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Status Quo

von

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Der Weihnachtsmarkt war – nun ja, völlige Zeitverschwendung. Es gab Buden mit Essen und Trinken, sogenannte Fahrgeschäfte, die Dracos Meinung nach niemals an das Fliegen heranreichen würden und Stände, in denen nützlicher und unnützlicher Kram verkauft wurde. Unter anderen Umständen wäre der Markt vielleicht ganz interessant gewesen. Aber es trug nicht dazu bei, seine Laune nach dem Reinfall vom Morgen zu heben. Es waren viel zu viele Leute unterwegs. Nervtötende, rennende, quengelnde Kinder und Erwachsene schienen nur noch in Gruppen oder paarweise aufzutreten. Besonders paarweise. Zuerst hatte er gedacht, dass ihm die Pärchen nur auf Grund seiner eigenen Situation so sehr auffielen, aber Harry hatte ihm erzählt, dass viele Muggel es romantisch fänden, mit dem Partner durch den Weihnachtsmarkt zu schlendern. 'Muggel', hatte Draco im Stillen geschnaubt.

 

Sie kamen an einem Stand an, von dem Harry behauptete, dass es dort die beste Currywurst des Weihnachtsmarktes gäbe. Es sei zwar ein einfaches Essen, aber es würde großartig schmecken.

 

„Warte hier, ich bin gleich zurück.“
 

Draco stellte sich ein wenig abseits und beobachtete das Treiben, während Harry sich an der Schlange anstellte. Er ließ missmutig den Blick ein weiteres Mal über den Markt schweifen. Bis jetzt war er noch nicht dazu gekommen mit Harry zu sprechen, es war immer unpassend gewesen. Aber er würde es Potter sagen, heute noch. Das hatte er sich fest vorgenommen.

 

„Hier.“
 

Draco drehte sich zu Harry und bekam eine Pappschachtel in die Hand gedrückt. Darin waren neben Pommes eine in Scheiben geschnittenen Wurst mit einer roten Sauce und gelbem Pulver. Harry gab ihm noch ein kleines Stückchen Holz, das an dem einen Ende Zacken hatte. Verwirrt drehte er es in der Hand, bis er sah, dass Harry damit seine Wurst aufspießte. Wer hätte gedacht, dass er mit so einem einfachen Stück Holz überfordert war, während er mit geschlossenen Augen ein fünf Gänge Menü meistern konnte? Noch ein Grund, die Muggel-Welt zu meiden.

Sie aßen in Ruhe ihre Currywurst und Draco musste bei jedem Bissen Harry innerlich bestätigen, dass das gut schmeckte. Es war scharf, aber nicht zu scharf.
 

„Und, wie findest du es?“

 

Draco schob sich das nächste Stück in den Mund und überlegte, wie er die Frage beantworten sollte.

 

„Offensichtlich bringt es mich nicht um.“

 

Harry lachte.

„Es gibt wirklich einige Dinge aus der Muggel-Welt, auf die ich nicht verzichten möchte. Zum Beispiel Glühwein. Was hältst du davon, wenn wir jetzt Einen trinken?“

 

„Habe ich eine Wahl?“

 

„Glühwein gibt es bei den Muggel im Winter, wenn es kalt ist und wird heiß getrunken“, erklärte Harry und überging damit Dracos nicht ganz ernst gemeinte Frage, während sie zum nächsten Stand schlenderten. „Es gibt den klassischen Glühwein, Glühwein mit Schuss oder andere Geschmacksrichtungen. Kirsch zum Beispiel, oder Apfel-Zimt.“

 

Sie stellten sich an der kurzen Schlange an und Harry bestellte für sich einen Glühwein mit Amaretto und für Draco einen Holunder-Glühwein mit Rum. Vorsichtig probierte Letztgenannter das Getränk. Leider war es nur noch lauwarm, aber es schmeckte. Er nahm einen nächsten, diesmal großzügigeren Schluck.

 

„Trink das nicht zu schnell, der Typ hat einen ordentlichen Schluss Rum rein. Und vergiss nicht, dass der Alkohol durch die Wärme schneller ins Blut geht“, mahnte ihn Harry.

 

„Sprichst du aus Erfahrung, Potty?“, grinste Draco.

 

„Zwei Glühweine und ich bin weg“, gab er lachend zu.

 

Laut Harry schmeckte Glühwein aber nur dann richtig gut, wenn er noch fast heiß war. Draco trank ihn also ein bisschen schneller, weil er ihn nicht eiskalt trinken wollte und natürlich merkte er dadurch den Alkohol deutlicher. Aber vielleicht senkte das die Hemmschwelle für sein Vorhaben.
 

„Uiuiui“, sagte er, nachdem er den letzten, doch schon fast kalten Rest in einem großen Zug runter geschluckt hatte.

 

Harry lachte.

„Wie lange hast du jetzt dafür gebraucht? 3 Minuten?“

 

„Es wurde kalt, Harry. Deins nicht?“, sagt Draco und merkte auch schon, dass die Welt nicht mehr ganz so still stand, wie sie es für gewöhnlich tat. Hoffentlich wurde das nicht schlimmer. Einen netten Nebeneffekt hatte es wenigstens, er war nicht mehr ganz so verärgert. Und eigentlich war es ja ganz nett, etwas mit Harry zu unternehmen.

 

„Nein. Meins ist noch ziemlich warm.“

 

Zumindest dann, wenn Harry nicht ständig ungerechterweise einen Vorteil hatte.

 

„Wie immer macht das Universum für dich eine Ausnahme. Typ'sch Potter! 'Tschuldigung, meinte ich nicht so“, fügte Draco schnell hinzu. 'Uiuiui', dachte Draco, die Hemmschwelle war ja ganz schön schnell, ganz schön weit gesunken.

 

„Kein Problem. Wir schieben einfach alles auf den Alkohol“, grinste Harry und hob zum Prost die Tasse.

 

Sie – oder viel mehr Harry trank seinen Glühwein genüsslich aus, dann setzten sie ihren Gang über den Weihnachtsmarkt fort.

An einem Stand, der auch Brieföffner anbot, blieben sie stehen. Harry sah sich die Waren an und Draco war wieder in seinen Gedanken versunken. Vor wenigen Minuten noch war er sich sicher gewesen, dass er Harry einfach darauf ansprechen konnte. Aber jetzt war er wieder so unsicher wie vorher, war der Alkohol verflogen? Wie sollte er es Harry nur sagen? Vorsichtig wagte er einen Versuch.

 

„Harry?“
 

„Hm?“, sagte Harry, blickte aber nicht von dem Brieföffner in seinen Händen auf, der Godric Gryffindors Schwert ähnelte.

 

„Erinnerst du dich daran, dass ich dir heute Morgen unbedingt etwas sagen wollte?“
 

Harry schmunzelte.

„Ja, das ist schließlich noch nicht so lange her.“

 

„Nun, was ich da gesagt habe, stimmte nicht so ganz. Ich wollte nicht mit dir auf einen Weihnachtsmarkt. Zumindest war es nicht das, was ich eigentlich sagen wollte.“
 

„Wolltest du nicht?“, fragte Harry, sah aber immer noch nicht von dem Brieföffner hoch.

 

Draco war frustriert, er redete schon wieder um den heißen Brei herum. Vielleicht hätte er mehr trinken sollen. Nein, Blödsinn, dann wäre er jetzt betrunken. Was zum Teufel war nur mit ihm los? Seinem Verhalten nach hätte er besser nach Hufflepuff gepasst. Und Harry schenkte diesem bescheuerten Brieföffner auch noch mehr Aufmerksamkeit als ihm!

 

„Potter, hör mir gefälligst zu“, sagte er mit Nachdruck in der Stimme.

 

Harry drehte sich zu ihm herum und Draco wünschte sich paradoxerweise, dass Harry wieder wegschauen würde. Nun hatte er wie gewünscht Harrys - fast - ungeteilte Aufmerksamkeit. Fast deshalb, weil er immer noch den Brieföffner in den Händen hielt. Andererseits hatte Draco das Gefühl, dass nun jede seiner Gesichtsbewegungen Harry mehr verrieten als er vielleicht wollte.

 

„Eigentlich ist es hier etwas ungünstig“, sagte Draco und sah sich um: Die vielen fremden Menschen, die belanglosen Verkaufsstände, hinter Harry waren zwei pöbelnde Betrunkene, wahrlich nicht der Ort und die Atmosphäre, „aber ich befürchte, dass es sonst wieder wie heute Morgen enden wird.“
 

Noch einmal sah er sich um, um sich zu vergewissern, dass er keine unwillkommenen Lauscher hatte. Aber aller Leute Aufmerksamkeit war auf die zwei Betrunkenen hinter Harry gerichtet, die anfingen sich zu prügeln. Niemand achtete auf Draco oder Harry.

 

„Es gilt das Gleiche wie heute Morgen, das Angebot einer fluchbedingten Verstümmelung steht noch. Aber“, Draco holte tief Luft, „Harry, ich–“

 

Draco sah gerade noch, wie einer der Betrunkenen den anderen Betrunken von sich warf und damit genau auf Harry, da spürte er auch schon Harrys Gewicht auf sich und ging zu Boden. Aber er spürte auch noch etwas anderes, einen unglaublich stechenden Schmerz. Von dem Aufprall war er kaum fähig Luft zu holen und für einen kurzen Moment glaubte er, zu ersticken. Schließlich kämpfte Harry sie beide von dem Betrunkenen los und kniete sich neben den Blonden.

 

„Oh Gott, Draco. Das habe ich nicht gewollt, ich – ich –“

 

„Sanitäter! Schnell! Wir brauchen Hilfe!“, brüllte jemand.

 

Draco folgte Harrys Blick und sah, wie der Handgriff des dummen Brieföffners unterhalb seiner Rippen hervorragte. Ein groteskes Bild und so surreal. Der Schmerz hingegen verdeutlichte ihm nur allzu sehr, wie real das Bild war. Er wollte sich aufstützen, doch irgendjemand drückte ihn zu Boden.

 

„Potter“, murmelte er.

 

Er musste es Harry sagen. Unbedingt! Sonst müsste er sich selbst eingestehen, dass er von einem betrunkenen Muggel in seinem Vorhaben überwältigt wurde.
 

„Potter“, sagte er noch einmal und schnappte Harrys Kragen, um ihn heranzuziehen.

 

„Draco, du musst dich beruhigen. Oh, es tut mir so leid“, sagte Harry und Draco hatte den Eindruck als versuche Potter viel mehr sich selbst zu beruhigen.

 

„Egal“, murmelte er und zog Potter noch näher. „Harry, ich habe dich–“

 

Plötzlich wurde Harry von ihm fortgerissen und überall waren grün gekleidete Menschen. Draco selbst wurde auf eine Bahre gehoben, die sich sofort in Bewegung setzte. Bei jeder Bewegung schmerzte die Einstichwunde.

 

„Potter!“, brüllte Draco so laut er noch konnte und streckte die Hand nach ihm aus, doch fremde Hände drückten ihn wieder auf die Bahre. Er wurde in etwas reingeschoben und bevor sich die Türen schlossen, sah er ein letztes Mal Harrys besorgtes Gesicht.

 

„Harry“, rief er noch einmal ganz schwach, doch es war zu spät. Die Türen waren längst geschlossen und das Ding hatte sich in Bewegung gesetzt. Jemand nestelte an seiner rechten Hand und erneut spürte er einen Stich, nur weniger schmerzhaft. So ähnlich wie der, den er am Vortag gespürt hatte. Ihm wurde mit einem Mal ganz schummrig. Wahrscheinlich hatten diese verrückten Muggel ihm etwas gegeben. Draco versuchte dagegen anzukämpfen – denn er musste es Harry unbedingt sagen – doch bereits nach wenigen Sekunden war er eingeschlafen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Traumfaengero_-
2016-10-30T19:02:24+00:00 30.10.2016 20:02
Liebe CJ,

ich bin ja soooo aufgeregt! Ich kann es kaum fassen! Ich musste das Kapitel unbedingt durchlesen und dann kam es! Bei allen Göttern! Bei Merlin! Ich kann es immer noch nicht glauben! Ich dachte in diesem Augenblick nur: „Verdammt, lässt sie es jetzt wirklich hier enden? Wäre ja auch irgendwie cool!“
Es wäre auf jeden Fall sehr mutig! Das war eine Wendung, die ich nicht vorausgesehen habe, mit der ich nicht einmal gerechnet habe. Dass einer der beiden sterben würde, konnte ich mir schon denken. Aber so und so schnell?
Noch ist er aber nicht tot und ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht. Immerhin erzählt da je jemand eine Geschichte und das müsste Draco sein. Also muss er das überleben. Er hätte es ja beinahe wirklich geschafft. Er hätte es ihm fast gesagt! XD

Ach, du machst mich fertig! Jetzt bin ich gespannt, wie ein Flitzebogen! Ich kann kaum warten, bis es weiter geht. Dein Stil war wie immer herrlich und wunderschön zu lesen. Ich liebe deine Ideen und deine unerwarteten Umbrüche oder eher dieser Umbruch. Ach ja, was soll ich sonst sagen?
Ich freue mich sehr, wirklich sehr auf das nächste Kapitel!

Mit ganz, ganz lieben Grüßen
Deine Traumfänger



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