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Starlight Love

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die ersten zwei Kapitel geben die Ereignisse der Episoden 194 und 195 verändert wieder - es geht also kurz nachdem Kakyuu erschienen ist los! :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier gibt es einen kleine Storysprung, da ich denke, dass der Kampf gegen Galaxia in etwa wie im Anime stattgefunden haben könnte für diese Fanfic - und da ich das Ganze nicht nur nacherzählen will, geht es an der Stelle weiter, als Sailor Moon Galaxia in die zurückverwandelt hat, die sie einmal war ... Komplett anzeigen

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Der Brief

Endlich allein. Die anderen trauten ihr wirklich gar nichts mehr zu. Dabei konnte sie sich selbst verteidigen, wenn es darauf ankam. Schließlich war sie Sailor Moon, die Kriegerin für Liebe und Gerechtigkeit. Sie hatte sich weiterentwickelt und war keine unfähige Heulsuse mehr. Zumindest wollte sie das glauben.

 Seufzend stützte sich Bunny auf das Metallgeländer, das das Dach der Juban-Oberschule einrahmte, und beobachtete ihre Mitschüler beim Sport. Mit einem Lächeln erinnerte sie sich daran, wie Seiya versucht hatte, sie für das Softballspiel zu trainieren. Sie hatten sogar gewonnen, aber Bunny war immer noch furchtbar unsportlich. Ohne Seiya hätte ich es niemals geschafft, auch nur einen Ball zu fangen …

            Die Wolken, die immer zahlreicher über den Himmel trieben, färbten sich bereits orange, als Bunny den Brief von Mamoru aus ihrer Schultasche zog. Sie trug ihn bereits seit drei Tagen mit sich herum. Nachdem er sich so lange nicht gemeldet hatte, hatte sie sich einfach nicht getraut, ihn aufzumachen. Obwohl sie sein Lebenszeichen sehnsüchtig erwartet hatte. Er war schon über drei Monate in Amerika. Am Anfang hatte sie ihn schrecklich vermisst, doch dann war jemand anderes in ihr Leben getreten, jemand, der sie zum Lachen und mit seiner offenen Art völlig aus dem Konzept brachte. Ich fühle mich so schuldig. Sie musste den Brief endlich lesen. Mit zitternden Händen öffnete sie das Kuvert und faltete das schlichte, gelbstichige Papier auseinander:

            „Liebe Bunny,

            es tut mir sehr leid, dass ich mich jetzt erst bei dir melde. Du hast dir sicher Sorgen um mich gemacht. Ich wollte dir schon oft schreiben, doch ich habe es nicht über mich gebracht, dich zu belügen und auch nicht, dir die Wahrheit zu sagen. Es war feige von mir, mich nicht bei dir zu melden. Ich hoffe, du kannst mir irgendwann verzeihen.

Vielleicht hast du bemerkt, dass ich in letzter Zeit sehr distanziert war. Unser Abschied fiel daher sehr unterkühlt aus und mein schlechtes Gewissen dir gegenüber wurde noch größer. Erst habe ich gedacht, das geht vorbei, und dass es wie früher wird. Aber inzwischen weiß ich einfach, dass wir keine Zukunft miteinander haben.

Wir sind so verschieden und ich habe begriffen, dass wir nicht nur wegen einer Liebe aus einem früheren Leben zusammenbleiben können. Außerdem … du wirst mich sicher hassen, aber ich muss es dir sagen … Ich habe jemanden kennengelernt. Sie heißt Hiyori und ich glaube, ich liebe sie. Es tut mir so leid. Ich hoffe, wir können noch Freunde sein, irgendwann? Du bedeutest mir immer noch viel.“

            Der Brief entglitt ihren Händen. Mamoru hatte eine andere. Deswegen hatte er sich also nicht gemeldet. Und sie hatte sich schon ausgemalt, dass er krank war oder dass ihm etwas Schlimmes zugestoßen war. Die Sorgen um ihn hatten das Vermissen bald aufgefressen. Doch nun war Bunny trotz seines Geständnisses vor allem erleichtert, dass es ihm gut ging. Wenn sie ehrlich zu sich war, hatte sie es schon lange gespürt. Die Beziehung mit Mamoru war nie so tief gewesen wie in ihrer Erinnerung an das Silberjahrtausend. Auch wenn es schmerzte, wusste sie, dass er Recht hatte. Nur weil sie sich in einem früheren Leben geliebt haben, mussten sie jetzt nicht das gleiche empfinden. Er war nicht mehr Endymion. Er war Mamoru und sie war jetzt Bunny.

            Ihr ging es genauso wie ihm. Sie hatte ihr Herz an einen anderen verloren.

 

                                                             ***

 

Nun war es also vorbei. Sein Leben als Seiya. Auch wenn er unendlich glücklich darüber war, dass sie Prinzessin Kakyuu gefunden hatten, erfüllte ihn Wehmut, während er sein Pult in der Schule leerräumte. Er hatte auf diesem Planeten eine wundervolle Zeit verbracht und auch Yaten und Taiki mussten erkennen, dass sie in diesem menschlichen Leben glücklich gewesen waren.  Ein Lächeln schlich sich auf Seiyas Lippen, als er an Bunnys Tisch stand. Sie hatte einen kleinen Hasen in die untere Ecke geritzt. Unweigerlich fluteten Bilder von ihr sein Bewusstsein, wie sie ihn böse anschaute und mit ihm stritt. Wie sie sehnsüchtig die Sterne betrachtete und traurig in die Ferne schaute. Wie sie lachte und rot wurde, sobald er sie berührte. Wenn sie sich doch nur früher getroffen hätten …

            Seiya zog die rote Rose aus der Brusttasche seines Anzugs, um sie auf Bunnys Tisch zu legen, als plötzlich Rei in das leere Klassenzimmer stürmte. An ihrem gehetzten Blick erkannte er sofort, dass etwas nicht stimmte.

            „Oh, Seiya“, hauchte Rei atemlos. „Hast du vielleicht Bunny gesehen?“

            Sein Herz blieb beinahe stehen. „Ist sie denn nicht bei euch?!“ Rei schüttelte traurig den Kopf. Die Anima Mates waren hinter ihrem Sternenkristall her, wie konnte das Sailorteam sie allein lassen?

            „Ich helfe euch suchen!“ Er musste sie finden, bevor es ihre Gegner taten. Während sie das gesamte Stockwerk nach Bunny durchsuchten, wurden alle anderen Gedanken aus seinem Kopf gefegt. Es zählte nur noch, dass es ihr gut ging. Wo bist du nur, Schätzchen? Niemals könnte er es sich verzeihen, wenn ihr etwas zustieß. Du bist ein verdammter Idiot, Seiya. Du wusstest doch, dass sie in Gefahr ist.

            Im Treppenhaus trafen sie auf die anderen Mädchen, die ihrem verzweifelten Gesichtsausdruck nach ebenfalls erfolglos geblieben waren.

            „Was machen wir jetzt?“, fragte Makoto.

            „Wir waren noch nicht auf dem Dach und in der Turnhalle“, warf Rei ein.

            Seiya entschied sofort: „Ich sehe auf dem Dach nach!“ Wenn sie dort nicht war, könnte er schnell vom Dach springen und zur Turnhalle rennen.

            Während die Mädchen nach unten stürmten, stürzte Seiya die Treppen hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Als er die Tür zum Dach aufriss, bohrte sich ein kalter Schmerz in seine Brust. Sein Schätzchen lag auf dem Boden. Sailor Tin Nyanko beugte sich über sie und forderte: „Gib mir endlich deinen Sternenkristall!“

            Ohne zu zögern warf Seiya die Rose, die er immer noch in der Hand hielt, vor Galaxias Schergin, die mit einem Aufschrei zurückzuckte. Sailor Moon dagegen starrte erbleicht auf die Rose, als wäre diese ein böser Geist. Als sie Seiya erblickte, wich der letzte Rest Farbe aus ihrem Gesicht. Was ist mit dir los?

            Er hatte keine Zeit nachzudenken. Er musste sich verwandeln und ihr helfen. „Macht des Star Fighter, mach auf!“ Ihr Schätzchen rührte sich immer noch nicht, als sie ihre Sternenwaffe auf Tin Nyanko richtete. „Sailor Star, strafe sie!“

            Galaxias Untergebene schrie, als das blaue Licht sie traf, doch Bunny rührte sich einfach nicht.

            „Sailor Moon“, rief Fighter verzweifelt. „Worauf wartest du?“  

            Endlich erwachte sie aus ihrer Starre und realisierte, dass Tin Nyanko verwundbar war. Sailor Moon zückte ihren Moon Power Tiare und richtete ihn auf die feindliche Sailorkriegerin. Fighter war überwältigt von dem gleißenden Licht, das aus dem Stab hervorbrach und Tin Nyankos rechten Armreif zerstörte. Es sah beinahe so aus, als könnte Sailor Moon sie zurückverwandeln, doch dann floh die Anima Mate fluchend.

            Bunny verwandelte sich zurück und Fighter nahm wieder die Gestalt von Seiya an. Unsicher ging er einige Schritte auf sein Schätzchen zu, blieb jedoch stehen, als er die Tränen in ihren Augen sah. Warum? …

            „Weißt du, Seiya, ich bin wirklich nicht gut darin, etwas alleine zu machen. Wenn ich Hausaufgaben machen will, fange ich an zu essen und dann werde ich müde und habe wieder nichts gemacht.“ Warum erzählt sie mir das jetzt? „Als Mamoru nach Amerika geflogen ist, dachte ich, ich kann es alleine schaffen. Dass ich stark genug bin. Aber als ich die Rose gesehen habe … da …“ Die Tränen kamen nun in Strömen und sie schaffte es kaum, weiterzusprechen. Seiya sah, wie stark ihre Hände zitterten und hätte sie am liebsten fest in die Arme geschlossen. Das Gefühl, zu weit zu gehen, hielt ihn jedoch davon ab.

            „Oh Schätzchen …“

            „Ich musste an Mamoru denken!“ schrie Bunny plötzlich. „Und dass er mich allein gelassen hat … und dass … dass …“ Sie leidet so sehr. Wie kann er ihr das antun?

            Sie fiel auf die Knie und brach vollkommen in sich zusammen. Seiya spürte ihren Schmerz als wäre es sein eigener und konnte schließlich nicht anders, als sich zu ihr zu knien und ihr zärtlich die Arme auf die Schultern zu legen. Sie wirkte so zerbrechlich in diesem Moment. Er wollte ihr nicht wehtun. Sie nicht durcheinanderbringen. Aber dieser Mamoru hatte sie nicht verdient.

            „Du hast doch mich“, sagte Seiya leise.

            Bunny blickte erschrocken auf. Sie schien nicht zu verstehen.

            Seiya beugte sich näher zu ihr und fragte sanft: „Bin ich nicht gut genug?“

            Das Lächeln auf seinen Lippen schmerzte. Er wusste, dass sie einem anderen gehörte. Trotzdem wollte er an ihrer Seite sein. Eine gefühlte Ewigkeit sahen sie sich stumm in die Augen und Seiya glaubte fast, dass sein Schätzchen ihm in die Arme fallen wollte, als plötzlich Harukas schneidende Stimme den Moment zwischen ihnen zerstörte.

            „Geh von Bunny weg!“

            Sie, Michiru und die anderen standen in der Tür. Wie lange schon? Hatten sie gehört, was Seiya gesagt hatte? Bunny richtete sich auf und wandte verschämt den Blick von ihm ab. Da war etwas zwischen ihnen gewesen, doch jetzt war es verschwunden. Wütend ballte Seiya die Hände zu Fäusten, sagte jedoch nichts. Er musste sie gehen lassen. Schweigend sah er zu, wie Haruka Bunnys Hand nahm und sie von ihm wegzog. Er sah ihnen nicht nach. Erst als er allein war, fiel ihm der Bogen Papier auf, der auf den Steinfliesen lag und von einem Windhauch aufgewirbelt wurde. Verwundert hob Seiya das Blatt auf und erkannte, dass es ein Brief für Bunny war.

            Da öffnete sich der dunkelgraue Himmel und es begann in Strömen zu regnen. Seiya schob den Brief unter sein Sakko und machte sich auf dem Heimweg.

 

                                                            ***

 

Haruka hatte darauf bestanden, sie nach Hause zu bringen, und ihr abermals ins Gewissen geredet, dass sie sich von den Starlights fern halten sollte. Vor allem von Seiya. Bunny konnte die Ablehnung, die Haruka ihren neuen Freunden entgegenbrachte, einfach nicht verstehen. Denn das waren sie ganz sicher: Freunde. Sie hatten ihr immer geholfen. Sie beschützt.

            Bunny war zu müde und zu verwirrt, um der Kriegerin des Windes zu widersprechen. Außerdem wusste sie ja, dass Haruka sich Sorgen um sie und den Planeten machte, und sie wollte nicht schon wieder streiten. Also schwieg sie, bis sie endlich zu Hause war und verzog sich in die Badewanne.

            Bin ich nicht gut genug?

