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Crossroads

decisions are never easy
von

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Zauberkunst

Im Nachhinein wusste Severus selbst nicht mehr, was ihn geritten hatte, einem der Rumtreiber zu helfen – auch wenn es sich nur um Lupin handelte. Vermutlich hätte niemand davon erfahren, wenn er ihn einfach seinem Schicksal überlassen hätte. Vielleicht wäre er draufgegangen…na und? Was kümmerte es ihn? Sie waren keine Freunde…wie Lupin es dem Fohlen hatte weißmachen wollen. Eher war das Gegenteil der Fall und Severus war sich bis vor kurzem noch hundertprozentig sicher gewesen, dass er die Rumtreiber allesamt verabscheute.

Für Potter, Black und Pettigrew traf dies auch immer noch zu und wäre einer von ihnen in so einer Miesere gewesen, er hätte keinen Finger gekrümmt. Nein, da hätte er lieber zugesehen, wie sie auf so erbärmliche Weise zugrunde gingen. Aber verabscheute er Lupin nicht genauso? Für seine Feigheit und seine Doppelmoral? Dafür, dass er ein dreckiger Werwolf war? Allein die Tatsache, dass Potter und Black seine Freunde waren, sollte ausreichen, um ihn zu hassen.

Dennoch war er zurückgekehrt, um ihm zu helfen. Bei Merlin, er hatte sogar seinen Knöchel so weit geheilt, dass er wieder hatte laufen können. Und weil dieser vermaledeite Werwolf ihn darum gebeten hatte, hatte er sich auch des Fohlens angenommen. Einem unnützen Zentauren…wobei es am Ende ja doch einen Vorteil für ihre Situation geboten hatte. Immerhin.

Severus konnte seine Beweggründe drehen und wenden, wie er wollte, es ergab einfach keinen Sinn. Was er Lupin gegenüber geäußert hatte, war lediglich eine schwache Ausrede gewesen. Die Wahrheit war, dass er nicht einfach hatte weglaufen können. Lupins verzweifeltes Gesicht hatte nicht aus seinen Gedanken verschwinden wollen, so dass er es nicht über sich hatte bringen können, ihn zurückzulassen. Es war nicht so, dass er Lupin mochte, doch er hatte auch nicht vergessen können, wie dieser ihn vor McGonagall und Slughorn gedeckt hatte. Nicht, dass Severus danach gefragt hätte…dennoch hatte er ihm damit das unerträgliche Gefühl vermittelt, in des anderen Schuld zu stehen.

Severus wollte in niemandes Schuld stehen! Schon gar nicht in der eines Rumtreibers! Lupins nach außen hin so gerechte Art widerte ihn dermaßen an, dass dieser sich wünschte, er hätte ihn angeschwärzt, wie der Rest der Truppe mit dem Finger auf ihn gezeigt und ihn beschuldigt. Hätte er sich so verhalten, wäre alles in Ordnung und er hätte ihn bedenkenlos verachten können. Doch natürlich machte es ihm dieser Gutmensch nicht so einfach. Nun, wenigstens waren sie jetzt gewissermaßen quitt…wenn Lupin nicht sogar in seiner Schuld stand.

Vielleicht war das ja auch ein positiver Aspekt, der irgendwann noch mal hilfreich sein könnte. Zumindest dieser Gedanke hatte etwas Befriedigendes, auch wenn er ihn nicht gänzlich beruhigte. Na ja…ändern würde sich dadurch wohl nichts. Schon als sie auf dem Rückweg gewesen waren, hatte er Potters und Blacks gehässige Blicke auf sich gespürt. Lupin würde vermutlich Stillschweigen über die Sache bewahren, um nicht mit den beiden aneinander zu geraten. Aber darauf gab er ja sowieso nichts, also konnte es ihm gleichgültig sein.
 

Als er schließlich auf dem Weg zum Frühstück in der großen Halle war, rechnete er daher bloß mit der üblichen Ignoranz…nicht aber damit, dass ihm jemand auflauerte. Er konnte gar nicht so schnell reagieren, wie er am Kragen gepackt und mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt wurde. Ein graues Augenpaar blickte ihn finster an, während sich ein Stab in seine Kehle bohrte und ihn daran hinderte, nach seinem eigenen zu greifen.

„Nimm deine Pfoten weg, Black“, knirschte Severus und funkelte den anderen nicht minder hasserfüllt an.

Dieser lächelte kalt, lockerte seinen Griff aber nicht.

„Keine Sorge, Schniefelus“, zischte er ihn an. „Ich will dir nur was zum Nachdenken geben…“

„Als würde ich über das, was aus deinem Mund kommt, auch nur eine Sekunde nachdenken“, erwiderte er verächtlich.

„Jetzt pass mal auf“, grollte Black und bedachte ihn mit einem Blick voll inbrünstiger Abscheu. „Ich weiß nicht, was du hier für ein Spielchen spielst…aber wenn du irgendwas versuchst, bereust du das!“

„Davon abgesehen, dass ich nicht einmal weiß, wovon du redest…lass mich los!“

Es war nicht einmal gelogen, denn er verstand tatsächlich nicht, was dieser primitive Schwachkopf da von sich gab. Was für ein Spielchen? Seit gestern hatten sie sich nicht einmal mehr angefeindet. Nicht mehr als sonst jedenfalls.

„Benimm dich nicht dümmer, als du bist, Snape“, grollte Black warnend und der Druck auf seine Kehle wurde verstärkt. „Moony ist ein guter Kerl…ihm magst du ja eintrichtern können, dass du ihm selbstlos geholfen hast, aber ich weiß, dass du ein schmieriger Sack mit Hintergedanken bist!“

Severus hatte ja mit vielem gerechnet, aber das schlug dem Fass den Boden aus.

„Wie bitte?!“, entkam es ihm zornig.

Jetzt musste er sich schon von Black drohen lassen, weil er diesem minderbemittelten Werwolf das Leben gerettet hatte?! Er wollte keinen Dank, nicht mal, dass sich etwas änderte, aber ebenso wenig wollte er dafür angeprangert werden. Genau das wollte er Black auch drastisch formuliert ins Gesicht spucken, doch bevor er dazu kam, mischte sich unerwarteter Weise jemand anderes ein.

„Lass ihn sofort los, Black!“

Severus brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass es tatsächlich Lily war, die sich hinter ihnen aufgebaut hatte, den Zauberstab in der Hand haltend. Er konnte nicht anders, als sie anzustarren, immerhin mied sie ihn seit dem Vorfall im letzten Jahr. Warum schlug sie sich jetzt plötzlich auf seine Seite? Ihm wurde ganz schlecht, so heftig pumpte der Muskel in seiner Brust.

„Ich war aber noch nicht mit ihm fertig, Evans“, erwiderte Black ungerührt. „Und du weißt doch noch, was letztes Jahr passiert ist, als du diesem Mistkerl helfen wolltest oder?“

Severus schnürte es die Kehle zu, als er das hörte…und vor allem als Lilys Miene eine Spur kühler wurde. Sie wussten beide, was Black meinte.

„Er hat Remus das Leben gerettet“, überging sie es jedoch und funkelte ihn an. „Anstatt ihn anzugreifen, solltest du dich bedanken! Sowas gehört sich nämlich, falls dir das noch niemand gesagt hat!“

Black wurde rot vor Wut, doch allein wegen Potter hätte er wohl niemals den Zauberstab gegen sie erhoben. Er selbst wusste nicht, was er davon halten sollte, fühlte sich wie gelähmt. Was hatte Lupin denn bitte erzählt?! Und wem hatte er es erzählt? Vor allem…warum?

