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Der erste und letzte Kuss

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Die aufrichtigste Liebe

Der erste und letzte Kuss
 

Tara lag im Krankenhausbett, als Michelle wie jeden Tag zu ihr reinkam und sich an ihr Bett setzte. Sie sah bereits leichenblass aus. So kraftlos, das Lächeln gezwungen. Ganz anders als Michelle sie in Erinnerung hatte. Der Krebs hatte ihr ihre beste Freundin Stück für Stück genommen, auch wenn Tara das immer mit einem Lächeln abstritt.

„Hey Süße ich hab dir ein paar Schokokekse mitgebracht, falls du heute was essen kannst.“ Eigentlich konnte Tara nichts essen, aber sie versuchte es jeden Tag für Michelle.
 

„Danke Sweetheart“, antwortete sie. Die Frage nach ‚wie geht es dir heute‘ ersparte sich Michelle, wusste sie doch wie schlimm es um ihre Freundin stand. Theoretisch konnte sie jeden Tag sterben, dass wussten beide, auch wenn sie es nie ansprachen. Tara hatte vor einem Jahr die Diagnose Pankreaskrebs bekommen. Er war schon fortgeschritten, da man diese Krebsart meistens erst dann bemerkte, wenn es schon zu spät war.
 

17. Sie waren erst 17 gewesen. Grade das Abi bestanden. Michelle hatte sich grade von ihrem ersten Freund getrennt, als sie es hörten. Tara blieb standhaft wie eh und jeh und fing erst später, als die beiden alleine waren, in Michelles Armen an zu weinen. Michelle kamen bereits beim Arzt die Tränen. Dennoch schwor sie sich, ihre Freundin nicht alleine zu lassen. Sie würde bis zum Schluss an ihrer Seite sein. Uni Bewerbungen und all das waren unwichtig, auch wenn Tara immer wieder meinte, dass sie sich von ihrer Krankheit nicht aufhalten lassen sollte. Doch Michelle sagte dann immer, dass Tara ihr tausend Mal wichtiger war, als irgendwelche Unis oder Kerle und all das. Sie könnte das alles nachholen.

Taras Eltern suchten verzweifelt nach Wegen ihrer Tochter doch irgendwie helfen zu können, während Michelle einfach nur bei ihr blieb. Sie wusste so war es besser.
 

Das alles war jetzt ein Jahr her und beide spürten, dass sie wohl dem Ende nah waren. „Michelle ich muss mit dir reden“, fing Tara schließlich an zu sprechen. Es hörte sich ziemlich kraftlos an, weshalb Michelle sie eigentlich davon abhalten wollte, doch Tara ließ es nicht zu.

„Ich muss das jetzt sagen und du musst mir zuhören, weil das sehr wichtig ist und ich diese Sache noch vor meinem Tod erledigen möchte.“ Michelle schwieg. Nun waren sie also doch soweit. Sie wollte es nicht wahrhaben, ihre Freundin aber auch nicht von ihrem womöglich letzten Willen abhalten.
 

„Weißt du noch was einer meiner größten Wünsche war?“ „Sängerin werden“, beide mussten darauf etwas lachen. „Das auch aber, das meine ich nicht. Das ist ein Wunsch den weder du noch ich mir erfüllen können.“ Sie wurde wieder ernster. „Ich bin noch Jungfrau. Ich werde niemals die Liebe in meinem Leben erfahren, werde niemals mit einem Jungen den ich liebe schlafen können. Daran werde ich nichts ändern können, aber an einer Sache schon.“ Sie holte tief Luft. „Ich will nicht ungeküsst sterben und du weißt, dass ich mir immer gewünscht hab, meinen ersten Kuss mit jemandem zu haben den ich liebe.“ Michelle verstand nicht. Sollte sie ihr jetzt einen Jungen besorgen der ihrem Geschmack entsprach oder-
 

Plötzlich machte es Klick und ihre Augen weiteten sich. Tara nickte. „Tara bist du dir sicher, dass du das so wirklich willst?“ fragte sie skeptisch. Tara lächelte nur sanft. „Michelle du bist meine beste Freundin und ich liebe dich mehr als irgendwen sonst auf der Welt. Du hast so viel für mich getan und geopfert. Ich weiß das wir uns nicht so lieben, aber würdest du mir dennoch die Ehre erweisen und mein erster und wahrscheinlich auch letzter Kuss sein.“ Bei den letzten Sätzen fing sie an zu weinen. Sie konnte ihre Tränen einfach nicht mehr zurückhalten. Und auch Michelle konnte nicht mehr. „Es wäre mir eine Ehre“, schluchzte sie. „Gut dann wisch die Tränen weg und hilf mir auf“, lächelte Tara.
 