            Bunny war viel zu überrascht gewesen, um Seiya zu antworten. Die Verzweiflung und die aufrichtige Zuneigung in seinen tiefblauen Augen hatten jedes Wort in ihrer Kehle ersterben lassen. Sie hatte nicht gewusst, dass seine Gefühle so stark waren. Oder hatte sie es nicht sehen wollen? Noch immer fühlte sie sich schuldig – wegen dem Herzrasen, das sie bekam, wenn Seiya sie anlächelte. Wegen diesem irren Glücksgefühl, das seine Nähe in ihrem Herzen entfachte. Und weil ihre Gedanken immer wieder zu ihm fanden und dabei ihre vorherbestimmte Zukunft vergaßen.

            Dabei erschien ihr diese längst verloren. Wenn Mamoru und sie nicht zusammen waren, was passierte dann mit Chibiusa? Schmerzhaft wurde Bunny bewusst, dass ihre Tochter niemals geboren werden würde. Aber da konnte nicht sein, sie war doch bei ihr gewesen. Chibiusa existierte. Bedeutete das, Mamoru würde zu ihr zurückkehren? Warum freute sie sich nicht darüber? Warum musste sie stattdessen an Seiya denken? Du bist gut genug! Aber ich kann nicht, ich …

            Als ihr die Tränen kamen, sprang sie aus dem Wasser und wischte sich barsch übers Gesicht. Nein. Sie würde nicht schon wieder heulen. Sie war stark genug, um alleine mit ihrem inneren Chaos fertig zu werden. Sie würde jetzt schlafen. Und morgen würde die Welt ganz anders aussehen.

Nachdem sie in ihren rosanen Schlafanzug mit den kleinen Häschen drauf geschlüpft war, band sie ihr Haar zusammen und verkroch sich ins Bett. Luna sprang zu ihr und schmiegte ihr Gesicht an ihre Wange, als wolle sie sie trösten. Bunny war unendlich dankbar, dass ihre Katze in diesem Moment keine Fragen stellte, sondern einfach nur bei ihr war.

 

                                                      ***

 

Im Halbdunkel saß Seiya im Proberaum und starrte gedankenverloren auf den Brief, den er einfach eingesteckt hatte. Sollte er ihn lesen? Überschritt er nicht eine Grenze? Verdammt. Er hielt die Ungewissheit nicht aus, denn er spürte, dass in diesem Brief etwas stand, das er unbedingt wissen musste. Zögerlich faltete er das schlichte Papier auseinander und überflog die Zeilen. Wie er befürchtet hatte, hatte sich dieser Mamoru bei seinem Schätzchen gemeldet. Ein Liebesbrief also? Offenbar nein … Es tut mir sehr leid … wir haben keine Zukunft … ich habe jemanden kennenlernt …

            „Wie kannst du nur?“, zischte Seiya in die Stille hinein. Mamoru hatte sie nicht verdient. Wie konnte er einen so wunderbaren Menschen wie Bunny verlassen? Seiya schämte sich für den nächsten Gedanken, der ihn überkam: Hieß das, er hatte doch noch eine Chance? Durfte er ihren Schmerz einfach ausnutzen? Nein. Auch wenn er es zu gerne getan hätte. Sein krankgeliebtes Herz würde alles tun, um ihr nah zu sein, doch die Vernunft hielt ihn fest. Er durfte diese Situation nicht ausnutzen. Außerdem musste er sich auf seine Aufgabe konzentrieren und die Prinzessin beschützen. Sie mussten das Licht der Hoffnung finden.

            „Du sitzt ja schon wieder alleine im Dunkeln?“ Taiki und Yaten standen plötzlich vor ihm und blickten ihn halb kritisch halb sorgenvoll an. Er hatte sie gar nicht hereinkommen hören.

            „Seit wann liest du Fanpost?“, fragte Yaten und riss ihm einfach das Papier aus der Hand – nur um es gleich wieder fallen zu lassen, als hätte er sich verbrannt. „Oh man. Woher hast du den? Du hast ihn doch nicht etwa gelesen?“

            „Bunny hat ihn liegen gelassen und ich …“ Ich wollte wissen, was drin steht. Ich wollte wissen, warum sie so geweint hat. Jetzt war alles klar. Dieser armselige Kerl hatte sie einfach verlassen. Ausgerechnet jetzt, da sie ihre ganze Kraft für den Kampf brauchte.

            „Das war wirklich kindisch“, tadelte ihn Taiki. „Schlag sie dir endlich aus dem Kopf.“

            „Du verstehst das nicht“, murmelte Seiya. Er wollte seine Gefühle verteidigen, aber er wollte auch keinen Streit anfangen.

            „Lass ihn“, knurrte Yaten. „Es ist hoffnungslos.“

            „Wo ist die Prinzessin?“, fragte Seiya, um vom Thema abzulenken.

            Taiki antwortete: „Sie schläft längst. Es ist drei Uhr nachts, du solltest auch endlich schlafen. Das Konzert morgen ist wichtig.“

            Seiya nickte benommen und stand auf, um in sein Zimmer zu gehen. Er wusste, dass er keinen Schlaf finden würde.

(Un)klare Verhältnisse

Als sie am nächsten Morgen aus dem Bad kam, wurde sie in ihrem Zimmer bereits von Rei erwartet. Bunny wusste sofort, was ihrer Freundin auf der Seele brannte. Auch wenn sie sich oft wegen Kleinigkeiten stritten, so war Rei stets diejenige, die sie von allen am besten verstand.

            „Was willst du jetzt machen?“, fragte Rei. „Du musst klare Verhältnisse schaffen. Alles andere wird Seiya nur verletzen.“

            Sie hatte also gehört, was er auf dem Dach zu ihr gesagt hat. Bei dem Gedanken an ihn musste sie unweigerlich lächeln und eine kribbelnde Wärme breitete sich in ihrem Bauch aus. Gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass sie ihn sprichwörtlich im Regen hatte stehen lassen. Sie hatte einfach nicht gewusst, was sie ihm antworten sollte. Am liebsten hätte sie sich in seine Arme geworfen, doch das wäre egoistisch gewesen.  

            „Du liebst doch Mamoru?“, schob Rei nach, als sie keine Antwort bekam. Bunny schaute sie verzweifelt an, sie konnte ihr nichts vormachen.

            „Mamoru hat eine andere“, sagte sie leise und schaute zu dem Bild, das sie im Park gemacht hatten. Sie selbst sah glücklich aus, doch Mamoru blickte lediglich sanft in die Kamera. Als wäre sie nur eine gute Freundin und nicht die Liebe seines Lebens. Und letztlich war sie das auch nicht.

            „Was?!“ Rei sprang auf. „Das kann nicht sein!“

            „Doch. Er hat mir geschrieben …“ Sie wollte ihrer Freundin den Brief zeigen, doch nun fiel ihr auf, dass sie ihn auf dem Schuldach verloren haben musste. „Aber jetzt weiß ich wenigstens, dass es ihm gut geht.“

            „Oh, Bunny, es tut mir so leid.“ Rei zog sie in eine feste Umarmung und strich ihr sanft und tröstend über den Rücken. Ihre freundschaftliche Zuneigung berührte Bunny so sehr, dass ihre Verwirrung sich bahn brach und sie leise zu schluchzen begann. Verzweifelt klammerte sie sich an Rei und schmiegte ihr Gesicht an die Schulter ihrer starken Freundin.

            „Hör auf zu weinen“, sagte Rei sanft. „Ich bin sicher, wenn du mit Mamoru redest, wird er …“

            „Nein. Seine Entscheidung klang endgültig.“ Sie löste sich von ihrer Freundin und lächelte tapfer. „Er hat recht, wir passen einfach nicht zusammen. Ich habe mir die ganze Zeit eingeredet, dass ich ihn vermisse, aber in Wirklichkeit habe ich mich nach einem anderen gesehnt.“

            Reis Augen weiteten sich. „Du meinst doch nicht etwa Seiya?“

            Bunny nickte. Sie schämte sich für ihre verbotenen Gefühle. „Ich weiß, er kommt aus einem anderen Sonnensystem und Haruka sagt, ich soll mich von ihm fernhalten und dass er mich belogen hat, aber ich sehne mich so sehr nach ihm und es tut mir so leid wegen Chibiusa und der Zukunft und ich weiß nicht wie ich …“

            Als sie kurz Luft holen musste, unterbrach Rei sie sachte. „Scht. Du musst dich nicht für deine Gefühle entschuldigen.“

            Danke, Rei …

            Plötzlich plärrte das Radio los. Chibi Chibi hatte sich ins Zimmer geschlichen und spielte fröhlich mit dem Lautstärkeregler. Rei kniete sich zu ihr und sagte freundlich: „Wir müssen über etwas sehr Wichtiges sprechen. Magst du nicht nach unten gehen und spielen?“

            „Chibi Chibi?“

            Rei wollte gerade das Radio ausmachen, als sie mitten in der Bewegung innehielt. „Heute ist ein trauriger Tag für alle jungen Mädchen“, erklärte der Radiosprecher. „Die erfolgreiche Gruppe Three Lights hat soeben bekanntgegeben, dass sie heute ihr letztes Konzert geben werden.“

            „Three Lights lösen sich auf?“ Bunny konnte es kaum glauben. Aber was hatte sie erwartet? Die drei hatten ihre Prinzessin gefunden. Es gab keinen Grund mehr für sie, zu singen. Und auch keinen Grund mehr, auf der Erde zu bleiben. Der Schmerz in ihrer Brust war unerträglich.

            „Wie schade“, seufzte Rei.

            Bunny kamen erneut die Tränen. Sie würde Seiya nie mehr singen hören. Dabei liebte sie seine warme, hoffnungsvolle Stimme, die nur sie zu meinen schien. Auch wenn sie sich das nur einbildete. Schließlich hatte er immer für eine andere Frau gesungen. Und sie ist so wunderschön und stark. Jetzt braucht er mich sicher nicht mehr …

            „Du solltest zu ihm gehen“, sagte Rei, die wie so oft genau zu wissen schien, was in Bunny vorging. „Schnell, bevor das Konzert anfängt!“

           

Es regnete in Strömen. Als würde die Welt darum weinen, dass die drei Lichter zum letzten Mal erstrahlten. Sie hatten allen mit ihren Liedern so viel Freude geschenkt und Bunny wünschte sich nichts mehr, als dass sie es weiterhin tun würden. Dass sie keine Sailorkrieger wären und dass Galaxia niemals in ihr Sonnensystem gekommen wäre. Warum konnten sie nicht einfach ein ganz normales Leben führen?

            Chibi Chibi drängte sich ganz nah an sie, um unter ihrem Schirm Zuflucht vor den Wassermassen zu finden, doch Bunny spürte kaum, wie das süße Mädchen sich an ihr Bein klammerte. Sie war tief in Gedanken versunken und fast jeder drehte sich um Seiya und darum, was sie ihm sagen wollte – und was sie ihm sagen durfte.

            „Bunny?“ Michiru? Erschrocken drehte sie sich um und spürte, wie der Wind ihr den Schirm aus der Hand riss. Chibi Chibi quiekte und Bunny streckte schnell die Hand nach ihm aus, doch bekam ihn nicht mehr zu fassen.

            „Du willst doch nicht etwa zu Seiya?“, fragte Michiru. Sie klang genauso ablehnend wie Haruka sie ansah. Waren die beiden ihr etwa gefolgt? Ihre kalten Blicke waren verletzend, auch wenn Bunny ihre Beweggründe verstand. Aber sie kannten Seiya und die anderen nicht richtig. Sie waren nicht gefährlich!

            „Das geht euch nichts an“, hauchte Bunny.

            „Wir haben es dir schon so oft gesagt, er ist ein Eindringling und außerdem ist er eine Sailorkriegerin, verstehst du das denn nicht? Diese Frau hat dich belogen und betrogen!“

            Bunny biss sich auf die Lippen. „Ihr kennt Seiya doch gar nicht!“

            „Wir haben genug von ihm gesehen“, schnaubte Haruka. „Warum sagst du ihm nicht endlich Lebe wohl?“

            Michirus Blick wurde etwas weicher, als sie sah, wie ihre Prinzessin unter der Situation litt. „Du musst uns verstehen. Wir müssen diesen Planeten vor Eindringlingen beschützen.“

            Das weiß ich doch. Und ich weiß auch, dass es unmöglich ist. Trotzdem drehte Bunny sich um und ging stur weiter Richtung Konzerthalle. Sie hörte noch, wie Haruka fluchte und dass die beiden ihr folgten, doch es war ihr egal. Sie nahm Chibi Chibi an der Hand und beeilte sich, durch den Regen zu kommen. Dabei war sie ohnehin schon vollkommen durchnässt.

