Zum Inhalt der Seite

Der magische Adventskalender

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Epilog

„Während ich also durch die Luft geschleudert wurde, schien sich die Welt um mich her zu verändern. Ein Wirbel aus Formen und Farben erfasste mich und trug mich mit sich fort ins Ungewisse. Irgendwo in der Ferne meinte ich eine Stimme zu hören, gedämpft, als käme sie aus einer anderen Welt. Und je weiter ich davongetragen wurde, desto deutlich wurde sie, bis ich sie schließlich verstehen konnte: „Da bist du ja! Was machst du denn hier unten? - Ich habe ihn gefunden! - Wach auf, Schatz.“

Es war die weiche, sanfte Stimme meiner Mutter, die mich durch die Welten zu sich zurück rief. Und ich tat nichts lieber, als ihr zu folgen.“

„Aber wieso wolltest du denn überhaupt wieder zurück?“, fragt mich mein Enkel mit vor Erstaunen geweiteten Augen. „Es muss toll gewesen sein, Zombies und Indianer und Detektive zu treffen!“

„Es war aufregend – aber ich habe mich manchmal auch sehr einsam und hilflos gefühlt, mutterseelenallein wie ich war“, gebe ich zu bedenken und seufze leicht, während ich mich auf der Couch zurücklehne. „Eigentlich wollte ich nie von meinen Eltern getrennt sein. Ein Weihnachtsfest ohne sie, das konnte ich mir nicht vorstellen. Auch als ich weggelaufen bin, habe ich mir ganz heimlich, tief in meinem Herzen, die ganze Zeit über gewünscht, dass sie kommen und mich finden würden. Und so war es dann auch. Als ich die Augen aufschlug, fand ich mich in unserem Keller wieder. Die Taschenlampe war ausgegangen, wahrscheinlich war die Batterie jetzt endgültig leer, aber meine Mutter hatte eine der alten Öllampen aus dem Haus mitgebracht, um sich den Weg zu leuchten. Inzwischen war es auch draußen dunkel geworden.

Einen Augenblick lang dachte ich, ich wäre bei der Erkundung des Kellers eingeschlafen und hätte alles nur geträumt - doch dann fiel mein Blick auf den alten Papierkalender. Alle vierundzwanzig Türchen standen offen und hinter jedem von ihnen zeigte sich ein kleines Bild, das mich an meine vergangenen Abenteuer erinnerte. Ich konnte eine Schneekugel erkennen, einen Eisenbahnwagon und sogar ein stolzes Pferd. Aber viel mehr Zeit blieb mir nicht, den Kalender zu bestaunen, denn meine Mutter hatte sich offensichtlich große Sorgen um mich gemacht.

„Wir haben dich den ganzen Tag lang überall gesucht“, sagte sie und ihr Gesicht spiegelte eine Mischung aus Erleichterung und Ärger wieder.

Den ganzen Tag? Wie merkwürdig. Ich hatte alle vierundzwanzig Kalendertürchen-Welten besucht, heute konnte unmöglich der erste Dezember sein.

„Jetzt hat Vati unseren Weihnachtsbaum alleine aussuchen müssen“, fuhr meine Mutter fort und ich stutze. Schließlich fuhr Vater immer erst am Morgen des vierundzwanzigsten Dezembers los, um eine Tanne zu schlagen. Was war nur mit der Zeit geschehen, ich konnte es einfach nicht begreifen. Aber das war in diesem Moment auch zweitrangig. Ich war einfach nur glücklich, wieder zu Hause zu sein. Denn wenn mich meine Abenteuer im Inneren des Adventskalenders etwas gelehrt hatten, dann war es, dass es zu Hause doch immer noch am schönsten ist. Und ich kann dir sagen: Es wurde das schönste Weihnachtsfest meines Lebens. Denn erst jetzt hatte ich begriffen, worum es an Weihnachten wirklich geht.“

Ich muss lächeln als ich in das von blonden Locken gerahmte Gesicht meines Enkels blicke. Man kann beinahe sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitet, doch bevor ein Schwall von Fragen aus ihm heraussprudeln kann, erklingt das elektronische Läuten des Big Ben. Anscheinend ist da jemand an der Tür und ich bin offensichtlich nicht der einzige, der sich denken kann, wer das ist.

„Mama ist wieder da!“

Noch bevor ich es schaffe, mich von der Couch aufzuraffen, ist Alex schon zur Tür gerannt und hat sie aufgezogen. Kurz darauf steht auch schon mein Fräulein Tochter im Türrahmen, den Kopf leicht schräg gelegt.

„Wo hast du denn den kleinen Miesepeter von heute Morgen gelassen, Opa?“, will sie wissen und zieht eine Grimasse, bevor sie lächelt.

„Och, ich weiß nicht“, gebe ich geheimnisvoll zurück und helfe meinem Enkel dabei, sich die Jacke anzuziehen. „Ich glaube, der ist irgendwo zwischen dem ersten und dem vierundzwanzigsten Türchen verloren gegangen.“

Während Alex lacht, schenkt meine Tochter mir mit hochgezogenen Augenbrauen einen skeptischen Blick, sagt jedoch nichts weiter dazu und zieht es vor, das Thema zu wechseln: „Wir müssen jetzt schnell nach Hause, bevor Papa kommt. Stimmt doch, Alex, oder? Kommst du gleich mit, Opa?“

Aber ich schüttele den Kopf.

„Jetzt bin ICH damit an der Reihe, noch schnell etwas zu erledigen“, sage ich und zwinkere - denn es ist an der Zeit, dass der alte Papierkalender, den ich damals im Keller meines Elternhauses gefunden habe, den Besitzer wechselt.

Als meine Besucher sich daraufhin auf den Weg machen, um alles für das Fest heute Abend vorzubereiten, dreht sich Alex noch einmal zu mir um: „Weißt du was, Opa? Ich glaube, das wird heute das schönste Weihnachten meines Lebens!“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück