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Das Omen Yggdrasils

Xerneas Kismet und die Reise gen Ragnarök
von

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Das Schloss zur Erkenntnis

„Wir werden gleich landen. Das könnte etwas holprig werden, also lass mich dabei ja nicht los!“, sagte Troy und kurzerhand setzte Panzaeron zu einem steilen Landeflug an. Der Wind peitschte Haru um die Ohren, worauf sie schützend die Augen schloss und ihr Gesicht in Troys Samtumhang vergrub. Leichtfüßig kam der stählerne Vogel am Boden auf und Haru öffnete langsam die Augen. „Wir sind da. Willkommen in Nouvaria City“, meinte Troy euphorisch und stieg vom Rücken seines Pokemon ab. Zuvorkommend reichte er Haru die Hand und half ihr beim Abstieg. Sie bedankte sich verlegen und strich sich die zerzausten Haare glatt.

„Das hast du gut gemacht Panzaeron. Ruh dich nun etwas aus“, sagte Troy warmherzig und rief es zurück in seinen Pokeball. Haru ließ ihren Blick umherschweifen. Der Anblick der sich ihr bot, verschlug ihr regelrecht den Atem. Sie waren inmitten der historischen Altstadt von Nouvaria gelandet. Ein riesiger, runder Springbrunnen schmückte den weitläufigen Marktplatz und bildete das Zentrum der Stadt. Um ihn herum waren unzählige Jugendstilbauten errichtet.

Kunstvolle, florale Ornamente zierten die Häuserfassaden und gaben sich in Wellen, Schwingungen und fließenden Linien zu erkennen. Die verschnörkelten Geländer von Treppen und Balkonen ähnelten eisernen Zweigen, Ranken und Gräsern. Schwarze, nach oben hin feingliedrig geschwungene Straßenlampen erhellten die Stadt und hüllten sie in einen goldenen Glanz.

„Wow, hier sieht es ja aus wie im Märchen“, meinte Haru träumerisch und ließ die feudale Architektur auf sich wirken.

„Faszinierend, nicht wahr? Erkennst du die immer wiederkehrenden Pflanzenmuster in den Verzierungen? Die Natur ist hier allgegenwärtig. Leben und Kunst sollen perfekt harmonieren. Das ist der Kern dieses Baustils“, erklärte Troy schwärmerisch und seine Augen funkelten.

Haru musste sich bei seiner überschwänglichen Begeisterung ein Schmunzeln verkneifen.

„Wo gehen wir denn jetzt genau hin? Ist hier in der Nähe ein Pokemon Center?“, fragte sie neugierig und blickte sich suchend um.

„Ich dachte mir, wir sollten vielleicht einen Ort aufsuchen, wo wir in Ruhe reden können“, antwortete Troy und sein Blick wanderte zu einer großen, prunkvollen Villa im Osten des Marktplatzes. Eine elegante, steinerne Treppe führte in vielen Stufen hinauf zum Eingang des mehrstöckigen Gebäudes, das trotz der fortgeschrittenen Stunde, hell erleuchtet war. Marmorierte und mit Blattgold überzogene Statuen waren ästhetisch in der Vorderseite des architektonischen Meisterwerkes eingearbeitet. „Wahnsinn! Wie ein kleines Schloss...“, staunte Haru und trat einen Schritt vor. Sie spürte die Erschöpfung in den Knöcheln und ihr Gang war unsicher. Doch Troy reagierte sofort, hob sie an und schloss sie in seine Arme, bevor sie von einem weiteren Schwächeanfall übermannt wurde. Er lächelte gütig. „Die Lady gestattet?“, fragte er höflich und Haru konnte den amüsierten Tonfall in seiner Stimme hören. Sie kicherte leise und ihr Herz flatterte vor Freude. Scheinbar mühelos erklomm Troy die unzähligen Stufen bis zur majestätischen Doppeltür, die aus schimmernden Buntglas angefertigt war. Die farbigen Scheiben ergaben das Bild eines Serpiroyal, das sich um einen roten Ahornbaum wandte. Wie auf Kommando öffneten zwei Concierge die Glastüren und Troy trat schnellen Schrittes ein. Haru war verblüfft, dass er nach so vielen Treppenstufen nicht außer Atem war. Ihr Ohr ruhte an seiner Brust und sie hörte wie sein Herz ruhig, aber kräftig schlug. Er schien gut im Training zu sein.

