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Teach me how to love again

von

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Der Rückflug war die pure psychische Hölle für Charles. Er hatte gehofft, dass Erik endlich Vernunft angenommen hatte. Stattdessen sah es so aus, als würde er wirklich langsam den Verstand verlieren. Wie kam er auf die absolut bescheuerte Idee Raven zu erschießen? Warum hatte er das getan? Warum musste er das ausgerechnet jetzt tun, jetzt da er wieder Vertrauen in ihn gefasst hatte?

Sein Blick hing auf dem Sofa, dem er gegenübersaß. Seinem Gesicht war nicht anzumerken, was er dachte. Er sah vollkommen ausdrucklos dorthin. In seinen Kopf tobte ein Chaos, das er besiegt geglaubt hatte. Die Bilder der letzten Tage, aber vor allem die des Hinfluges, wirbelten in seinen Gedanken durcheinander. Hinzu kam alles, was Erik zu ihm gesagt, alles was er ihm versprochen und jetzt wieder gebrochen hatte. Mit einem Ruck wandte er den Blick von dem Sofa ab und kaute auf seiner Unterlippe. Dann griff er in seine Hosentasche und holte eine Spritze heraus.

„Glauben Sie wirklich, dass das weiterhilft?“, erklang plötzlich Logans Stimme, hinter Charles.

„Das ist nicht das Serum, welches meine Kräfte unterdrückt“, entgegnete dieser leicht gereizt.

„Noch nicht.“

„Halt dich da raus. Selbst wenn es das Serum wäre, ist das immer noch meine Sache!“

Warum musste sich jeder in seine Angelegenheiten einmischen? Wenn er sich jetzt dazu entschließen würde, das Serum wieder zu nehmen, konnte ihn keiner davon abbringen und was hielt ihn eigentlich auf, es zu tun? Alles würde wieder so viel leichter werden und doch wäre er nicht glücklich damit. Er konnte nicht mit dem Gewissen leben, nicht alles getan zu haben, um Raven zu beschützen. Er musste sie finden und zwar vor Erik. Und doch war die Versuchung einfach zu groß. Er musste das Serum loswerden. Mit einer entschlossenen Geste hielt er Logan die Spritze hin, ohne ihn anzusehen.

„Tu mir den Gefallen und spül es den Klo runter oder sonst was, aber vernichte es. Alles davon. In meinem Zimmer, unter dem Bett, steht eine Kiste in der noch mehr Spritzen sind und im zweiten Bücherregal, hinter den Büchern, liegen auch noch welche“, meinte Charles, mit einem Seufzen. „Und bitte sag Hank, er soll den Rest wegschütten. Ich will nie wieder etwas von diesem Serum sehen.“

Logan sah ihn verwundert an. Er hätte ihm nicht so viel Mut zugetraut, nicht in dieser Situation.

„Ich mir selbst auch nicht, glaub mir“, murmelte Charles, als Antwort auf Logans Gedanken und fuhr zu einem der kleinen Fenster auf der rechten Seite.

Er wollte nicht weiter reden, wollte sich einfach nur in seinem Geist verkriechen und an nichts und niemanden mehr denken. Wenigstens ein letztes Mal noch, wollte er selbstsüchtig sein und war es auch. Er war selbst verwundert darüber, wie schnell er seine Barriere errichten und sich von der kompletten Außenwelt abschirmen konnte. Es fühlte sich an, als säße er in einem dunklen Raum, in dem außer ihm nichts vorhanden war und es fühlte sich gut an. Es beruhigte ihn, an nichts zu denken, einfach einmal alles auszusperren, sogar seine eigenen Gedanken und doch…diese Stille war gefährlich. Wenn er nicht aufpasste, würde er sich darin verlieren. Diese selbst auferlegte Isolation von allem konnte ihn gefangen nehmen. Aber das würde er nicht zulassen, nicht so lange er Raven nicht geholfen hatte.

