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Engelstränen

Ich gehöre euch
von

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Dankbarkeit

„Louise, wachst du auf? Wir wollen Frühstücken gehen!“

Ich blinzele und rolle mich auf die Seite. Nele steht schon fertig angezogen unten und wartet darauf, dass ich wach werde.

Ich reibe meine Augen und murmele: „Wie schaffst du es nur immer, so früh schon wach zu sein?“, murmele ich.

„Was heißt hier früh!?“, ruft Nele in amüsiert-verärgertem Ton. „Es ist schon neun Uhr!“

Ich rolle mich auf den Bauch und strecke mich. „Sag ich ja, viel zu früh. Lass mich noch ne Stunde schlafen…“

„Nix da, um halb zehn gibt’s kein Frühstück mehr!“

Mit einem Mal bin ich hellwach. „Wie, um halb zehn schon nicht mehr!?“

„Ja! Du musst dich beeilen!“ Nele trappelt ungeduldig auf der Stelle herum.

Ich fluche leise und springe aus dem Bett. „Wo sind Alice und Michelle?“

„Bei den anderen aus der Klasse. Wir hätten dich eher geweckt, aber du hast geschlafen wie ein Stein.“

„Die anderen sind beim Frühstück?“, frage ich, während ich ein paar Klamotten aus dem Schrank suche.

„Ja. Ich war früher fertig als sie wollte kurz mal nach dir sehen.“

„Danke.“
 

Zehn Minuten später laufe ich allein zum Frühstück. Nele ist schon vorgegangen, weil sie den Mädels versprochen hatte, so schnell wie möglich wieder zu kommen. Außerdem wäre es, glaube ich, auch ziemlich blöd gewesen, wenn sie die ganze Zeit auf mich warten müsste. Während ich teils renne, laufe, und erschöpft gehe, bereue ich es, meinen Lieblingsrock angezogen zu haben. Er ist schwarz mit weißen Mustern und fällt mir bis zu den Knöcheln. Ich mag es wirklich sehr, der Stoff fühlt sich angenehm an, aber beim Laufen stört es halt. Einen Moment lang wünsche ich mir, der Rock wäre ganz kurz geschnitten, dann schießen mir möglich-peinliche Situationen durch den Kopf und ich verfluche den Wunsch insgeheim.

Generell habe ich meine Kleidung heute sehr ungünstig gewählt. Abgesehen von dem langen Rock, dessen Gummizug meinen gesamten Bauch bedeckt, trage ich ein ärmelloses Oberteil, welches genau da aufhört, wo der Rock beginnt. Es hat eine Kapuze, die mit beim Laufen immer wieder auf den Rücken schlägt, und vorne zwei Bänder, die mir die ganze Zeit ins Gesicht fliegen. Zudem trage ich Stiefel, für Italien viel zu warm, durch die ich jeden einzelnen Stein auf dem Weg spüren kann.

Und der Weg von meinem Bungalow zum Essenszelt ist weit.

Als ich endlich erschöpft ankomme, treffe ich auf Eva und Florian, die gefolgt von Layla das Zelt verlassen. „Wo warst du denn?“, begrüßt Eva mich.

„Hab verschlafen.“

Eva schüttelt den Kopf. „Nee, echt.“ Und geht weiter. Offenbar hat sie es eilig.

Florian dackelt hinterher.

Nur Layla bleibt noch mal kurz stehen um mir freundschaftlich gegen die Schulter zu boxen. „Es gibt warmen Kakao, der steht in der Nähe von unserer Klasse. Beeil dich, um zehn sollen wir beim Bus sein.“

„Jo, danke“, antworte ich und lächele.

Dann geht auch sie.

Als ich ins Zelt gehe, stoße ich auf Finn.

„Hi, wie geht’s“, begrüßt er mich. Das sagt er immer; ich habe noch nie gehört, dass er ein Gespräch mit einem anderen Satz beginnt.

„Ganz in Ordnung, und dir?“, antworte ich höflich.

„Mh, auch.“ Seine Stimme ist leise, fast schon monoton.

Er wartet auf mich, bis ich mir ein Brötchen, etwas Margarine und Marmelade auf meinen Teller geladen habe und folgt mir zu dem Tisch meiner Klasse. Tatsächlich steht bei dem Tisch, an dem nur noch ein paar aus meiner Klasse versammelt sitzen, ein weiterer Tisch mit mehreren Getränken; Orangensaft, Kaffee, Tee und natürlich warmen Kakao. Ich mache mir einen Becher voll mit Kakao und setze mich dann etwas abseits hin.

Finn setzt sich dazu.

Dankbarkeit.

„Hast du schon gegessen?“, frage ich, während ich mein Brötchen in zwei Hälften schneide.