Der Empfangsraum war ebenso malerisch konstruiert, wie die Außenarchitektur des Gebäudes. Die hohen Decken des kreisförmigen Saals wurden von hellen Steingewölben getragen. Mittig des Raumes stand ein silberner Zierbrunnen in Form eines Milotic, dessen Wasserspiel leise plätscherte. Mehrere rosenförmige Kristallleuchter spendeten helles Licht und am Ende des Raumes befand sich eine Rezeption aus antikem Holz. Ein älterer Mann mit Anzug und Fliege stand hinter dem polierten Empfangstresen und lächelte ihnen zu.

„Guten Abend Mr. Trumm. Wie ich sehe haben sie Besuch. Möchten sie etwas aufs Zimmer geliefert haben?“, fragte der ergraute Herr würdevoll und verbeugte sich tief.

„Vielen Dank, Simon. Die heutige Empfehlung des Tagesmenüs bitte und einen Verbandskasten, wenn möglich“, entgegnete Troy freundlich und sah Haru besorgt an. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie überall am Körper Schürfwunden hatte.

„Wie sie wünschen, Sir.“

Troy nickte dem Rezeptionisten dankend zu, wendete sich ab und trat eine steinerne Wendeltreppe hinauf, die nach oben in den ersten Stock führte. Haru hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie sich die ganze Zeit herumtragen ließ, aber Troy schien das überhaupt nicht zu stören. Schweigend gingen sie einen langen Flur hinab, vorbei an prachtvollen Blumenarrangements und Ölgemälden, bis Troy vor einer der vielen gold lackierten Türen stehen blieb. Völlig unangemeldet ertönte eine mechanische Stimme aus einem kleinen Lautsprecher an der Wand. „Personenidentifizierung?“

Troy sagte laut und deutlich seinen Namen und die Tür öffnete sich quietschend.

„Sollte ich mal ölen lassen, was“, scherzte er und trat ein, „Willkommen in meinem Appartement!“ Haru wusste gar nicht wo sie zu erst hinschauen sollte.

Der große, viereckige Raum war unglaublich stilvoll eingerichtet. Der Fußboden bestand aus polierten Parkett mit Intarsien aus Marmor und Edelsteinen. Die Einlegearbeiten bildeten das Muster des Sternenhimmels und zogen sich durch das gesamte Zimmer. Die Wände wurden von hohen Glasvitrinen gesäumt, in denen unzählige Mineralien und Steine verstaut waren.

Bis unter die Decke reichende Bogenfenster, gaben einen Ausblick auf den zur Straßenseite gerichteten Balkon, von dem man wahrscheinlich über die ganze Stadt sehen konnte. Mittig des Raums befand sich ein massiver, antiker Schreibtisch aus edlem Holz. Hohe Bücherregale erstreckten sich entlang der hinteren Zimmerwand und waren mit in Leder und Samt eingebundenen Büchern bestückt. Im linken Vorderbereich des Raums standen gemütliche rote Polstermöbel und ein Kamin loderte in der Ecke. Alles war in gedeckten, warmen Farbtönen gehalten, wodurch eine einladende Atmosphäre entstand. Haru fühlte sich sofort willkommen.

„Du hast wirklich ein wunderschönes Zuhause“, sagte sie beeindruckt, während Troy sie vorsichtig auf einem kuscheligen Ohrensessel absetzte.