 

            Ihr Herz sank in die Knie, als sie zaghaft an der Tür klopfte, hinter der die Three Lights sich auf ihr letztes Konzert vorbereiteten. Das „Herein“ kam von Seiya und sie hätte sich ihm am liebsten in seine Arme geworfen, als sie sein überraschtes Gesicht sah. Taiki und Yaten jedoch sahen sie missmutig an. Und ihre Prinzessin sah so wunderschön aus, dass Bunny sich plötzlich vollkommen fehl am Platz fühlte. Wie konnte sie darauf hoffen, dass Seiya sie mehr liebte als Kakyuu? Er hatte für seine Prinzessin gesungen und nicht für sie. Aber er hatte ihr auch zu verstehen gegeben, dass sie ihm mehr bedeutete.

            Verunsichert tat sie nur wenige Schritte in den Raum hinein und blieb mit gesenktem Kopf stehen. In ihr tobte ein Sturm der Gefühle und sie wusste nicht, wie sie Seiya sagen sollte, was sie so durcheinanderbrachte. Zudem war sie sich Haruka und Michiru in ihrem Rücken nur allzu bewusst. Also hauchte sie nur: „Ich wollte euch für euer letztes Konzert viel Glück wünschen.“

            „Könnt ihr uns bitte kurz alleine lassen?“ Seiya sah seine Bandkollegen an, die fassungslos den Kopf schüttelten. „Ich will mit ihr unter vier Augen sprechen“, wiederholte Seiya mit Nachdruck.

            Haruka seufzte ergeben und knurrte: „Fünf Minuten, nicht länger.“ Dann verließ sie mit Michiru den Raum.

Bunny strich Chibi Chibi über den Kopf und sagte sanft: „Geh mit den anderen und warte auf mich, ja?“ Das kleine Mädchen strahlte sie an und rannte Uranus und Neptun freudig nach.

            „Kommt, lassen wir sie allein“, sagte Kakyuu und lächelte Bunny aufmunternd zu, als Taiki und Yaten ihrer Prinzessin widerstrebend folgten.

            Kaum war sie mit Seiya allein, schlug ihr Herz so heftig, als wollte es zerspringen. Fieberhaft überlegte sie, wie sie ihre Verwirrung in Worte fassen sollte. Was sie ihm sagen durfte, ohne egoistisch zu sein.

            Schließlich ergriff Seiya zuerst das Wort. „Das gestern war ehrlich gemeint.“ Sein Lächeln war so liebevoll, dass ihre Kehle ganz eng wurde.

            „Seiya, ich muss dir …“ sagen, dass du gut genug bist. Natürlich bist du gut genug! Aber ich darf nicht. Wegen Chibiusa. Und weil du deine Prinzessin beschützen musst. Sie schaffte es einfach nicht, auch nur einen einzigen Gedanken auszusprechen.

            „Bitte fühl dich nicht verunsichert, weil ich dich liebe. Ich weiß, dass es eine einseitige Liebe ist.“ Wie konnte er das so ruhig sagen und lächeln? Sie sah doch genau, wie sehr ihn diese Worte schmerzten. Hatte er denn nicht gemerkt, was sie empfand?

            „Aber das stimmt nicht!“, platzte sie heraus. „Sie ist … sie ist nicht …“

„Schätzchen?“ Etwas in seinem Blick veränderte sich. In seinen strahlend blauen Augen leuchtete etwas auf und er kam ihr vorsichtig näher, so als könnte sie ihm davonlaufen, wenn er sich zu schnell bewegte. Erwartungsvoll hielt sie still und schloss die Augen, als sie seine Wange an ihrer spürte. Er riecht so gut. So fremd und doch vertraut. Alles in ihr geriert in Aufregung.

            „Nach dem Konzert“, flüsterte er ihr zärtlich ins Ohr, „werde ich dich entführen.“

             Ihr Herz setzte einen Schlag aus und geriet heftig ins Stolpern, als sie seine weichen Lippen plötzlich auf ihren spürte …

 

                                                     ***

 

Sie wich nicht zurück? Sein Herz explodierte schier vor Glück und er musste sich regelrecht von ihr losreißen, um sie anschauen zu können und zu begreifen, was gerade geschehen war. Ihre Wangen waren gerötet und ihr Blick so verwirrt und zärtlich, dass er glauben wollte, dass seine Liebe nicht einseitig war. Durfte er tatsächlich hoffen?

            Dazu musste er jedoch ehrlich sein. „Schätzchen, ich … ich hab diesen Brief gefunden.“ Mit zitternden Händen zog er das zusammengefaltete Papier aus seiner Brusttasche und gab es Bunny zurück. „Und ich hab ihn überflogen“, gab er zähneknirschend zu.

            Seiya erwartete, dass sie ihn nun böse anfunkeln und tadeln würde, doch sie lächelte einfach nur traurig. „Dann muss ich dir ja nichts mehr erklären“, sagte sie leise. Dann nahm sie einen tiefen Atemzug und zerknüllte den Brief, ehe sie ihn achtlos fallen ließ. „Zuerst war ich traurig“, erklärte sie, „aber dann war ich einfach nur erleichtert.“

            Er traute sich kaum, zu fragen, und das „Warum?“ fühlte sich auf seinen Lippen spröde an.

            Scheu griff sie nach seiner Hand und hielt sich an ihm fest, als sie sagte: „Weil ich immer nur an dich denken musste. Auch wenn ich es nicht darf und die anderen sagen, dass du nicht gut für mich bist, will ich dir nah sein. Ich will …“

            Er schaffte es nicht, sie ausreden zu lassen, so glücklich war er in diesem Moment, und schlang seine Arme so fest um ihren zarten Körper, dass sie aufkeuchte. „Seiya … du zerdrückst mich …“

            Er lockerte seine Umarmung ein wenig, um in ihr wunderschönes Gesicht blicken zu können. Zärtlich strich er ihr über die Wange. „Ich muss mich auf unser Abschiedskonzert vorbereiten.“ Ein letztes Mal würden sie eine Botschaft aussenden. Er musste verhindern, dass ihr Planet genauso zerstört wurde wie Kinmoku. Bunny sollte niemals dieses schreckliche Leid erfahren – egal, was passiert, er würde sie um jeden Preis beschützen.

            Sie sah ihn so hoffnungsvoll an, dass er für einen Moment all die grausamen Erinnerungen vergessen konnte und daran glaubte, dass alles gut werden würde. Dass er sein Versprechen wahr machen konnte.

            Seiya lächelte erleichtert und zwinkerte ihr zu. „Ich werde das Licht der Hoffnung finden. Für unsere Prinzessin … und für dich.“

Gerettet?

Sie hatte es geschafft. Sailor Moon hatte sie alle gerettet, mit ihrem warmen, flammenden Licht der Hoffnung. Und sie sah bezaubernd aus in ihrem weißen Kleid, so fragil und gleichzeitig stark, als könnte keine Finsternis des Universums sie bedrohen. Fighter sah sie zum ersten Mal als Mondprinzessin und ihre Schönheit steckte wie ein Dorn in ihrem Herzen. Doch noch überstrahlte die Erleichterung die Sehnsucht. Auch in den Gesichtern von Maker und Healer erkannte sie, dass alles ein gutes Ende gefunden hatte.

            Sie sahen ebenfalls auf zu Sailor Moon und Galaxia, deren wahre Gestalt eine unerwartet sanfte und beruhigende Ausstrahlung besaß. Sie sprach mit der Mondprinzessin und verabschiedete sich mit einem Lächeln. Zeitgleich schwärmten die Sternenkristalle aus in die Galaxie, in der das Leben von neuem erblühen würde.

            „Sie hat es tatsächlich geschafft“, rief Healer und drehte sich lachend zu Fighter um.

            Sie wollte ihr gerade zustimmen, als sich ein Riss durch den erlösenden Moment zog. Fighter sah, wie Sailor Moon die Augen zufielen und sich ihre weißen Schwingen in glitzernde Funken auflösten. Da stürzte sie auch schon in die Tiefe. Schätzchen! Schlagartig kehrte die Kraft in Fighters geschundenen Körper zurück und sie sprang der fallenden Mondprinzessin mit ausgebreiteten Armen entgegen. Einen schrecklichen Augenblick lang hatte sie das Gefühl, dass es nicht reichen würde, doch dann spürte sie, wie der zarte Körper in ihre Arme sank. Sailor Moon verwandelte sich zurück noch bevor sie den Boden berührten und als Fighter mit ihr landete, hielt sie Bunny fest in ihrem Arm.

            Da stürzten auch schon Maker und Healer herbei und sanken neben Fighter auf die Knie. „Was ist mit ihr?“

            Fighter nahm die Hand ihres Schätzchens. Sie war erschreckend kalt. Ihr Gesicht ganz bleich. Doch bald schon öffnete Bunny die Augen und lächelte sie schwach an.

            „Sie ist nur erschöpft“, stellte die Kriegerin erleichtert fest.

            „Unsere Heulsuse hat sich gänzlich verausgabt.“ War das die Stimme von Rei?

            „Sie hat ihre gesamte Energie für uns verbraucht.“ Ami?

            Bunny richtete sich in Fighters Armen auf und rief freudig: „Ihr seid alle da!“

            Sie folgte ihrem Blick und tatsächlich, sie waren alle da. Erst nur als blasse Schatten, doch bald nahmen sie eine feste Form an. Die Sailorkriegerinnen dieses Sonnensystems blickten erleichtert auf ihre Prinzessin, die ein wahres Wunder vollbracht hatte. Fighter half ihr, aufzustehen, und beobachtete voller Freude, wie Bunny ihren Freundinnen in die Arme fiel.

            Da hörte sie plötzlich die Stimme von Prinzessin Kakyuu. „Meine Freunde.“

            Fighters Herz schäumte über vor Glück. Lachend wandte sie sich um und sah ihre Prinzessin unversehrt vor sich. Auf ihrem Arm trug sie die kleine Chibi Chibi, die unbeschwert lachte. Das kleine Mädchen lebte noch. Sie waren wahrlich alle gerettet.

           

                                                                       ***

 

Haruka und Michiru hatten sie nach Hause gebracht. Als sie ihr Zimmer betrat, kam Bunny alles vollkommen irreal vor – und die Müdigkeit forderte ihren Tribut. Sie bekam noch mit, wie Michiru ihr in ihren Schlafanzug half und Haruka sie zudeckte. Dann fiel sie auch schon in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

            Am nächsten Morgen waren Haruka und Michiru verschwunden. Natürlich, sie konnten nicht die ganze Nacht am Bett ihrer Prinzessin sitzen. Bunny richtete sich gähnend auf und blinzelte in die Morgensonne. Ein wunderschöner Tag brach an und alles schien, als hätte der schreckliche Kampf gegen Galaxia und das Chaos niemals stattgefunden. Umso präsenter waren die verwirrenden Stunden vor dem Kampf. Plötzlich sehnte sie sich so sehr nach Seiya, dass ihr die Tränen kamen.

            „Dürfen wir reinkommen?“

            Bunny blickte auf und sah Setsuna und Hotaru in der Tür stehen. Was machen sie so früh am morgen hier? Es wird doch nichts passiert sein?! Sie bat die beiden herein und während sich Saturn zu ihr aufs Bett setzte, blieb Pluto stehen. Sie trug das violette Kostüm, das sie wie eine echte Lady aussehen ließ.

            „Wie geht es dir?“

            „Mir geht es gut, ich habe sehr lange geschlafen.“ Die Welt war gerettet. Das war sie doch? Ihre Freundinnen lebten. Aber wo war Seiya? Und die anderen beiden und Prinzessin Kakyuu? Haben sie die Erde etwa schon verlassen? Dabei hat Seiya doch gesagt, er wird mich entführen … war das nicht ernst gemeint? Warum galten ihre ersten Gedanken nach dem Kampf ihm? Sie sollten eher Chibiusa gelten. Nun, wo Mamoru sie verlassen hatte, würde Chibiusa … sie würde niemals … Sofort kamen ihr wieder die Tränen.

            „Prinzessin?“ Hotaru nahm ihre Hand und lächelte sie aufmunternd an. „Du denkst an Seiya, nicht wahr?“ Woher weiß sie das?!

            Benommen nickte Bunny. „Wisst ihr, wo er ist?“

            „Leider nein“, warf Setsuna ein. „Die drei haben sich mit ihrer Prinzessin zurückgezogen. Kakyuu war ebenfalls sehr erschöpft. Aber ich bin sicher, sie gehen nicht, ohne sich zu verabschieden.“

            Unweigerlich musste Bunny lächeln, doch in ihre Züge schlich sich ebenso Traurigkeit. „Dann heißt es wohl bald: Lebe wohl.“ Und dann hatte sie niemanden mehr. Mamoru würde nicht zurückkommen. Und Chibiusa würde niemals geboren werden.

            Setsuna ging vor ihr in die Knie und in ihrem Blick war so viel Wärme, das Bunny sich sofort ruhiger fühlte. „Wir haben mit Rei gesprochen. Sie hat uns erzählt, dass Mamoru sich von dir getrennt hat. Und wir dachten, du machst dir sicher Sorgen um Chibiusa.“

            „Wir wollten dir sagen, dass es Chibiusa gut geht“, sagte Hotaru. Das einst kränkliche Mädchen mit der düsteren Aura lächelte so offen, das Bunny ganz warm ums Herz wurde. Sie spürte, dass Hotaru von Chibiusas Wohlergehen vollkommen überzeugt war.