„Oh, ja sicher…“, spottete Black nun, ohne ihn loszulassen. „Da Schniefelus so ein guter Kerl ist, rettet er natürlich erst einem von uns das Leben und kümmert sich dann noch um ein Zentauren-Fohlen…hast Recht, Evans, wie konnte ich es nur wagen, das zu hinterfragen!“

Severus hatte das Gefühl, sich an seiner Zunge zu verschlucken; was zur Hölle hatte Lupin erzählt, verdammt noch mal?! Anscheinend die Wahrheit ohne unschöne Details, wie zum Beispiel, dass er sich zuerst strikt geweigert hatte…und Lupin hatte liegen lassen wollen.

„Deine Meinung über ihn tut hier nichts zur Sache!“, entschied Lily. „Er hat nichts falschgemacht, also lass ihn gefälligst in Ruhe!“

Black sah aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen, schien nicht zu wissen, wie er sich verhalten sollte. Schließlich warf er ihm einen finsteren Blick zu und ließ ihn los – nicht, ohne ihn dabei gegen die Wand zu schubsen.

„Dein Glück, dass Evans hier ist, Schniefelus“, zischte er ihm zu. „Ich behalte dich im Auge, merk dir das!“

Und damit ließ er ihn stehen, wobei Severus nicht mal den Versuch unternahm, ihm einen Fluch in den Rücken zu jagen. Selbst die Drohung war ihm egal, denn Lily stand immer noch vor ihm, schob ihren Stab gerade in den Umhang zurück. Er wusste nicht, was er sagen sollte, starrte sie immer noch an, als sei sie das achte Weltwunder. Gewissermaßen war es auch wie ein Wunder, dass sie ihm soeben beigestanden hatte.
 

„Lily…ich…“, stammelte er und hätte sich am liebsten dafür geohrfeigt.

Da hatte er nach Monaten endlich einmal die Gelegenheit, mit ihr zu sprechen, und er bekam kaum einen Ton raus. So wie immer, wenn es um etwas ging, das sie betraf. Es war zum Verrücktwerden!

„Danke…“, quetschte er mühsam hervor und sie sah ihn nun direkt an.

„Denk nicht, dass das etwas zwischen uns ändert“, antwortete sie distanziert und sein Herz rutschte ihm in die Hose. „Ich fand es nur nicht fair, wie er sich verhalten hat.“

Es wäre ja auch zu einfach gewesen, wenn sie ihm verziehen hätte. Innerlich stöhnte er, doch äußerlich bemühte er sich, keine Miene zu verziehen.

„…das habe ich auch nicht erwartet“, murmelte er, obwohl das nicht ganz aufrichtig war.

Sie musterte ihn prüfend aus ihren grünen Augen.

„Stimmt es?“, fragte sie dann ernst und er wusste zuerst nicht, wovon sie sprach. „Dass du Remus im Wald das Leben gerettet hast?“

Musste sie ausgerechnet dieses Thema ansprechen? Verflucht sei dieser dusselige Werwolf…sollten ihn doch die Fledermäuse holen!

„…ja“, presste er hervor, deutlich widerwillig.

„Auch das mit dem Zentauren-Fohlen?“

Als ihre Lippen dabei leicht zuckten, fühlte er sich noch lächerlicher, als er es sowieso schon tat. Bei Merlin, warum ließ sie ihn nicht einfach damit in Ruhe? Mehr als ein Nicken brachte er nicht zustande, mied nun konsequent ihren Blick – nur für den Fall, dass sie ihn auslachen würde. Das hätte er nicht ertragen.

„Das war nett von dir.“

Perplex sah er auf, erkannte das Lächeln auf ihren Lippen und es ließ ihm warm werden, vertrieb alle negativen Gedanken, die er eben noch gehabt hatte. In diesem Moment hätte er zehn verdammte Fohlen geheilt, nur damit sie ihn weiterhin so ansah. Und sei es auch nur für Sekunden, das wäre es wert. Jedoch erfüllte sich diese Hoffnung nicht, denn sie ging an ihm vorbei zur großen Halle. Er sah ihr sehnsüchtig nach, wobei sein Herz immer noch raste. Als er sich jedoch bewusst wurde, was er tat, glättete sich seine Miene und er folgte ihr hinein.