Beide wischten ihre Tränen weg und Michelle half Tara sich aufzusetzen. Michelle streichelte Taras Wange, während diese ihr Gesicht darauf stützte und ihre Hand auf Michelles legte. Beide näherten sich und schlossen ihre Augen. Ihre Lippen trafen sich und es gab wohl kaum einen Kuss in den jeh so viel aufrichtige Liebe steckte. Michelle bewegte etwas ihre Lippen, sodass Tara es ihr nachmachen konnte. Ihre Freundin sollte schließlich einen richtigen Kuss haben.

Nach kurzer Zeit lösten sie sich wieder von einander und legten ihre Stirnen aneinander. „Ich liebe dich“ flüsterte Michelle daraufhin. „Ich dich auch. Danke für alles“, antwortete Tara. Es klang bereits wie ein Abschied, was Michelle wieder die Tränen in ihre Augen trieb, als sie sich schlussendlich ganz lösten.
 

Tara legte sich wieder richtig hin, um sich dann in den Nacken zu greifen und ihre Kette auszuziehen. „Michelle ich möchte, dass du mir noch einen Gefallen tust. Ich werde nie die Liebe finden und heiraten, du aber vielleicht schon.“ Sie nahm Michelles Hand und legte die Kette hinein. Es war ein einfaches schwarzes Band mit einem kleinen blauen Saphir Anhänger, den Tara von ihrer Oma bekommen hatte. Sie sollte sie eigentlich irgendwann an ihrer Hochzeit tragen.
 

„Aber Tara, ich kann nicht-„ Doch Tara unterbrach sie. „Sie mit mir zu begraben wäre Verschwendung. Also versprich mir, dass du sie zu deiner Hochzeit tragen wirst. Und vielleicht kannst du sie irgendwann deiner Tochter geben, sodass sie sie bei ihrer Hochzeit tragen kann. So bin ich auch an deinen wichtigsten Tagen immer bei dir. Bitte Michelle, versprich es mir.“ Tara lächelte sie an. Michelle nickte nur und ließ dann alle Hemmungen fallen, umarmte ihre beste Freundin und ließ ihren Tränen freien Lauf.
 

„Ich will nicht das du geht’s!“ schluchzte sie an Taras Hals. Diese streichelte ihr nur beruhigend über die Haare, während auch bei ihr Tränen flossen.

Drei Tage später starb Tara.
 

„Oh Michelle du siehst wunderschön aus!“ rief eine ihrer Freundinnen. Michelle stand im einem weißen Hochzeitskleid vor dem Spiegel. Manche um sie herum vergossen Tränen, manche versicherten ihr immer wieder, wie toll sie doch aussah, doch Michelle war mit den Gedanken ganz woanders. Es klopfte an der Tür.
 

„Es geht gleich los, macht euch fertig.“ Alle fingen an um sie herumzuwuseln. „Bist du dir sicher, dass du diese Kette wirklich tragen willst. Ich meine sie passt so gar nicht zum Rest“, meinte eine der Anwesenden. Michelle lächelte nur „Ich hab es jemandem der mir sehr wichtig ist versprochen. Und wenn ich damit pott hässlich aussehen würde, ich werde sie tragen, weil ich sie liebe.“ Sie drehte sich zu den Anwesenden um.
 

„Könnte ich vielleicht noch einen Moment für mich haben?“ Alle nickten und verließen schließlich den Raum. Michelle drehte sich zurück zum Spiegel und strich über ihr Kleid, bevor ihre Hand hoch zu Taras Kette glitt. Ihr Lächeln wurde trauriger.

„Wie versprochen trag ich sie, aber ich wünsche mir so sehr das du statt ihrer hier wärst“. Eine Träne lief ihr über die Wange. „Wahrscheinlich rede ich wohl nur mit mir selbst, aber falls du von da oben zuschaust möchte ich dir eines sagen. Du fehlst mir so unheimlich sehr. Und so sehr ich ihn auch liebe, wird er deinen Platz in meinem Herzen nie einnehmen können.“
 

Sie wischte sich die Träne weg und richtete nochmal alles, bevor sie sprach. „Ich heirate den Mann den ich liebe Tara und ich weiß, dass du bei mir bist. Ich hoffe das macht dich genauso glücklich wie mich.“ Sie fing an zu strahlen, dann nahm sie ihren Brautstrauß und verließ das Zimmer.
 

Durch das offene Fenster wehte der Wind Kirchblüten ins Zimmer. Taras Lieblingsblüten.



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