            Bedeutete das, Mamoru würde doch zu ihr zurückkehren? Aber wie sollte das gehen? Jetzt, da ihr Herz einem anderen gehörte. Einem Mann von einem anderen Stern. Einer Kriegerin, die einer anderen Prinzessin diente.

            Noch ehe Bunny die Fragen, die ihr im Kopf herumschwirrten, formulieren konnte, setzte Setsuna zu einer Erklärung an. „Wir haben bemerkt, dass du dich zu Seiya sehr hingezogen fühlst. Anfangs wollten wir nicht, dass eure Freundschaft tiefer wird, doch inzwischen glauben auch wir, dass du den Starlights vertrauen kannst. Daher möchten wir dir sagen: Die Zukunft ist nicht festgeschrieben. Du selbst hast die Wahl, Prinzessin.“

            „Die Zukunft … ist nicht festgeschrieben? Aber was ist mit Chibiusa?“

            „Sie wird deine Tochter sein. In einer anderen Zeitlinie. Es ist schwer zu verstehen, aber ich versuche, es dir zu erklären. Die Zukunft, aus der Chibiusa kommt, ist nicht die einzige mögliche Zukunft. Jede Entscheidung birgt die Möglichkeit, das Schicksal zu verändern. Und unsere Zeitlinie hat sich längst verändert."

            „Wie meinst du das?“

            „Die zukünftige Königin Serenity, die du kennengelernt hast, ist den Starlights und Prinzessin Kakyuu niemals begegnet. Sie sind niemals auf die Erde gekommen. Mamoru ist nie nach Amerika gegangen und der Kampf gegen Galaxia wurde nicht auf der Erde ausgetragen. Als Nehelenia zurückkehrte, haben sich Raum und Zeit stark verzerrt, vermutlich war das der Punkt, an dem die Zeit sich aufgespalten hat. Und es ist eine neue Zukunft entstanden, eine, in der Starlights auf die Erde kamen und in der ihr euch getroffen habt. Das bedeutet aber auch, dass du die Chibiusa, die du kennengelernt hast, nie mehr wiedersehen wirst, da sie in einer anderen Zeitlinie lebt.“

            Oh nein … Auch wenn sie sich meistens stritten, liebte sie Chibiusa über alles.  „Aber ihr geht es gut?“, hauchte Bunny.

            „Der kleinen Lady geht es bestimmt gut. Und ihr stehen alle Möglichkeiten offen, ebenso wie dir.“

            Sie würde Chibiusa nicht mehr sehen. Aber das war in Ordnung, wenn es ihr nur gut ging. Oder nicht? Sie würde das verkraften. Irgendwie.

            „Bedeutet das auch, dass ich keine Königin werde?“ Konnte es tatsächlich sein, dass sie ein ganz normales Leben würde führen können?

            „Das kann man nicht wissen“, sagte Setsuna und machte eine Pause, als wüsste sie nicht, ob sie die folgenden Worte wirklich aussprechen sollte. Sie wechselte einen bedeutungsvollen Blick mit Hotaru, die schließlich das Wort ergriff: „Ich hatte eine Vision von dir. Von einer neuen Zukunft. An deiner Seite war eine Kriegerin, die nicht zu uns gehörte. Ich konnte sie nicht genau erkennen, aber ich glaube, es war Sailor Star Fighter …“

            Seiya würde an ihrer Seite sein? Bunnys Herz überschlug sich und sie spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoss. Wenn das doch nur wahr wäre. Hotaru musste sich geirrt haben.

            „Haruka war dagegen, dass wir dir das sagen“, sagte Setsuna und lächelte geheimnisvoll. „Also verrate uns nicht.“

            „Bestimmt nicht!“ Bunny lächelte.

            „Haruka ist eifersüchtig“, mutmaßte Hotaru mit einem Augenzwinkern. „Und Seiya ist und bleibt ein Außerirdischer.“

            Ein Mann von einem anderen Stern, der eine Sailorkriegerin ist. Ihre Liebe konnte kaum komplizierter sein und doch war es so erschreckend einfach. Seiya passte zu ihr wie ihr Spiegelbild, es brachte ihre Gedanken durcheinander und ließ ihr Herz erblühen. Wenn sie bei ihm war, hatte sie das Gefühl, alles wäre möglich …

            „Ich glaube, ich brauche etwas frische Luft“, befand Bunny. Sie musste nachdenken. Allein. Sie schlüpfte in ihr blaugrünes Sommerkleid und begleitete Setsuna und Hotaru bis zum Juban Park, wo die beiden Kriegerinnen sie schließlich allein ließen. Als sie den Wasserspender sah, erinnerte sich Bunny daran, wie sie einmal in Rei hineingelaufen war und sie beide ihre Stirn hier gekühlt hatten. Dann fiel ihr Blick auf die Schaukeln. Im Moment spielten keine Kinder hier, also setzte Bunny sich auf eine Schaukel und betrachtete gedankenverloren den Sand vor ihren Füßen.

            Was Setsuna und Hotaru ihr erzählt hatten, verwirrte sie zutiefst. Konnte es tatsächlich verschiedene Zeitlinien geben? Konnte sie hier sitzen und an Seiya denken, während sie gleichzeitig irgendwo anders mit Mamoru zusammen war? Sie fühlte wieder den Schmerz, der sie überkommen hatte, als sie seinen Brief gelesen hatte. Nicht, weil er eine andere hatte. Sondern weil sie so lange nicht hatte sehen wollen, dass sie nicht zueinander passten. Dabei hatte sie geglaubt, dass sie füreinander bestimmt waren. Ab wann hatten sie sich in so verschiedene Richtungen entwickelt?

            Sie hatte immer eine tiefe Verbundenheit zu Mamoru empfunden und sich geborgen gefühlt. Und da sie die Liebe noch nicht gekannt hatte, hatte sie dieses Gefühl mit Liebe verwechselt. Erst als Seiya in ihr Leben getreten war, hatte sie verstanden, dass Liebe nicht nur sanft und warm, sondern vor allem aufwühlend, berauschend und schmerzhaft war. Seiyas Nähe hatte stets alles in ihr durcheinandergewirbelt, ein Blick hatte genügt und sie wusste nicht, was sie tun oder sagen sollte. Also hatte sie ihn meistens angegiftet. Oh, wie sie den Schlagabtausch mit ihm vermisste. Seine starken Arme, die sich schützend um sie legten. Seine eigenartige Wärme und Ausstrahlung, die wahrlich von einem anderen Stern war.  

            Dabei ist er doch eigentlich eine Frau … oder nicht? Störte sie das überhaupt? Seiya war doch Seiya. Aber vor allem war er nicht da, dabei brauchte sie ihn gerade jetzt …

            „Hallo, Schätzchen!“

            Bunny sprang auf und traute sich kaum, sich umzudrehen. Niemand sonst nannte sie so frech Schätzchen und klang dabei so liebevoll. Vorsichtig wandte sie sich um und sah ihn in seiner roten, lässigen Jacke an einem Laternenpfahl lehnen. Seine Augen funkelten wie Sternenlicht. Wie lange stand er schon da und sah sie an?

            „Wo bist du gewesen?“, hauchte sie. Am liebsten wäre sie auf ihn zu gerannt, doch sie war wie erstarrt. Sicher war er bei seiner Prinzessin gewesen …

            „Na, komm schon her“, lachte er und kam mit großen Schritten auf sie zu. Nun gab es kein Halten mehr und sie stürzte ihm regelrecht in die Arme, die sich besitzergreifend um ihren Körper schlangen. „Ich musste noch einiges klären. Es tut mir leid“, flüsterte er ihr ins Haar und strich ihr zärtlich über den Rücken. Es fühlte sich an, als würden sie sich ewig kennen.

            Bunny lehnte ihren Kopf gegen seine breite Brust. Sein Herzschlag war tief und geheimnisvoll. „Ihr werdet uns verlassen, nicht wahr?“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, rollte die erste Träne über ihre Wange.

            Seiya stützte sein Kinn auf ihren Kopf. „Willst du, dass ich bleibe?“

            Natürlich will ich das! Ich … Sie durfte nicht so egoistisch sein. Also sagte sie leise: „Ihr müsst euren Planeten wieder aufbauen.“

            Behutsam legte er ihr die Hände auf die Schultern und schob sie sanft von sich, sodass er ihr in die Augen sehen konnte. „Du hast meine Frage nicht beantwortet.“ Wie geduldig er sie anschaute. Mit einem unscheinbaren Lächeln auf den Lippen, als kannte er die Antwort schon und wollte sie nur aus ihrem Mund hören.

            „Könntest du denn bleiben?“, fragte sie.

            Die Wärme seines Blickes wurde von Traurigkeit verdunkelt. Trotzdem sagte er entschlossen: „Wenn du es willst, finde ich einen Weg.“ Sie wussten beide, dass es schwierig war. Seine Heimat lag schließlich tausende Lichtjahre entfernt. Bunny senkte den Blick und lauschte nach ihrem Herzen, das in ihrer Brust zerspringen wollte. Warum hatte Seiya nur so eine extreme Wirkung auf sie?

            „Schätzchen, man könnte fast glauben, du empfindest etwas für mich“, sagte Seiya mit einer Mischung aus Belustigung und Ernst in der Stimme.

            „Als hättest du das nicht bemerkt!“, schimpfte Bunny und knuffte ihn gegen den Oberarm. Dann sagte sie leise: „Ich liebe dich, du Idiot …“

            Sie sah noch, wie Seiyas Augen aufleuchteten, als er sie auch schon an sich riss und ihre Lippen mit einem flammenden Kuss verschloss. Er war so zärtlich und voller Leidenschaft, dass ihre Knie ganz weich wurden.

            Als sie sich atemlos voneinander lösten, hauchte Seiya: „Ich bin so froh. Auch wenn es mir jetzt noch schwerer fällt, zu gehen.“ Unweigerlich erstarb das Glücksgefühl in ihrer Brust. Sie hatte es gewusst. Es war unmöglich, dass er bei ihr blieb.

            Bunny schluckte ihren Schmerz herunter und versuchte, zu lächeln. „Schon okay. Sie brauchen dich und …“

            Ehe sie zu Ende sprechen konnte, unterbrach er sie: „Schätzchen, bitte komm mit mir!“

            „Überrumpel sie doch nicht so.“ Synchron drehten sie sich um und erblickten Yaten, Taiki und Kakyuu. Die Prinzessin lächelte entschuldigend, während Yaten weiter anmerkte: „Sie gehört auf die Erde und du nicht.“

            „Das haben wir doch hinter uns“, warf Taiki ein und nickte Seiya aufmunternd zu. „Außerdem können wir ihre Hilfe gebrauchen.“

            Bunny horchte auf. „Meine Hilfe?“

            „Der Macht des Silberkristalls könnte Kinmoku viel schneller heilen als es meine Kräfte vermögen“, erklärte Kakyuu. Sie sah in ihrer roten Tracht atemberaubend schön aus. „Außerdem spüre ich, dass unser Planet in Gefahr ist …“ Sie wagte nicht, weiterzusprechen und Bunny erkannte in ihren Augen einen tiefen Schmerz, der sie ganz betroffen machte.

            „Etwas Dunkles hat sich auf Kinmoku eingenistet“, erklärte Taiki. „Es verhindert, dass der Planet zu neuem Leben erwacht, obwohl das Chaos verschwunden ist. Wir wären für deine Hilfe sehr dankbar.“

            Bunny musste nicht überlegen und trat beherzt auf Kakyuu zu. Sie ergriff die Hände der Prinzessin und drückte sie ermutigend. „Natürlich helfe ich euch! Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht.“

            „Ich danke dir.“

            Seiya legte ihr die Hand auf die Schulter. „Wir brechen morgen auf. Dir bleibt also nicht viel Zeit, um dich zu verabschieden.“ Bunny erkannte in seinen Augen die Freude darüber, dass sie ihn begleitete, doch auch die Sorge um Kinmoku. Gerade erst hatten sie einen schrecklichen Kampf überstanden und nun drohte den Starlights und ihrer Prinzessin neues Unheil. Doch Sailor Moon würde nicht zulassen, dass eine böse Macht ihren ersehnten Frieden zerstörte!

Abschied

Am Abend besuchte Bunny die Kriegerinnen der äußeren Planeten, die gemeinsam ein Haus am Stadtrand bewohnten. Dort konnte Hotaru ungestört aufwachsen und die Kindheit erleben, die ihr bisher verwehrt geblieben war. Unweigerlich bekam Bunny ein schlechtes Gewissen, denn sie würde ihr ruhiges Leben stören müssen – wieder einmal. Konnten sie denn nie Ruhe haben? Zumindest Rei und den anderen wollte sie vorerst nichts von der düsteren Ahnung der Starlights sagen. Sie hatten genug gekämpft und es war ganz allein Bunnys Entscheidung, Seiya zu begleiten und Kinmoku zu beschützen.

