Zum Inhalt der Seite

Spiegelwelten - Schlangenblut und Löwenherz

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Von Liebesgedichten und sanfter Poesie

Von Liebesgedichten und sanfter Poesie
 

Auch an diesem winterlichen Abend hatte sich Draco zurückgezogen und genoss die Stille des Schlosses. Bald würden die Weihnachtsferien beginnen und dann kehrte endlich diese unbeschreibliche Ruhe ein, die er so sehr zu lieben gelernt hatte. Draußen fielen die weißen Schneeflocken beinahe bedächtig und ein weißer Nebel war aus ihnen entstanden. Die Dunkelheit, die sich dahinter ausbereitete, ging beinahe in den hellen Flocken unter. Eigentlich müsste er sauer sein, aufgebracht, aber zum ersten Mal seit er denken konnte, empfand er eine innere Ruhe, die er nicht zu beschreiben vermochte.

Sein Vater war vor den letzten Ferien inhaftiert worden und so sehr er ihn auch liebte, er empfand doch eine unglaubliche Dankbarkeit seinem Fehlen gegenüber. Alles hatte sich im Hause verändert, seine Mutter wirkte gelassener, selbstgelöster und nach zwei Wochen schweigender Erholsamkeit hatte sie ihn einfach in den Arm genommen, ihn auf die Wange geküsst und ihm gesagt, wie sehr sie ihn liebte.
 

Natürlich wusste er, dass seine Mutter ihn liebte, aber es so von ihr zu hören, mit dieser freudigen Herzlichkeit, dieser warmen liebevollen Stimme… dabei waren sogar ihm kleine Tränen in die Augen gestiegen und zum ersten Mal hatte sich diese deutliche Freude über die Abwesenheit seines Vater eingeschlichen. Er begann lange Gespräche mit seiner Mutter zu führen, über Dinge, die ihn interessierten, sie interessierten und dabei erfuhren sie so viel übereinander, dass sie ihn wenige Wochen später mit in den Keller nahm. Weit hinten, versteckt unter Flüchen, Schränken und sogar einer ganzen Wand, darum wurde dieses Versteck bei der Hausdurchsuchung wohl auch nicht gefunden, verbargen sich all die alten Träume von Narzissa.

Früher einmal hatte sie gerne gemalt und sie liebte bunte Farben. Ihr Stolz war ohne gleichen gewesen, aber sie hatte eine Leidenschaft für die Liebe und das Leben. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen, irgendjemandem davon zu erzählen. Sie war eine gebürtige Black! Stundenlang hatte sie mit ihm in den alten Kisten gekramt und dabei waren Bücher zum Vorschein gekommen, die später heimlich in Dracos Zimmer landeten.

Bei allem, was ihm heilig war, aber wie hätte er seiner Mutter trotz ihrer neuen Liebe für einander erklären sollen, dass er ihre alten Liebesromane las? Nein, das ging nun wirklich zu weit!
 

Zurück in Hogwarts stellte sich ein anderes Problem heraus. Er konnte schlecht mit den Büchern unter dem Arm durch die Gänge laufen. Also begann er sie zu verzaubern und zog sich in alte Klassenräume zurück. Noch nie in seinem Leben hatte er seinen Stolz mit so viel Begeisterung und innerer Ruhe zur Schau getragen. Es war ein herrliches Spiel geworden, nun zumindest dann, wenn er nicht in seinen Büchern versunken war, den schwarzhaarigen Gryffindor zu ärgern und in kleine Fallen zu locken. Da dieser offenbar einen Narren an ihm gefressen hatte, war es ein Leichtes. Schon das ganze Schuljahr über verfolgte ihn dieser und Draco sah darin eine Ablenkung, um sich mit dem Tod dessen Patenonkels nicht auseinander setzen zu müssen. Nun, selbiges war ja nicht sein Problem!

Manchmal wurde es lästig, immerhin verkürzte es die schönen Stunden, die er mit Lesen verbringen konnte. Mittlerweile brauchte er eine zusätzliche halbe Stunde um Harry abzuschütteln. Dieses Mal war es besonders schwer gewesen. Es war unfair, dass sich der Gryffinsor eines Zauberumhangs bedienen konnte, aber sein Stolz wurde jedes Mal auf das Neue gestärkt, wenn er ihn wieder einmal abgeschüttelt hatte, trotz Umhang!
 

Gerade wanderte sein Blick wieder zurück auf die offenen Seiten, als ein Gedanke ihn zum Schmunzeln brachte. Seine Mutter sagte ihm, dass sie Schlamblüter zwar nicht ausstehen konnte, aber ihre Fähigkeiten in Nichts geringer wären als ihre. Wie viele Bücher wären ohne sie nicht geschrieben worden? Wie viele Errungenschaften hätten sie nicht ohne diese gehabt? Nur sollte es nie allzu viele von ihnen geben, sonst nahmen sie noch Überhand!

Elly Clark war eine von ihnen, auf die Draco nicht verzichten wollte. Sie war eine begnadete Schriftstellerin und verstand es ohne Gleichen von Liebe und Romantik zu philosophieren! Dieses Buch war eine Sammlung von Liebesgedichten, die der 17. Jährige sicher schon dutzende Male gelesen hatte und sicher noch dutzende Male lesen würde!
 

Nun, jedoch würde er dieses heute Abend nicht! Ein Geräusch ließ ihn aufblicken, nur kurz darauf wurde die Tür zu seinem kleinen Versteck geöffnet und in wilder Panik wieder zugeschlagen. Ein ihm sehr bekannter junger Magier stolperte hinein, schnappte nach Luft und keuchte. Seine schwarzen Haare waren wirr, die sonnengebräunten Wangen glühten rot. Offensichtlich war er auf der Flucht! Dachte der Blonde mit einem schweigenden hochziehen der Augenbraun. Sie befanden sich in einem alten Raum, einer Abstellkammer, in der einige Tische aufeinander gestellt wurden, hohe Schränke und leere Regalbretter sich aneinander reihten. Nur ein Fenster befand sich im hinteren Bereich, es war groß und die Fensterbank niedrig und breit. Draco hatte es sich hier mit einer Decke und mehreren Kissen bequem gemacht.

Von hier aus konnte er sehen, wer den Raum betrat, wurde jedoch selbst von einem großen mit einem weißen Leinentuch abgedeckten Schrank verborgen. Nur mäßig interessiert musterte er den Schwarzhaarige, der keuchend leicht in die Knie ging, um sich dann mit beiden Händen auf selbigen abzustützen. „Bei Merlin, war das knapp!“ Stieß er hervor und atmete geräuschvoll, aber konzentriert ein und aus.
 

Nun hatte Draco sein gesamtes Interesse an ihm verloren. Mit einem leichten Kopfschütteln blickte er zurück auf das Buch, dessen Zeilen so verlockend dunkel im schummrigen Licht schimmerten. Erst jetzt bemerkte der blonde Slytherin, dass die Nacht immer offensichtlicher ihre Dunkelheit verbreitete und er bald eine neue Lichtquelle benötigen würde. Noch schimmerten die in alter Tinte gedruckten Worte jedoch deutlich auf dem leicht vergilbenden Papier. Schnell versank er erneut in die bildgewaltige Poesie, welche ihn in andere Welten entführte. Er sah das liebende Paar, hörte ihre Stimmen und spürte, wie sein eigenes Herz vor Sehnsucht und Begeisterung schneller zu schlagen begann.

Ein Wort riss ihn aus diesem verzückenden Traum. Es war so grob, beinahe voller Ekel ausgesprochen, doch maßgeblich führend war die Überraschung. „Malfoy?“ Die feinen Augenbrauen zogen sich zusammen und er versuchte zu ignorieren, was da so dicht neben ihm zu plärren begonnen hatte. Doch Harry Potter war niemand, den man mit Ignoranz bekämpfen konnte. Natürlich blieb der dickköpfige Gryffindor und wiederholte nun fordernder sein Verlangen nach Aufmerksamkeit. „Malfoy, was machst du hier?“
 

Nur unwillig zur Aufgabe bereit, ließ er das Buch auf seinen Schoß sinken und hob den Kopf. In den grauen Augen stand der blanke Hohn, als seine melodische Stimme herablassen im Raum widerklang. „Ich bin mir dessen bewusst, dass dir diese Tätigkeit fremd ist. In meiner unendlichen Güte lasse ich mich jedoch dazu herab, dir das zugrunde liegende Schema zu erläutern.“ Angefahren wollte Harry gerade etwas erwidern, als er von Dracos erhobener Hand zum Schweigen gebracht wurde. „Diese Tätigkeit wird als „lesen“ bezeichnet. Dabei wird aus bestimmten Symbolen, genannt Buchstaben, durch eine von mehreren Regeln festgelegte Reihenfolge ein Wort gebildet, welches ebenfalls durch weitere Regeln mit anderen Worten in der entsprechenden Gliederung zu Sätzen geformt wird. Diese zueinander passenden Sätze dienen dazu Sachverhalte, Situationen oder Gedanken zu beschreiben oder zu erörtern. Ebenso können sie zum Vermitteln oder Festhalten von Informationen genutzt werden. Das Entziffern dieser Symbole und das Verstehen ihrer gesamten, übergeordneten Bedeutung wird hinlänglich als „lesen“ bezeichnet!“