In der Halle war es laut wie jeden Morgen, doch für Severus waren die Geräusche stumpf und unwichtig. Sein Blick glitt kurz zum Gryffindor-Tisch, an dem sich Lily soeben neben eine ihrer Freundinnen setzte. Ein paar Plätze weiter entdeckte er die Rumtreiber…Potter und Black schienen zu diskutieren, verstummten jedoch, als sie Lily bemerkten. Daneben saß Lupin, der leicht den Kopf schüttelte, sich dann aber wieder dem Frühstück zuwandte.

Lupin, der ausgeplaudert hatte, was im verbotenen Wald geschehen war…der ihn damit zum Gespött gemacht hatte. Wenn die anderen Slytherins jemals davon erfuhren, war er geliefert. Niemand würde ihn je wieder ernstnehmen…wobei das wohl auch jetzt schon keiner mehr tat.

Dann sah er flüchtig zu Lily…sah ihr Lächeln vor sich und…seine Wut auf Lupin verrauchte. Immerhin hatte Lupins Geschichte dafür gesorgt, dass Lily wieder mit ihm gesprochen hatte. Sie hatte sich für ihn eingesetzt und ihm gesagt, dass sie das, was er getan hatte, nett fand. Nett…das war besser, als die Ignoranz, die sie ihm sonst zuteilwerden ließ. Nein…er konnte deswegen nicht mehr wütend sein. Nicht, wenn er an Lilys Lächeln dachte.
 

In der ersten Unterrichtsstunde hatten sie Zauberkunst bei Flitwick – mal wieder zusammen mit den Gryffindors. Nun, zumindest würde er Lily dann auch sehen, mehr Vorteile konnte er diesem Umstand aber nicht abgewinnen. Da Black ihm an diesem Tag bereits einmal zu nahe getreten war, war er entschlossen, seine Deckung kein zweites Mal zu vernachlässigen. Anscheinend hatten jedoch weder Potter noch Black einen Angriff auf ihn geplant, denn er traf sie erst mit dem Rest vor dem Klassenraum wieder. Lupin besaß sogar die Dreistigkeit, ihn anzulächeln, woraufhin Severus rasch den Blick abwandte. Soweit kam es noch, dass dieser Idiot sich einbildete, dass es irgendwas ändern würde, nur weil er rumerzählt hatte, was im Wald passiert war.

Potters misstrauischer Blick war ihm ebenfalls nicht entgangen, doch wenigstens ließ der ihn vorerst in Ruhe. Sollte er spekulieren, wie er wollte…sie konnten ihm allesamt gestohlen bleiben. Lily war die einzige Gryffindor, die er um sich haben wollte.

Nachdem sich alle gesetzt hatten, räusperte sich Flitwick, der hinter seinem Pult wie immer auf einem Stapel Bücher stand, vernehmlich.

„Sind alle da? Sehr schön!“, rief er aus und lächelte freundlich in die Runde. „Wir werden heute einen recht simplen Zauber wiederholen, der ihnen allen bekannt sein dürfte.“

Der kleine Professor hob seinen Zauberstab und im nächsten Moment lag vor jedem Schüler und jeder Schülerin eine Feder.

„Sie werden heute den Schwebezauber wiederholen.“

Severus runzelte die Stirn, kam sich ein wenig veralbert vor; solche Zauber hatten sie schon im ersten Jahr gelernt. Was sollte dieser Unsinn also? Anscheinend war er nicht der Einzige, der sich das fragte, denn einige murrten leise. Flitwicks Laune schien der allgemeine Unmut jedoch nicht zu trüben, denn er sah sie alle vergnügt an.

