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The Change of Fate

a ZENONIA Fanfiction
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Endlich melde ich mich nach der LBM auch mal wieder zurück und wünsche viel Spaß beim Lesen!

Dieses Kapitel beinhaltet Spoiler zu: ZENONIA 1, 3 und 4. Komplett anzeigen

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The Unwanted Reunion

CHAPTER 3 - THE UNWANTED REUNION

"Einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich! Na, gut geschlafen?"

"Geht so, und selbst?"

"Ach ganz gut. Nur... wegen gestern. Du... du wolltest doch den Neuen um Hilfe bitten."

"Ja das wollte ich, da hast du recht."

"Ich glaube wir lassen das lieber."
 

Erneut dringen gedämpfte Stimmen an mich heran, die Stimmen eines Mannes und einer Frau.

Aberwitzige Sonnenstrahlen kitzeln mich im Gesicht und schaffen es so, mich aufzuwecken. Verschlafen grummle ich und öffne vorsichtig die Augen, ehe ich sie aufgrund der blendenden Sonne sofort mit meinen Händen vor dem grellen Licht abschirme.

Schmerzlich werde ich mir der Tatsache bewusst, dass ich die Nacht zusammengerollt auf dem Boden verbracht habe. Ich habe noch immer Kopfschmerzen, damit diese jedoch nicht so einsam sind scheinen meine Muskeln die Freundlichkeit zu besitzen, noch ein paar Verspannungen hinzukommen zu lassen – wie überaus aufmerksam von ihnen! Ächzend will ich mich aufrichten als ich durch meine Bewegung wohl oder übel die Fee aufwecke, die sich ihr Nachtlager scheinbar in meinen Haaren eingerichtet hat. Gerade noch rechtzeitig fange ich die fallende, verschlafene Gestalt auf, die gen Boden sausen will.

"Regret was soll das?! Ich will schlafen!", kommt die prompte Beschwerde während sie sich erhebt und nun in unmittelbare Augenhöhe zu mir fliegt um mich herausfordernd anzusehen.

"Kannst du dir nicht einen anderen Schlafplatz suchen, Anya? Hier – du hättest sogar ein ganzes Bett für dich haben können.", meine ich wenig beeindruckt und deute auf das Lager aus Fellen, das wohl ein Bett darstellen soll, Streit am frühen Morgen stellt nicht unbedingt Balsam für meine geschundene Seele dar.

Meine Knochen, Alles tut mir weh – ein unschöner Nebeneffekt jagt den nächsten. Gerade will ich das Zimmer verlassen und gen Türe gehen, als ich den Spiegel erneut ausmache. Jetzt, wo es draußen wieder hell ist und der Tag angebrochen ist kann ich mich in voller Helligkeit darin erkennen und nicht mehr in dem Halbdunkel, in welchem ich mich heute Nacht gesehen habe.

Noch immer scheint sich die Gestalt im Spiegel nicht sonderlich verändert zu haben.

Der Mann sieht – auch nach mehreren Stunden Schlaf – noch immer erschöpft aus.

Seine roten Augen blicken mir noch immer mehr starrend als neugierig entgegen, noch immer scheint er mein Innerstes ergründen zu wollen. Auch sehe ich, dass auch jetzt, am darauffolgenden Tage keinerlei Glanz in die Augen des Mannes getreten ist.

Noch immer starrt mich dieses gebrochene Wesen aus tot wirkenden Augen heraus an.

Er sieht bemitleidenswert aus.

Er sieht furchtbar aus.

Ich sehe furchtbar aus.

Seufzend wende ich mich dahingehend um, kehre dem Mann im Spiegel den Rücken und lasse ihn allein zurück. Langsam schlurfe ich auf die Türe zu und ignoriere sämtliche weitere Beschwerden Anyas als ich mein Schwert ausfindig mache. Sofort greife ich mir die große Waffe und platziere sie auf meinem Rücken, ehe ich vor der Türe stehen bleibe und diese einen Spalt breit öffne.
 

"Wieso denn das, Jacques? Er scheint ein Krieger zu sein!"

"Auch wenn er ein Krieger ist... Irgendetwas stimmt nicht mit ihm."

"Wie meinst du das denn jetzt?"

"Weißt du... Heute Nacht... Der Mann... Ich glaube es geht ihm nicht gut. Irgendetwas scheint ihn traurig, nein warte, fertig zu machen. Ich habe ihn heute Nacht dabei beobachtet, wie er im Gästezimmer geweint hat. Etwas... scheint ihn immens zu quälen.", sagt Jacques, ich kann seine Worte laut und deutlich vernehmen.

Noch immer stehe ich vor der Türe und verlasse das Zimmer nicht, in dem ich mich gerade befinde. Wie käme es auch, wenn ich just in diesem Moment das Gespräch der Beiden unterbrechen würde, welches in einem Zimmer unweit neben mir stattfindet?

"Oh nein. Der Ärmste. Aber... du... Meinst du?"

Kurz darauf wird das Gespräch der Beiden durch ein Klopfen an der Türe unterbrochen.

"Ich geh schon.", höre ich erneut Jacques Stimme, ehe ich mich dazu entschließe, das Zimmer diesmal wirklich zu verlassen.
 

Kurz lasse ich den Rothaarigen unbemerkt passieren ehe ich die Türe endgültig öffne und in die Richtung gehe, aus der ich das Gespräch der Beiden zuvor vernommen habe. Ich gehe einen kurzen Korridor entlang, ehe ich an einer Küche vorbeikomme, die zu meiner Linken liegt und in der eine, mir fremde, Frau sitzt. Abrupt bleibe ich stehen, Beide mustern wir uns aufmerksam.

"Hallo.", grüße ich kurz angebunden während sie mich aufmerksam mustert, ihr eindringlicher Blick ist fast schon schmerzhaft für mich, auch Anya scheint ihr Blick nicht sonderlich gut zu gefallen.

"Hallo, Sie sind ja schon wach. Wobei – es ist halb zehn Uhr! Also schon spät.", scherzt sie und lacht kurz, ich stimme jedoch nicht in ihr Lachen ein.

"Ja, bin ich.", sage ich nur und pausiere kurz mit dem Reden, während ich im Hintergrund ein Gespräch zwischen Jacques und einer weiteren, männlichen Person vernehme, "habt Dank, dass ihr mich-", setze ich gerade an, als sie mir mit dem Erheben ihrer Hand Einhalt gebietet.

"Keine Ursache, ist doch eine Selbstverständlichkeit. Ich bin übrigens Aria.", sagt sie und schenkt mir erneut ein Lächeln, während sie mir ihre Hand hinhält, "und ich weiß, dass du Adas heißt. Freut mich, dich kennen zu lernen. Ich hoffe es ist in Ordnung, dass ich dich duze?", sagt sie und sieht mich abwartend an.

Ein Lächeln andeutend ergreife ich ihre Hand und nicke nur sachte, "natürlich ist es in Ordnung. Freut mich auch, dich kennen zu lernen, Aria.", sage ich, als auf einmal Jacques mit einer weiteren Person die Küche betritt, die allem Anschein nach zu urteilen ein Arzt ist.

