„Ich muss kurz einkaufen, kannst du dich in der Zeit um Akito kümmern?“, rief Sakura und betrat im nächsten Moment Sasukes hauseigenes Büro, um ihm ihren Sohn zu überreichen.
„Das ist gerade ungünstig, ich arbeite an-“
„So? Was kann denn bitte wichtiger sein, als das eigene Kind?“, vergewisserte sich die Rosahaarige mit zuckersüßer Stimme und drückte ihm Akito in die Arme, „Dauert auch wirklich nicht lang. Das schaffst du schon“, fügte sie aufmunternd an und im nächsten Moment war sie auch schon verschwunden.
Überrumpelt betrachtete er das augenscheinliche Bündel Hilflosigkeit an seiner Brust und stieß nachdenklich die Luft aus. Was machte man mit so einem Ding...?
Etwas unbeholfen setzte er den Kleinen neben sich auf den Boden, gab ihm ein Kuscheltier und widmete sich weiter seiner Buchführung. Doch schon nach einer halben Minute schien Klein-Akito nicht mehr zufrieden mit seinem Spielzeug, ließ es achtlos fallen und begann, im Büro umherzukriechen. Erst schenkte Sasuke dem keine Beachtung, doch als es plötzlich laut rumste, fuhr er herum und musste mit Schrecken feststellen, dass Akito eine Schublade voller wichtiger Papiere herausgezogen hatte und sie nun samt Inhalt zu Boden gekracht war, wobei die ganzen Dokumente sich in alle Himmelsrichtungen im Zimmer verteilt hatten. Kichernd sammelte der Kleine einige Papierbögen auf und zerknüllte die fröhlich, indem er sie ganz in Kleinkindmanier fest mit einer Hand umklammerte.
„Oh nein, die brauch ich doch noch!“, rief Sasuke aufgeregt und wollte sie seinem Sohn wegnehmen, doch dem gefiel das gar nicht und er schrie seinen Protest lauthals in die Gegend.
„Okay okay, du gibst mir die Formulare wieder und dafür spiele ich was mir dir, ja?“, versuchte er Überzeugungsarbeit zu leisten, doch Akito hörte ihm gar nicht zu, sondern kroch – die Papiere immer noch in der Hand – auf die Tür zu, wobei besagte Formulare nur noch mehr zerknitterten.
„Ach herrje...“, entfuhr es Sasuke unwillkürlich und er folgte dem kleinen Wirbelwind, der bereits im Wohnzimmer angelangt war und sich zur Aufgabe gemacht hatte, Sasukes Dokumente zu Konfetti zu verarbeiten. Fluchend riss er dem Jungen die entstandenen Fetzen aus den Händen und starrte fassungslos auf das Resultat kindlichen Übermuts.
„Na toll...“, seufzte er und legte die nun wertlosen Papierstücken zur Seite.
„Aber wie kann ich dich davon abhalten, irgendwas kaputt zu machen, während ich arbeite...?“, murmelte er mehr zu sich selbst und beäugte skeptisch, wie Akito auf ihn zu kroch und sein kleiner Mund sich zu einer fast vorfreudig hämischen Fratze verzog. Bevor er reagieren konnte, hatte sich der Kleine auf ihn gestürzt und zog nun fröhlich krähend an Sasukes langem Haar, wobei ziehen eigentlich noch recht harmlos klang...
„Ach du Scheiße! Lass mich sofort los!“, beschwerte Sasuke sich ärgerlich und entriss den gierigen Babyhänden die schwarzen Strähnen. Seine Kopfhaut schmerzte und er verzog den Mund zu einem Flunsch. Warum er...?
In dem Versuch, seinen kleinen, sehr unzufriedenen Sohn irgendwie zu beschäftigen, holte er eines der vielen Spielzeuge aus einem anderen Zimmer und setzte es Akito vor die Nase. Allerdings wollte dem das auch nicht zusagen und so beschloss Klein-Akito, seinen geballten Missmut auf die wirksamste Weise zu zeigen, die einem Kind zur Verfügung stand – er begann zu weinen.
„Oh bitte tu mir das nicht an.“, beschwerte sich Sasuke und hielt verzweifelt nach etwas Ausschau, womit er seinen Sohn beschäftigen konnte, um endlich weiterarbeiten zu können. Doch jegliche seiner Bemühungen wurden in den Wind geschlagen und Akitos Protest steigerte sich auf eine derart nervtötende Art, dass Sasuke bereits überlegte, sich die Ohren mit Watte zu stopfen.
Er nahm ihn auf den Schoß und wiegte ihn hin und her, sang ihm etwas vor, versuchte ihn für irgendwelchen Blödsinn zu begeistern, aber wie sehr er sich auch erniedrigte – es half nichts. Und nachdem auch Akitos eigentliches Lieblingsspielzeug den Kleinen nicht besänftigen konnte, war Sasuke wirklich kurz davor, sich im Waschbecken zu ertränken.
Er hatte inzwischen wirklich alles versucht, doch Akito wollte einfach nicht still sein und fuhr mit konstanter Boshaftigkeit fort, ihm die Ohren voll zu heulen.
„Im Angesicht des Versagens falle ich, knie ich, krieche ich...“, sang Sasuke leise eine Passage aus „Tränen der Einsamkeit“ von D.A.M.N. vor sich hin und seufzte abgrundtief. Der kleine Akito ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken, ballte seine kleinen Hände zu Fäusten und schrie den verzweifelten Sasuke aus Leibeskräften an.