Ärger funkelt in den grünen Augen auf und Harry konnte kaum fassen, wie arrogant der 17 jährige Slytherin war. „Danke, aber das war mir schon bewusst. Ich frage mich nur, was an diesem Buch so besonders ist! Du kannst mir nicht erzählen, dass du mich eben nicht gehört hast.“ Konterte der Schwarzhaarige und ahnte schon, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde.
 

„Beinahe jedes Buch ist interessanter als deine Anwesenheit.“ Gab Draco trocken von sich und versuchte sich erneut auf die Zeilen zu konzentrieren. Wie er schon einmal resigniert feststellen durfte, wurde ein Harry Potter von solcher Ignoranz nur weiter angestachelt. Dieses Mal trieb es ihn zu drastischen Maßnahmen und mit einem schnellen Griff packte er das kleine, rote Buch und zog es mit einem Ruck aus Dracos Händen.

Damit hatte dieser nicht gerechnet und verärgert blickte er auf. „Du bist ein arroganter…“ Als was Draco betitelt werden sollte, erfuhr er nicht mehr. Ein flüchtiger Blick hatte die goldenen Buchstaben auf dem Buchdeckel sofort in Harrys Unterbewusstsein zu einem einzigen Wort werden lassen. Die aufsteigenden Assoziationen damit fingen die grünen Augen erneut ein, um nun bewusst zu lesen. „Liebesgedichte?“ Platzt es aus ihm heraus und mit einem erstaunten Ton wiederholte er. „Du liest Liebesgedichte?“ Fragte der Gryffindor und starrte den blonden Magier entsetzt an.
 

„Nein, ich sitze nur hier und starre auf die Buchstarben!“ Fauchte der Slytherin plötzlich leicht angefahren und versuchte nach dem Buch zu greifen. Jedoch war der Schwarzhaarige in dem Moment des Schockes ein Stück zurück getreten und daher griff er ins Leere. Noch immer starrte ihn Harry an und wusste nicht, was er von der Situation halten sollte. Da saß wirklich Draco Malfoy vor ihm und las Liebesgedichte.

„Gib mir das Buch zurück!“ Drang nun die kalte, befehlende Stimme in seinen Verstand vor und war dabei so bestimmend, dass er dieser Anordnung einfach folgte. Blinzelnd reichte der Schwarzhaarige das rote Buch wieder hinüber. „Sag mir jetzt aber nicht, dass du jedes Mal solche Bücher gelesen hast, als du dich nachts heimlich verdrückt hast!“ Langsam fasste sich der Gryffindor erneut, der sehr tief von dieser neuen Tatsache erschüttert worden war. Seine grünen Augen blickten wartend und auffordernd in die grauen und er hoffte beinahe bangend auf eine andere Antwort.
 

Doch die war Draco nicht bereit zu geben. „Wenn du schon darüber so schockiert bist, kann ich mich anscheinend schlecht in den Gemeinschaftsraum der Slytherins setzen oder?“ Auch seiner Stimme hörte man das Abschwellen des Ärgers an und kurz flohen die grauen Augen über den roten Buchdeckel.

Langsam wurde Harry bewusst, dass er in ein gewaltiges Fettnäpfchen gesprungen war… mit Anlauf. Klar, der Prinz der Bosheit, der böse, grausame, arrogante, selbstverliebte Sprössling der Malfoy Familie konnte wirklich schlecht in aller Öffentlichkeit ein solches Buch lesen. Verlegen fuhr er sich mit der flachen Hand über den Nacken und schluckte leise. „Also, dann… dann bist du wirklich die gesamte Zeit nachts und abends nur durchs Schloss geschlichen um in Ruhe zu lesen?“ Wollte er nun doch wissen und bemerkte die aufsteigende Röte auf den blassen Wangen. Ein Räuspern folgte, bevor der Blonde sich gänzlich von ihm abwand und aus dem Fenster starrte. Draußen waren die weißen Flocken kaum noch zu erkennen, denn es wurde immer dunkler.
 