"Oh Adas, du bist ja schon wach. Der Arzt ist vorbei gekommen, um dich zu untersuchen.", kündigt Jacques an und lächelt kurz in meine Richtung.

Der Arzt ist hier um mich zu untersuchen? Na astrein!

Und wer genau hat jetzt um mein Einverständnis für eine ärztliche Konsultierung gebeten? Niemand, goldrichtig. Bei aller Liebe – ich finde es ja nett, dass der Andere gleich einen Arzt konsultiert hat dennoch kann ich mich wohl oder übel getrost selbst untersuchen. Ich bin schließlich auch etwas medizinisch bewandert. Außerdem wage ich dezent zu bezweifeln dass ich mich in irgendeinster Weise in der finanziellen Lage dazu befinde, einen Arzt für seine Dienste entlohnen zu können. Was sollte ein, zuvor noch, Toter auch an sich haben?

"Danke, das ist sehr gütig und aufmerksam von dir, Jacques aber ich brauche keinen Arzt.", meine ich bestimmend was dem Anderen absolut nicht zu gefallen scheint.

"Ach ja? Du brauchst also keinen Arzt? Und warum bist du dann gestern gleich drei Mal ohnmächtig geworden?", beginnt er und sieht mich nun in herausfordernder Abwartung an.

Seine Körperspannung und nicht zuletzt die verbissen wirkenden Gesichtszüge lassen mich darauf schließen, dass er alles Andere als zufrieden mit meiner Antwort ist.

"Das... war gestern. Ich hatte einfach einen schlechten Tag. Kreislaufprobleme eben.", streite ich das Ganze in ruhiger Tonlage ab – immer schön sachlich bleiben und nie aus der Ruhe bringen lassen, Regret.

"So, Kreislauf also? Interessant. Und wie erklärst du dir dann, dass du mit der Luft sprichst oder auf irgendwelche Dinge deutest, die ich nicht sehen kann? Entschuldige bitte aber ich glaube ja wohl kaum, dass du in der Lage dazu bist darüber urteilen zu können, ob du einen Arzt benötigst oder nicht!", redet er weiter – er redet sich langsam aber sicher in Rage.

Sehr zu meinem Leidwesen muss ich feststellen, dass Jacques wohl oder übel nicht darüber hinweggekommen ist, dass ich mich mit Anya unterhalten habe. Er kann sie ja auch nicht sehen... aber ich! Anya verkneift sich ein Lachen, das kann ich ihr ansehen, dennoch blickt sie schnell wieder ernst drein und sieht mich abwartend an.

Tja, was soll ich jetzt darauf geben? Abstreiten oder auf pure Konfrontation gehen? Ich entscheide mich vorerst für Ersteres.

"Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Tut mir leid aber ich glaube hier liegt eine Verwechslung vor.", sage ich und sehe, wie dem Anderen und nicht zuletzt dem Arzt langsam aber sicher die Gesichtszüge entgleiten; auch Arias Miene verfinstert sich urplötzlich.

Das war dann wohl die falsche Entscheidung, Regret.

Tja, Pech gehabt. Man trifft eben nicht immer die richtigen Entscheidungen.

Selbst Vater hat mir das einst gesagt.

Vater...

Vater, auch dich habe ich getötet aber vom Allerfeinsten!

Nicht dass das jetzt eine Eigenschaft wäre, auf die ich stolz sein sollte, ganz im Gegenteil. Dennoch hat Osiris, der Keim meines inneren Chaos, dich getötet und damit ich.

Und nun habe ich meinen Sohn getötet – perfekt!

Ich sehe schon, ich bin ein wahrhaftiger Angehöriger des Dragon Clans, durch und durch. Ich könnte auch eine Karriere als Meuchelmörder anstreben – so käme ich sicher zu ausreichend Kohle und...

Nun gut, ich sollte mich nicht in Einzelheiten verlieren. Also mal sehen, wie der Andere jetzt genau auf meine abstreitenden Worte reagieren wird.

Fassen wir die mir ersichtlichen Reaktionen einmal kurz zusammen: einmal hätten wir da eben diese entgleitenden Gesichtszüge. Die sonst freundliche Miene wird nun durch reine Ungläubigkeit verunstaltet während die Augen des rothaarigen Mannes wütend funkeln. Fast schon scheinen mich die Augen des Anderen anzuschreien und mich allein mit ihrem wütenden Aufblitzen in Stücke reißen zu wollen.

"Willst du mich eigentlich verarschen?! Du... du krankes Schwein! Gestern noch Halluzinationen haben und heute Alles abstreiten!", ruft der Andere und schlägt mit seiner rechten, nunmehr zur Faust geballten Hand, auf seine linke Handfläche um somit die Anwesende Aria zu verschrecken.

Oh verdammt noch mal, Regret. Jetzt bring dich erstmal aus dieser misslichen Lage und bekomme es hin, dass er dir nicht mit den Krallen ins Gesicht springt!

Gerade will ich etwas sagen als sich Jemand Anderes einmischt: der Arzt tritt vor und schüttelt sachte den Kopf.

"Schluss jetzt. Sie haben sich jetzt genug gestritten. Beruhigen Sie sich also bitte, Beide. Und Sie", und damit legt er mir behutsam seine Hand auf die Schulter, "kommen jetzt erst einmal mit mir mit. Ich denke wir müssen reden.", sagt er ruhig, dennoch mit einer Bestimmtheit, woraufhin ich mich ergebe und nur kraftlos nicke – der Klügere gibt nach, oder? Na ja, ob ich so viel klüger bin wage ich zu bezweifeln, dennoch kann ich dem Anderen keine weiteren sinnlos-gearteten Auseinandersetzungen mit mir mehr zumuten.

Armer Jacques, was denkst du jetzt nur von mir? Na hoffentlich nur Dinge die in die Richtung gehen, dass ich vollends verwirrt bin oder Ähnliches. Hoffentlich fühlst du dich nicht verraten aber im Verraten anderer Menschen bin ich ja Weltklasse! Pah!

Der Arzt verabschiedet sich von den anderen Beiden und lotst mich mit einem Drang aus dem Haus durch die halbe Stadt zu seinem Haus, welches sich direkt auf dem großen Marktplatz befindet. Den gesamten Weg bis vor die Haustüre haben wir schweigend verbracht ehe er die Türe aufschließt und mich darum bittet, einzutreten. Dennoch verharre ich vor der Türe, tue keinen Schritt in das Innere des Hauses.

"Was haben Sie? Denken Sie, ich will Ihnen etwas Böses?", fragt mich der hagere, ältere Mann während sein Blick eine Sanftmütigkeit und Ruhe ausstrahlt, die man nicht häufig an anderen Personen erkennen kann, zumindest nicht in Kriegszeiten.

Ja, der Mann ist ruhig. Innerlich wie äußerlich und er verbreitetet den Anschein als könne der Krieg ihm rein gar nichts anhaben. Als würde ihn der Krieg nicht interessieren, ihn nicht belasten.