           Der Abendhimmel erstrahlte in zarten Rosatönen und die Schatten im Garten ließen die nahende Nacht erahnen. Unsicher blieb Bunny vor der Haustür stehen, sie war sich nicht sicher, ob sie ihre Bitte vortragen sollte. Schließlich waren Uranus und Neptun den Starlights stets mit Misstrauen begegnet. Doch wenn Kinmoku tatsächlich von einer dunklen Macht bedroht wurde, brauchte sie die Hilfe ihrer stärksten Kriegerinnen.

            Ehe sie sich entscheiden konnte, zu klingeln, riss Haruka die Tür auf. „Ist etwas geschehen?“

           Offenbar hatte sie gespürt, dass ihre Prinzessin vor der Tür stand, und war nun alarmiert. Sie trug einen schlichten, ungewohnt feminin geschnittenen Anzug in einem schönen Sandton. In ihren Augen funkelten Sorge und die Bereitschaft, zu kämpfen. Uranus war immer bereit, sich in eine Schlacht zu stürzen, auch wenn sie wie die anderen lieber in Frieden lebte.

           Beschwichtigend hob Bunny die Hände und sagte: „Nein, nein. Keine Sorge. Aber ich muss dringend mit euch sprechen.“

           Haruka hielt ihr die Tür auf und begleitete sie ins Wohnzimmer, wo die anderen drei sie schon erwartet zu haben schienen. Bunny lächelte ihnen zu und nahm auf dem Sofa neben Hotaru und Setsuna Platz, während Haruka sich hinter Michiru, die in einem Sessel saß, stellte und die Arme auf der Polsterlehne abstützte. Sie wirkte aufrichtig besorgt. „Wir freuen uns, dich zu sehen, aber dein Gesichtsausdruck sagt mir, dass dich etwas bedrückt?“

           Sie nickte und beschloss, gleich zum Punkt zu kommen. „Ich werde Prinzessin Kakyuu nach Kinmoku begleiten. Morgen schon.“

           „Doch nicht etwa wegen Seiya?“, unterbrach Haruka sie harsch. Sie zog kritisch die Augenbrauen zusammen und auch in Michirus Blick erkannte Bunny Missbilligung. Waren sie etwa immer noch so misstrauisch?

           „Nein. Oder auch. Aber eigentlich geht es um etwas anderes. Etwas Dunkles bedroht ihren Planeten und vielleicht brauchen sie meine Hilfe. Und Eure.“

           „Unsere?“, fragte Hotaru ungläubig.

           „Ich weiß nicht, was uns dort erwartet. Aber falls wirklich etwas Böses dort ist, werde ich eure Kräfte brauchen. Darf ich euch rufen, wenn es zum Kampf kommt?“, fragte Bunny unsicher. Sie wusste, dass Uranus und Neptun nichts davon hielten, sich in die Belange anderer Sonnensysteme einzumischen. Dass sie die Erde und ihre Prinzessin am liebsten vor der ganzen Galaxie abschotten würden.

           Aber Haruka überraschte sie mit einem milden Lächeln, das ihr sagte, dass sie zu viel zweifelte. Sie ging um den Sessel herum und ging vor Bunny auf die Knie. „Natürlich darfst du uns rufen. Wir werden dich unter allen Umständen beschützen“, erklärte Haruka.

           Setsuna stimmte zu. „Egal, wofür du dich entscheidest, du bist unsere Prinzessin und wir werden an deiner Seite stehen. Aber die Kriegerinnen des inneren Kreises sollten hierbleiben. Wir dürfen die Erde nicht schutzlos zurücklassen. Außerdem sind sie schwächer als wir.“

           „Ich will ihnen ohnehin keinen weiteren Kampf zumuten“, sagte Bunny. „Eigentlich will ich auch euch nicht erneut einer Gefahr aussetzen, aber …“

           „Mach dir keine Gedanken!“, schaltete sich Hotaru ein. Sie war noch so jung und wirkte so erwachsen. Viel erwachsener als ich. „Es ist unsere Bestimmung, dich zu unterstützen. Außerdem haben die Starlights dich im Kampf gegen Galaxia beschützt. Wir sind ihnen etwas schuldig.“

           „Rufe uns, wenn du uns brauchst“, sagte Michiru. „Mein Spiegel wird uns den Weg zu dir zeigen.“

           Bunny traten vor Rührung Tränen in die Augen. Sie waren wirkliche Freunde. Wir hatte sie nur daran zweifeln können, dass sie helfen würden. „Ich danke euch.“

 

Der Himmel erstrahlte in den warmen Farben der Abendsonne und ließ die Schrecken der vergangenen Tage unwirklich und fern erscheinen. Bunny war unsagbar froh, ihre Freundinnen in der Stunde des Abschieds bei sich zu haben. Sie standen alle gemeinsam auf dem Dach der Juban-Oberschule, um Kakyuu und den Starlights viel Glück für die Heimreise zu wünschen. Die Mädchen waren traurig, dass die Three Lights schon gehen wollten. Es war einfach eine wunderschöne Zeit mit ihnen gewesen.

           „Es wird Zeit“, sagte Kakyuu sanft.

           Yaten verabschiedete sich von Luna, die ganz rot wurde. Sehr zum Ärgernis von Artemis, der grundlos eifersüchtig war. Er musste doch wissen, dass Lunas Herz ihm allein gehörte, auch wenn sie an Yaten einen Narren gefressen hatte.

Seiya lächelte Bunny zu und fragte leise: „Kommst du, Schätzchen?“

           Ohne ihn hätte sie die anderen niemals retten könnten. Bis zum Ende hatte er sein Leben riskiert, um sie zu beschützen. Ihr die Kraft gegeben, sich Galaxia und dem Chaos, das Besitz von ihr ergriffen hatte, zu stellen. Ihr Mut zugesprochen, als sie geglaubt hatte, das alles verloren war.

           Bunny lächelte zurück und war mit wenigen Schritten bei ihm. Dann drehte sie sich zu ihren Freundinnen um, die sichtlich überrascht waren.

           „Ich werde mit ihnen gehen“, erklärte Bunny, „und Kakyuu helfen, ihren Planeten zu heilen.“

           Seiya legte ihr ermutigend den Arm um die Schulter und ihre Haut kribbelte dort, wo seine warme Hand ihre Haut berührte.

           „Aber Bunny?“ Rei sah aus, als würde sie sich gleich verwandeln, um mit ihnen zu kommen. Und auch Minako, Ami und Makoto wollten nicht wahrhaben, dass sie diese Entscheidung allein getroffen hatte. Doch die Mädchen hatten genug gelitten und gekämpft. Bunny durfte sich nicht anmerken lassen, dass auf Kinmoku etwas nicht stimmte, sonst wären die Mädchen nicht mehr zu halten gewesen.

           „Keine Angst, Rei, ich komme bald wieder! Ich muss ihnen einfach helfen. Außerdem will ich bei ihm sein.“ Sie lehnte sich an Seiya, der sich in diesem Moment in Sailor Star Fighter verwandelte. Es war immer noch verwirrend für sie, doch Seiya war Seiya, egal ob er gerade Mann oder Frau war.

           Auch die anderen beiden verwandelten sich und sprachen letzte Abschiedsworte. Bunny griff nach Seiyas Hand und schenkte ihren Freundinnen das zuversichtlichste Lächeln, das sie in diesem Moment zu Stande brachte. Dann rief sie noch „Genießt die Ferien!“, als sie bereits die Energie spürte, die sie nach Kinmoku bringen würde. „Ich werde euch vermissen!“ Sie sah noch die Tränen in Reis Augen, als das Licht sie davontrug – tausende Lichtjahre weit.

Kinmoku

Der Anblick ihrer Heimat war schmerzhafter als erwartet. Sie standen im Palastgarten und Fighter hielt ihr Schätzchen fest im Arm – dennoch fühlte sie sich, als würde alles in ihr auseinanderbrechen. Auch die anderen verharrten reglos und sahen traurig zu dem zerstörten Palast, der wie ein zerbrochenes Herz die tristen Gärten überragte. Die Oliven- und Judasbäume, die den Park stets mit sattem Grün und roten Blüten geziert hatten, ragten blattlos in den Nachthimmel – wie verkrüppelte Finger griffen sie nach der Finsternis. Nicht einmal die Schönheit der Sterne, die viel zahlreicher als auf der Erde zu sehen waren, und das farbige Licht der drei Monde konnte über die Trostlosigkeit hinwegtäuschen.

            „Wir hätten den Planeten niemals verlassen dürfen“, knirschte Fighter und spürte, wie Sailor Moon ihre zarte Hand mit ihrer verschränkte.

            „Ihr hättet nichts tun können“, sagte sie leise.

            „Kommt.“ Kakyuu deutete zum Palast, den sie schweigend betraten. Die roten Mauern wirkten in der Dunkelheit seltsam grau und eine unnatürliche Stille erfüllte das Gewölbe. Bläulich schimmerndes Mondlicht fiel durch zersplitterte Fenster und klaffende Risse über ihnen. Sie mussten aufpassen, nicht über Trümmer zu stolpern. Wo sind nur alle? Hat niemand überlebt? Bei diesem Gedanken spürte Fighter einen Stich zwischen den Rippen. Nein. Sie hatten sich nur versteckt. Es durfte nicht alles verloren sein.

            Sailor Moon ließ ihre Hand nicht los. Mit traurigem Blick betrachtete sie den Palast beziehungsweise das, was davon übrig war. Fighter schien es, als würden schmerzhafte Erinnerungen in ihr aufsteigen, als hätte sie eine solche Zerstörung schon einmal erlebt.

            „Prinzessin?“ Eine vertraute Stimme ließ sie alle innehalten. Aus dem Dunkel eines Flures traten zwei Personen, bei deren Anblick Fighter ein Stein vom Herzen fiel. Rafu, der Sekretär der Prinzessin, und Shina, Kakyuus Mentorin. Sie lebten! Auch wenn sie mager und verstört aussahen, sie waren am Leben und die Kraft ihrer Prinzessin würde ihre vernarbten Seelen heilen.

            „Sie ist es“, rief Shina aus. „Die Kriegerinnen haben sie gefunden!“ Noch ehe sie sich begrüßen konnten, rannte die ältere Frau freudestrahlend davon und sie hörten noch, wie sie immer wieder begeistert ausrief, dass die Prinzessin zurückgekehrt sei. Das bedeutete, es musste weitere Überlebende geben. Endlich spürte Fighter wieder die Hoffnung, mit der sie nach Kinmoku aufgebrochen waren. Egal, wie schlimm es aussah, sie würden den Planeten retten und den Menschen, wie auf der Erde, ihre Leben zurückgeben. 

            Rafu fiel vor der Prinzessin auf die Knie und Fighter sah, dass Tränen der Freude in seinen Augen glänzten. Was hatte er durchmachen müssen? Nachdem sie alle einfach verschwunden waren und Kinmoku im Stich gelassen hatten …

            „Ich bin so froh, dass ihr am Leben seid“, sagte Kakyuu und beugte sich zu ihrem Bediensteten. „Was ist geschehen?“

            Rafu rang mit den folgenden Worten. „Wir konnten uns im Palast verstecken, da die Kellerräume nahezu unversehrt sind. Zudem lagern hier noch einige Vorräte. Allerdings haben nur wenige die Angriffe überstanden, die meisten wurden von den fremden Kriegerinnen in Monster verwandelt, die unsere Hauptstadt Oribu in Schutt und Asche legten. Viele ziehen immer noch durch die Straßen und immer öfter erreichen sie den Palast und machen die Verwüstung noch schlimmer.“

            „Aber sie müssten sich längst zurückverwandelt haben?“, rief Healer entgeistert. Fighter biss sich auf die Lippen. Was war hier los? Auf der Erde war doch auch Normalität eingekehrt. Alle Menschen hatten sich zurückverwandelt und die Zerstörungen waren größtenteils verschwunden, als wäre nie etwas passiert. Sie hatten erwartet, dass auch Kinmoku vom dunklen Einfluss des Chaos befreit worden war. Sorgenvoll blickte Fighter zu Sailor Moon, die die Nachricht ebenfalls mit Entsetzen zur Kenntnis nahm.

            Kakyuu richtete sich auf und senkte traurig den Kopf. „Es tut mir so leid, dass ich euch im Stich gelassen habe.“

            „Nicht doch, Prinzessin!“, rief Rafu. „Ihr musstet Eure Mission erfüllen.“ Da fiel sein Blick auf Sailor Moon, die neben Fighter geradezu schüchtern wirkte und dem Sekretär zaghaft zulächelte. Du bist so süß, mein Schätzchen … Wenn man ihr weiches Gesicht sah, konnte man kaum glauben, welche Stärke in ihrem zarten Körper schlummerte.

            „Ich will sehen, was mit Oribu geschehen ist“, sagte Kakyuu und führte die kleine Gruppe durch die Düsternis des Palastes zum Thronsaal. Fighter achtete darauf, dass Sailor Moon stets ein Stück hinter ihr war, um sie notfalls mit ihrem Körper abzuschirmen. Etwas stimmte in diesen beängstigend stillen Mauern nicht. Als sie den Thronsaal erreichten, hörte Fighter, wie ihre Kampfgefährtinnen scharf die Luft einsogen. Auch Kakyuu blieb einen Moment stehen und kommentierte die Zerstörung mit einem zittrigen Seufzen. In der Decke des Saals klaffte ein riesiges Loch und die einst atemberaubenden Wandreliefs waren von Brandspuren und Rissen entstellt.