Kurz musste Harry blinzeln, jetzt konnte er den Weg aus diesem Labyrinth aus Möbeln und gestapelten, vergessenen Anhäufungen nicht unbeschadet zurück zur Tür finden. So zog er seinen Zauberstarb heraus und flüsterte Lumos, damit er den jungen Mann auf der Fensterbank deutlicher sehen konnte. „Ich dachte, dass gerade du mein Interesse verstehen könntest.“ Klang schließlich seine ruhige Stimme im Raum wider und die dunklen Augenbrauen zogen sich zusammen. „Warum sollte ich?“ Fragte er direkt nach und trat etwas näher an den Sitzenden heran.

Nun richtete sich der Blick des Slytherin wieder auf ihn, ein seltsames Funkeln stand in den grauen Augen. „Weil du beinahe jede dunkle Facette dieses Lebens kennst, obwohl du noch nicht einmal die Schule abgeschlossen hast.“ Begann Draco und er bemerkte, wie die Anspannung schlagartig in den durchtrainierten Körper schoss. Die Schultern wurden angezogen, die Arme spannten sich an und der Blick der grünen Augen wurde härter.
 

„Sag mir, Potter, hast du nie von einer Welt geträumt, in der du dich deiner Herkunft nicht schämen und nicht rechtfertigen musstest? Eine Welt, in der Unterschiede nicht allüberwältigend sind und Grenzen überwunden werden können? Was wäre das für eine Welt, wenn allein die Liebe uns führen und lenken würde, wenn sie uns dazu beflügelt die Unterschiede zu brechen und Grenzen zu überschreiten? Was müsste es für ein Gefühl sein, welches von solcher Stärke beseelt dich bis ans andere Ende der Welt trägt, nur um die eine zu finden, nach der sich dein Herz sehnt, weil sie dir aus deinen Armen entrissen wurde?“

Bedächtig brach die Anspannung und Draco konnte beobachten, wie der Schwarzhaarige sich langsam entspannte. Die Worte drangen nach und nach in den aufgewühlten Verstand vor und formten Bilder aus Sehnsucht und Verlangen nach einem solchen Ort. „Was wäre das für eine Welt, in der der Tod uns nicht schrecken und der Krieg uns nicht aufhalten kann? Was wäre es für eine Welt ohne sie?“ Seine Stimme war nur noch ein sanftes Flüstern und etwas schwang in ihrem Klang mit, welches wie eine eigene Melodie schien.
 

„Das ist doch reiner Kitsch!“ Brummte Harry nun und konnte doch nicht leugnen, dass sich eine angenehme Wärme in seiner Brust ausbreitete. Ein Schlucken ließ seine Unsicherheit deutlich werden und langsam sank der Zauberstarb, der diese kleine Szene erhellte.

„Hast du je geliebt, Harry?“ Diesen Worten konnte er nicht widerstehen, er musste in die grauen Augen blicken, denen er eben noch ausgewichen war. „Dieses unbeschreibliche Gefühl von zarter Stärke, die alles zu erreichen scheint. Eine Macht, die dich zu deinen größten Taten beflügelt und ein Blick in ihre Augen reicht aus, um dich jedes Leid vergessen zu lassen. Der Klang ihrer Stimme würde dich über weite Ozeane führen und allein der Gedanke an sich verleite dir die Kraft ganze Gebirge zu erklimmen. Dieses wilde Pochen deines Herzens, dieses Gefühl zu sterben, wenn sie nicht an deiner Seite ist. Sie bedeutet alles, mit ihr steht und fällt deine gesamte Welt, dein Leben! Sie ist dein Leben!“
 

Wieder schluckte Harry und nun musste aus der Wärme auf seinen Wangen eine sichtbare Rötung werden. Er biss sich auf die Unterlippe, begann leicht an ihr zu kauen. Nein, er hatte noch nie so sehr geliebt. Er wusste nicht einmal, ob er überhaupt schon einmal wirklich verlieb gewesen war. „Es spielt keine Rolle, wer sie ist. Ihre Herkunft, ihr Blut, nichts kann dich davon abhalten ihr die ewige Treue zu schwören. Für sie gehst du durch jede Hölle und kein Schatz kann so groß sein, dass er neben ihr auch nur bemerkt wird. Ihr Name lässt dein Herz schneller schlagen, der Gedanke an sie durchflutet dich mit Wärme und Zuversicht. Ihre Berührung lässt dich verbrennen und ihr Atem auf deiner Haut löst ein Feuerwerk der Gefühle in dir aus.“