Etwas riss Charles aus seiner Isolation und er stellte verwundert fest, dass er die Augen geschlossen hatte. Jetzt öffnete er sie langsam und seine Verwunderung wurde noch größer. Er lag in seinem Bett und sah jetzt zur Decke hoch. Mit gerunzelter Stirn schaute er sich in seinem Zimmer um. Wann waren sie gelandet? Wer hatte ihn in sein Zimmer gebracht und wie lange lag er schon hier? Sein Blick fiel auf den Rollstuhl, der neben dem Bett stand. Einen Moment zögerte Charles, da er die angenehme Wärme des Bettes eigentlich nicht verlassen wollte. Aber er musste wissen, wie lange er sich zurückgezogen hatte, immerhin war es schon dunkel draußen.

Charles kämpfte sich in eine sitzende Position und stützte sich mit einer Hand auf der Matratze ab, um nicht wieder zurückzufallen. Dann streckte er sich nach dem Rollstuhl, kam aber nicht daran. Schnaubend ließ er sich nun doch wieder auf die Matratze fallen und rollte sich auf den Bauch, um so näher an die Kante des Bettes zu rutschen. Als das geschafft war, streckte er ein weiteres Mal die Hand aus und bekam den Rollstuhl zu fassen. Er zog ihn näher an das Bett und drehte sich wieder um. Ein weiteres Mal stemmte er sich in eine sitzende Position und griff nach seinen Hosen. Er hielt sie über den Knien fest und hob so seine Beine aus dem Bett. Jetzt kam erst der schwierige Teil. Er streckte die Hände nach den Armlehnen des Rollstuhles aus und stützte sich darauf, um sich in diesen sinken zu lassen. Aber das funktionierte erst beim vierten Mal.

„Ich muss trainieren“, brummte Charles verstimmt.

Er war noch nie der kräftigste gewesen. Aber das gerade eben war wirklich ein Armutszeugnis seiner Kraft. Einen Moment gönnte er sich den Luxus, seine schmerzenden Arme zu reiben, dann setzte er den Rollstuhl in Bewegung und machte sich auf die Suche nach Hank oder Logan. Als er die beiden so nicht fand, benutzte er seine Gabe und entdeckte sie im Keller. Stirnrunzelnd fuhr er zum Fahrstuhl und in den Keller hinab. Was die beiden wohl taten?

Er konnte es schon von weitem hören. Aus einem der Trainingsräume kam ein lautes Krachen und unterdrückte Schmerzenslaute. Gerade als Charles an der Tür ankam, dröhnte Logans Stimme durch diese.

„Ist das alles, was du drauf hast, Beasty?!“

Als Antwort hörte man Hanks Knurren und spätestens, als etwas gegen die Wand schlug (Charles war sich sicher, dass dieses Etwas Logan gewesen war), beschloss er die beiden in Ruhe zu lassen. Stattdessen schlug er den Weg zu Cerebro ein. Wenn die beiden trainierten, konnte er in Ruhe nach Raven suchen.

Als er vor Cerebros Tür stand und die Computerstimme erklang, wurde ihm erst bewusst, wie sehr er diese vermisst hatte. Lächelnd wartete er darauf, dass die Tür sich ganz öffnete und fuhr zum Kontrollpult. Ohne Zögern setzte er den Helm auf und holte tief Luft, um seinen Geist zu beruhigen. Nach und nach hörte er immer mehr Stimmen und zu seiner Erleichterung war es eine gesunde Mischung aus positiven und negativen Gefühlen, die in seinen Geist flossen. Er tastete jeden fremden Geist ab, um herauszufinden, ob es Raven war. Je mehr Menschen er berührte, umso unverständlicher erschien ihm die Tatsache, dass er das alles aufgegeben hatte. Es war erfrischend mit anderen mitzufühlen, vor allem wenn sie gerade etwas Schönes erlebten.

Charles?

Charles stockte. Das war nicht Raven, sondern Erik. Sein Geist hatte unbewusst nach ihm gesucht, was den Kleineren etwas wütend machte. Er wollte und wollte auch wieder nicht mit ihm reden. Doch bevor er es verhindern konnte, übernahmen seine Gedanken die Entscheidung für ihn.

