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Driving home

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Driving home

Der Alfa Romeo rollte über den glatten Asphalt, als wäre er gar nicht da. Ab und zu brach sich das Licht der Straßenlaternen in den letzten Eisblumen, die langsam aber sicher vom roten Lack schmolzen.

Es war eine kalte Nacht und entsprechend hartnäckig war die Frostschicht. Spätestens auf dem Highway würde sie aber geschmolzen sein.

Miles Edgeworth pustete sich gegen die Fingerspitzen der linken Hand. Es waren Nächte wie diese, die ihn bereuen ließen, ein Auto ohne beheizbares Lenkrad zu fahren. Wie hatte er auch glauben können, dass so etwas überflüssiger Luxus war?

Weitere Lichter zogen an ihm vorbei. Straßenlaternen, Neonreklamen und ab und zu ein anderes Auto.

Auf dem Display blinkte die Temperaturanzeige. Minusgrade. Frostgefahr.

Seine Scheibenwischer kratzten über das Glas, doch auch sie schafften es nicht, das Eis restlos zu entfernen. Da würde es wohl nur helfen, zu warten bis der Wagen heiß genug war, um sie zu schmelzen.

Seine Hand zuckte zur Heizung und stellte die Temperatur nach oben. So würde es hoffentlich ein bisschen schneller gehen. Die Scheinwerfer fingen ein Verkehrsschild ein.

Nicht mehr weit bis zum Highway.

Miles hätte es nicht laut gesagt, aber manchmal vermisste er die deutschen Straßen, wo man so schnell fahren konnte, wie man wollte. Die amerikanischen Highways unterforderten sein Auto - Sehr.

Stumm setzte er den Blinker und bog ein weiteres mal ab.

Einzelne Tropfen landeten auf der Windschutzscheibe. Feuchtigkeit vom Boden oder der erste Schnee? Er war sich nicht sicher, aber es war auch nicht relevant.

Ein bisschen noch, dann konnte er sich den Feierabend mit einer Kanne Tee versüßen.

Vor ihm flackerte eine Laterne.

Hell … dunkel … hell ...Wright!

 

Miles stieg auf die Bremse. Die Reifen des Romeos quietschten, doch der Wagen hielt die Spur, bis er schließlich mitten auf der Straße zum stehen kam. Die Warnblinkanlage sprang an. Hatte er gerade wirklich Wright gesehen, oder war das Einbildung gewesen?

Hatte ihn am Ende das Geblinke der Laterne getäuscht?

Miles schüttelte den Kopf. Wie tief war er gesunken, dass er überall schon -

Sein Auto klopfte.

Hatte es die Vollbremsung am Ende nicht heil überstanden? Miles ließ den Blick über den Bordcomputer gleiten. Alle Werte schienen normal.

Es klopfte noch einmal.

 

Betont langsam ließ er den Blick zu seinem Seitenfenster gleiten. Scheinbar spielte ihm sein Kopf doch keine Streiche. Ein Griff zur Seite, dann glitt die Scheibe nach unten.

„Wright.“

 

„Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte die bibbernde Silhouette seines Schulfreundes, doch er winkte ab. Natürlich war alles in Ordnung. Schließlich machten täglich Leute Vollbremsungen auf eisglatten Straßen.

„Warum stehst du hier im Schnee?“, erkundigte er sich schließlich und klang dabei wohl strenger als er wollte, denn Wright starrte ihn an, wie ein getretener Hund. Miles unterdrückte ein Frösteln. Durch das offene Fenster entwich das bisschen Wärme, das sich bislang in seinem Auto angesammelt hatte.

„W-Warte auf den Bus“, klapperte sein Gegenüber. Miles schnaubte. Ein Bus bei diesem Wetter und um diese Uhrzeit? Das war reines Glücksspiel.

 

 

Seine Hand fuhr wie von selbst zur Zentralverriegelung.

„Steig ein.“

 

Der Highway zog sich wie ein Kaugummi, dabei war es gar nicht weit bis zu dem, was Wright seine Kanzlei nannte. Dennoch, nach ein paar bedeutungslosen Floskeln war das Gespräch zwischen ihnen eingeschlafen. Jetzt starrte Wright aus dem Fenster und er auf die Fahrbahn vor sich.