„Vielen Dank. Mir gefällt's hier auch ganz gut,“ sagte er heiter und lächelte zufrieden.

Haru meinte zu glauben, dass Troy trotz der vielen Umstände, ziemlich gute Laune hatte.

„Möchtest du ein Tässchen Tee?“, fragte er freundlich und verschwand noch bevor sie antworten konnte, in der angrenzenden Küche. Ihr war die Situation fast unangenehm. Sie ließ sich noch tiefer in die Sesselkissen sinken und atmete tief durch. Wie ein Wetterleuchten tauchten die Bilder hinter ihren Lider auf, wenn sie die Augen schloss. Kalems begieriger Blick, das unheimliche Käfer-Pokemon, ihr verletztes Taubsi und Troy, wie er im Mondlicht seine Arme um sie schloss.

Seufzend zog sie die Beine an ihren Körper und stützte den Kopf darauf ab.

„Möchtest du Honig?“, rief Troy schallend aus der Küche, worauf sie erschrocken zusammenfuhr. „Ähm, ja gerne“, antwortete sie mit erstickter Stimme und war sich nicht sicher, ob er sie überhaupt gehört hatte. Das duftende Aroma von frisch gebrühten Kamillentee erfüllte den Raum.

Troy kam mit einem silberglänzenden Tablett zurück, stellte es auf dem kleinen Beistelltisch vor Haru ab und goss den dampfenden Tee ein.

„Hier, dann wird es dir bestimmt gleich besser gehen. Wadribie Honig soll das Gemüt beruhigen.“

Er reichte ihr eine kleine, weiße Porzellantasse und nahm in einem Sessel schräg neben ihr Platz. Sein Haar glänzte im flackernden Licht des Kamins fast golden. Schweigend nahm er einen Schluck Tee und wandte sich an Haru. Gerade als er etwas sagen wollte, klingelte es an der Tür.

„Das muss Simon sein. Entschuldige mich kurz.“ Er ging zu Tür, nahm einen kleinen Verbandskoffer entgegen und ließ das Essen hereinbringen. Es roch fantastisch. Haru merkte erst jetzt, wie lange sie schon nichts mehr gegessen hatte. Ihr Magen grummelte verächtlich.

„Ich werde mich rasch um deine Wunden kümmern, bevor wir essen“, sagte Troy sanft und kniete sich vor ihr hin. Behutsam strich er über die tiefen Kratzer an ihren Armen, worauf sie scharf Luft einsog. „Verzeih mir, ich werde vorsichtiger sein“, flüsterte er und desinfizierte ihre Verletzungen mit einem in Alkohol getränkten Wattetupfer. Haru sah ihm schmerzverzerrt dabei zu und versuchte sich nicht zu bewegen. Das Ethanol brannte auf ihrer Haut und sie presste krampfend die Kiefer aufeinander, um nicht vor Schmerz aufzuschreien. Der Moment kam ihr fast irreal vor. Als würde sie unter der Zimmerdecke schweben das Geschehen von oben hinab betrachten.

„Du hast wirklich Glück gehabt, dass ich gerade meinen nächtlichen Rundflug mit Panzaeron gemacht habe. Ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn ich nicht rechtzeitig eingegriffen hätte“, meinte Troy mit ernstem Ton. Er wickelte eine Mullbinde um ihr rechtes Bein und verknotete die Enden zu einer winzigen Schleife. Haru kam sich dabei irgendwie entblößt vor und die Schamröte stieg ihr ins Gesicht. Seine schlanken Finger strichen immer wieder zart über ihre Haut und sie spürte wie ihr ein Kälteschauer nach dem anderen über den Rücken kroch. Ihr Herz hämmerte im schnellen Rhythmus gegen die Brust und sie befürchtete, dass es gleich zersprang. Troy klebte ein letztes Pflaster auf ihr Knie und musterte sie ausgiebig.