Erik, wo bist du? Geht es dir gut? Bitte sag mir, dass du Raven nicht getötet hast!

Es tut gut, deine Stimme zu hören.

Das war nicht meine Frage.

Warum konnte er nicht einfach einmal darauf antworten, was Charles ihn fragte?

In Sicherheit, ja und nein, ich habe sie noch nicht gefunden. Charles, es tut mir…

Nein!

Der Schrei war wohl etwas zu heftig. Charles spürte, dass er Erik Schmerzen zugefügt hatte, aber er würde sich nicht dafür entschuldigen.

Nein, ich will deine Entschuldigungen, deine Ausreden nicht. Du hast versucht meine Schwester zu töten. Du wolltest Raven töten! Sie hat dich geliebt!

Ich liebe sie auch. Das ändert nichts an der Tatsache, dass sie unser Untergang ist!

Nein…Erik, du… Charles gab einen genervten Ton von sich …du verstehst das falsch. Nicht sie ist unser Untergang, sondern die Tatsache, dass sie Trask getötet hätte, hätten wir es nicht verhindert.

Und du glaubst, sie wird es nicht wieder versuchen? Du müsstest sie eindeutig besser kennen. Verschwände nicht meine Zeit damit, mich ein weiteres Mal belehren zu wollen.

Dann brach die Verbindung ab und an der Stelle, wo gerade noch Eriks Geist gewesen war, spürte Charles nur noch die schmerzhaft bekannte Leere. Aber bevor der Größere Shaws Helm aufgesetzte hatte, konnte Charles noch etwas sehen, etwas das Erik ihm niemals gezeigt hätte und das seinem Herzen einen noch größeren Stich versetzte.

Erik tat das, weil er ihn liebte, nicht weil er Raven unbedingt tot sehen wollte. Er wollte ihm Frieden schenken und glaubte solange Raven lebt, ginge das nicht. Aber da täuschte er sich. Wenn die Menschen einen Krieg anfangen wollten, würden sie seine Schwester nicht brauchen. Jeder Mutant konnte der Auslöser sein. Dass es in der Zukunft ausgerechnet Raven war, hatte Charles zu Beginn geschockt. Doch sie war schon immer eine starke junge Frau gewesen und hatte getan und meistens auch bekommen, was sie wollte.

Doch Charles Gedanken blieben nicht lange bei Raven, sondern wanderten zu Erik zurück und ein Lächeln huschte über seine Lippen. Der Größere liebte ihn noch und auch er selbst, fand keine Wut mehr auf ihn. Erik hatte zwar den falschen Weg, aber die richtige Absicht. Vielleicht konnte er ihn doch noch dazu bringen, seine Sichtweisen zu ändern?

Charles schüttelte den Kopf. Erik würde sich nicht ändern. Im Gegenteil, wahrscheinlich würde er wütend werden und nie wieder mit ihm reden, so wie es vor zehn Jahren schon einmal fast passiert wäre. Nein, er wollte ihn nicht noch einmal verlieren, deshalb wollte er ihn auch nicht mehr verändern. Wenn es bedeutete, dass sie immer wieder gegeneinander kämpfen mussten, dann würde Charles es akzeptieren. Lieber war er mit Erik durch diese Art von Hass-Liebe verbunden, als gar keinen Kontakt zu ihm zu haben.

„Du bist so ein hoffnungsloser Masochist“, murmelte Charles zu sich selbst und fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. „Wer weiß, vielleicht passen wir deshalb so gut zusammen.“

„Wer?“, erklang plötzlich Hanks Stimme hinter Charles.

„Nichts, ich hab nur laut gedacht“, wich dieser aus.

Er wollte weder Hank, noch Logan sagen, dass er gerade mit Erik geredet hatte, vor allem nicht Hank. Also beschloss er endlich richtig nach Raven zu suchen. Er konzentrierte sich ausschließlich auf sie und trotzdem dauerte es fast eine halbe Stunde, bis er sie fand.

„Sie ist in einem Flughafen“, berichtete Charles den beiden anderen.