Ohne es verhindern zu können schloss Harry die Augen und lauschte diesen eindringlichen Worten. Eine geisterhafte Vorstellung nahm bedächtig Formen an und schälte sich aus dem Dunkel. Ihr Gesicht konnte er nicht erkennen, aber sein Herz begann wild zu schlagen. Ja, dieser Gedanke, diese Vorstellung, jemanden so sehr zu lieben, dass er alles für sie geben würde…
 

Mit einem Lachen auf ihren schmalen Lippen drehte sie sich auf ihren nackten Füßen, tanzte, dass ihr Sommerkleid aufstob. Es war weiß, in einem wunderschönen, strahlenden Schneeweiß, feine, tiefgrüne Linien bildeten ein Muster, zogen sich von der linken Schulter über ihren flachen Bauch diagonal über das Kleid, bis sie in einem ebenso grünen Saum verloren gingen. Ihr Kleid gab auf der rechten Seite ihre Schulter frei und mit einem Lächeln erkannte er die silbernen Spangen, die ihre wallenden, blonden Haare zu bändigen versuchten. Sie waren ein Stück herausgerutscht, ihr Tanz ließ die ordentlich geflochtenen Zöpfe in den wilden Locken hüpfen und die Haarbänder wippten mit der großen Schleife an ihrem weißen Sommerhut um die Wette. Sie sang, ihre liebliche Stimme erfüllte die Luft, die Arme weit ausgebreitet stellte sie sich auf die Fußspitzen und winkelte das eine Bein an. Sie schien ihn zu rufen, nur für ihn tanzte sie so.

Der weiße Sommerhut mit der breiten Krempe rutschte ein Stück herunter, als sie lachend zum Stehen kam. Harry wollte die Hand nach ihr ausstrecken, ihr aufhelfen, denn sie stützte sich auf ihre Knie, atmete flach und kräftig ein. Sie kam ihm so bekannt vor. Dachte er plötzlich und dann griff sie mit ihren schlanken Fingern nach dem Hut, um ihn wieder nach oben zu schieben. Er hörte ihre Stimme, konnte aber ihre Worte nicht verstehen. Selbst dieser wundervolle Ton schien in seinen Gedanken unterzugehen, bevor er ihn zu greifen bekam. Wer war sie? Ihre feinen Gesichtszüge kamen langsam unter dem Hut hervor, während sie sich aufrichtete.
 

Er wusste, dass er sie kannte, doch bevor er diese Vorstellung fassen konnte, verlor sie sich in weißen und gelben Schimmern, verschwamm wie ein Bild im Wasser. Noch einen Augenblick lang versuchte er die Vorstellung aufrecht zu erhalten, doch sie war verloren. Enttäuscht öffnete er die Augen und bemerkte, dass ihn jemand sehr genau beobachtet hatte. Blut schoss ihm in die Wangen und verlegen fixierte er das Fenster hinter Draco, um ja nicht das Schmunzeln auf den feinen Lippen zu sehen.

„Offensichtlich hast du etwas gefunden, was dir an dieser Idee gefällt.“ Meinte der Slytherin ruhig und zog die Beine an, sodass ihm gegenüber Platz auf der Fensterbank entstand. Dann ließ er mit einem lautlosen Zauber die Kerzen entzünden, die über ihnen in der Wandinnenseite des Fensters angebracht waren. Noch immer war da dieses warme Gefühl in Harrys Brust und unerwartet folgte er der unausgesprochenen Aufforderung, während er seinen Zauberstarb verstaute. Nachdenklich und deutlich verlegen setzte sich Harry auf die weichen Kissen, lehnte sich an die Innenseite der Wand und starrte weiter aus dem Fenster. Sein linkes Bein hatte er angewinkelt und auf den Polstern abgelegt. Sein rechtes Knie verdeckte das linke Fußgelenk und seine Finger verschränkten sich unter dem angewinkelten Oberschenkel ineinander.
 