„Ich denke ich habe alles erwischt.“ Er setzte eine zufriedene Miene auf, verstaute das Verbandsmaterial und nahm wieder in seinem Sessel Platz. Haru starrte ihn über ihre Porzellantasse hinweg an. Ihr war furchtbar heiß und das lag sicherlich nicht am Tee.

Neugierig öffnete Troy einen silbernen Speisewärmer und betrachtete sein Inneres.

„Was haben wir denn hier - ah, Omelette du fromage. Wie originell... .“

Mit eleganten Handbewegungen servierte er das Gericht und reichte Haru einen ordentlich gefüllten Kistallteller. „Hier, ich hoffe es schmeckt dir.“ Sie nahm das Essen dankend entgegen und machte sich gierig darüber her. Ihr Bauch gluckste anerkennend.

„Es tut gut, eine junge Dame mit Appetit speisen zu sehen“, sagte Troy und ein Lächeln umspielte seine Lippen. Haru verschluckte sich beinahe an seiner Bemerkung und hüstelte ungalant.

Sie kam sich plötzlich unförmig vor und nahm verunsichert kleinere Bissen auf die Gabel.

„Haru, ich würde gerne mit dir über die vergangenen Geschehnisse sprechen.“ Troy straffte die Schultern und stellte seinen Teller vor sich ab. „Das Pokemon das dich vorhin angegriffen hat, war ein Pinsir. Normalerweise leben diese Käfer-Pokemon nicht im Nouvaria Wald und schon gar nicht Exemplare in diesem gewaltigen Ausmaß“, meinte er nüchtern.

Beim Gedanken an das massige, röchelnde Insekt, zogen sich Harus Eingeweide zusammen.

„Ich hatte auch eher auf Raupys gehofft“, scherzte sie mit bitterem Tonfall und schob ihr Essen von sich weg.

„Du konntest wahrscheinlich feststellen, dass es seine Form verändert hat, was ohne zugehörigen Trainer praktischerweise unmöglich ist“, fuhr Troy nachdenklich fort.

Haru erinnerte sich an die bunten Lichtstrahlen, die Pinsir umschlossen hatten und wie ihm im nächsten Moment längere Gliedmaßen und Flügel gewachsen waren. Sie schluckte kurz.

„Ja, ich hab seine gewandelte Gestalt noch gut vor Augen. Während seiner Transformation wurde ich von einem undefinierbaren Körpergefühl erfasst, wodurch ich keine Kontrolle mehr über mich hatte. Es war so ähnlich, als würden starke Stromwellen durch mich hindurch fließen“, erklärte sie und die Angst sprach aus ihrer Stimme.

Troy zog fragend eine Augenbraue hoch und rieb sich nachdenklich das Kinn.

„Du wurdest Zeuge einer gar unglaublichen Freisetzung von Energie, was auch als Mega-Entwicklung bezeichnet wird. Dabei erhalten die Pokemon eine schier unbezwingbare Kraft, verändern ihre Gestalt oder sogar ihre Typen-Kombination. Möglicherweise hat dich die von Pinsir ausstrahlende Aura erfasst und dein Körper hat deswegen so heftig reagiert,“ er räusperte sich kurz, nahm einen Schluck Tee und fuhr fort, „Nun, selbst wenn dieses Pinsir einen dafür benötigten Mega-Stein bei sich hatte, kann ich mir nicht erklären, wie es ohne zugehörigen Schlüsselstein dazu fähig war, diese Mega-Entwicklung durchzuführen. Gewöhnlicherweise muss zwischen Trainer und Pokemon ein starkes Band gewoben sein, damit eine solche Kraftfreisetzung überhaupt möglich ist. Der Meister trägt den Schlüssel und sein Vertrauter das Schloss zur Erkenntnis - So wurde es schon in antiken Schriften beschrieben“, erläuterte er sachlich und Haru schwirrte der Kopf.