„Jetzt beruhige dich doch endlich...“, bat der Schwarzhaarige matt, erzielte jedoch nicht die gewünschte Wirkung. Akito schrie weiterhin und in seinen Augenwinkeln formten sich noch mehr kleine Tränen.
„Womit hab ich das nur verdient...“, murmelte Sasuke weinerlich und barg das Gesicht in seinen Händen, während sein kleines Söhnchen unbeeindruckt sein Schreikonzert fortführte.
„Unter Tränen verbrenne ich in Einsamkeit,
erliege der stillen Qual.
Tief gefallen, ausgemerzt
abgestorben, ausgehöhlt.
Vergessen was war,
verdrängen was ist.
Stillstand vor dem
Abgrund.
Und ich fühle wieder den
Schmerz, dem untersagt ist zu leiden,
ausgelaugt, versacke ich haltlos...“, nuschelte er.
„Sasuke? Was soll denn das hier bitte werden?!“, hörte er plötzlich Sakura hinter sich und zuckte erschrocken zusammen. Seine Nerven lagen ohnehin blank, aber wer rechnete denn bitte damit, so fies von hinten überrascht zu werden?
Langsam drehte er sich herum und erblickte seine Rachegöttin von Ehefrau über sich, wo sie sich – die Hände in die Hüften gestemmt – in ihrer beachtlichen Größe von 1,68 aufgebaut hatte.
„Mhm?“, fragte er unschuldig nach und strich sich die Haare zurück, um sie richtig ansehen zu können.
„Du scheinst gewaltige Todessehnsucht in Gegenwart unseres Kindes zu haben. Bei Bedarf kann ich gern Abhilfe schaffen.“ Das Funkeln in ihren grünen Augen warnte ihn, genau zu überlegen, was er jetzt sagen würde und so beließ er es vorerst bei einem „Hn...“, während er Akito, der in Ermangelung der ihm rechtmäßig zustehenden Aufmerksamkeit ein neues Level an Lautstärke erreicht hatte, einen bösen Blick zuwarf. Sakura zog auf seine unbefriedigende Antwort hin nur eine Augenbraue in die Höhe und legte provokant den Kopf schräg.
Seufzend deutete Sasuke auf den kleinen Schreihals hinter sich und meinte resignierend: „Er hört einfach nicht auf. Ich weiß nicht mehr, was ich noch machen soll...“ Augenverdrehend schritt die Rosahaarige nun an ihm vorbei und hob Akito hoch.
„Hast du es mal mit füttern oder Windeln wechseln versucht?“, fragte sie in einem Tonfall, der ihm sagte, dass sie die Antwort bereits kannte. Seiner Vermutung folgend schwieg er sich aus, während er sich innerlich gegen die Stirn schlug und sich fragte, warum er da nicht selbst drauf gekommen war.
'Er muss mich hassen...', dachte Sasuke sich schaudernd, während sich Akito frisch gewickelt an Sakuras Hals klammerte und ihm über ihre Schulter hinweg aus funkelnden grünen Augen einen stechenden Blick zuwarf. Wie sehr er in solchen Momenten doch an seine Mutter erinnerte... es war zeitweise wirklich beängstigend.
„Es ist doch gar nicht so schwer. Ich versteh nicht, wieso du es nie hinbekommst, dich mal kurz um ihn zu kümmern“, murmelte Sakura kopfschüttelnd, während sie, Akito immer noch auf dem Arm haltend, seine Flasche füllte und mit einer Hand zuschraubte. Dann kam sie zu ihm, setzte ihm seinen kleinen Sohn auf den Schoß und gab ihm das Fläschchen, damit er ihn fütterte. Sasuke stöhnte innerlich, ließ sich aber nach außen hin nichts anmerken, da Sakura im Bezug auf das Kind wirklich furios sein konnte, und blickte den Jungen warnend an.
„Ich geh kurz Wäsche aufhängen, das hier bekommst du auch ohne mich hin, oder?“, vergewisserte sich seine sorgende Ehefrau und ließ ihn dann, ohne auf eine Antwort zu warten, allein mit dem kleinen Monster zurück, das ihn aus halb zugekniffenen Augen stumm beobachtete.
„Gewiss doch“, nuschelte er seufzend und hielt dem Kind die Flasche hin, doch statt zu trinken, drehte es den Kopf weg und drückte mit beiden Händen unbeholfen das Trinkgefäß von sich, während es einen quäkenden Laut von sich gab, der wohl seiner Empörung über diesen Esszwang Ausdruck verleihen sollte. Missmutig zog Sasuke die Augenbrauen zusammen und stopfte Akito wortwörtlich das Maul, um ihn endlich dazu zu bewegen, seine blöde Milch zu trinken. Doch der Kleine war damit überhaupt nicht einverstanden, schüttelte wild den Kopf, um der unheilvollen Flasche zu entfliehen und spuckte Sasuke die bisher in seinen Mund gelangte Milch mitten ins Gesicht. Der Schwarzhaarige schreckte zurück und wischte sich angewidert die weiße Flüssigkeit von der Haut.
„Kannst du nicht wenigstens einmal lieb sein?“, flehte er kaum hörbar und blickte das Baby bittend an, doch statt Verständnis fand er nur Trotz in den grünen Augen seines Sprosses und wie auf Knopfdruck lief dieser rot an, kniff die Augen zusammen und...
„Nicht schon wieder...“, jammerte Sasuke, doch sein Protest ging bereits kläglich im Geplärr seines Mini-Clanerben unter...