„Es war eine dieser magischen Nächte, die Dämmerung verschluckte die Sonnenstrahlen und der Himmel war getränkt in roten und orangen Schleiern. Der sommerliche Wind strich sanft über die Ufer des kleinen Sees. Ruhig lag er da, seine silberne Oberfläche spiegelte die roten Sonnenstrahlen des Himmels wider und ihr aufgewühlter Blick wanderte stets die Straße entlang. Sie führte sichtbar an dem kleinen Gewässer entlang und sie wusste, dass er heute kommen würde. Er hatte es ihr versprochen! Strak schlug ihr Herz vor Aufregung, als sich ein Reiter in den langen Schatten als Silhouette abzeichnete. Das musste er sein!

Fest presste sie die gefalteten Hände zwischen ihre Brüste, wippte auf den Zehen immer wieder nach vorne, um besser sehen zu können. Aber wenn er es nicht wäre… doch… er musste es sein! Er hatte es ihr versprochen! Von innerer Angst ergriffen, ließ sie sich wieder gänzlich auf die hellen Schuhe sinken und eilte zwei, drei Schritte voran der Straße entgegen. Doch, das musste er sein! Es war ein weißes Pferd! Er hatte eines, ja, ihr Liebester hatte ein weißes Pferd! Als der Reiter einige Bäume passierte, stoben Vögel aus ihnen auf. Sie sammelten sich in der Luft, zogen Kreise über dem Wasser um sich dann auf den Weg zu ihren Schlafplätzen zu machen. Das weiße Kleid wallte leicht im aufkommenden Wind, doch dies bemerkte sie nicht. Er war es! Sie hatte ihn erkannt und er sie! Erfreut trieb der Mann das Tier weiter an, wollte den Weg zu ihr verkürzen. Da war sie! Seine Geliebte! Gleich war er bei ihr!“
 

Erst nach einer Weile hatte Harry begriffen, dass es sich nicht um ein Gedicht handelte. Zuerst war er davon ausgegangen, dass Draco etwas aus dem Buch vorlesen würde. Verwundert hob er den Blick und musterte den Blonden, dessen graue Augen in das Dunkel der Nacht blickten. Es war eine Geschichte! Vielleicht eine, die er gerade eben erfand… Wie schön seine Stimme doch klang und wie herrlich er es verstand die Bilder zu malen.

Doch dann unterbrach der blonde Slytherin, er hatte bemerkt, wie er gemustert wurde. „Nein, bitte nicht!“ Beeilte sich Harry zu sagen und aus reinem Instinkt heraus, schlüpfte er aus den Schuhen und griff nach dem anderen Ende der Decke. Seine leuchtenden Augen funkelten voller Begeisterung und als sein „Erzfeind“ noch immer nicht wieder begonnen hatte, fügte er noch hinzu. „Du kannst doch nicht jetzt aufhören, wo sie einander so nahe sind!“

Die feine, blonde Augenbraue wanderte in die Höhe und dann war es da, ganz plötzlich und unerwartet; ein Schmunzeln! Sanft, freundlich, ehrlich… eines dieser Art hatte Harry noch nie zuvor bei dem Slytherin gesehen. „Ich weiß aber noch nicht, wie die Geschichte ausgeht.“ Drohte er leicht und der Gryffindor machte es sich mit einem breiten Grinsen in der Fensterbucht unter der Decke und zwischen den Kissen gemütlich. „Na, wie soll es schon ausgehen? Eine richtige, kitschige Liebesgeschichte endet immer mit einem Happy End. Sonst erzähle ich das Ende!“
 

Die grauen Augen funkelten vergnügt und mit einem Lächeln setzte er wieder an. „So lange hatte er ausgeharrt, um nun endlich wieder bei ihr zu sein. Er spürte das Tier unter sich, hörte das Schlagen der Eisen auf der steinernen Straße, welches so plötzlich verklang, als das Pferd die weiche Wiese des Uferhanges erreichte. Wild pochte sein Herz und in dem Moment, in dem er ihr so nahe wie möglich war, schwang er sich schon vom Sattel und sprang vor ihr zur Erde. Das Tier schnaubte, rannte noch einige Meter weiter, doch er sah es nicht. Er sah nur sie, ihr Lächeln, das Glitzern in ihren Augen. Nun war seine Welt endlich wieder vollständig.“
 

Wann er das letzte Mal so entspannt hatte, wusste er nicht zu bestimmen. Dracos Stimme war verführerisch und angenehm, seine Art zu erzählen berauschend. Die grünen Augen hatten sich längst wieder geschlossen und obgleich er vielleicht in Gefahr sein könnte, nun blieben nur die Bilder, die der junge Mann ihm malte.