„Ich war also bei eine Mega-Entwicklung dabei? Ohne irgendeinen Bezug zu diesem Pinsir zu haben, geschweige denn über einen Schlüsselstein zu verfügen? Ich versteh das nicht...“, entgegnete sie aufgebracht und rutschte nervös auf ihren vier Buchstaben herum. Troy erhob sich aus dem Sessel, ging mit hinter dem Rücken verschränkten Armen zu einem der hohen Fenster und blickte fragend hinaus in die Nacht.

„Ich verstehe es genau so wenig wie du - aber ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um herauszufinden, was passiert ist“, sagte er bestimmt und seine Augen leuchteten im Mondlicht wie silberne Hämatite. Haru starrte ihn verwirrt an und biss sich auf ihre Wangeninnenseiten.

Ihre Stirn lag in Falten, während sie versuchte alle Informationen zu verarbeiten. Sie schüttelte den Kopf, stand entschlossen auf und näherte sich Troy, der stumm den Vollmond betrachtete.

„Troy... .“ Sie sah ihn an. Er wendete sich ihrem Gesicht zu und lächelte sanft. „Ich danke dir“, sagte sie zittrig und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ohne darüber nachzudenken viel sie ihm in die Arme und weinte bitterlich. Die Emotionen brachen aus ihr hervor, wie ein Schwall aus Lava, der den Erdboden durchstieß. Ihr Körper bebte, doch Troy hielt sie fest in seinen Armen. Er ließ sie erst los, als ihre Tränen verebbten und sie sich schniefend die Augen rieb.

„Tut mir leid. Ich bin so eine Last für dich“, sagte sie weinerlich und schaute ihn mit verquollenen Augen betrübt an.

„Du wirst mir niemals eine Last sein, Lady Haru“, flüsterte er liebevoll und strich ihr zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Geste ließ ihr Herz in tausend Stücke zerspringen und sie fühlte wie ihre Beine butterweich wurden. Troys Hände glitten ihren Rücken hinab und er umfasste sanft ihre Taille. Sie fühlte die Wärme die von ihm ausging. Seine Berührungen waren fast unerträglich und doch schien ihr Körper sich wie durch statische Ladungen zu ihm hin zu drängen. Troy sah sie unter schweren Lidern hervor an und Haru spürte, wie sein Atem unkontrolliert schneller wurde. Langsam beugte er sich zu ihr hinab und der Griff um ihren Körper verstärkte sich. Schlagartig erschien Haru Kalems Gesicht vor Augen, worauf sie sich abrupt von Troy los riss.

Bestürzt sah er sie an. Ihr Magen verkrampfte sich bei seinem Anblick und sie hasste sich im nächsten Moment abgrundtief für ihre Reaktion.

„Es tut mir Leid. Ich wollte nicht - ich meine, es liegt nicht an dir. Ich bin einfach nur durcheinander und müde...“, stammelte sie verwirrt und spürte einen leichten Schwindel. Troy spannte die Schultern an und sammelte sich rasch wieder.

„Nein, mir tut es leid. Ich hätte dich nicht bedrängen dürfen. Vergib mir“, sagte er mit ausdrucksloser Stimme und senkte den Blick. Haru konnte seine Betroffenheit förmlich spüren.

„Du solltest schlafen gehen. Das Gästezimmer steht für dich bereit. Auf dem Bett müsste frische Kleidung für dich liegen“, fuhr er distanziert fort und gab ihr mit einer kurzen Handgeste zu verstehen, ihm zu folgen. Schweigend führte er sie in ein kleines, aber elegantes Schlafzimmer. Ein riesiges, mit roten Samtvorhängen garniertes Himmelbett stand an der Hinterwand und ragte in den Raum hinein. Daneben befanden sich zwei antike Beistelltische, auf denen Lampen in Form eines Roselias thronten.

„Ähm, vielen Dank“, sagte Haru heiser und schaffte es nicht, Troy anzusehen.