„Sicher fragen Sie sich, warum ich Sie einen Zauber wiederholen lasse, den Sie mit Sicherheit bereits beherrschen. Nun, ganz so einfach ist es natürlich nicht, denn Sie werden den Zauber heute ungesagt ausführen.“

Leises Raunen ging durch die Klasse, während Severus die Brauen zusammenzog. Davon hatte er bereits gelesen, es jedoch noch nie ausprobiert. Dabei wäre es sicher sehr praktisch, solche ungesagten Zauber zu beherrschen.

„Kann mir jemand sagen, was es damit auf sich hat? Nur zu…Mr Snape?“

Seine Hand war nicht die Einzige gewesen, die nach oben geschnellt war. Ein paar Plätze weiter ließ Lily ihre Hand sinken.

„Der Vorteil bei ungesagten Zaubern ist es, dass der Gegner nicht weiß, welche Art von Zauber man verwendet“, antwortete er. „Man braucht dafür allerdings ein gewisses Maß an Willenskraft, das nicht jeder aufbringen kann.“

Sein Blick schweifte kurzzeitig zu Pettigrew, der bei seinen Worten blass geworden war. Bei dem war Hopfen und Malz verloren, so viel war sicher. Er beobachtete, wie Lupin dem pummeligen Jungen aufmunternd auf die Schulter klopfte.

Flitwick nickte ihm derweil zufrieden zu.

„Richtig, Mr Snape…5 Punkte für Slytherin. Sie werden heute also den Schwebezauber vollführen, ohne den Spruch laut aufzusagen. Ich bin mir sicher, dass Sie es mit ein wenig Übung alle meistern können! Verzagen Sie nicht, wenn es beim ersten Mal nicht funktioniert…wie bereits gesagt, ist es wirklich nicht einfach.“

Es lag wohl einfach in der Natur ihres Lehrers, selbst den hoffnungslosen Fällen Mut zuzusprechen. Severus war der Auffassung, dass er damit seine Zeit vergeudete. Stirnrunzelnd sah er auf die Feder vor sich herunter, hob dann den Stab. So schwer konnte das doch nicht sein. Man brauchte lediglich Konzentration…musste sich den Spruch genau vorstellen. An Willenskraft konnte es ihm kaum fehlen…an Ehrgeiz schon gar nicht. Zu seiner Enttäuschung passierte zuerst nichts…auch beim zweiten Mal war es mehr Quälerei als Erfolg. Er musste ruhiger werden und es noch einmal probieren…den Stab schwingen, die Worte deutlich im Geiste betonen.

Nach zehn Minuten hatte es noch niemand aus der Klasse geschafft, seine Feder stumm fliegen zu lassen. Ohne seine Genugtuung offen zu zeigen, sah Severus zu, wie Avery und Mulciber mit zusammengepressten Lippen mit ihren Stäben wedelten. Avery war schon genauso rot im Gesicht wie Pettigrew, wobei Letzterer auch noch so beschränkt war, seinen Zauber zu flüstern. Schummeln würde dieser Dumpfbacke auch nichts bringen.
 

„Ich pack’s nicht…“

„Wie hast du das denn gemacht?!“

Severus hielt inne, als er die Ausrufe von Potter und Black vernahm. Auch Flitwick, der bis eben durch den Raum gelaufen war und die Schüler ermutigt hatte, hielt nun inne. Lupin hielt seinen Zauberstab auf die Feder gerichtet, die nun immer höher schwebte. Angestrengt hatten sich seine Brauen zusammengezogen, der Mund war fest geschlossen…und dann ließ er die Feder zurück auf den Tisch schweben, wo sie schließlich liegen blieb.