Mit einem Schmunzeln begriff er, woher er die Dame kannte. Obwohl Draco keine Beschreibung der beiden Liebenden anfügte, trug doch der Ritter auf dem weißen Ross schwarze Haare und grüne Augen. Seine Geliebte jedoch hob den Kopf, sah ihn an und nun endlich erkannte er die feinen Züge in ihrem leicht ovalen Gesicht. Wie gut, dass sein Gegenüber diese Frau nicht sah. Ihre wunderschönen grauen Augen funkelten wie der See hinter ihr. Die blonden Haare waren glatt, schlugen jedoch leichte Wellen.

Draco gab eine sehr attraktive Frau ab!
 

Ende



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  CruelLamia
2016-08-21T20:29:06+00:00 21.08.2016 22:29
Hallo liebe Traumfänger,

ein superschöner OS.

Ich verliere mich gerade in der Vorstellung, dass die beiden wenig später zusammen kommen und ihren Traum von einer besseren Welt, in der die Liebe alle Hindernisse überstehen kann, leben können.

Draco mit so einer romantischen Ader ist wirklich etwas Neues und schön, dass sich Harry darauf eingelassen hat. Ich habe irgendwo ein mal ein schönes Bild gesehen, das perfekt zu dieser Story passen würde. Leider habe ich keine Ahnung mehr, wo das war. Schade. Es war ein stattlicher Harry, der einen weiblichen Draco in einem weißen Sommerkleid mit passendem Hut und langen sanft gelockten Haaren im Arm hält.

Eine wunderschöne Rahmenhandlung und ein wunderschöner Binnentext.
Es ist kitschig-romantisch, aber nicht im übertriebenen Sinne, dass man sich fremdschämen müsste. Einfach schön.

LG Lamia
Antwort von:  Traumfaengero_-
24.08.2016 14:37
Liebe Lamia,

nun komme ich auch dazu dir hier zu antworten.

Herzlichen Dank für deine lieben Worte!

Dann habe ich ja absoluten Erfolg gehabt, denn dieser OS sollte einfach nur schön sein und ein wenig zum Schmunzeln bringen. Träume gerne weiter, mir gefällt diese Idee auch sehr gut. Ich stelle mir die beiden gerade mit dampfenden Bechern Tee vor dem Kamin vor, in Decken auf dem Sofa eingewickelt und Harry beobachtet verträumt das Feuer, während er Dracos Worten lauscht.

Ich verbinde die Sehnsucht nach der Liebe und der Freiheit irgendwie immer mit einem intellektuellen Draco. Er ist in einer Zeit voll verstecktem Hass und heimlicher Unterdrückung großgeworden, in einem Haus, in dem er nur die Wahl für die „böse Seite“ gehabt hat. Gerade sein Herz erscheint mir die stärkste Sehnsucht nach Romantik zu hegen, denn sie ist die einzige Freiheit, die er genießen darf.

Dieses Bild klingt sehr schön. Sehr harmonisch. Irgendwie habe ich Lust, dazu einen kleinen OS zu schreiben. Nicht lang, nur zwei, dreitausend Worte. Aber dieses Bild gefällt mir wirklich sehr. War Draco ein Mann oder eine Frau?

Liebe Grüße
Deine Traumfänger
Antwort von:  CruelLamia
24.08.2016 19:04
Es sah sehr nach Frau aus. Nein, eindeutig eine Frau. Aber unserer Fantasie sind glücklicherweise keine Grenzen gesetzt. ^______^
Hatte mir dabei vorgestellt, dass er verzaubert wurde und nun irgendwie in der Welt als Frau zurecht kommen musste. Da kam Harry - Held in strahlender Rüstung, der er nun mal ist - und hat sich seiner angenommen, ihn beschützt und ihm geholfen, konnte seine Gefühle Draco gegenüber zulassen und zeigen, was ihm alles nicht möglich gewesen war, als Draco noch ein Mann gewesen war. Und Draco lernte nicht nur Harry von einer völlig neuen Seite kennen, sondern lernte auch, zu verzeihen und zu vertrauen. Und letztendlich verliebte er sich in Harry. *.*
Vielleicht ein bisschen kitschig, aber das waren meine Gedanken dazu.

Ich würde mich sehr freuen, diese "zwei, dreitausend Worte" deiner Fantasie dazu zu lesen.

