Chairman Meow schnurrte ihm direkt ins Ohr, aber Alec war sich ziemlich sicher, dass es nicht das war, was ihn geweckt hatte. Ebenso wenig wie der Fakt, dass Magnus nicht mehr neben ihm lag. Wenn er eine Nacht damit verbracht hatte, zusammen mit Jace, Izzy und Clary durch die Kanalisation zu kriechen, weckte ihn so schnell nichts.
Magnus hatte sich selbst nach einer ausgiebigen Dusche noch beschwert, dass er nach Abwasser stank, was Alec aber nicht sonderlich beeindruckt hatte. Jetzt ging die Schlafzimmertür auf und ein ziemlich missgelaunter Warlock erschien in seinem Blickfeld. „Dein Parabatai will irgendwas. Rede was von Leben und Tod, aber so schlimm kann es nicht sein, zumindest sieht er lebendig genug aus.“
„Hast du eine Ahnung! Ich bin erledigt, wenn Jocelyn das rauskriegt.“ Jace, sich wie üblich nicht im Geringsten um jedwede Privatsphäre scherend schob sich an Magnus vorbei ins Schlafzimmer. Was diesem sichtbar nicht passte, aber Alec wusste, dass er sich ihm zuliebe zurückhalten würde.
„Hast du Clary geschwängert?“, kam daher nur die spöttische Frage.
„NEIN!“
„Dann hat Jocelyn auch keinen Grund, dich umzubringen.“
Da war Alec sich nicht ganz sicher, aber er stand jetzt doch endgültig auf und suchte sich in den Tiefen von Magnus Kleiderschrank seine Klamotten zusammen. Der rollte mit den Augen, als er ein ziemlich ausgeblichenes, ehemals schwarzes T-Shirt zu Tage förderte. „Darling, ich habe dir schon zehnmal gesagt, dass wir dringend einkaufen gehen müssen.“
„Lass es lieber. Eine Modeverirrung reicht in der Familie vollkommen“, murrte Jace.
„Mich nennst du eine Modeverirrung? Ihr Nephilim müsst alle farbenblind sein...“
„Komisch, dasselbe wollte ich gerade von Warlocks sagen...“ Alec konnte Jace gerade nicht sehen, aber er war sich ziemlich sicher, dass er Magnus ziemlich merkwürdige Kombination von kanariengelber Hose mit glitzerndem violettem T-Shirt herablassend musterte.
„Alec, wenn du nicht willst, dass ich ihn in die Wüste schicke, fragst du ihn lieber schnell, was er jetzt schon wieder angestellt hat.“
Er war von Kleinkindern umgeben. Eindeutig. „Wie wärs, wenn du mir einen Kaffee organisierst?“, fragte er Magnus und schlug die Tür des Kleiderschrankes zu. „Jace, ich glaube das klären wir lieber im Wohnzimmer.“
„Das sieht aber nicht nach Wohnzimmer aus. Eher nach einem Drogenrausch.“
„Die sechziger waren ein großartiges Jahrzehnt!“ Na, Magnus musste es ja wissen.
„Du hast wieder umdekoriert?“
„Er sollte weniger LSD nehmen, oder was auch immer einen Warlock high macht.“
Alec sah Jace warnend an. „Du solltest aufpassen, was du sagst, sonst erlaube ich Magnus noch, dich sonstwo hin zu schicken...“ Bevor Jace antworten konnte, schob er ihn auch aus dem Schlafzimmer und war für eine Sekunde kurz davor, die Drogentheorie klar zu unterstützen.
Es war ziemlich dunkel, nur eine Diskokugel warf glitzernde Lichter auf eine ziemlich zusammengewürfelte Einrichtung, deren Farben selbst in dem schlechten Licht nur als schreiend bezeichnet werden konnten.
Jace hatte seine Gedanken eindeutig erraten, den er warf ihm einen triumphierenden Blick zu. „Was hab ich dir gesagt?“
„Was hast du angestellt?“, fragte Alec anstatt einer Antwort und spürte, wie Magnus von hinten die Arme um ihn legte. Von Kaffee keine Spur.
Jace tat ihm aber immerhin den Gefallen, nicht weiter abzulenken. „Nichts. Wirklich! Ich bin vollkommen unschuldig.“
„Du bist nie unschuldig, Herondale“, war Magnus Meinung dazu und sein Atem kitzelte Alecs Nacken.
