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Warum Ezio plötzlich einen Bart hatte

...oder was nach den Attentaten auf die Orsi-Brüder geschah
von

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Kapitel 3

Als der Künstler am nächsten Morgen erwachte, schlief Ezio noch und wieder einmal konnte Leonardo seinen Blick nicht von dessen entspannten Gesichtszügen abwenden. Gerne hätte er die Zeichnung von ihm vollendet, doch Ezio hatte ihn gebeten, sie behalten zu dürfen, denn er fand das Bild gut so, wie es war.

Wie schon am vorherigen Abend lag Leonardos Hand auf dem Brustkorb seines Freundes, stetig pochend spürte er dessen Herzschlag unter seinen Fingern und fühlte sich in diesem Moment ausgesprochen glücklich. Langsam strich er weiter hinab mit den Fingern, bis zum Saum des Verbandes, dann über den muskulösen Bauch und die Seite wieder hinauf. Plötzlich hörte er von Ezio ein wohliges Brummen. Offenbar war der Assassine durch seine Berührungen geweckt worden und schnell zog Leonardo die Hand weg.

„Nicht aufhören, das war schön“, murrte der Braunhaarige und zögerlich nahm Leonardo seine Bewegungen wieder auf. Ezio gab einen zufriedenen Laut von sich und Leonardo grinste. Er wusste gar nicht, dass sein Freund Streicheleinheiten so sehr mochte. Während er ihm so über das Schlüsselbein strich, erkundigte sich der Blonde nach dem Befinden des Größeren und dieser meinte, dass es ihm besser ginge, was Leonardo ungemein beruhigte.

Sie blieben noch eine Weile liegen, bis ein lautes Knurren in Ezios Magengegend sie zum verspäteten Frühstück aus dem Bett trieb. Nach dem Frühstück beschlossen sie, einen Spaziergang durch die Stadt zu machen und den Markt zu besuchen. Ein Stand hatte es Leonardo besonders angetan, denn er verkaufte Mal- und Zeichenutensilien. Ein Kasten mit verschiedenen Sorten von Zeichenkohle erregte seine Aufmerksamkeit und er kramte in seinen Taschen nach Geld.

„Che guaio! Ezio, schau, dieser Kasten kostet nur 200 Florin und mir fehlen zehn jämmerliche Florin, um ihn zu kaufen!“

Mit einem schelmischen Grinsen griff der Angesprochene hinter Leonardos Ohr und zauberte eine Münze vor, die er dann seinem Freund reichte. Es waren die fehlenden zehn Florin. Mit einem strahlenden Lächeln wandte sich der Künstler dem Verkäufer zu, um den Kasten zu erwerben. Dass Ezio erst fünf Minuten zuvor genau diese zehn Florin einer Frau abgeknöpft hatte und dabei fast von einer Wache erwischt worden wäre, erwähnte der Assassine lieber nicht.
 

Am Abend betrat Leonardo das Schlafzimmer und wollte auf seine Schlafstätte zugehen, als er wieder Ezios Stimme hörte.

„Leonardo, mir ist schon wieder kalt!“

Leonardo runzelte die Stirn und fragte: „Soll ich wieder zu dir unter die Decke kommen?“

„Ja!“

Gesagt getan, doch als Leonardo an seinen Freund heran rutschte, merkte er, dass dieser bei weitem nicht so unterkühlt war, wie am vorherigen Abend. Darauf wies er den Assassinen auch hin, doch der beteuerte, dass ihm unglaublich kalt sei. Leonardo zuckte nur mit den Schultern und kuschelte sich an Ezio. Er vermutete, dass der Braunhaarige nicht ganz die Wahrheit gesagt hatte, doch ihm sollte es gleich sein, er schlief eigentlich gerne neben seinem Freund. Verborgen durch die Dunkelheit schlich sich ein zufriedenes Grinsen auf Ezios Gesicht.
 

Auch in den nächsten Tagen schlief Leonardo weiterhin bei Ezio, dieser musste nicht einmal mehr nachfragen, sondern Leonardo hatte es einfach beschlossen und Ezio hatte nichts dagegen. Außerdem war die Schulter des Assassinen wesentlich bequemer als der harte Boden.