"Nein, nein. Das ist es nicht. Ich...", wie soll ich mich denn jetzt schon wieder aus der Situation herausreden? Mein ganzes Leben scheint aus einer einzigen Ausrede zu bestehen, furchtbar.

Ein kurzer Blick zu Anya bestätigt mir, dass auch sie ratlos ist.

"Mir geht es soweit gut. Ich weiß das mag jetzt komisch klingen aber... Bitte lasst mich gehen, werter Herr. Habt vielmals Dank für Eure Mühe dennoch denke ich, dass eine Behandlung nicht erforderlich ist.", bin ich es nun, der seine Worte bestimmend ausspricht, sich dann umwenden und davongehen will.

"Aber aber!", kommt es protestierend von dem Anderen ehe er eine flinke Bewegung macht, die ich von ihm nicht erwartet hätte.

Mit einem gezielten Griff umfasst er mein Handgelenk, zerrt mich zu sich und sieht mich eindringlich an.

"Ich sehe es in Ihren Augen... Sie verheimlichen mir etwas! Sie sind verwirrt. Sie können es nicht leugnen.", meint der Andere, während ich etwas hilflos dreinblicke.

Was soll ich ihm denn jetzt entgegnen?

Etwa Dinge wie 'da haben Sie aber Sowas von Recht!' oder 'Stimmt, Sie haben recht!'. Ganz bestimmt nicht!

Ich muss hier weg, und das schleunigst, da kann ich ihm nicht zustimmen – auch wenn er mit allem was er sagt recht hat.
 

"Ich brauche keine Hilfe!", protestiere ich und lockere mit meiner linken Hand seinen eisernen Griff um mein rechtes Handgelenk, "trotzdem danke ich Euch aber ich muss jetzt gehen.", sage ich, löse mich endgültig aus seinem Griff und will gerade davongehen, als ich eine Kleingruppe Uniformierter ausmache, die den Marktplatz durchschreitet.

Und allen voran... ein sehr edel gekleideter Mann.

Vermutlich ist er ein Priester, der Stab in seiner Hand, seine Kleidung und sein Aussehen lassen darauf schließen, insofern ich das in diesem kurzen Augenblick erkennen kann.

"Was hast du jetzt vor, Regret?", fragt mich Anya, deren Frage ich jedoch im Moment nicht mitbekomme.

Nur flüchtig kann ich die Gestalt erkennen, die die Truppe Uniformierter anführt dennoch ist dieser flüchtige Moment mehr als genug, um mich durch das das reine Erblicken dieses Mannes in blankes Entsetzen zu versetzen. Sofort merke ich, wie mir die Luft wegbleibt, und doch scheint die Atmung gerade mein geringstes Problem darzustellen.

Wie in Zeitlupe laufe ich weiter während ich nicht merke, dass ich einen Passanten anremple.

"Hey du Idiot, pass doch auf wo du hin läufst!", kommt die prompte Beschwerde, die mich ebenfalls nicht zu erreichen scheint.

"Regret, du Idiot! Rede mit mir!", auch Anyas geschriene Beschwerde scheint an einer unsichtbaren Barriere abzuprallen, die scheinbar Alles Andere für einen Moment von mir abschirmt.

Kann das sein? Wieso er?

Ist es möglich?

Wo bin ich hier nur gelandet?

Das soll das Jahr 363 sein?! Von wegen!

Alles verlangsamt sich urplötzlich, wie in Trance gehe ich ein paar Schritte nach vorne während ich auch den Arzt nicht bemerke, der mich verfolgt und aufgeregt auf mich einredet.

"Bitte, was haben Sie?!", fragt er mich, während Anya nun unmittelbar vor meinem Gesicht fliegt.

"Regret, ANTWORTE!", schreit sie und sieht dann zu dem Arzt, "helfen Sie ihm doch, tun Sie etwas!", fordert sie ihn auf und ist sofort verwundert, dass er sie erkennen kann.

"Was glaubst du versuche ich gerade, Fee?!", kommt es sichtlich unentspannt von dem Anderen der mir nun den Weg versperrt, mich bei den Schultern fasst und mir tief in die schockgeweiteten Augen sieht.

"KOMMEN SIE ZUR BESINNUNG! ANTWORTEN SIE MIR!", ruft er schon fast während ich erneut merke, wie der Boden unter meinen Füßen nachzugeben scheint.

Den Halt verlierend sinke ich auf die Knie, der Arzt lässt sich ebenfalls auf die Knie sinken.

Was ist hier nur los?

Ich weiß nicht, wie oft genau ich mir diese Frage jetzt schon gestellt habe aber vielleicht sollte ich mal damit anfangen, zu zählen. Wobei – irgendwann würde ich wohl oder übel nicht mehr mit dem Zählen hinterher kommen. Oh ja, traurig aber wahr.

Mein Herz... Es scheint mir aus der Brust springen zu wollen, dem Arzt entgegen zu springen.

Ich muss mich beruhigen, unbedingt.

Aber... ich konnte nicht damit rechnen, dass ich... ihn... ausgerechnet ihn... wiedersehen würde.

Außerdem hätte ich nie damit gerechnet, dass sein alleiniges Erblicken mich derartig aus der Bahn werfen würde...

"HILFE! HILFE!", höre ich eine Frau aufgeregt schreien, der die Gruppe anführende Priester bleibt kurz stehen, sieht zu der Frau und sieht nun geradewegs zu dem Arzt und mir.

Und ich hoffe, nein ich bete inbrünstig, dass er mich nicht erkennt.

Bitte sieh mich nicht, bitte nicht., flehe ich ihn innerlich an als auf einmal eine weitere Stimme ertönt.

"Wir haben hier Alles unter Kontrolle. Alles ist gut.", die Stimme gehört dem Arzt, der noch immer vor mir kniet und seine Hände auf meinen Schultern platziert hat.

Verdammt noch mal jetzt reiß dich endlich zusammen, Regret!

Ich kann hier doch keinen derartigen Aufriss machen! Nicht jetzt und nicht... in seiner Gegenwart.

Er darf mich nicht sehen, noch nicht.

Bitte nicht.

Also komm zur Besinnung, Regret.

Gut... ich muss mich besinnen... muss mich beruhigen und einen kühlen Kopf bewahren.

Also atme ich tief ein und versuche so, gegen die Blockade anzukämpfen, die mir meinen Atem rauben will.

Tief ein, lange und sehr langsam wieder aus.

Und noch mal.

Tief ein, langsam aus.

Auch der Arzt scheint das zu merken und animiert mich, damit weiter zu machen.

"Vorsichtig einatmen, langsam und schön lange ausatmen. Achten Sie darauf, dass Ihre Ausatmung länger als Ihre Einatmung ist.", sagt er und lässt mich nicht aus den Augen, während ich den Blick gen Boden richte, "nicht zu Boden sehen, das ist bei Schwindel nicht gut.", sagt er woraufhin ich meinen Blick wieder auf den Arzt richte.

Mir ist zwar nicht schwindelig aber sonderlich gut ist mir auch nicht zumute.

Also atme ich weiter ein und aus und merke, wie sich langsam aber sicher mein Herzschlag normalisiert.