            Ihre Prinzessin straffte die Schultern und trieb sie an, weiterzugehen. Als sie den riesigen Südbalkon betraten, von dem aus man einen weitläufigen Blick auf die Hauptstadt Kinmokus hatte, hörte Fighter, wie die anderen schmerzerfüllt aufstöhnten. Ihr hingegen blieb jedweder Laut in der Kehle stecken, als sie das lichtlose Ruinenmeer erblickte. Vereinzelt erschütterten Schreie und grauenvolle Laute, die weder menschlich noch tierisch waren, die Stille. So schlimm hatte sie sich die Zerstörung in ihren schlimmsten Alpträumen nicht vorgestellt. Der Planet erschien ihr leblos und fremd. Nicht einmal das strahlende Licht an ihrer Seite konnte sie über diesen schrecklichen Anblick hinwegtrösten. Wir hätten nicht gehen dürfen …

            Rafu, der im Durchgang stehen geblieben war, schien nervös. „Ihr solltet euch nicht auf dem Balkon zeigen. Diese Monster könnten euch sehen.“

            „Warum regeneriert sich der Planet nicht?“, fragte Maker die Prinzessin. Fighter war der gleiche Gedanke gekommen. Die Erde war nach dem Kampf gegen Galaxia zu neuem Leben erwacht und die meisten Menschen erinnerten sich nicht einmal an die Geschehnisse. Alles war in seinen Ursprungszustand versetzt worden, bis auf den Fernsehsender. Das Gebäude war laut den offiziellen Nachrichten Opfer eines Terroranschlags geworden. Nun, wo ihre Prinzessin zurück war, hätte Kinmoku ebenfalls zum Leben erwachen müssen.

            Kakyuu schaute Maker hilflos an. „Ich weiß es nicht.“ Dann wandte sie sich an Sailor Moon, die wie versteinert neben Fighter verharrte und traurig auf ihre vernichtete Welt blickte. „Bitte hilf mir, mein Volk zu retten.“

Als sie angesprochen wurde, kehrte die Entschlossenheit in ihren Blick zurück: „Ich tue alles, was in meiner Macht steht!“

            „Dann lasst uns keine Zeit verlieren“, drängte Maker und schlug vor, sich in den Sternensaal zu begeben. In diesem heiligen Raum sollte die Erneuerung Kinmokus beginnen.

            Kakyuu wandte sich an Rafu, der noch immer im Durchgang verharrte. „Geh zu Shina und den anderen Überlebenden. Sie sollen in ihrem Versteck bleiben und auf keinen Fall nach uns suchen, verstanden?“

            Der Sekretär nickte und entfernte sich rasch. Kaum hatte er sich zurückgezogen, erschütterte ein grausiges Fauchen die Nacht. Fighter drehte sich blitzartig um und erblickte ein riesiges Monster, das sein Maul aufriss und ihnen einen Feuerball entgegenspie. Reflexartig packte sie Sailor Moon und riss sie aus der Schusslinie, während sie gleichzeitig ihre Sternenwaffe auf den Angreifer richtete. „Sailor Star, strafe ihn!“ Die blaue Energie traf die Kreatur am Arm, doch es schien ihr nichts auszumachen

            Maker hatte währenddessen ihre Prinzessin in den Thronsaal geschoben und sich schützend vor sie gestellt. Healer hingegen stellte sich dem Monster entgegen. „Sailor Star, lähme ihn!“ Noch ehe das grüne Licht hervorbrach, schleuderte das gehörnte Wesen Healer zur Seite, als wäre sie eine Puppe. Fighter sah, wie sie gegen die Brüstung knallte und wollte ihr zu Hilfe eilen, doch die zähe Kriegerin war sofort wieder auf den Beinen. Sie tauschten kurz Blicke und attackierten die Kreatur, die wie eine groteske Mischung aus Mensch und Stier anmutete, gemeinsam. Endlich fiel sie zu Boden und Fighter drehte sich zu Sailor Moon um, die bereits ihren Moon Power Tiare in den Händen hielt. „Licht des Silbermonds, schein und heile!“

            Der gleißende Lichtschein umhüllte die Kreatur und gab sie als jungen Mann wieder frei. Fighter erkannte ihn nicht, vermutlich handelte es sich um jemanden aus der Stadt. Seltsamerweise sah sie keinen Sternenkristall, der in den Körper des Mannes zurücksank, also steckte keine verbliebene Schergin Galaxias dahinter. Was war hier nur los? Welche dunkle Macht hatte die Schutzlosigkeit Kinmokus ausgenutzt und seine Bewohner in solch abscheuliche Kreaturen verwandelt?

            „Wir müssen uns beeilen“, rief Kakyuu.

            Gemeinsam rannten sie durch den düsteren Palast und waren erleichtert, als sie den Sternensaal fast unversehrt vorfanden. Er war das Zentrum des Cercis Königreichs – ein sternförmig geschnittener Raum, in dessen Mitte ein Schmetterlingsmosaik umgeben von den drei Monden eine Vertiefung im Boden zierte. Darüber war eine sternförmige Auslassung in der Kuppel, durch die das Licht der Monde fiel. Hier konnte Kakyuu ihre Kräfte bündeln, um dem Planeten neues Leben einzuhauchen. Fighter nickte Sailor Moon aufmunternd zu, als die Prinzessin ihre Hand ergriff und sie sanft in die Mitte des Saals zog. Die tiefroten Sternen- und Blütenreliefs an den Wänden waren kaum beschädigt worden. Es tat gut, wenigstens einen Raum zu sehen, der noch die einstige Schönheit ihrer Welt trug.

            Fighter beobachtete, wie Kakyuu ihren blutroten Cerciskristall erscheinen ließ. Sein unglaublich warmes Leuchten legte sich wie eine heilende Salbe auf ihre Seele und gab ihr das Gefühl, dass alles gut war. Wie die Abendsonne erfüllte das Licht nun den Raum und Sailor Moon sah sich staunend um. Sie musste ebenfalls die Wärme spüren, die von Kakyuus Licht ausging. Dann hielt sie die Hände vor ihren Körper und ein silberner Schimmer verwandelte sie in die wunderschöne Mondprinzessin, die nun den Silberkristall wie eine Blume vor sich hielt. Sein gleißendes Licht vermischte sich mit dem des Cerciskristalls und zauberte jeweils ein verträumtes Lächeln auf die Lippen der beiden Prinzessinnen, die ihre ganze Hoffnung und Kraft in das Licht legten.

            Da vernahm Fighter Kakyuus Stimme in ihrem Kopf. „Meine Freunde, bitte helft uns.“

            Auch Maker und Healer hatten sie gehört. Sie nickten einander zu und bildeten einen Kreis um Kakyuu und Serenity, die nun die Augen schlossen. Die Kriegerinnen fassten sich an den Händen und konzentrierten sich auf die Energie ihrer Prinzessin. Verbanden ihre Kräfte mit den ihren. Dachten an die einstige Schönheit ihrer Welt und wünschten sich nichts mehr, als dass sie von neuem erblühen würde.

            Das Licht der beiden Kristalle vereinte sich zu einem glühenden Strom, der vom Zentrum des Saales aus senkrecht nach oben schoss und sich schließlich einer Explosion gleich über ihre gesamte Welt ausbreitete. Fighter konnte die Energie der Kristalle spüren und wie Kinmoku im Angesicht dieses wunderbaren Lichts erleichtert aufseufzte. Sie musste es nicht sehen, um zu wissen, dass sich die Risse in den Mauern des Palastes schlossen und dass in den Straßen Oribus die Menschen zu ihrer wahren Gestalt zurückfanden. Sie fühlte, wie die Judasbäume zu blühen begannen und die Olivenbäume in frischem, dunklem Grün erstrahlten und bereits erste Früchte trugen.

            Doch irgendetwas stimmte nicht. Fighter spürte die Gegenwart eines finsteren Wesens, dessen böse Gedanken die Luft vergifteten. Alarmiert riss sie die Augen auf und sah, wie eine Verzerrung im Raum den Lichtstrahl unterbrach. Die Kristalle lösten sich in glitzernde Funken auf. Kakyuu und Serenity zuckten schmerzhaft getroffen zurück. Healer konnte ihre Prinzessin gerade noch auffangen, während Fighter Sailor Moon entgegenstürzte und ihren Fall knapp verhinderte.

            „Was ist passiert?“, rief Maker, die ihrer Gefährtin half, Kakyuu zu stützen. Die Prinzessin schien verwirrt und sah verstört zu den Monden auf. „Eine unheimliche, kalte Dunkelheit hat sich uns genähert, doch jetzt scheint sie verschwunden.“

            „Ich habe es ebenfalls gespürt“, bestätigte Serenity und ließ sich von Fighter aufhelfen. „Ich glaube, dass die Heilung erfolgreich war, doch ich spüre immer noch diese dunkle Präsenz. Ganz schwach, aber sie ist da. Wir müssen vorsichtig sein.“

Oribu

Maker und Healer begleiteten Kakyuu zu ihren Gemächern, wo sie sich ausruhen sollte. Sailor Moon hatte wieder ihre Kriegerinnengestalt angenommen und schlug Fighter vor, nachzusehen, ob das Licht der Kristalle die Menschen tatsächlich geheilt hatte. Doch die Sternenkriegerin schüttelte den Kopf. „Das ist meine Aufgabe. Bitte ruh dich etwas aus.“ Zärtlich strich sie ihr mit den Knöcheln über die Wange und ihr Blick ließ keine Widerrede zu.

            Aber da war sie bei Sailor Moon an der falschen Adresse. „Ich bin mit euch gegangen, um euch zu helfen! Und genau das werde ich tun.“

            Fighter grinste schelmisch. „Ich dachte, du bist wegen mir mitgekommen.“

            Eingebildet wie eh und je, schmunzelte Sailor Moon. „Du hältst zu viel von dir. Komm, lass uns nachschauen gehen, ob alles in Ordnung ist.“

            „Du bist unverbesserlich“, seufzte Fighter und führte sie nach unten zum Haupttor, wo sie bereits von weiteren Bediensteten des Palastes erwartet wurden. Eine befreiende Wärme breitete sich in Sailor Moons Brust aus, als sie sah, wie die Menschen Fighter freudig begrüßten und wie die Erleichterung ihr Gesicht weich zeichnete. Dabei fiel ihr auf, dass alle einen respektvollen Abstand zu der Kriegerin wahrten, so als würde Fighter über ihnen stehen. So wie bei Mars, Venus, Merkur und Jupiter … damals, auf dem Mond …

            „Offenbar hattet ihr Erfolg“, befand Fighter, als sie von dem Hügel aus, auf dem der Palast stand, auf die Stadt herunterblickten. Ein Lichtermeer entzündete sich und statt einer Ansammlung von Ruinen lag nun eine moderne Stadt vor ihnen. „Allerdings traue ich dem Frieden noch nicht.“

            Sie folgten schweigend der Straße, die vom Palast hinunter in die Hauptstadt führte. Sailor Moon betrachtete Fighter von der Seite und bewunderte ihren aufrechten, erhabenen Gang. Als könnte ihr nichts etwas anhaben. Auch wenn sie eindeutig weiblich war, erkannte Bunny Seiya in ihr, vor allem in ihrem entschlossenen Gesicht, das aufmerksam in die Nacht hinausspähte. Fighter erschien ihr in diesem Moment so schön, dass ihr die Hitze in die Wangen schoss. Was bedeutet das?

Ihr Herz klopfte plötzlich schneller, was Fighter offenbar bemerkte. „Was ist los? Du siehst auf einmal so verlegen aus.“

Dieses neckische Lächeln. Die tiefen, blauen Augen. Das war Seiyas Gesicht. Und er war eine Frau. Oh man. „Nichts“, piepste sie unbeholfen.

            „Das glaube ich dir nicht“, entgegnete Fighter und blieb stehen. Sie schaute Sailor Moon prüfend in die Augen und raunte mit ihrer samtweichen Stimme: „Du siehst mich schon die ganze Zeit an. Gefällt dir, was du siehst?“

            Oh man! Ja, sie gefiel ihr. Aber bedeutete das, dass sie auf Frauen stand? Und warum dachte sie ausgerechnet jetzt darüber nach? Es war zum Haare raufen. Seiya brachte sie total durcheinander, selbst wenn er als Sailorkriegerin vor ihr stand.

            Sailor Moon versuchte, ihrem entblößenden Blick auszuweichen, doch Fighter griff ihr sanft unters Kinn. „Tut mir leid, Schätzchen.“ Ihr Lächeln wurde weich und verständnisvoll. „Es muss verwirrend für dich sein, mich so zu sehen.“

            „Nein, ist schon okay“, beeilte sich Sailor Moon zu sagen. „Du bist nun einmal eine Frau, ähm, oder auch nicht. Also zumindest als Sailorkriegerin“, stammelte sie weiter.