Irgendwie veränderte sich auch das Verhältnis zwischen ihnen beiden, sie brauchten nicht nur die geistige sondern auch die körperliche Nähe des Anderen und gaben einander auf eine Weise Halt, wie es niemand anders vermocht hätte. Leonardo wusste nicht genau, was das zwischen ihnen war oder ob er es sich einbildete, dass Ezio vielleicht mehr empfinden könnte als reine Freundschaft, doch er traute sich nicht, diese Blase zum Platzen zu bringen, in der sie sich befanden. Er würde es nicht aushalten, sollte sich sein bester Freund deswegen von ihm abwenden und deshalb beließ der Blonde alles so, wie es war.
 

Eines Nachmittags kam dann Caterina Sforza zu Besuch, um sich nach Ezio zu erkundigen. Leonardo saß gerade an einem seiner Entwürfe für die verbesserte Flugmaschine und hatte keine Lust, Gastgeber zu spielen, also überließ er das Ezio. Die beiden setzten sich einige Meter entfernt von dem Blonden an einen Ecktisch des Ateliers und begannen ein Gespräch, doch Leonardo konnte nicht hören, worüber sie sich unterhielten. Etwas merkwürdig fand er die Blicke, die ihm beide abwechselnd immer wieder zuwarfen, so als sprächen sie über ihn, doch er tat das als Einbildung ab und vertiefte sich wieder in seine Arbeit.

Ein paar Stunden später war er dann endlich fertig und sah nach, ob Caterina noch da war. Zu seinem Erstaunen fand er auch Ezio nirgends vor, war er etwa mit der Gräfin gegangen? Ein kleiner Stich versetzte ihm der Gedanke, dass Ezio eventuell vorhatte, mit ihr die Nacht zu verbringen, doch dann fand er einen Zettel, auf dem sein Freund notiert hatte, dass er etwas frische Luft schnappen wollte. Die Tinte war noch nicht ganz getrocknet und Leonardo vermutete, dass Ezio noch nicht lange weg war, also eilte er zur Tür hinaus, um ihn vielleicht noch kurz zu sehen. Die Straße vor der Werkstatt war leer und Leonardo seufzte. Er musste wohl warten, bis Ezio zurückkehrte. Da hörte er, wie jemand seinen Namen rief. Verwundert schaute er sich um, sah aber niemanden.

„Hier oben!“

Es war Ezio. Er saß mit herabbaumelnden Beinen auf dem Giebel des Hauses und bedeutete Leonardo, zu ihm hoch zu kommen. Zum Glück hatte der Künstler an der Hauswand eine Leiter stehen, die auf das Dach führte, denn er war bei weitem nicht so behände im Klettern wie der Assassine. Auf dem Dach angekommen setzte er sich neben seinen Freund, der nachdenklich über die Dächer der Stadt schaute. Etwas schien ihn zu bedrücken. Leonardo fragte, was los war, doch Ezio schüttelte nur den Kopf.

Dann begann er doch zu sprechen:

„Als ich das Attentat auf Checco Orsi verübte… Ich wusste, warum es nicht so lief wie geplant.“

Neugierig betrachtete Leonardo seinen Freund. „Du sagtest, du warst abgelenkt.“

Der Braunhaarige nickte. „Das stimmt auch. Ich war abgelenkt, weil ich… an jemanden gedacht habe. Weil ich an dich gedacht habe, Leonardo.“

Bevor der Blonde etwas erwidern konnte, fuhr Ezio fort. „Ich bin auf meinen Missionen keineswegs so leichtsinnig, wie du immer denkst, eigentlich versuche ich alle Risiken von vornherein zu beseitigen. Aber als ich Orsi verfolgte, um ihn zur Strecke zu bringen, wurde ich von einer Menge Soldaten verfolgt und plötzlich kam mir der Gedanke, was passieren würde, wenn ich mich nicht wie sonst gegen sie behaupten konnte. Wenn ich einfach… starb. Du würdest weiter in deiner Werkstatt sitzen und dir Sorgen um mich machen, bis dich die Nachricht von meinem Tod erreichte. So vieles, was ungesagt bliebe, so vieles, das ich dir nicht zurückgeben könnte. Leonardo ich… Ich war so allein und ich schulde dir so viel. Es tut mir leid.“