Gut so, weiter so.

"Scheiße der hyperventiliert hier noch. Verdammt wir brauchen einen Arzt!", höre ich die aufgeregte Stimme eines Mannes, der unruhig neben mir und dem Arzt hin- und hergeht.

"ICH BIN ARZT!", kommt es von dem Arzt mit erhobener Stimme, "und jetzt hören Sie auf wie wild geworden hier herumzulaufen. Bleiben Sie stehen und halten Sie den Mund!", ermahnt er den Anderen, der sofort gehorcht.

Anya schwebt neben mir und mustert mich verstohlen, ehe sie die Gruppe rund um den Priester mustert.

"Sehr gut, das machen Sie klasse.", lobt mich der Arzt, während ich weiterhin damit beschäftigt bin, meinen Atem zu lenken und ihn tatsächlich normalisieren kann.

Auch der Arzt scheint das zu merken und sieht mich sanftmütig an.

"Sehr gut. Können Sie aufstehen?", fragt er mich, woraufhin ich nur nicke.

Um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung, ob ich aufstehen kann oder nicht. Eigentlich ist mir eher ungut zumute, ich fühle mich eher bescheiden und zittrig dennoch kann ich nicht ewig hier auf dem Boden sitzen bleiben wenn ich nicht noch mehr Zuschauer anlocken will oder gar die Aufmerksamkeit des Priesters provozieren will. Mithilfe des Arztes erhebe ich mich daher langsam und lasse mich von ihm zu seinem Haus führen, dessen Türe noch immer einladend offen steht und uns so willkommen heißen zu wollen scheint.

Einen letzten Blick werfe ich noch in die Richtung des Priesters. Zum Glück habe ich die Kapuze meines Capes über gezogen, sehen wir uns doch just in diesem Moment Beide direkt an.

Dennoch scheint der Priester beruhigt über die Tatsache zu sein, dass ich von dem Arzt weggeführt und versorgt werde, dreht er sich doch um und setzt seinen Weg gen Burg fort.

Und so wende auch ich mich ab und gehe mit dem Arzt nach innen.

Weg von dem Priester...

...weg von Pontifex Temir.
 

Das Halbdunkel des Hauses und die dort herrschende Kälte scheinen uns freudig begrüßen zu wollen. Der Arzt hält kurz inne, um die Türe zu schließen hält mich jedoch weiterhin am Arm fest, ehe er sich daran macht, gemeinsam mit mir den Weg ins Innere des Hauses fortzusetzen. Wir durchschreiten einen kleinen Gang ehe er mich in ein Behandlungszimmer führt und mir bedeutet, mich auf einen Stuhl zu setzen. Schweigend komme ich seiner Forderung nach und nehme auf besagtem Stuhl Platz, ehe ich erstmal das Gesicht in meinen Händen vergrabe und tief seufze. Ich merke, dass der Andere sich neben mich stellt und fühle erneut seine Hand auf meiner Schulter.

"Was war das gerade? Was ist da gerade mit Ihnen passiert?", vernehme ich seine naheliegende Frage während ich meinen Blick aufrichte und ihn ansehe.

Tja, was war das gerade? Gute Frage!

Sagen wir es so, ich wollte – nachdem ich Ihnen eine Lüge allerfeinster Klasse aufgetischt habe – gerade das Weite suchen... als ich Pontifex Temir gesehen habe.

Und dann... ist es wohl oder übel mit mir durchgegangen.

Temir...

Habe ich schon angemerkt dass ich inbrünstig hoffe, dass er mich nicht erkannt hat? Gesehen muss er mich haben, schlussendlich hat er mich geradewegs angesehen.

Aber ob er mich wohl wirklich nicht erkannt hat? Ich bin mir nicht zu einhundert Prozent sicher, dennoch war ich schon etwas gut weit von ihm entfernt als dass er mich hätte vollends erkennen können. Noch dazu hatte ich mein schwarzes Cape mitsamt Kapuze an, da dürfte selbst die neckische blonde Strähne, die unter meinem Cape hervorgelugt hat mich nicht unbedingt zwingend verraten haben.

Dennoch muss man beachten dass Temir nicht auf den Kopf gefallen ist, ganz im Gegenteil. Er machte – insoweit ich ihn in der kurzen Zeit vor dem Kampf mit Antoine 'kennen lernen' konnte – einen sehr klugen Eindruck. Ein scharfsinniger Mann mit messerscharfem Verstand. Und innerhalb der Zeit nach meinem Tode habe ich mich nicht verändert – also dürfte es wiederum gar nicht so abwegig gewesen sein, dass er mich – wenn schon nicht an meinen unverkennbaren Haaren – doch an meiner Kleidung erkannt hat.

Aber er machte keinen erschrockenen Eindruck.

Er sah nicht einmal ansatzweise überrascht aus.

Ob er mich nun also wirklich erkannt hat?

Diese Spannung, sie scheint wie ein Blitz in mich eingefahren zu sein und hat mich derart feste in ihrem eisernen Griff, dass ich im Moment an nichts Anderes mehr denken kann als an die – mir verborgene – Antwort auf meine Frage bezüglich Temir.

Apropos Frage.

Der Arzt hat mich etwas gefragt, stimmt.

Vielleicht sollte ich netterweise dann doch einmal die Güte besitzen, ihm eine Antwort zu schenken.

"Nichts.", hauche ich tonlos, was den Anderen alles Andere als zu befriedigen scheint.

"Nichts? Das nennen sie also nichts? Sie sind da draußen gerade fast kollabiert und sie sagen mir es war 'nichts'? Also guter Mann, so wahr mir der Große Erschaffer helfe aber das kann ich Ihnen nicht abkaufen. Sie lügen!", kommt es von dem Arzt, zwar noch immer ruhig aber dennoch mit einer Intensität in der Betonung bestimmter Worte, die mir erneut den Boden unten den Füßen wegzureißen scheint.
 

'SIE LÜGEN!'

Ja, ich lüge!

Mein gesamtes Leben, es besteht aus einer einzigen Lüge!

Verdammt!

Habe ich dich nicht auch belogen, Chael? Ich habe dich auf die mieseste Art und Weise hintergangen, die man sich vorstellen kann, habe dich mit Füßen getreten und...

...und Temir?

Temir, dich habe ich doch auch belogen, nicht wahr? Gut, vielleicht habe ich dich nicht dreckig angegrinst und dir eine Lüge aufgetischt, nein ich habe es auf andere Art und Weise getan, fieser und – um einiges hinterlistiger.

Indem ich dir deinen Sohn genommen habe.

Und damit meine ich nicht Luxferre, ich meine Chael.

Und du wusstest anfangs Nichts davon, rein gar Nichts!

Ob wohl irgendwann einmal ein Bote mit der finsteren Botschaft direkt aus Deva Castle zu dir ins Himmlische Reich gekommen ist?

Ich hoffe es, kann es nur hoffen und es... es tut mir leid.

Wie mir so vieles in diesem verruchten Leben leid tut.