„Großartig, Mr Lupin! Wirklich eine beachtliche Leistung!“, rief Flitwick stolz aus und Lupin wurde vor Verlegenheit rot. „20 Punkte für Gryffindor! So…und nun die anderen! Das schaffen Sie doch bestimmt auch…Miss Evans, bitte, versuchen Sie es noch einmal, das sah schon ganz gut aus!“

Severus musste sich erst einmal sammeln; wie hatte Lupin das denn bitte geschafft? Wo hatte dieser Kerl schon Willenskraft? Er schnaubte leise, wollte sich gerade noch einmal selbst an dem Zauber versuchen, als ihn eine Bemerkung von Black innehalten ließ.

„Im Ernst, Moony…du hast doch heimlich geübt, oder?“

„Sicher hat unser Vorzeige-Streber das ganze Buch schon in den Ferien durchgekaut“, feixte Potter grinsend und boxte dem Werwolf gegen die Schulter.

„Unsinn…“, brummte dieser und klang ein bisschen beleidigt. „Ihr könntet ruhig mal anerkennen, dass ich diesmal besser war als ihr beide.“

„Hast du das gehört, Krone?“

„Ja, klingt, als sei unser Moony eingeschnappt…“

„Ihr seid Idioten“, murmelte Lupin kopfschüttelnd, lächelte aber dabei.

„Also ich finde es toll…kannst du mir vielleicht einen Tipp geben, Moony? Wie es vielleicht…leichter geht?“, bettelte Pettigrew und Lupin nickte vage.

„Ich kann es versuchen…aber eigentlich kommt es wirklich nur auf die Willenskraft an…und auf die Vorstellungsfähigkeit.“

„Hör dir das gut an, Wurmschwanz!“, mischte sich Potter amüsiert ein. „Unser Moony bringt dir noch richtig was bei!“

„Würde mich nicht wundern, wenn du irgendwann da vorn stehst – natürlich ohne Bücherstapel unter den Füßen“, meinte Black und zwinkerte ihm zu. „Professor Lupin…hey Krone, stell dir das mal vor! So mit Brille…in ner schicken Robe…“

„Und mit ganz wichtiger Miene…so!“, erwiderte Potter und reckte das Kinn, hob den Zeigefinger.

„Ihr sollt aufhören, mich zu veralbern!“

Gespielt verärgert sah Lupin seine Kameraden an und Severus wandte sich schließlich ab. Er wusste nicht, was es da zu lachen gab. Lupin hatte einen ungesagten Zauber als Erster gemeistert und seine sogenannten Freunde zollten ihm nicht das kleinste bisschen Anerkennung. Sie schienen ihn nicht ernst zu nehmen, so wie auch Severus nie ernstgenommen wurde. Wie konnte er daneben sitzen und so dümmlich grinsen? Er an seiner Stelle wäre zornig gewesen und hätte ihnen die Meinung gegeigt. Aber vielleicht war er dazu zu feige, das wäre ja nichts Neues. Oder verstand er gar nicht, was Potter und Black dort taten? Sah er es als Spaß an, sich so behandeln zu lassen?

Dabei war er anscheinend doch kein Dummkopf, wenn man nach seinen Leistungen ging. Genau genommen war Lupin der Einzige von ihnen, der manchmal in der Bibliothek saß und lernte. Er war fleißig und benutzte seinen Verstand, das konnte selbst Severus nicht leugnen. Warum machte er das also mit?

Sei es drum, eigentlich sollte ihn das gar nicht interessieren. Es ging ihn nichts an und er wollte auch nichts damit zu tun haben. Viel eher sollte er sich auf seine eigene Leistung konzentrieren…das konnte doch gar nicht so schwer sein! Er sah wieder auf die Feder, schloss kurz die Augen und sammelte dann erneut seine Gedanken.