Ein paar mal war er versucht gewesen das Radio einzuschalten, doch das hätte unhöflich gewirkt und darum hatte er es sein lassen.

Das Innere des Wagens war mollig warm, doch es kam ihm vor, als läge immer noch eine Eisschicht darauf.

„Die nächste Abfahrt?“, durchbrach er die Stille und erntete prompt ein Nicken dafür.

„Du musst dir wegen mir wirklich keine Umstände machen.“

Er ignorierte es. Wenn er etwas nicht tun würde, dann war es Wright hinter der Abfahrt aus dem Auto zu werfen, egal wie unangenehm die Stille zwischen ihnen war. Immerhin war es einmal anders gewesen.

Damals … In einer Zeit, die so fern war, wie ein anderes Leben.

 

„Es schneit wieder.“

Wright nickte. Die großen, dicken Flocken waren aber auch kaum zu übersehen.

„Du solltest bei dem Wetter nicht fahren“, warf er in den Raum.

Miles schwieg.

Was blieb ihm schon für eine Wahl? Wenn er nicht fuhr, würde er nicht nach Hause kommen und der Weg zurück in sein Büro war fast genauso weit.

Wieder legte sich eine unangenehme Stille über sie.

 

Die Abfahrt kam, die Abfahrt ging und bald fuhren sie wieder durch die mäßig beleuchteten Straßen der Stadt.

„Du weißt, ich habe das ernst gemeint.“

Der Romeo brummte zustimmend, als er um die Kurve schoss. Miles schwieg abermals, doch dieses Mal brachte die Stille Wright nicht dazu ebenfalls den Mund zu halten.

„Überfrierende Nässe ist zur Zeit der Hauptgrund für Verkehrsunfälle“, plapperte er drauf los.

Miles schüttelte den Kopf. „Damit etwas überfrieren kann, müsste es zunächst einmal tauen“, gab er zu bedenken.

„Du könntest im Schnee stecken bleiben.“

„Die Stadt hat vier dutzend hochmoderne Räumfahrzeuge.“

„Einspruch!“

Miles schielte kurz zur Seite. „Wir sind hier nicht im Gerichtssaal“, erinnerte er ihn und wenigstens hatte Wright den Anstand peinlich berührt aus dem Fenster zu sehen.

„Du kannst das trotzdem nicht so genau wissen“, beharrte er.

„Kann ich wohl.“

„Kannst du nicht.“

„Ich hatte vor ein paar Jahren einen Fall mit einer Leiche unter einem Räumfahrzeug. Gumshoe hat den ganzen Betrieb gründlich durchleuchtet.“

„Oh.“

 

Miles steuerte eine Parkbucht an. Seit dem letzten „Oh“ hatte Wright nichts mehr gesagt und er wurde das dumme Gefühl nicht los, dass das sein Verschulden war. Vielleicht hätte er Gumshoes Namen nicht mit dem Wort „gründlich“ in einem Satz nennen sollen. Vielleicht hatte er Wrights Bemühungen auch nicht genug wertgeschätzt.

Er war nicht gut bei solchen Sachen. War es nie gewesen.

 

 

Er drückte auf den Schlüssel und der Motor des Romeos verstummte.

„Fein.“

Wright blickte auf.

„Fein?“, echote er.

„Fein.“ Er kam sich dumm vor, das auch noch zu wiederholen. „Was willst du das ich tue?“

Sein Gegenüber guckte ihn mit großen Augen an, dann schien er zu überlegen. Miles schwieg und hoffte, dass Wright schnell eine Entscheidung fällte, denn mit jeder Minute begann die Temperatur im Auto wieder zu fallen.

 

Nach einem Augenblick, der gefühlt eine kleine Ewigkeit lang war, sah er Wright entschlossen aufblicken.

„Warum kommst du nicht mit mir hoch in die Kanzlei?“, fragte er.

„Bis es aufhört zu schneien?“

Wright nickte und Miles fühlte sich ernsthaft versucht. Ein warmer Platz weit weg von Schnee und Kälte klang gut und heißen Tee gab es da oben bestimmt auch irgendwo.

 

Spontan löste er den Gurt.

„Denkst du es hört heute noch auf zu schneien?“, fragte er, während er die Tür öffnete, um auszusteigen.

Wright blickte hinauf in den grauen Himmel.

„Nein“, hauchte er tonlos, „Nein, ich denke nicht.“



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