            Fighter grinste. „Offensichtlich. Aber meine Gefühle für dich sind die gleichen.“

            Sailor Moon kam aus der Verlegenheit gar nicht mehr heraus. „Meine auch“, hauchte sie leise. „Du siehst toll aus.“

            „Danke, Schätzchen.“ Nun wirkte auch Fighter etwas verlegen. „Komm, lass uns weitergehen.“

            Sie setzten sich wieder in Bewegung und Sailor Moon ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Links und rechts von ihnen säumten Olivenbäume den Hang und ihr herber Duft erfüllte die warme Nachtluft. Über ihnen funkelten Millionen Sterne und die drei Monde tauchten diese Welt in ein geheimnisvolles Licht. Im Moment war auch die dunkle Präsenz nicht mehr zu spüren und je näher sie der Stadt kamen, desto mehr Stimmen wehten zu ihnen herüber. Oribu schien wahrhaftig erwacht zu sein.

            Als sie die Stadtgrenze erreichten, sahen sie bereits zahlreiche Menschen auf den Straßen, die einander verwundert und glücklich ansahen und sich umarmten. Als sie sie und Fighter sahen, wichen sie respektvoll zurück, lächelten die Sternenkriegerin aber dankbar an. Hier und da hörten sie, wie jemand rief: „Die Prinzessin muss zurück sein!“ Andere hingegen tuschelten miteinander und blickten neugierig auf die fremde Kriegerin, die an Fighters Seite ging. Sailor Moon kam sich vor wie eine Attraktion und senkte verschämt den Blick.

            Fighter führte sie durch eine Stadt, die Tokyo gar nicht so unähnlich war. Während die Häuser in den Randbezirken niedrig waren, wuchsen sie Richtung Zentrum immer höher. Allerdings erschienen ihr die Gebäude komplexer. Sie waren keine einfachen Kasten, sondern besaßen oftmals abgerundete Außenwände, die von großen Terrassen unterbrochen wurden. Überhaupt war die Stadt sehr grün, soweit sie das im Licht der Nacht erkennen konnte.

Nirgendwo konnten sie die Präsenz der Finsternis zu spüren. Als sie einen kleinen Park erreichten, blieb Fighter endlich stehen und stellte erleichtert fest: „Es scheint alles in Ordnung zu sein.“

            „Gott sei Dank!“ Sailor Moon fühlte, wie die Erschöpfung bleiern in ihre Beine sank. Der Einsatz des Silberkristalls hatte sie viel Energie gekostet, dazu noch der lange Marsch in und durch die Stadt. Aber sie hatte Fighter unbedingt begleiten und sich selbst davon überzeugen wollen, dass es den Menschen gut ging.

            Als sie leicht taumelte, war Fighter sofort neben ihr und legte stützend den Arm um sie. „Alles okay?“

            „Ja, es geht schon.“

            „Komm.“ Fighter zog sie in den Schatten der Bäume. Noch ehe Sailor Moon fragen konnte, wohin sie wollte, verwandelte sie sich zurück und stand nun wieder als junger Mann in Schuluniform vor ihr. Das ist wirklich verwirrend. Sailor Moon griff nach ihrer Brosche und Sekunden später war sie wieder Bunny Tsukino, die sich auf einmal wünschte, vor ihrer Reise etwas anderes angezogen zu haben. Seiya zog sie an sich und hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen, ehe er sie am Handgelenk packte und mit sich zog. „Komm mit, ich will dir etwas zeigen.“

            Er führte zwischen Büschen und Bäumen hindurch, bis sie an einem See ankamen, der vollkommen still vor ihnen lag, wie ein tiefschwarzer Spiegel voller Sterne. An einem Steg lagen mehrere kleine Ruderboote und Seiya steuerte zielgerichtet darauf zu. „Sollten wir nicht zurückgehen?“, warf Bunny ein.

            „Das ist meine erste Gelegenheit, etwas mit dir auf Kinmoku zu unternehmen.“ Beherzt sprang er in ein Boot und löste die Taue.

            „Mitten in der Nacht?“

            „Mitten in der Nacht“, bestätigte Seiya und hielt ihr seine Hand entgegen. Oh, dieser … Bunny blickte sich verstohlen um, konnte aber niemanden sehen. Also ergriff sie seine Hand und ließ sich auf das Boot ziehen, das gefährlich zu schaukeln begann. „Das ist aber wackelig.“

            „Setz dich, dann hört es gleich auf zu schwanken.“ Kaum saßen sie, wurde das Boot tatsächlich ruhiger und Seiya ruderte langsam auf den See hinaus. Ein angenehm warmer Wind fuhr ihr ins Haar, während die Lichter der Stadt verblassten und Kinmoku auf das kleine Boot zusammenzuschrumpfen schien. Bunny betrachtete Seiya, der mühelos ruderte und dabei so gelöst aussah, dass sie beinahe vergaß, dass sie auf einem fremden Planeten und die Gefahr noch nicht gebannt war.

            Als sie die Mitte des Sees erreichten hatten, legte Seiya die Ruder zur Seite und setzte sich neben sie. Wie selbstverständlich legte er den Arm um sie und zog sie an sich, sodass ihre Wange auf seiner Schulter zu liegen kam. Bunny seufzte vor Glück und atmete seinen herben, geheimnisvollen Duft ein, den sie auch zwischen den Olivenbäumen gerochen hatte. Seiya riecht also nach Kinmoku …

            „So gefalle ich dir besser, was?“, raunte er ihr verführerisch zu.

            Ihr Herzschlag verdoppelte sich sofort. „Ich …“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Seiya war doch Seiya, egal, wie er gerade aussah. Auch wenn sie zugeben musste, dass dieser männliche Körper sie noch viel mehr verunsicherte. Nie hatte sie geahnt, dass die Liebe so aufwühlend und überwältigend war.

            „Schon okay. Ich gefalle mir so auch besser.“ Er griff nach ihrer Hand und hauchte einen warmen Kuss darauf. „Die Prinzessin sagt immer, in meiner Brust schlage ein männliches Herz. Falls es so etwas gibt.“

            Er konnte so sanft und zärtlich sein. Bunnys Fingerspitzen kribbelten und sie wagte kaum, aufzuschauen. Es fühlte sich an, als würden sie sich ewig kennen, auch wenn sie bis jetzt Lichtjahre voneinander entfernt gewesen waren. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, ihm niemals begegnet zu sein, so, wie Sailor Pluto es angedeutet hatte. Aber das war nun ohne Bedeutung. Es zählte einzig und allein, dass sie sich getroffen hatten.

Erinnerungen

Sie war so süß, wenn sie es vor lauter Verlegenheit vermied, ihn anzusehen. Ihre Schüchternheit weckte seinen Beschützerinstinkt und Seiya zog sein Schätzchen noch fester in seine Arme. Die Nacht fühlte sich wie ein Traum an, so glücklich war er in diesem Augenblick, und er bekam plötzlich Angst, dass er aufwachen könnte. Es war nicht alles so einfach, wie es sich gerade anfühlte, doch er war zuversichtlich, dass sie einen gemeinsamen Weg finden konnten.

            In dieser zarten jungen Frau schlummerte ein so sanftes, alles überstrahlendes Licht, das er um jeden Preis beschützen wollte. Sie hatte das Chaos einzig mit der Kraft ihrer Liebe und Hoffnung besiegt und sogar einer erbitterten Feindin wie Galaxia die Hand gereicht und sie gerettet. Dabei hatte er sie zum ersten Mal als die Prinzessin gesehen, deren Präsenz er in ihrer Gegenwart immer gespürt hatte.

            „Sag mal, Bunny, du bist doch eine Prinzessin?“, überlegte er laut. „Warum wissen die Menschen auf deinem Planeten nichts davon? Sie müssten dich eigentlich verehren.“

            Nun schaute sie zu ihm auf und es verschlug ihm bei ihrem entsetzten Gesichtsausdruck die Sprache. „Aber das will ich doch gar nicht“, erklärte sie. „Ich will ein ganz normales Leben führen. Ich gehe gerne zur Schule, auch wenn ich in den meisten Fächern hoffnungslos schlecht abschneide.“

            Zum Beispiel in Mathe, dachte Seiya belustigt und strich ihr liebevoll über ihre Odangos. „Ich kann mir dich ehrlich gesagt auch schlecht in einem Palast vorstellen.“ Sondern eher in einem Sommerkleid in einem Vergnügungspark – mit mir. So wie damals, als sie das erste Mal einen ganzen Tag miteinander verbracht hatten. Er hatte noch nie so viel Spaß gehabt – und er hatte erkannt, dass sie einander im Herzen ähnlich waren. Zuvor war er einfach nur von ihrem quirligen Liebreiz fasziniert gewesen, doch dann hatte er diese tiefe Verbindung gespürt, die ihn immer weiter auf sie zugetrieben hatte.  

„Dabei habe ich so einen schönen Palast.“ Bunny zwinkerte ihm zu.

            „Wo soll der denn sein?“

            „Na, auf dem Mond natürlich!“

            Natürlich. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Überhaupt wusste er immer noch so wenig über sie, auch wenn ihr Licht ihm das Gefühl gab, sie schon ewig zu kennen. „Erzähl mir mehr von deinem Mond“, bat er sanft und stellte irritiert fest, dass sich Trauer in ihren Blick schlich.

            „Einst habe ich von dort aus die Erde beobachtet“, begann sie leise zu erzählen, „und mich immer nach ihr gesehnt. Meine Mutter war die Königin des Silberjahrtausends und ich lebte mit Mars, Merkur, Jupiter und Venus in einem großen Palast mit wunderschönen Gärten, ähnlich wie eure Prinzessin. Damals verliebte ich mich in den Prinzen der Erde, Endymion.“ Sie stockte kurz und er fühlte, wie die Eifersucht ihm hinterlistig zwischen die Rippen stach. Ihm war sofort klar, dass es sich bei diesem Prinzen um diesen Mamoru handelte. Sie kennen sich aus einem früheren Leben!, wurde ihm einmal mehr bewusst. Wie konnte er da mithalten? Aber Bunny war hier. Bei ihm. „Die Bewohner des Mondes wachten über die Erde, doch eines Tages entbrannte ein schrecklicher Krieg und unser Königreich wurde zerstört. Meine Mutter hat sich geopfert, um mich und meine Kriegerinnen zur Erde zu schicken, wo wir wiedergeboren wurden und uns erneut dem Bösen stellen mussten.“ Die Traurigkeit in ihrem Blick war kaum zu ertragen. Es tat ihm leid, dass er diese schrecklichen Erinnerungen in ihr weckte und es berührte ihn zutiefst, dass sie mit diesem Schmerz lebte und trotzdem so ein fröhliches und warmherziges Wesen war. Deswegen hatte sie also traurig ausgesehen, als sie die Zerstörung auf Kinmoku gesehen hatte. Sie hatte das schon einmal erlebt.

            „Ihr habt das Böse besiegt“, sagte er, wie um sich zu vergewissern, dass es wahr war. Dass sie diesen Schmerz überwunden hatte.

            „Ja.“ Sie lächelte tapfer. „Das Königreich des Mondes ist wiederauferstanden, doch wir haben uns entschieden, auf der Erde zu leben. Wie ganz normale Menschen.“

            Endlich lächelte sie wieder. Er konnte sie so gut verstehen. Auch er war glücklich gewesen, als er mit Yaten und Taiki zur Schule gegangen war. Im Footballteam hatte er sich austoben können und mit den Mädchen hatte es immer etwas zum Lachen gegeben. Am meisten vermisste Seiya aber die Musik, in die er seine Seele legen konnte – und ein wenig auch die Fans. Ja, es hatte ihm gefallen, so berühmt zu sein. Auch wenn er nur Augen für ein einziges Mädchen hatte. Er konnte es immer noch nicht glauben, dass sie jetzt bei ihm war.

Kakyuu

Ein Sonnenstrahl fiel auf ihre Lider. Bunny gähnte und streckte sich und hätte sich am liebsten nochmal umgedreht und in die riesige taubenblaue Decke gekuschelt – Moment, was war das für ein Bett? Stauend stellte Bunny fest, dass sie in einer Oase aus dunkel- und hellblauen Kissen lag, umgeben von zarten Vorhängen, die an den Stellen, wo das Sonnenlicht auf sie fiel, silbern schimmerten. Sie erinnerte sich gar nicht daran, wie sie hierhergekommen war. Ist das etwa … Seiyas Zimmer?

            Ihr schoss die Röte in die Wangen und ihr Herz stolperte, als sie sich aufrichtete und umsah. Sie befand sich in einem riesigen Raum mit dunklen, stilvollen Möbeln. Kaum Schnickschnack, nur eine Vase mit roten Blumen auf der Kommode ihr gegenüber. Da fiel ihr Blick auf Seiya, der zusammengekrümmt auf einem Diwan lag, die Beine halb herunterhängend und den Kopf auf den rechten Arm gelegt. Wärme breitete sich in ihrer Brust aus, als sie aufstand und auf Zehenspitzen zu ihm ging. Er sah so friedlich aus. Hatte er etwa die ganze Nacht in dieser unbequemen Position verbracht und ihr das riesige Himmelbett überlassen?