Raven! Du darfst Trask nicht töten!

Charles?

Sie klang beunruhigt, gleichzeitig aber auch fast schon hoffnungsvoll.

Hast du verstanden, was ich gesagt habe? Du darfst Trask auf keinen Fall töten!

Ihre Gefühle schlugen in Unglaube und Wut um und Charles spürte all den aufgestauten Hass auf Trask, welcher in ihr tobte.

Du hast nicht gesehen, was er unseren Brüdern und Schwestern angetan hat! Du siehst so etwas nie! Bei dir ist jeder Mensch gut. Trask hat es verdient zu sterben…

Du darfst das nicht tun, unser aller…

Diesmal unterbrach Raven ihn.

Hör auf! Du kannst mich nicht mehr manipulieren. Ich lebe mein eigenes Leben, treffe meine eigenen Entscheidungen. Wenn es in meiner Macht stünde, würde ich Trask für jeden den er von uns getötet hat, dreimal sterben lassen.

Raven, unsere Zukunft hängt davon ab, ob Trask lebt oder stirbt. Wenn du ihn tötest, besiegelst du unser Schicksal.

Charles hatte ihr den Gedanken so schnell wie möglich geschickt, doch sie hatte ihn schon aus ihren verbannt und eine mentale Mauer um sie errichtet.

„Verdammt! Sie lässt mich nicht rein“, fluchte Charles laut.

„Können Sie ihre Barrieren nicht durchbrechen?“, wollte Logan wissen.

Charles seufzte.

„Ich könnte es, wenn ich nicht so aus der Übung wäre.“

Dann konzentrierte er sich auf die Personen in Ravens Umgebung und sprach durch diese mit ihr. Aber er konnte sagen, was er wollte. Sie hörte ihm nicht zu. Sie wollte seine Worte und die Wahrheit dahinter nicht wahr haben. Charles versuchte es mit einem letzten Trick. Er projizierte ein Bild von sich in die Menschenmenge vor Raven.

„Bitte, Raven, wenn du das tust, werden in der Zukunft schreckliche Dinge passieren. Du musst das nicht tun. Komm nach Hause“, sagte er, in fast flehendem Tonfall.

Einen Moment sah es so aus, als hätte er sie überzeugt, denn sie sah zögernd zur Seite. Doch dann straffte sie die Schultern und sah ihn mit kühlem Blick an.

„Erik war ein guter Lehrer, was das angeht“, schoss es Charles durch den Kopf.

„Ich muss es tun und mein Zuhause ist nicht mehr in Westchester, es ist nicht mehr bei dir und Erik. Jetzt lass mich in Ruhe.“

Mit diesen Worten lief sie durch ihn hindurch und zerstörte so seine Illusion.

„Scheiße…“

Charles setzte den Helm ab und vergrub das Gesicht in den Händen. Er hatte ein weiteres Mal versagt. Wie oft konnte er sich das noch leisten?

„Wo will sie hin?“, fragte Logan.

Charles überlegte kurz und ging noch einmal die Bilder durch, welche er durch die Augen der anderen Menschen gesehen hatte. Vielleicht fand er einen Hinweis auf Ravens Ziel. Tatsächlich entdeckte er ihre Flugkarte.

„Sie will nach Washington.“

„Das ist sehr schlecht“, meinte Hank und sah von Charles zu Logan und wieder zurück.

„Warum?“, wollte Logan wissen.

„Ich haben die Nachrichten verfolgt. Sie haben Ravens Blut, dank Eriks fehlgeschlagenem Mordanschlag. Und…unser kleiner Auftritt hat ausgereicht, um den Präsidenten von Trasks Sentinal-Programm zu überzeugen. Sie wollen es morgen bekannt geben.“

Ungläubige Stille legte sich über den Raum. Charles und Logan starrten Hank an, der die Fäuste geballt hatte und zu Boden sah. Sie alle dachten dasselbe:

Wir müssen das verhindern!

„Hank mach den Jet startklar. Wir fliegen nach Washington. Vielleicht können wir das Schlimmste noch verhindern.“



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