Wie lange es wohl gedauert hat, dass Jemand einen Boten losgeschickt hat? Wie du wohl auf diese Nachricht reagiert hast, Temir? Damals, als du mich fragtest was aus deiner Frau geworden wäre sah ich den Schmerz in deinen Augen. Ein Schmerz, den du niemals Jemandem offenbaren würdest – latent und verborgen in den tiefsten Abgründen deiner Seele. Und doch war er da, zeigte sich mir kurz und verschwand dann wieder zurück in sein Zuhause in deiner Seele. Ich konnte ihn sehen, konnte ihn fast schon fühlen. Und als ich dir gesagt habe, dass ich deine Frau an einer sonnigen Stelle beerdigt habe, wo sie immer einen Blick auf das Himmlische Reich hätte, da... scheine ich dich vollends gebrochen zu haben. Für einen Moment warst du froh über diese Tatsache, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde. Das sah man dir an, ehe du jegliche deiner Empfindungen wieder vor mir verschlossen hast.

Vermutlich hasst du mich jetzt, nicht?

Aber – und da wären wir mal wieder beim 'Wiedererkennen' – du bist noch nicht einmal auf mich zugestürmt gekommen, um deinem Ärger und der angestauten Wut mir gegenüber endlich einmal Luft machen zu können. Ganz im Gegenteil: du hast mich angesehen, dich abgewendet und bist gegangen.

War das vielleicht deine Reaktion auf den Schock, mich wiedersehen zu müssen? Vielleicht hast du dich wie in einem schlechten Alptraum gefühlt und hast auf diese Art und Weise das Weite gesucht, versucht mir auf diese Art zu entkommen. Hast nicht glauben können, WEN du da gerade zu Gesicht bekommen hast und... wolltest es vielleicht auch nicht unbedingt wahrhaben.

Und dabei habe ich mir deine Reaktion auf mich ganz anders vorgestellt – bei weitem nicht so nobel und beherrscht wie vorhin, ganz im Gegenteil.

Meine Fantasie – sie ist grenzenlos.

Deine Reaktion hingegen... Sie entspricht absolut nicht meinen Vorstellungen.

In meiner Fantasie entfaltet sich deine Reaktion auf anderen Wegen, die eher übel für mich aussehen: Angefangen von dem Zustürmen auf mich über das vor mir stehen bleiben würde es losgehen. Dein eisiger Blick wäre nicht das Einzigste, was mir in diesem Moment einen gehörigen Schauer über den Rücken laufen lassen würde.

Die Zeit... sie würde vermutlich für einen Moment stehen bleiben und unsere Außenwelt? Wir würden uns wohl für einen Moment davon abheben, sie in eine weite Ferne verbannen.

Nur du und ich, Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Wir würden uns mustern, fürs Erste wohl wortlos.

Ehe du deiner Wut freien Lauf lassen würdest.

Egal wie, du würdest und du wirst es wohl irgendwann einmal tun.

Ich weiß dich nicht unbedingt perfekt einzuschätzen, das muss ich gestehen. Dazu kennen wir uns einfach noch zu wenig. Dennoch denke ich, dass du nicht der Typ bist, der zu Schreien beginnt. Obwohl? Wenn dich die Trauer über den Verlust deines Sohnes und der Hass mir gegenüber wieder überkommen würdest eventuell sogar du diese Gefühle etwas lauter zur Schau stellen, würdest mich vielleicht nicht unbedingt anschreien aber mir auf andere Art und Weise deine Sichtweise der Dinge mitteilen.

Aber – und damit kommen wir wieder zu deinen Verhaltensmustern und meinen Fantasiegespinsten zurück – trotzdem denke ich, dass du irgendwo deine Klasse bewahren wirst.

Du bist ein stolzer Mann, du stehst für so viel und repräsentierst so viel.

Da würdest du sicherlich nicht dein Gesicht durch irgendeine derartige, tölpelhaft-aufbrausende Handlung verlieren. Vielleicht würdest du dich mehr klassengerecht verhalten.

Ja, du bist ein Mann mit Klasse Temir, das weiß ich.

Vielleicht würdest du dahingehend auch nur eine Drohung mir gegenüber aussprechen, würdest mich mit deinen roten, wütend-funkelnden Augen ansehen und mir so deine verborgenen Gefühle zuteil werden lassen.

Wer weiß das schon.

Oder... du würdest etwas Anderes tun, etwas in deinen Augen Phänomenales!

Du würdest mich einfach mit meinen eigenen Waffen schlagen und mich hinterrücks ermorden lassen oder du würdest mich höchstpersönlich hinterrücks ermorden.

So würdest du mich aus der Welt schaffen und vielleicht würde es dich glücklicher stimmen. Vielleicht würde dich dein Triumph über mich mit Freude erfüllen, dein Gewissen beruhigen und zur Heilung deiner geschundenen Seele beitragen.

Ich sollte auf der Hut vor dir sein, Temir und... ich denke ich sollte das Gespräch mit dir suchen.

Nein, ich muss mit dir sprechen.

Wir müssen uns sprechen.

Ein Gespräch ist das Geringste, das dir zusteht.

Ich muss dir alles erklären und vor allem muss ich mich bei dir entschuldigen.

Ich muss es, zwingend.
 

Aber fürs Erste sollte ich wohl das Gespräch mit dem Arzt suchen, der mich noch immer abwartend ansieht.

Seine Worte, sie lösen so viel in mir aus und doch können sie nicht verhindern, dass mein Innerstes sich gegen meinen Willen nach außen drängt, meine Empfindungen sich von der Stimme des Arztes geradezu angesprochen fühlen.

Und so gebe ich es zu.

"Ja, ich lüge! Ist es das, was Sie hören wollen?! Wollen Sie hören, dass ich ein Lügner bin?! Ein Verräter?!", beginne ich während ich mich erhebe, "ich bin eine miese Person, ich bin hinterhältig und ich lüge gerne! Für Jeden, der mir etwas lieb ist habe ich irgendeine Art von Schmerz, Verrat oder Betrug im Angebot! Famos, nicht?", rede ich mich weiter in Rage während die Wirkung dieser selbstgehässigen Worte auf den Anderen nur allzu deutlich zum Vorschein kommt: blankes Entsetzen ziert das Gesicht des Mannes, ehe sich dieses Entsetzen letzten Endes in Mitleid umwandelt.

Und ich hasse Mitleid.

Ich habe kein Mitleid verdient daher hasse ich es, wenn man es mir gegenüber zur Schau trägt.

Und doch kann ich nicht verhindern, dass der Arzt sich nun ebenfalls erhebt und mir seine Hände auf die Schultern legt, um mich so wieder zu beruhigen.

Diese alleinige Berührung scheint wie ein magisches Siegel auf mich zu wirken, welches mich urplötzlich verstummen und ruhiger werden lässt.

Den Blick des Arztes zieren eine Flut aus Traurigkeit und vor allem Mitleid.

Ich tue ihm leid.

Ich tue mir selbst leid.

Mit einem Seufzen lasse ich mich gegen die hinter mir befindliche Wand sinken, während der Arzt mich weiterhin in seinem Griff hat.