„Diesmal schon! Es war Clarys Idee, aber Jocelyn wird mir das nie glauben...“
„Will sie ins Institut ziehen?“ Da wohnte sie sowieso schon halb und jetzt wo sie 18 geworden war, konnte sie das auch ganz offiziell machen.
„Nein... noch nicht.“
Alec war sich sicher, dass Magnus ebenso verblüfft war, wie er selbst, als Jace auf die Knie fiel. „Alec, erweist du mir die Ehre, mein Trauzeuge zu sein?“
„Du hast ihr einen Heiratsantrag gemacht?“, fragte er erstmal nur fassungslos. Kein Wunder, dass er um sein Leben fürchtete. Jocelyn Fairchild würde nie erlauben, dass ihre Tochter heiratete, wenn sie gerade erst volljährig geworden war.
„Nein! SIE hat MICH gefragt!“
„Sicher, dass sie nicht schwanger ist, bei so einer Verzweiflungstat?“ Magnus schien das sehr lustig zu finden. Der Blick, den Jace ihm daraufhin zuwarf war mörderisch. „JA! Ich weiß wie man verhütet und Clary auch.“
„Natürlich werde ich dein Trauzeuge... das beinhaltet wohl, dich bis zur Hochzeit am Leben zu erhalten, oder?“
„Absolut. Clary wird Isabelle fragen. Und dann sagen wird es Jocelyn.“
„Die Verstärkung werdet ihr auch brauchen...“ Magnus war gerade wirklich nicht hilfreich.
„Was ist mit Luke?“
„Er weiß es schon.“
Damit war wenigstens einer dabei, der eine reelle Chance hatte, Jocelyn beruhigen zu können.
„Und ihr könnt nicht einfach noch... zwei Jahre warten?“, fragte Magnus mit einer merkwürdigen Mischung aus Desinteresse und Belustigung.
„Nein. Und du weißt auch genau, warum.“
Einen winzigen Augenblick lang verfestigte sich Magnus Griff um Alecs Körper. Ja, er wusste es genau. Sie beide wussten es. Das Leben eines Shadowhunters konnte viel zu schnell vorbei sein. Alec wusste genau, dass sein Freund noch immer mit dem Gedanken haderte, ihn jederzeit an einen Dämon oder Downworlder verlieren konnte, der der Meinung war, das Gesetz missachten zu können. In der letzten Zeit war es ruhig, aber das konnte sich jederzeit ändern. Der Clave glaubte, alles unter Kontrolle zu haben, aber Magnus war der festen Überzeugung, dass es mit dem Seelie Court noch Probleme geben würde. Überhaupt mit den Feen. Die Frage war nur, wann das sein würde. Und wie.
„Wisst ihr schon, wann ihr heiraten wollt? Und wo?“
„In Alicante. Im neuen Jahr.“
Also würde Jocelyn noch genug Zeit haben, sich wieder abzuregen.
„Ich hätte erwartet, dass ihr es eiliger habt. Ihr Sterblichen wollt doch sonst immer alles am liebsten gestern haben.“
„Alec, wenn du nicht willst, dass ich deinen Freund hier und jetzt umbringe, bringst du ihn besser zum Schweigen.“
„Versuchs doch, Nephilim.“
„Seid still, beide.“ Wie alt waren die beiden? 400 und 18 Jahre alt? Schwer zu glauben. „Jace, du gibst mir jetzt einen Kaffee aus. Und Magnus...“ Er drehte sich zu dem Warlock um, der natürlich keinen Grund sah, ihn loszulassen, „ich würde es wirklich bevorzugen, wenn Jace noch ein wenig am Leben bleibt. Heute abend wird’s daher wohl später.“
„Gibs zu, du bist froh, einen Grund zu haben, dich vor der Party zu drücken.“
„Ich? Niemals...“ Voll erwischt.
„Was gibt’s denn zu feiern? Eure Katze hatte schon Geburtstag. Etwa euren Jahrestag?“ Jace klang nicht im Geringsten beeindruckt.
„Je nachdem, was man als Jahrestag werten will.“
„Der war eigentlich letzte Woche. Wenn wir das Kennenlernen nehmen.“ Magnus klang etwas beleidigt. Natürlich hatte er Chairman Meows Geburtstag gefeiert. Mit dem Resultat, dass zwei Werwölfe aneinandergeraten waren und die Einrichtung in Schutt und Asche gelegt hatten.