Ezio Auditore da Firenze saß mit hängenden Schultern und ernstem Blick vor Leonardo und dieser konnte nicht anders, als seinen besten Freund in eine feste Umarmung zu ziehen. Ezio vergrub sein Gesicht an Leonardos Schulter und der Blonde hielt ihn einfach nur fest und streichelte ihm beruhigend über den Rücken. Dann flüsterte er: „Das muss es nicht, amico mio. Du schuldest mir nichts, allein, dass du da bist, lebst und atmest reicht mir aus. Ich will mir nicht vorstellen, dass du eines Tages nicht mehr da sein wirst, deshalb versprich mir einfach, dass es gar nicht erst so weit kommt.“

Ezio nickte und sein mittlerweile deutlich vorhandener Bart piekte Leonardo an der Wange. Sie lösten sich wieder voneinander und Leonardo grinste seinen Freund an.

„Sag mal, rasierst du dir deinen Rauschebart auch irgendwann mal wieder ab?“

„Nein, ehrlich gesagt habe ich da im Moment keine Lust drauf.“

„Bene, er steht dir nämlich gut und lässt dich nicht mehr wie einen Milchbubi wirken.“

Empört schaute Ezio zu dem Blonden hinüber. „Sagt gerade der mit den Sommersprossen eines bambinos!“

Leonardo lachte und sie kabbelten sich noch eine Weile, während die Sonne hinter Forlì langsam unterging. Dann fiel ihm auf, dass Ezio noch immer sein Hemd trug und das mittlerweile ziemlich müffelte. Auch Leonardo roch nicht gerade nach Veilchen und so beschlossen sie einen „Waschabend“ einzulegen.

Der Künstler wies seinen Gehilfen an, zwei Bottiche mit Wasser zum Waschen zu erwärmen und Schwämme und Seife bereit zu stellen. Dann zogen sich er und Ezio um – natürlich in getrennten Räumen – und Leonardo musste schlucken, als sein Freund nur noch mit einem Handtuch um die Hüften vor ihm stand. Leonardo selbst hatte zwar auch nicht mehr an, aber Ezio war nun mal ein sehr attraktiver Mann, das ließ sich nicht leugnen.

Schnell wandte der Blonde wieder seinen Blick ab, griff nach einem der Schwämme und begann sich zu waschen. Ezio wollte es ihm gleich tun, stöhnte aber nach kurzer Zeit genervt auf.

„Leonardo, könntest du mir vielleicht helfen? Die Verletzung ist noch ganz schön empfindlich, ich kann mich mit diesen eingeschränkten Bewegungen nicht richtig waschen. Würdest du…?“

Mit fragendem Blick hielt er Leonardo den Schwamm hin. Dieser nickte und legte seinen eigenen weg, dann kniete er sich hinter Ezio und schrubbte ihm den Rücken. Fasziniert beobachtete der Kleinere dabei das Spiel der Muskeln auf dem Rücken seines Freundes und konnte nicht umhin, ein weiteres Mal schwer zu schlucken.

„Bist du langsam fertig oder was machst du da hinten? Du schrubbst schon seit zwei Minuten ein- und dieselbe Stelle, sag Bescheid, wenn du auf dem Knochen angekommen bist.“ Ezio schaute über seine linke Schulter nach hinten und klang amüsiert.

„Oh, äh, klar, ich mache vorne weiter“, stotterte Leonardo und war froh, dass der Assassine in dieser Position seine roten Wangen nicht sehen konnte. Dann ging er um Ezio herum und nahm zunächst den Verband an seinem Bauch ab. Die Wunde war wirklich gut verheilt, eine lange, noch gerötete Narbe war allerdings geblieben. Der Braunhaarige lehnte sich etwas zurück und Leonardo machte sich daran, den Oberkörper seines Freundes zu waschen. Dafür musste er sich etwas näher zu ihm lehnen, da der Assassine doch ganz schön groß war und der vertraute Ezio-Geruch stieg ihm dabei in die Nase. Leonardo wurde fast schwindlig von so viel Nähe und am liebsten hätte er sich jetzt einfach nur fallen gelassen, aber er riss sich zusammen und machte weiter.

„Du kannst das gut“, meinte Ezio unerwartet nahe an seinem Ohr.

„Kann sein“, murmelte Leonardo mit brennenden Wangen und zog sich etwas zurück um den Bereich unter den Rippen zu reinigen. Vorsichtig fuhr er mit dem Schwamm über die Narbe des Größeren, immer darauf bedacht, seinen Blick nicht aus Versehen noch tiefer wandern zu lassen.