„Ja, ich war fast als erstes hier.“

Ich sehe überrascht auf. „Und du hast die ganze Zeit gewartet?“

Er sieht verlegen zur Seite. Ich muss lächeln. Finn erinnert mich ein wenig an den Hund, den ich in der ersten Klasse als Haustier hatte: Treu, klein, lieb und unglaublich süß. Kurze Haare hatte er auch, allerdings waren seine dunkel. Cammy hatten wir ihn genannt.

Ich beiße in mein Brötchen, obwohl ich nicht wirklich Lust darauf habe. „Schade, dass es hier kein Rührei gibt“, murmele ich zwischen zwei Happen.

„Joa“, macht Finn, „Aber ich glaube, es gibt wechselndes Menü. Hat zumindest mein Vater gesagt.“

Den Rest der Zeit redet Finn über die Spiele, die er spielt, von denen ich aber keine Ahnung habe. Nur manchmal gebe ich einen Kommentar dazu ab.
 

Pünktlich um zehn Uhr sitze ich im Bus neben Layla und warte darauf, dass es losgeht. Heute steht erst einmal eine kleine Führung durch die Innenstadt Roms an. Am Anfang bekommen wir alle eine Karte, auf der das Straßennetz, die Attraktionen und die Treffpunkte verzeichnet sind. Uns wird erklärt, dass wir nach der Führung die Möglichkeit haben werden, selber in kleinen Gruppen ab vier Leuten die Stadt zu erkunden. Wir müssten nur um vier Uhr wieder am Bus sein.

„Schon cool“, meine ich zu Layla, „So allein durch die Stadt laufen zu dürfen.“

„Wir sind ja nicht ganz allein“, korrigiert sie mich, „Wir müssen ja Gruppen bilden.“

Ich nicke nur. Was ich meinte war eigentlich, dass wir nicht von Erwachsenen, die uns die ganze Zeit über kontrollieren und in einen Käfig, ein Muster stecken, das unbedingt eingehalten werden muss, begleitet werden, sondern unseren Weg in unserer Zeit gehen dürfen. Aber das muss ich jetzt nicht mit ihr ausdiskutieren und ich habe ganz ehrlich auch keine Lust dazu.

Hinter uns hat sich Marcel auf der Bank breit gemacht. Muss er dort sitzen? Ich mag es nicht, seinen Blick in meinem Nacken spüren zu müssen, seinen Atem zu hören, seinen Geruch zu riechen. Denn er starrt, statt zurückhaltend zu gucken, er schnauft, statt leise zu atmen, und er schafft es nicht, normal zu riechen, stattdessen stinkt er wie des Teufels Küche. (Sorry, Teufel.)

Ich schließe meine Augen und lehne mich gegen das kühle Fenster. Layla und Marcel beginnen zu quatschen, zu diskutieren, irgendetwas über Schokolade. Layla sucht die ganze Zeit nach einer Theorie, mit der sie das Gespräch beenden kann, während Marcel mit seinem scheinbar unglaublich großen Wissen jedes einzelne mühsam zusammengesuchte Wort von meiner besten Freundin mit einem „Nicht unbedingt“ zerbricht. Ich stehe kurz davor, ihn anzuschreien, er solle doch endlich die Klappe halten, endlich still sein.

Aber ich habe Angst.

Angst davor, ihn zu verletzen.

Weil er sich deswegen wieder etwas antun könnte.

Wegen jeder Kleinigkeit.

Also sage ich nichts

und träume mich stattdessen in ein fernes Land, das nur mir gehört.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, hier, endlich ein neues Kapitel! *keuch* *schnauf*
Es tut mir leid, dass so lange nichts mehr kam, das lagganz einfach daran, dass ich momentan eine unkreative Phase und dazu nicht sehr viel Zeit habe. Ich hoffe einfach mal, das ändert sich bald.
Dieses Kapitel ist nicht sehr lang (sorry) und auch nicht besonders spannend (doppel-sorry), aber ich denke, das nächste wird euch wieder gefallen. Die Sachen, die noch passieren, habe ich zwar erst in groben Zügen in meinem Kopf, aber man darf gespannt sein! ^^ (Und ich hoffe, ich enttäusche eure Erwartungen damit nicht.)
Ich freue mich schon auf eure Kommentare! :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _DrachenBlut_
2014-07-17T08:45:00+00:00 17.07.2014 10:45
Naja, wenn es ruhig ist, ist es ja gut. Wenn auch lagweilig, es darf ja nicht zu viel auf einmal passieren.
Ich denke mal, dass das hier jetzt die "Beruhigungsphase" von den vorherigen Kapiteln ist. Ich bin ziemlich froh, jetzt sowas lesen zu dürfen. Aber die letzten Sätze bereiten mir wieder Sorge.


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