Trainingsgebiet 44 „Wald des Todes“
Außer Atem hetzte Naruto durch den Wald. Wo waren bloß seine Teamkollegen abgeblieben?
Es war alles so schnell gegangen, gerade hatten sie noch die Parole abgesprochen, als sie auch schon ein Futon-Angriff auseinander riss. Er selbst war weit weg geschleudert worden und war erst zum Stillstand gekommen, als er gegen einen Baum krachte. Dann hatte ihn auch noch diese Riesenschlange verschluckt, ohne sein enormes Chakra wäre es ihm wohl kaum gelungen da wieder raus zu kommen. Trotzdem war keine besonders angenehme Erfahrung gewesen sie mit dem Kage Bunshin no Jutsu zum platzen zu bringen. Seine Kleidung triefte geradezu vor Blut und den widerlichen Verdauungssäften der Schlange. Zeit sich darum zu kümmern hatte er jedoch nicht. Mit Sicherheit war sein Team gerade mitten in einen Kampf und wenn einer von ihnen ausschied, dann war es auch für ihn vorbei.
Das konnte Naruto auf keinen Fall zulassen. Viel zu wichtig war diese Prüfung für ihn. Er musste Chunin werden. Nur so konnte er stärker werden.
Keuchend kam er auf einem Ast zum Stehen und warf einen Blick auf die Szene die sich ihm Bot. Sakura saß zitternd im Schutze eines Baumstammes, während sich Sasuke dem Gegner stellte. Es war der Genin aus Kusa-Gakure, der mit den langen schwarzen Haaren und der dehnbaren Zunge, klar das mit dem was nicht stimmte. Gerade schälte sich dieser Irre aus einer Schlange die er beschworen hatte und raste im nächsten Augenblick auf Sasuke zu.
Zurzeit sah es nicht besonders gut für sein Team aus, doch noch waren beide in der Lage zu kämpfen, lange würde das aber nicht mehr so bleiben. Naruto musste umgehend einschreiten. Er schloss die Augen und rief in die Dunkelheit in seinem Inneren. Und etwas antwortete.
Trainingsgebiet 44, Haupteingang
Versonnen ließ Anko den Blick über die Bäume des Waldes des Todes streifen, während sie sich über den letzten der köstlichen Dango-Spiese hermachte. Kurenai hatte ihr diese Leckerei mitgebracht, damit ihr Wachdienst hier am Trainingsplatz nicht allzu langweilig wurde.
Heute Mittag erst hatte sie die Genin in das Trainingsgebiet 44, den berüchtigten Wald des Todes geschickt und bereits jetzt gab es die ersten ausgeschiedenen Teams. Nichtmal bis zur ersten Nacht hatten die Kinderchen im Wald ausgehalten. Sie musste lachen als sie einen der Berichte überflog. Ein Team aus Kumo-Gakure war sich sogar gegenseitig an die Gurgel gegangen.
Auch wenn sie nicht zu den gesprächigsten gehört, irritierte Anko nach einer Weile das beharrliche Schweigen ihrer rotäugigen Freundin. „Woran denkst du?“
„Was?“, Ihre Frage ließ Kurenai aus ihren Grübeleien aufschrecken. „Ach, an nichts bestimmtes.“
„Unsinn“, entschied Anko und warf den abgeknabberten Dango-Spies zielsicher in Richtung eines Baumes, wo er zitternd stecken blieb und zusammen mit den anderen Spießen das Konoha-Symbol formte. „Irgendwas beschäftigt dich. Geht es etwa um Asuma?“ Mit einem vielsagenden Blick rückte sie näher an ihre Freundin heran.
„N-nein das doch nicht.“, winkte diese eilig ab.
„Was dann?“
Für einen Moment wirkte Kurenai noch unsicher, dann stieß sie einen Langen Seufzer aus und blickte wieder in Richtung Wald. „Ich mach mir nur Sorgen um mein Team. Vor allem um Hinata.“
Die Bilder der verstümmelten Leichen traten bei diesen Worten vor Ankos Augen.
Kurenai fuhr fort: „Alle drei sind noch so jung, doch Hinata wirkt immer so zart, so zerbrechlich. Ich glaube sie wollte eigentlich noch gar nicht teilnehmen, doch die beiden haben sie dazu überredet. Vor allem Kiba war so begeistert jetzt schon teilnehmen zu dürfen.“
„Ihnen wird schon nichts passieren. Immerhin hast du sie doch ordentlich ausgebildet. Und davon mal abgesehen-.“
Unvermittelt tauchte ein Anbu vor ihnen auf. „Anko-san bitte folgen Sie mir umgehend.“
Alle Abwehrmechanismen in Ankos Körper wollten losschnellen und nur mit Mühe hielt sie sich davon ab nach einem Kunai zu greifen. Der Anbu hatte weder eine Angriffshaltung eingenommen, noch war irgendeine Spur von Drohung in seiner Stimme gewesen – was bei diesen verschlossenen Mistkerlen aber auch nichts heißen musste – nichtsdestotrotz war es nie was Gutes, wenn sie dich abholten.
Unschöne Erinnerungen versuchten an die Oberfläche zu drängen. Erinnerungen an kalten Stahl und grelles Licht. Sofort kämpfte Anko sie nieder und wandte sich an den Maskierten. „Warum?“
Nach einem kurzen Seitenblick auf Kurenai, die vielmehr besorgt als misstrauisch wirkte, antwortete er mit monotoner Stimme: „Der Hokage persönlich bittet Sie sich etwas anzusehen.“
Jetzt blieb ihr wohl nichts anderes übrig. Schnell verabschiedete sie sich von Kurenai und folgte dem Anbu der auf der Stelle voran sprintete. Ihr Weg führte sie am Wald des Todes entlang nach Osten über einige Wiesen und hinein in den Schatten der Bäume, die Konoah umgaben.
Während sie hinter dem Anbu von Ast zu Ast sprang war ihr Blick auf das Tanto geheftet, welches er in einer dunklen Scheide auf seinem Rücken trug.
Eine glühende Klinge die so dicht neben ihrem Hals war das sie spüren konnte wie das erhitzte Metall die feinen Härchen in ihrem Nacken verbrannte.
Die Monotone Stimme welche immer wieder dieselbe Frage stellte: „Wo ist er?“
Und sie die immer wieder die dieselbe Antwort schluchzte: „Ich weiß es nicht!“
Dann berührte das glühende Metall ihre Haut.
Wie ein Blitz war diese Erinnerung durch Anko gefahren und beinah hätte sie den nächsten Ast verpasst. Doch noch während ihr Fuß an der Rinde abglitt, packte sie mit der rechten Hand einen dicken Zweig und katapultierte sich mit einem Salto wieder nach oben. Der Anbu drehte kurz den Kopf, sagte aber nichts zu ihrer artistischen Einlage.
Anko schwieg ebenfalls, doch ihre schlanken Finger glitten wie von selbst zu der Narbe an ihrem Hals.