Plötzlich ergriff Ezio eines seiner Handgelenke. Der Blonde hatte gar nicht gemerkt, dass seine Hände zitterten und sein Kinn wurde von Ezios anderer Hand angehoben, sodass er seinem Freund in die Augen schauen musste.

„Warum so nervös, Leo?“ Der Andere musterte ihn aus Augen, die heute noch dunkler und tiefer zu sein schienen als sonst. Dem Künstler fuhr bei dem rauen Tonfall, als Ezio seinen Spitznamen aussprach, eine Gänsehaut über den Rücken und gleichzeitig wurde ihm heiß, viel zu heiß! Er musste dringend hier weg, bevor er noch die Kontrolle über diese Situation verlor.

Sein Freund lehnte sich ein Stück nach vorne und sagte leise: „Es gibt doch gar keinen Grund, nervös zu sein. Es ist alles so, wie es sein sollte.“ Dann ließ er die Hand unter Leonardos Kinn nach hinten in dessen Nacken wandern und zog ihn zu sich heran, sodass sich ihre Lippen trafen.

Leonardos Herz setzte für einige Schläge aus. Er glaubte zu träumen und doch war das, wonach er sich schon so lange sehnte endlich in Erfüllung gegangen. Ezios warme Lippen auf seinen fühlten sich an, als wären sie füreinander geschaffen. Warum hatten sie das nicht schon viel früher gemacht? Er spürte, dass Ezio ihn nicht nur so aus einer Laune heraus geküsst hatte, die Leidenschaft mit der sein Freund seine Lippen auf Leonardos presste, ließ noch viel tiefere Gefühle vermuten. Vorsichtig strich der Braunhaarige mit der Zunge über die Lippen seines Freundes und als sich diese öffneten und der Kuss sich weiter vertiefte, keuchten beide auf. Leonardo zog den Größeren noch näher zu sich und das schien der Assassine als Einladung zu verstehen, denn er drückte Leonardo kurzerhand gegen die Wand hinter ihm. Der Blonde merkte, wie sehr ihn dieser Kuss erregte und auch an Ezio ging er nicht spurlos vorüber. Sie mussten wohl auch irgendwann die Handtücher verloren haben, denn als sie zusammen im Bett landeten, waren sie definitiv nackt. Was danach geschah, wusste nur die Nacht.
 

Später, als Leonardo gerade am Einschlafen war, hörte er noch einmal Ezios leises Lachen.

„Caterina hatte Recht.“

„Womit?“, fragte Leonardo mit einem Gähnen.

„Ich bin mit dir glücklicher, als ich es je mit einer Frau hätte sein können. Ihr hast du das heute hauptsächlich zu verdanken, amore mio, sie hat mir ziemlich ins Gewissen geredet.“

„So? Dann werde ich ihr demnächst einige Gemälde für umsonst malen müssen.“

Wieder lachte Ezio und fuhr ihm mit den Fingern sanft durch die Haare, dann versank Leonardo in den Tiefen des Schlafs.
 

Es war so weit. Der Tag war gekommen, an dem Ezio seinen Aufbruch nicht weiter hinauszögern konnte. Leonardo wusste es und hatte gehofft, den Assassinen noch ein wenig länger für sich haben zu können, doch er verstand auch, wie wichtig seinem Freund dessen Mission war und deshalb ließ er ihn ziehen.

Den Bart hatte der Braunhaarige tatsächlich behalten und nicht, wie sonst, mit einer seiner vielen Klingen abrasiert. Wie Ezio sagte, eigentlich nur, weil er wusste, dass er damit für Leonardo unwiderstehlich wurde. Das war nicht einmal gelogen. Außerdem hatte sein Freund versprochen, ihn regelmäßig zu besuchen, obwohl Leonardo jetzt schon wusste, dass das nicht oft der Fall sein würde.

Mit einem Lächeln strich er sich über die Lippen, auf die Ezio noch vor wenigen Minuten einen letzten Kuss gedrückt hatte, bevor er sich die Kapuze aufgesetzt hatte und über eine der Hausfassaden auf die Dächer Forlìs verschwunden war.
 

Pass auf dich auf, Ezio.



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