Schweigend sehen wir uns an.

Während er mit seinem Blick in meine Seele einzudringen scheint versuche ich mich darin, seine Gefühlswelt zu ergründen.

Und so vergeht einige Zeit, Zeit, in der wir uns nur gegenseitig anstarren.

Niemand scheint ein Wort über die Lippen zu bringen und doch muss Einer vor uns den Anfang machen.

Und er tut es.

"Was habt Ihr nur? Es tut mir leid, ich habe... noch nie Jemanden so hasserfüllt über sich selbst sprechen sehen. Ist es das, was Euch so sehr zu verwirren und aus der Bahn zu werfen scheint? Euer Selbsthass?", fragt er mich, woraufhin ich ihm erstmal eine Antwort schuldig bleibe, weil ich mir meiner misslichen Lage erneut bewusst werde.

Dem Arzt einen Schubser verpassend stoße ich mich von der Wand ab – ich kann mir hier doch nicht solche Blöße geben. Ganz im Gegenteil.

"Vergesst was ihr gesehen habt.", sage ich daher bestimmt und sehe den verwunderten Arzt an.

"Warum sollte ich? Seht ihr nicht, dass Ihr Euch etwas vormacht?", ist er es nun, der mich in die Bredouille bringen will.

Als ob ich das nicht sehen würde – natürlich weiß ich, dass ich mir etwas vormache. Dennoch ist es er, dem ich gerade etwas vormachen will.

Was soll ich auf diese Frage entgegnen?

'Na aber klar doch!' ist das Erste, was mir in den Sinn kommt, dennoch wäre es gerade etwas unpraktisch formuliert. Dann eben doch anders.

"Ihr versteht das nicht daher bitte ich Euch, es einfach zu vergessen und entschuldige mich dafür, Euch Unannehmlichkeiten bereitet zu haben.", fahre ich nun fort, was dem Anderen nicht sonderlich zu gefallen scheint.

"Ihr macht Euch etwas vor!", kommt es erneut von dem Anderen, "lasst Euch helfen, ich kann das nicht einfach so vergessen.", bittet er mich dann während ich nicht weiß, was ich jetzt entgegnen soll.

Anya sieht auch ratlos aus, sie habe ich bis eben gar nicht bemerkt, wie sie uns klammheimlich bis vor die geöffnete Türe des Behandlungszimmers gefolgt ist.

Ich soll mir helfen lassen? Auch wenn es unendlich nett von dem Anderen gemeint ist kann er mir doch gar nicht helfen.

"Habt vielmals Dank für Eure Güte aber... Ihr könnt mir nicht helfen.", sage ich und sehe den Anderen geradewegs an.

"Sagt so etwas nicht, es gibt immer Hilfe.", versucht er es weiter.

"Nicht in dieser Situation.", merke ich sofort an und schneide ihm damit fast schon das Wort ab.

"Doch, ihr müsst sie nur zulassen.", kommt es von dem hageren Mann.

"Habt Dank aber meine Antwort lautet nein!", wiederhole ich meine Worte und hoffe, dass es damit nun getan wäre.

"Gut, ich kann Euch zu nichts zwingen. Dennoch habe ich eine Frage. Wer seid Ihr und wo lebt Ihr? Lasst mich Euch nach Hause geleiten, sicherheitshalber.", meint er nun und damit hat er mich – scheinbar hat er ein Fable dafür aber er hat es tatsächlich geschafft, mich zu bezwingen!

Ja, wohin will ich gehen?

Etwa nach Iris Town zurück? Interessieren würde es mich ja schon, ob unser Haus dort noch steht...

Alles schreit in mir, mich dorthin zu begeben.

Ich muss es tun, für mein Gewissen. Für mich. Für Chael.

"Ich komme aus Iris Town.", sage ich daher, woraufhin der Andere neugierig dreinblickt.

"Aus Iris? Interessant.", kommt es von ihm, ehe er fortfährt, "Iris Town ist eine schöne Stadt, nicht? Aber es ist gefährlich, zu gefährlich sie zu erreichen. Verweilt hier in Deva Castle, hier seid Ihr sicher und Ihr könnt sehr gerne bei mir unterkommen, wenn Ihr wollt.", schlägt er mir vor, woraufhin ich nur tonlos lache.

"Bei Euch unterkommen? Verzeiht werter Herr aber ich denke nicht, dass dies eine Option für mich darstellen wird.", meine ich – wie sollte es auch? Ich habe kein Gold, kein ZEN - gar Nichts also kann ich mir wohl oder übel auch keine Unterkunft leisten und auch nicht bei dem Arzt unterkommen.

"Schade, mein Angebot steht.", sagt der Arzt, woraufhin ich nur langgezogen ausatme.

"Danke, zu gütig von Euch. Verratet mir Eines, habt Ihr mich bei dem rothaarigen Mann bereits zuvor behandelt?", frage ich den Arzt und hoffe, er möge 'Nein' sagen.

"Nein, noch nicht vollständig. Ich habe Euch nur flüchtig untersucht, nichts weiter Besonderes.", sagt mir der Arzt, woraufhin ich nur nicke.

"Sagt mir, was ich Euch für Euere Dienste schuldig bin.", fahre ich fort und warte seine Antwort ab.

"Fünf Gold.", sagt er und sieht mich weiterhin direkt an.

Ich sehe die Neugier in seinen Augen, sehe aber dennoch, wie sein Blick vor Hilfsbereitschaft nur so strotzt.

"Verzeiht mir, ehrenwerter Herr aber ich habe kein Bargeld bei mir. Gibt es etwas Anderes, das ich für Euch tun könnte?", frage ich ihn daher, woraufhin sein Blick Bände zu sprechen scheint.

"Von wegen. Hört auf mich zu belügen. Ihr habt kein Zuhause, nicht? Ihr wusstet gestern doch noch nicht einmal, wo Ihr seid. Ihr könnt mich nicht in die Irre führen.", meint er mit einer Sicherheit in der Stimme, die jegliche weitere Widerreden im Voraus abzuweisen scheint.

Was soll ich jetzt tun?

Kann ich dem Mann trauen?

Aber wohin soll ich denn ansonsten ohne Geld?

Ich weiß nicht, was ich ihm antworten soll und schweige, als er auch schon wieder das Wort ergreift.

"Ihr leidet offensichtlich an einer Amnesie, ganz bestimmt. Ansonsten wäret Ihr gestern nicht vor Deva Castle erwacht und hättet nicht gewusst, wie Ihr an diesen Ort gekommen seid. Lasst Euch von mir helfen. Ich biete es Euch an, die Nacht hier zu verbringen und im Gegenzug helft Ihr mir morgen dabei, ein paar Kräuter zu sammeln. Man kann nicht mehr alleine in die Wälder aber Ihr scheint ein großer Krieger zu sein, daher...", beginnt er, woraufhin ich nur nicke – eine Nacht dürfte unschädlich für mich sein, morgen helfe ich ihm dann beim Kräuter sammeln und mache mich dann aus dem Staub. Nochmals sehe ich zu Anya, die nur kaum merklich nickt und ebenfalls zufrieden gestellt scheint.