            Bunny kniete sich vor ihn und flüsterte sanft: „Aufstehen, Schlafmütze!“

            Seiya lächelte, als hätte er gerade einen wunderschönen Traum, dann blinzelte er verwirrt und sah sie ungläubig an. „Schätzchen?“ Stöhnend richtete er sich auf und fuhr sich durchs zerzauste Haar. „Wie spät ist es?“

            „Keine Ahnung, aber die Sonne scheint schon herein.“

            Seiya fuhr hoch. „Oh nein, verschlafen! Warum hat uns niemand geweckt?“

            „Vielleicht wollten sie nicht stören“, mutmaßte Bunny und wurde ganz verlegen, als sie an den Grund dachte. Die denken doch nicht etwa? „Was mache ich eigentlich hier?“, fragte sie, um vom Thema abzulenken. Sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass sie mit Seiya in einem Boot auf den See hinausgefahren war. Aber nicht, wie sie heimgegangen sind – und vor allem nicht, wie sie in seinem Bett gelandet war.

            „Du bist noch im Boot eingeschlafen und ich habe dich zurück zum Palast getragen.“ Den ganzen Weg?! „Und die Betten in den Gästezimmern sind nicht so bequem wie meins, also habe ich dich in mein Zimmer gebracht und es mir auf dem Diwan gemütlich gemacht.“

            „Das sah aber nicht gemütlich aus.“

            „Hätte ich mich zu dir legen sollen?“ Oh, dieses freche Grinsen! Bunny konnte sich vorstellen, wie rot sie gerade war, und stand auf, um Abstand zwischen sich und diesen unverbesserlichen Verführer zu bringen. Sie sah sich nun genauer in dem riesigen Raum um und erkannte, dass nahezu nichts darauf hindeutete, dass Seiya eigentlich eine Frau war. Kühle, sanfte Blautöne, dunkle Möbel und zwei große Gemälde, die Teile des Universums zeigten, die sie noch nie gesehen hatte. Einen Nebel in geheimnisvollen Blau- und Rottönen und ein Planetensystem, das ganz anders als das der Erde war. Dazu einige Waffen an der Wand, Schwerter und etwas, das wie ein Wurfstern aussah, aber viel zu groß dafür war.

            Irgendwie fühlte sie sich in ihrer Schuluniform deplatziert in diesem Palastzimmer. Und ihr fiel auf, dass sie in ihrer Uniform geschlafen und nicht daran gedacht hatte, etwas zum Wechseln mitzunehmen. Sie war so aufgeregt gewesen und da die anderen auch nichts mitgenommen hatten, hatte sie vergessen, einen Koffer zu packen. Na klar, sie kommen schließlich von hier, sie haben ihre Sachen hier. Du bist so schusselig …

            Seiya war inzwischen aufgestanden und kramte in seinem Kleiderschrank herum. Ob er da etwas Passendes für seinen männlichen Körper finden würde? Bunny war überrascht, als er eine schlichte Uniform herauszog und begann, sich umzuziehen. Verlegen drehte sie sich um und schimpfte innerlich über seine Schamlosigkeit. Damals, als sie allein zu Hause gewesen war und er auf sie aufgepasst hatte, war er auch nur mit einem Handtuch bekleidet herumgelaufen. Doch dann waren die Mädchen gekommen und er hatte peinlich berührt die Flucht ergriffen.

            „Du kannst dich wieder umdrehen“, lachte Seiya. Er amüsierte sich offenbar köstlich über ihre Verlegenheit.

            Zögerlich wandte sie sich um und staunte, als sie ihn in der schwarzen Uniform sah, die wie gemacht für seinen männlichen Körper schien. Die leicht  tailliert geschnittene Jacke erinnerte sie ein wenig an seine Schuluniform, wobei sie mit den dunkelblauen Bordüren und den dezenten goldenen Stickereien sehr viel edler aussah. Die schwarze Hose dagegen war ganz schlicht.

            „Passt super, findest du nicht?“, fragte Seiya und schaute an sich herunter.

            „Kennt man dich auf Kinmoku als Mann?“

            Seiya lächelte. „Nicht wirklich. Aber ich habe immer gerne Männerkleidung getragen.“

            „Offensichtlich.“ Die Uniform sah aus wie maßgeschneidert.

            „Jetzt brauchen wir nur noch etwas für dich. Oder willst du die ganze Zeit in deiner Schuluniform herumlaufen?“

            „Ich habe nichts mitgenommen“, knirschte Bunny.

            „Ja, ich habe auch nicht daran gedacht“, meinte Seiya, „aber das ist kein Problem. Wir fragen einfach die Prinzessin, sie ist genauso groß wie du und ihr habt ungefähr dieselbe Figur.“

            Noch ehe sie widersprechen konnte, hatte Seiya ihr Handgelenk umschlossen und zog sie sanft mit sich. Er führte sie mit schlafwandlerischer Sicherheit durch die verwinkelten Palastgänge und kam vor einer riesigen Flügeltür, die reichlich mit Blumenornamenten und bunten Kristallen verziert war, zum Stehen. Vorsichtig klopfte er an und lauschte auf das bald folgende „Herein!“ ehe er die Tür öffnete.

            Kakyuu sah wunderschön aus. Sie trug das rote Gewand, das sie auch auf der Erde getragen hatte, und ihr sanftes Lächeln erhellte den ganzen Raum. Sie hatte eine so warme, anmutige Ausstrahlung, dass sich Bunny dagegen wie ein Trampel vorkam.

            „Guten Morgen.“ Die Prinzessin stutzte kurz, als sie Seiya sah, sagte jedoch nichts dazu, dass die Anführerin ihrer Kriegerinnen als Mann vor ihr stand. „Ich habe euch früher erwartet. Maker und Healer sind bereits in der Stadt, um mit dem hohen Rat zu sprechen. Der Planet wurde zwar geheilt, aber es gibt noch viel zu tun.“

            Seiya verbeugte sich leicht. „Es tut mir leid, die Nacht war lang und …“

            „Du musst dich nicht entschuldigen, Fighter. Schließlich hast du gestern noch in Oribu nach den Rechten gesehen.“

            Kakyuu trat näher und wandte sich lächelnd an Bunny. „Ich möchte dir nochmals für deine Hilfe danken.“

            „Aber das war doch selbstverständlich!“

            „Prinzessin“, mischte sich Seiya ein, „wir haben da ein kleines Problem.“ Er deutete auf Bunny, die sich in ihrer Schuluniform noch ein Stückchen unwohler als zuvor fühlte.

            „In der Aufregung hab ich gar nichts mitgenommen“, gestand sie leise. Es war ihr peinlich, dass sie so vergesslich war.

            Kakyuu nickte verständnisvoll. „Ich habe so viele Kleider, komm, wir suchen etwas für dich.“

            Sie führte Bunny in ihr Ankleidezimmer und stieß die Tür zu, als Seiya ihnen folgen wollte. „Männer haben hier keinen Zutritt!“, lachte Kakyuu und auch Bunny musste lachen, als sie Seiyas verdutztes Gesicht sah.

            Als sie mit der Prinzessin das riesige Ankleidezimmer betrat, machte auch sie ein ziemlich verdutztes Gesicht. Kakyuu hatte weniger Kleider als erwartet, doch sie waren allesamt so wunderschön, dass der Raum in einem Wirbel aus Farben und funkelnden Steinen erstrahlte. Viele der aufwändig gestalteten Kleider waren auf kopflose Schaufensterpuppen drapiert, wohl damit sie ihre Form behielten und nicht knitterten. Rot- und Orangetöne dominierten die Auswahl und alles sah für Bunny irgendwie magisch aus.

            Kakyuu ging zielgerichtet zu einem großen, mit Blumenschnitzereien verzierten Schrank und zog ein lichtblaues, schlichtes Kleid mit einem sanft schwingenden Rock hervor. Der Saum war mit goldenen Schmetterlingen bestickt und der Kragen sowie die kurzen Ärmel mit Spitze verziert. „Das steht dir bestimmt gut“, sagte Kakyuu und reichte ihr das Kleid.

            „Es ist wunderschön!“, staunte Bunny und probierte es gleich an. Das Kleid saß wie angegossen und schmeichelte ihre Figur. Es war sehr edel und dabei  schlicht genug, sodass sie sich immer noch mehr wie ein normales Mädchen als wie eine Prinzessin fühlte. Und ihre dunkelblauen Sandaletten passten hervorragend dazu.

            „Du siehst bezaubernd aus“, sagte Kakyuu und lächelte, doch dann schlich sich eine merkwürdige Traurigkeit in ihre Züge. „Fighter wird es sicher auch gefallen.“

            Bunny spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoss, und sie fragte sich, was die Prinzessin darüber dachte, dass die Anführerin ihrer Kriegerinnen als Mann durch ihren Palast lief. Kakyuu hatte bereits auf der Erde bemerkt, was Seiya und Bunny füreinander empfanden. Ob sie eifersüchtig ist? Nein, das konnte sich Bunny nicht vorstellen. Aber vielleicht fürchtete sie, dass Fighter sie verlassen würde.

            „Die Macht deines Silberkristalls ist wirklich beeindruckend“, sagte Kakyuu plötzlich und irgendetwas störte Bunny am Klang ihrer Worte. „Sein Licht ist so viel heller als meins.“ Die Prinzessin lächelte sie immer noch an, doch die Wärme war aus ihrer Aura verschwunden. Stattdessen spürte Bunny wieder diese befremdliche, kalte Dunkelheit, die sie bei ihrer Ankunft auf Kinmoku gespürt hatte. Das kann nicht sein … Sekunden später war das bedrohliche Gefühl verschwunden und Kakyuu sah sie wieder freudestrahlend an: „Du hast uns gerettet. Ich kann dir gar nicht genug dafür danken.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Nyo86
2016-05-24T22:07:58+00:00 25.05.2016 00:07
Eine wirklich super tolle, aufregende und mitreißende Geschichte! Ich bin richtig in ihrem Bann gefangen, und will einfach nicht glauben, dass ich jetzt auf das nächste Kapitel warten muss >. < aber natürlich warte ich ganz brav ^-^
Besonders krass finde ich, die Aussicht darau
f, dass diese böse Dunkelheit scheinbar von kakyuu ausgeht o//o ich hoffe ja dass ich mich irre...
Ich hoffe auf baldiges update! *-*
lieb
Antwort von:  Nyo86
25.05.2016 00:09
Ach blödes Handy auch >. <
Wollt noch Scheiben:
ganz liebe grüße!
die Nyo^.^
Antwort von:  Luca_Kou
27.05.2016 19:55
Freut mich, dass dir die Story gefällt :) ...

Muss leider viel arbeiten momentan, sodass ich kaum zum Schreiben komme. Aber es wird auf jeden Fall weitergehen ... ich hoffe, ich habe bald wieder mehr Zeit!
Von:  Sanguisdeci
2016-03-25T07:30:09+00:00 25.03.2016 08:30
Auch hier ein sehr schönes Kapitel. Mach weiter so, es ist eine Freude diese Story zu lesen *-*
Antwort von:  Luca_Kou
01.04.2016 00:29
Schön, dass es dir immer noch gefällt! :)
Von:  Sanguisdeci
2016-03-25T07:26:16+00:00 25.03.2016 08:26
Welch schönes Kapitel und welch unschöne Unterbrechung o.o Ich konnte mir die Szenen richtig bildlich vorstellen.
Von:  jojo1307
2016-03-10T20:57:44+00:00 10.03.2016 21:57
Mal eine neue Richtung in die sich die Story entwickelt. Bin gespannt wie es weitergeht
Antwort von:  Luca_Kou
11.03.2016 12:48
Danke für deinen Kommi! :)
Von:  Sanguisdeci
2016-03-09T18:15:30+00:00 09.03.2016 19:15
Da hat sie die Inners wohl überrumpelt.
Spannend, mach weiter so =)
Antwort von:  Luca_Kou
11.03.2016 12:47
Schön, dass es dir gefällt :)
Von:  hummipfeed
2016-03-05T22:32:07+00:00 05.03.2016 23:32
Das ist eine sehr schöne FF 😊 und hoffe für dich,das hier mal mehr Komentare zu sehen sind. Finde es echt schade,da es hier sehr wenige FFs gibt mit diesem Paar und ich ein großer Fan von ihnen bin.
Hoffe dir reicht mein Komentar und das du fein weiter schreibst 😉
Antwort von:  Luca_Kou
06.03.2016 00:55
Hey, danke für deinen Kommentar :) ... das ermutigt natürlich dazu, schneller weiter zu schreiben.

Es gibt ja auch schon einiges an Text, ich will nur nicht alles auf einmal veröffentlichen, also zumindest die nächsten Wochen wird es regelmäßig etwas zu lesen geben! :)


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