LG
Antwort von:  Traumfaengero_-
24.08.2016 23:39
Ich musste vorhin sehr schmunzeln, denn ich habe da auch eine kleine Geschichte im Hinterkopf, bei der Draco ein Zaubertrank missglückt und er plötzlich zur Frau wird. Bis die Wirkung wieder nach lässt, flüchtete er zu seiner besten Freundin Pansy, die ihn nach zwei Tagen sauer zum Shoppen zerrt, weil sie ihre Unterwäsche nicht mit ihm teilen will. In der Dessous Abteilung treffen die beiden dann auf ein unerwartetes Gespann. Ginny geht auch nach einem Jahr noch gerne mit ihrem Ex-Freund Harry shoppen, der nicht nur gnädiger Taschenträger ist, auf dessen Meinung sie ebenso zählt.
Der Rest ist so ziemlich das, was deiner Idee entsprungen ist. Nur mit ein bisschen mehr Druck, denn niemand weiß, wie lange die Wirkung des Zaubertrankes noch hält. Ach ja, und Harry weiß nicht, wer ihm da so verführerisch ins Auge fällt. ^.~

Ähm… es sind ca. 4.300 Worte geworden. Sie ist jetzt raus. „Sommerliebe“! Du bist schuld! XD
Von:  Amunet
2016-07-15T18:50:47+00:00 15.07.2016 20:50
Hallo meine liebe Traumfänger!

Endlich konnte ich dein neuestes Werk lesen. ^^

Ich muss sagen, mir hat dieser Text sehr gut gefallen. Allerdings gestehe ich, bevor ich es las habe ich einmal die Word-Korrektur drüber laufen lassen und aus allen Darcos Dracos gemacht, da mich das inzwischen doch ganz schön stört. Und einmal musste ich wegen deines Tippfehlers sehr herzlich lachen. Bei dem Satz "Es war so grob, beinahe voller Ekel ausgesprochen", hast du im Original "Enkel" geschrieben. Das war wirklich sehr, sehr lustig im ersten Moment.

Aber bis auf diese Kleinigkeiten fand ich die FF irgendwie erfrischend leicht und angenehm. Sicher, die Texte auch auch die Erzählung die Draco liest und erzählt sind schon recht schnulzig, aber mich erinnert das irgendwie an meine Oma. Immer wenn ich als Kind bei meiner Oma übernachtet habe, hat sie mir und meinem Bruder Märchen zum einschlafen erzählt. Ich bedauere bis heute, dass ich mich an dieses eine Märchen nicht mehr so richtig erinnern kann, denn ich hätte es gerne niedergeschrieben, aber die Zeit hat einen Teil dieser Geschichte verblassen lassen. T.T

Ich hab wie du merkst gar nicht wirklich was zu dem Text zu sagen, außer dass ich ihn toll fand. ^^

Liebe Grüße

Amunet

PS: dein neuestes Update in dieser Reihe habe ich eben erst entdeckt. Werde mir diesen Text auch gleich ausdrucken. ^^
Antwort von:  Traumfaengero_-
24.07.2016 16:37
Liebe Amunet,

herzlichen Dank für deinen lieben Kommentar!

Deine Idee hat mir sehr gut gefallen und ich habe sie gleich ebenfalls auf meinen Text angewandt. Jetzt sollte kein Darco mehr dabei sein! ^.~

Ach Gott, ja… hatte den Fehler schon korrigiert, aber leider nur über mein Handy und da streikt mein Microsoft Word manchmal beim Hochladen auf Onedrive. Ja, die Tücken der Technick. Das ist aber auch ein seltsam lustiger Fehler.

Ich gebe zu, sie sind unglaublich schnulzig! Allerdings war das auch mein Ziel. Ich wollte damit die Sehnsucht nach einer Welt ohne Hass darstellen, der Traum von der wahren, einzigen Liebe. Ich denke, dass es bei Harry Potter auch nicht anders als in unserer Welt ist. In Zeiten des Krieges werden die Liebe und all die sanften, schönes Werte wieder wichtig, sie geraten in den Fokus der Wünsche. Daher sind die Texte hier sehr schnulzig gehalten.
Schade, was ist es für eine Geschichte? Kennst du noch Teile davon? Vielleicht ist es eine Geschichte, die es gab und man kann sie wieder zusammen bekommen. Oder hat sich deine Großmutter die Geschichte ausgedacht?

Es ist auch nur ein OS der zum Schmunzeln bringen soll und wenn möglich für ein gutes Gefühl. Dann habe ich ja erreicht, was ich damit wollte.

Liebe Grüße
Deine Traumfänger



Zurück