"Einverstanden.", sage ich und sehe, dass der Andere erleichtert über meine Antwort ist.

"Gut so, das erleichtert mich. Ich mag es nicht, wenn sich Menschen nicht helfen lassen obwohl sie zweifelsohne Hilfe benötigen. Es erfüllt mich mit einer Art Hilflosigkeit. Natürlich ist es die Entscheidung eines jeden Individuums festzulegen, wann es Hilfe benötigt und wann nicht, dennoch sehe ich Andere ungern leiden.", erklärt der hagere Arzt das Offensichtliche und hält mir seine Hand hin, "ich bin Marius, freut mich Euch kennen zu lernen.", sagt er, woraufhin ich seine Hand ergreife.

"Adas, freut mich ebenfalls Euch kennen zu lernen. Habt nochmals Dank für Eure Hilfe.", sage ich, woraufhin mir der Andere erneut dieses sanftmütige Lächeln schenkt.

"Schon gut, ich sehe das als Selbstverständlichkeit an dennoch schätze ich Eure Dankbarkeit, Sir... Adas.", sagt er und bedeutet mir, ihm zu folgen.

Warum er meinen Namen so merkwürdig ausspricht vermag ich nicht zu sagen, vermutlich scheint er den Namen ebenso lustig zu finden, wie es Jeder Andere bisher auch getan hat. Dass er weiß, wie ich wirklich heiße ahne ich nicht im Geringsten.

Er führt mich in ein Zimmer, das ansonsten wohl von einem Patienten bewohnt wird, wenn er denn einen hat.

"Hier könnt Ihr Euch einrichten und übernachten, Adas.", erklärt er mir, woraufhin ich anerkennend nicke – Anya hingegen fliegt munter in dem Raum umher und kundschaftet diesen aus.

"Sehr gut, danke.", sage ich, während ich Anya mit meinem Blick verfolge.

"Eure Fee scheint sich hier sehr wohl zu fühlen.", stellt der Arzt fest, woraufhin ich ihn entgeistert ansehe.

"Sie... können sie sehen?!", frage ich verschreckt, woraufhin der Andere nur nickt.

"Natürlich kann ich das! Ich habe so gesehen magisch ausgeprägte Fähigkeiten. In meiner Vergangenheit diente ich einst als Magier zum Schutze Deva Castles doch sind diese Zeiten längst vorbei. Und nun diene ich Deva als Heiler.", sagt er, während sein Blick immer neugieriger und er selbst immer aufgeregter zu werden scheint, "wer seid Ihr, dass Ihr mit einer Fee gemeinsam reist?", frägt er mich nun, woraufhin ich einen Moment lang schweige.

Jetzt bloß nicht damit rausrücken, dass du vom Devil Tribe bist, Regret...
 

Feen.

Sie sind heilige Wesen.

In unserer Welt erachtet man sie als Geschenk des Großen Erschaffers.

Niemand steht dem Großen Erschaffer näher, als es diese Wesen tun.

Wenn dann noch eine menschliche – oder wie in meinem Beispiel menschlich wirkende – Gestalt von einer Fee begleitet wird bedeutet dies Großes!

Feen erscheinen immer nur in Zeiten einer bevorstehender Krise und sind dazu prädestiniert, einem Helden auf seiner Reise zu begleiten, damit er die Welt retten kann. Sie verfügen über immense Kraft und weitreichende Fähigkeiten. Sie können sogar das Zeitgefüge verändern und somit in eine andere Zeit reisen, um diese zu retten.

Sie sind – wie ich schon angemerkt habe – heilig und werden von allen Wesen dieser Welt und insbesondere dem Himmlischen Reiche verehrt.

Da kann man sich doch vorstellen dass es dann schon das etwas auffällig ist, wenn ein – wenn auch dem Anschein nach – menschliches Wesen mit einer Fee reist. Und wenn der Gegenpart dann auch noch, wie eben auch der Arzt, die Fee sehen kann ist es definitiv schwer, ihm schnell, sang- und klanglos zu entkommen oder derartigen Fragen einfach so auszuweichen.

Und die Eigenschaft, mit einer Fee zu reisen beinhaltet natürlich einen nicht allzu geringen Anteil an Nebeneffekten.

Seien sie jetzt positiv oder negativ – das sei mal dahingestellt. Aber sie sind vorhanden – in Hülle und Fülle!

Und in welcher Hülle und Fülle!

"Ich bin ich.", sage ich nur und schüttle leicht den Kopf, "ich bin nur ein ganz normaler Mann, nicht mehr und nicht weniger.", sage ich und sehe den Anderen nunmehr wieder schweigend an.

"Blondie hier ist niemand Besonderes, eigentlich viel eher eine arme Sau.", sagt Anya nur und lacht frech, während ich keinerlei Einwände einbringe.

"Interessant. Ich hoffe ihr wisst über die Geschichte der Feen Bescheid?", fragt der Andere mich und sieht mich erwartungsvoll an.

"Natürlich tue ich das.", sage ich und nicke zur Bestätigung meiner Worte.

"Gut so. Nun denn.", sagt er und wendet sich der geöffneten Türe zu, "ich müsste noch kurz ein paar Besorgungen erledigen.", kündigt der Arzt an, "ihr ruht Euch hier bitte so lange aus. Ich bin bald wieder zurück, Adas.", fügt er an woraufhin ich nur nicke und er tatsächlich verschwindet.
 

Seufzend entledige ich mich meines Capes und lasse mich auf das Bettlaken sinken, wo ich für einen Moment meine Augen schließe.

Die Haustüre fällt hinter dem Arzt in ihren Rahmen und so lässt er mich allein zurück.

Allein mit meinen Gefühlen.

Also fast allein, mal abgesehen von der Fee, die – zumindest bevor ich meine Augen geschlossen habe – noch neugierig in meine Richtung gesehen hat.

Und nun herrscht für einen Augenblick lang Stille, drückende Stille.

Bestimmt stellt sich Anya jetzt die Frage, ob sie mich ansprechen soll oder ob sie es lieber unterlassen sollte. Doch ist mir das für einen Moment egal.

Ob sie mich anspricht oder nicht – was soll's?

Ruhig und tief atme ich ein und wieder aus, ehe ich meine Augen wieder öffne und mich etwas aufsetze.

"Regret... Der Priester vorhin. Wer war er?", fragt sie mich und sieht mich abwartend an.

Diese Frage musste einfach kommen, das war mir sowas von klar.

Und ich bin ihr auch definitiv eine Antwort schuldig, mehr als schuldig sogar.

"Pontifex Temir", beginne ich und setze sofort etwas nach, "der Mann war Pontifex Temir. Und ich... Anya, damals in Deva Castle – ich habe dir nicht die volle Wahrheit gesagt.", setze ich fort und fahre mir kurz durch mein Haar.

"Wann hast du mir nicht die volle Wahrheit gesagt? Und in welchem Deva Castle? Dem der Vergangenheit oder dem Gegenwärtigen?", hakt sie nach woraufhin mir sofort bewusst wird, wie ungünstig und undurchsichtig ich meine Antwort formuliert habe.