Wingardium leviosa

Und dieses Mal gelang es ihm. Es war also wirklich nur eine Sache des Willens und der Konzentration. Während Flitwick ihn erfreut lobte und ihm ebenfalls 20 Punkte gab, wanderte sein Blick zu Lily. Hatte sie es gesehen? Ihm war, als hätte sie für ein paar Sekunden anerkennend zu ihm herübergeschaut, doch nun hatte sie sich wieder ihrer eigenen Feder zugewandt. Er ließ ein wenig die Schultern sinken, ehe er seine Feder seufzend zurück auf den Tisch beförderte. Er durfte einfach nicht zu viel erwarten. Abermals glitt sein Blick in Richtung der Rumtreiber, wo Lupin die Feder soeben ein weiteres Mal stumm schweben ließ.

Nein, dumm war er wohl wirklich nicht. Wer hätte gedacht, dass er einem Gryffindor mal eine positive Eigenschaft zusprechen würde? Er selbst sicherlich nicht. Leider konnte er nicht verhehlen, dass sich Lupin in letzter Zeit ihm gegenüber korrekt verhielt. Einerseits sollte ihn das wohl freuen, andererseits nervte es ihn. Er wollte dem Werwolf eigentlich weder Charakterstärke noch Klugheit zusprechen…er wollte ihn verabscheuen, denn das war leichter.

Jemand, der mit Potter, Black und Pettigrew umherzog, musste mit ihnen auf einer Stufe stehen. Oder etwa nicht? Als Lupin seinen Blick auffing und ihn flüchtig anlächelte, wandte er sich wieder ab; das war doch wirklich zum Verrücktwerden! Verdammter Werwolf!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Lichtregen
2015-09-25T21:38:47+00:00 25.09.2015 23:38
Snape könnte Tanzlehrer werden… Einen Schritt vor, zwei zurück und einmal im Kreis. Der Gute macht wirklich kaum Fortschritte. xD Da überlegt er endlich mal ernsthaft, ob er Lupin nicht doch ein bisschen weniger hasst als die anderen Rumtreiber, und dann widert ihn Lupins gerechte Art wieder an. ^^° Nun ja, immerhin hat er ja anscheinend ein Gewissen, wenn ihn Lupins verzweifeltes Gesicht schon heimsuchte und er seine Schuld begleichen will.
Die Konfrontation mit Sirius gefällt mir. :D Sirius ist wie ein großer Bruder, der seine kleine Schwester (Remus) vor dem bösen Kerl (Snape) beschützen will, der mit ihr ausgeht (was nicht ist, kann ja noch werden ;D). xD Lily ist mal wieder die Retterin in der Not und Snape weiß nicht, ob er sich über Lupins Ehrlichkeit freuen soll oder lieber nicht… Ich finde, er kann ruhig Dankbarkeit zeigen, weil Lupins Geschichte Snape in gutem Licht dastehen lässt. Da würde er glatt zehn weitere Fohlen heilen? Snape ist echt süß, wenn er so ein verliebter Trottel ist. xD Ob das seine potenziellen Todesser -Freunde auch so sehen, ist wiederum eine andere Sache. ^^°
Aber hey, eine positive Sache im Sinne von einen Schritt nach vorn hatte Tratschtanten-Lupin ja noch! Snape hat wieder mit Lily gesprochen und entwickelt somit ein kleines Gefühl der Dankbarkeit für Lupin. :) Aber dann wieder zwei Schritte zurück, als er sich von Lupins Lächeln gestört fühlt. Ach, Snape, mit dir ist es aber auch wirklich schwierig. ;)
Die Unterrichtsszene hast du auch genauso hinbekommen, wie ich sie mir vorgestellt habe. :) Ein wenig Nostalgie kam dann bei Wingardium Leviosa auf. Und Snape erkennt, dass Lupin und er doch in einer ähnlichen Situation stecken, da auch Lupin nicht von seinen Freunden ernst genommen zu werden scheint, es ihn im Gegensatz zu Snape aber nicht stört. Snape kann das natürlich nicht verstehen, da er keine Freunde hat, die ihn auf diese Weise necken würden. Aber hey, ein Schritt nach vorn für die beiden! ;)
Flitwick fand ich übrigens auch süß, auch wenn er nicht viel gesagt hat. :)


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