ingwer und Cayennepfeffer als Aphrodisiaka empfehlen, da sie die Versorgung von empfindlichen Körperteilen mit sauerstoffreichem Blut verbessern. Wenn ich mich recht entsinne gab es in einigen asiatischen Hochkulturen-“ John hatte nun genug. „Verdammt, Sherlock es reicht nun!!“ Etwas verblüfft blickte der Detektiv zu seinem Mitbewohner. Molly hingegen räusperte sich, jeder normale Mensch würde erkennen, dass die junge Frau sich verletzt fühlte und nun Trost brauchte. Nicht so jedoch Sherlock Holmes. Das Normale war zu langweilig und schränkte ihn zu stark ein.
 

„Ich glaube ich muss los...tut mir leid, John.“ stammelte Molly nur nervös und sah dabei auf die Uhr. John verstand die junge Frau nur zu gut. „Klar kein Problem. Wir sehen uns sicher mal wieder!“ sagte Dr. Watson und lächelte aufmunternd. Molly erwiderte dieses nur matt. „Mr. Holmes. Schönen Tag noch!“ mit diesen Worten verließ Molly die beiden Männer. Etwas verloren standen die beiden neben dem Regal mit den Fertiggerichten. „Sie sind manchmal unausstehlich, Sherlock!“ brummte John Watson nur. „Was bringt Sie zu dieser Annahme?“ fragte Sherlock mit undurchdringlicher Miene. „Wissen Sie was? Vergessen Sie es einfach. Ich will nur schnell fertig werden.“ John Watson stapfte zur nächsten Regalreihe mit einem Blick der wohl auch den größten Superschurken in Angst und Schrecken versetzt hätte. Sherlock Holmes hingegen schlenderte hinter seinem Mitbewohner her und wirkte eher entspannt, so schnell würde er wohl nicht wieder mit zum Einkaufen gehen müssen.
 

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* zoon politikon = Der Begriff selbst stammt aus der Philosophie und beschreibt den Menschen als ein soziales und politisches Wesen. Aristoteles benutzt den Begriff in seiner Politeia um zu klären warum der Mensch in der Gemeinschaft lebt.



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