"Weißt du noch als wir bei den vier Kommandanten waren und dich Chael erkannt hat?", frage ich sie nun und scheine so tatsächlich ihre Erinnerung zu wecken.

"Ja klar, wie kann ich diese Szene nur vergessen? Welch undankbares Balg aber auch!", giftet sie sofort, während ich nur die Hand hebe und so versuche, ihr Einhalt zu gebieten.

"Warte kurz. Weißt du noch, was ich dir damals gesagt habe?", frage ich sie.

"Ja klar. Dass du sein Vater bist.", kommt es prompt von der Fee.

"Gut. Das ist nicht die volle Wahrheit.", beginne ich und offenbare mal wieder einer Person, dass ich sie belogen habe – ist ja nichts Neues mehr, ich weiß.

"Wie meinst du das?", fragt Anya und sieht mich abwartend an.

"Ich... Ich bin nicht Chaels wirklicher Vater.", beginne ich und seufze kurz.

"Wieso? Bist du seine Mutter oder was?!", kommt es prompt von Anya, woraufhin ich nur den Kopf schüttle und mir ein verbittertes Lächeln nicht verkneifen kann.

"Nein, natürlich nicht. Aber weißt du, ich bin nur sein Ziehvater. Sein leiblicher Vater ist Pontifex Temir.", sage ich, was bei der Anderen zu einer ordentlichen Reaktion führt.

"Was zur Hölle?! Sag dass das nicht wahr ist! Der ist... Aha, jetzt wird mir so Einiges klar. Vielleicht war er deshalb ja so großkotzig und fies dir gegenüber? Und jetzt verstehe ich auch, warum du gesagt hast, dass er ursprünglich aus dem Himmlischen Reich ist.", sagt sie und provoziert mich auf diese Art und Weise – wenn auch ungewollt, schlussendlich kommt ihre Antipathie gerade in vollem Maße zum Zuge.

"Ich... Du weißt doch, dass ich mich damals Antoine geopfert habe.", beginne ich woraufhin ich erneut unterbrochen werde.

"Klar weiß ich das, ICH habe schließlich DICH in Kenntnis von deiner Wiederbelebung gesetzt, du Volltrottel!", entgegnet sie mir, woraufhin ich nur nicke.

"Ja, das hast du. Aber du kanntest nie die volle Geschichte, kanntest nie die Hintergründe und... die Wahrheit um Chael. Verstehst du, eines Tages habe ich ihn neben einer sterbenden Frau des Divine Tribes vorgefunden. Sie bat mich darum, mich um ihn zu kümmern. Und dann, als er nach Midgard beschworen wurde traf erst er und dann letzten Endes auch ich auf den Pontifex. Ihn jetzt zu sehen... Ich... er.... Wie muss er sich fühlen wenn ich mich schon so schlecht fühle?", frage ich zum Ende hin immer stotternder und holpriger, während Anya mich besorgt ansieht.

"Er sah absolut nicht traurig aus. Eher hochnäsig, edel und so, als ob er sehr viel von sich halten würde. Mach dir um diesen Großkotz keine Sorgen, der weiß sich mit Geld über Alles und Jeden hinweg zu trösten.", meint Anya nüchtern, woraufhin ich nur erneut den Kopf schütteln kann.

"Er war aber sein Sohn! Ein Kind geht aus dem Herzen, verstehst du das nicht?! Er... auch wenn sie vielleicht nicht sonderlich viel miteinander zu schaffen hatten – er war sein Sohn. Und Luxferre, sein Bruder. Wie muss er wohl gelitten haben?", frage ich und erhebe mich, während ich unruhig in dem kleinen Raum auf- und abschreite.

"Zerbrich dir nicht andauernd den Kopf über das Leid der Anderen. Du musst dich auf dich selbst und vor allem auf Shaturu fixieren. Du hast keine Zeit für solche Dinge! Die Zeit kannst du nicht ändern, du kannst sie nicht zurückdrehen und du kannst das Geschehene auch nicht mehr ungeschehen machen. So hart das jetzt klingen mag aber komm zur Besinnung und reiß dich verdammt noch mal zusammen! Trauern kannst du ein andermal immer noch! Außerdem ziehst du alle Personen damit gehörig in den Dreck, die deinetwegen ihr Leben gelassen haben.", meint Anya fast schon wütend, ehe ich urplötzlich stehen bleibe und sie wieder mit meinem Blick fixiere.
 

Vielleicht hat sie recht.

Vielleicht sollte ich mich wahrlich erstmal auf Shaturu konzentrieren und mich nicht von dem unerbittlichen Kampf gegen meine Schuldgefühle ablenken lassen? Klingt doch vernünftig.

Ein guter Appell an das versteckte etwas an Vernunft, das tief in mir schlummert und nur darauf wartet, von mir geweckt zu werden.

Aber vielleicht ist es auch ignorant und Ignoranz... Ich hasse sie!

Ja, ausgerechnet ich, wo ich doch nicht minder ignorant war.

Schande.

Was soll ich nur tun?

Was soll ich unterlassen?

Was soll ich zulassen?

Was sollen meine nächsten Schritte werden?

Was soll mein nächstes Ziel werden?

Shaturu.

Er ist die sofortige Antwort die in mir aufkeimt – und doch kann ich nicht einfach alle Gefühle vergessen, die noch immer zu präsent in meinem Inneren vorhanden sind.

Ich kann sie nicht verdrängen, ganz im Gegenteil.

Das wäre ignorant, viel zu ignorant.

Ich würde Alles mit Füßen treten.

Ich würde dich mit Füßen treten, Chael.

Ich weiß, dass das nichts Neues ist aber...

Erneut überkommt mich eine Woge der Trauer, tränenblind wende ich mich schnell von Anya ab und versuche mich mit einem Blick aus dem Fenster auf das hektische Treiben der Stadt abzulenken.

Es tut mir doch alles so leid, so unendlich leid.

Und doch kann ich es nicht ändern.

Ich bin meinem erbarmungslosen Schicksal hilflos ausgeliefert und diese Hilflosigkeit ist es, die mich verzweifeln lassen will.

Und sie wird es schaffen, eines Tages, bestimmt.

Wenn ich nichts daran ändere.

Wenn ich mich dem erbarmungslos hingebe und in den tiefsten Abgründen meiner Trauer versinke.
 

Vielleicht sollte ich mich doch auf Shaturu konzentrieren, vielleicht tut er mir in dieser Hinsicht gut. Wie absurd! Als ob einem Jemand gut tun könnte, der Einen noch kurz zuvor von einer Kameradin hat erstechen lassen. Ganz bestimmt!

Und doch weiß ich, dass mein Schicksal mit dem seinigen eng verschlungen ist, verwächst und zu einem gemeinsamen Schicksal erwächst.
 

Dem Kampf auf Leben und Tod.
 

Sein oder nicht sein.
 

Er oder ich.
 

Wer wohl diesmal den Kürzeren ziehen wird?

Ich kann nur hoffen, dass es diesmal Shaturu ist.



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