„Ich wünsche dir eine angenehme Nacht“, antwortete er resigniert und schloss die Tür hinter sich.

Mit seinem Verschwinden begannen Harus Hände unkontrolliert zu zittern. Schluchzend stürzte sie sich auf das Bett und vergrub sich in einem weichen Meer aus Samtkissen.

„Ich bin so eine Vollidiotin“, zischte sie und schlug sich ein Kissen vors Gesicht, „Er wollte mich küssen. Warum zur Hölle denke ich in so einem Moment bloß an Kalem. Als würden meine Hirnwellen Amok laufen.“ Sie ließ sich noch tiefer in die Laken sinken und verkroch sich unter der Decke. Gedankenversunken starrte sie an die aufwändig bemalten Zimmerwände und ließ die Wut an sich vorbeiziehen. „Ich hoffe einfach, dass es Sannah gut geht. Um sie mach ich mir wirklich Sorgen. Kalem ist mir total egal. Der hat es nicht besser verdient... aber Sannah? Die Arme könnte sonst wo sein!“ Panisch fuhr sie hoch und sprang aus dem Bett. Sie wusste nicht was sie tun sollte und ging wild gestikulierend das Zimmer auf und ab. „Ich muss sie unbedingt finden! Wenn es jetzt noch mehr von dieses Pinsir da draußen gibt!? Verdammt, wieso muss mir dieser ganze Mist passieren?“ Wütend schnappte sie sich ein Kissen und schlug darauf ein. „Ich bin zu nichts zu gebrauchen. Flordelis hatte recht mit dem was er gesagt hat...Ich bin ein Schwächling.“

Seufzend ließ sie von dem Kissen ab, sank auf den weichen Teppichboden und ließ ratlos ihren Blick durchs Zimmer wandern.

Am Bettende lag ein blaues Nachthemd, das ihr hinterlassen wurde. Sie griff danach und zog es vom Bett herunter.

Es war aus purer Seide und mit schwarzen Spitzendetails verziert. „Ob Troy wohl öfters weiblichen Besuch hat?“ Der Gedanke ließ sie erröten. Hastig legte sie ihre dreckigen Klamotten ab und streifte sich die feine, kühle Seidenhülle über.

„Ich sollte Schlafen gehen... morgen sieht die Welt hoffentlich ganz anders aus“, murmelte sie in sich hinein und kletterte zurück ins Bett.

Obwohl Harus Körper förmlich nach Schlaf schrie, war ihr Geist hellwach. Die Gedanken rasten durch ihre Gehirnwindungen und sie bekam kein Auge zu. Unruhig wälzte sie sich hin und her.

Mit schwerem Herzen reflektierte sie den Tag. Beinahe hätte sie Cloud im Kampf gegen das Pinsir verloren und sie schwor sich, noch stärker zu werden. Das Schicksal versuchte sie herauszufordern, was sie nur noch mehr dazu anstachelte, ihren Traum nach zu jagen.

„Cloud, wie geht es dir? Komm raus.“

Ihr kleines Taubsi erschien und wirkte unglaublich erschöpft. Sein Gefieder war zerzaust und ein paar Federn fehlten.

„Du bist wieder bei Bewusstsein. Bin ich froh! Danke, du wart so unglaublich mutig“, sagte Haru und nahm es behutsam in die Arme. Es gurrte leise und schmiegte sich fest an sie heran. Sie kuschelte sich mit ihm unter die Decke und streichelte so lange über seine weichen Daunen, bis beide friedlich einschliefen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lenny-kun
2015-06-12T18:01:25+00:00 12.06.2015 20:01
Kalem läuft Amok XD
Armer cloud :(
Antwort von:  Lady_Haru
13.06.2015 07:48
Ja den kleinen hat es ganz schön erwischt T__T Kalem ist eigentlich ganz lieb ^^" der hat grade nur so ne Phase :D


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