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Amore mascherato

Oneshots zum RPG
von

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Matrimonio a Venezia

Matrimonio a Venezia (Hochzeit in Venedig)


 

Am ganzen Körper zitternd tigerte Ezio durch den Raum. Sein weißes Jackett hing an einem Bügel griffbereit an einem Haken an der Tür und wartete nur darauf, Ezios Ensemble zu vervollständigen. Doch noch war es nicht so weit, Noch musste der Brünette darauf warten, dass sein Traum sich erfüllte.

Und ein Traum war es wirklich, denn als er vor drei Jahren das Atelier in der Universität betreten hatte, um ein Fotoprojekt zu beginnen, wer hätte zu diesem Zeitpunkt schon daran gedacht, dass er heute hier sein würde, um zu heiraten?

Wer hätte gedacht, dass er an diesem Tag in der Universität seinem Seelenverwandten begegnen würde?

Wer hätte gedacht, dass er es schaffen könnte, das Herz dieses Mannes zu erobern, der zumindest damals in einer vollkommen anderen Welt gelebt hatte als Ezio?

Ezio nicht. Ezio am allerwenigsten.

Es war so leicht gewesen, sich zu verlieben, doch dafür zu sorgen, dass seine Gefühle auch erwidert wurden, zu merken, zu akzeptieren, daran zu glauben, dass es so war, hatte sehr viel länger gedauert und war um einiges schwerer gewesen und beinahe hätte der Schmerz, den dieser Prozess verursacht hatte, alles zerstört, noch bevor es richtig begonnen hatte.

Noch immer erinnerte sich der Brünette mit gemischten Gefühlen an das Gespräch, das sie geführt hatten, die Wahrheiten, die sie einander anvertraut hatten und Ezio war gerührt, dankbar und noch immer voller Scham, wenn er an die Vorwürfe dachte, die diesem Gespräch vorausgegangen waren. Ezio erinnerte sich noch lebhaft daran, was er seinem Liebsten vorgeworfen hatte, dass er ihm vorgeworfen hatte, lediglich an Ezios Körper interessiert zu sein. Wie falsch er damit und mit noch einigem anderen gelegen hatte, hatte sein Liebster ihm erst bei dem darauf folgenden Gespräch erklärt. Sie hatten sich ausgesprochen, ihre Gedanken, Gefühle und Ängste miteinander geteilt und sich zusammengerauft, hatten allen Widrigkeiten getrotzt… Sie hatten verlassene Ex-Verlobte, verrückte Stalker und Vergewaltigungsvorwürfe überstanden und Ezio war sich sicher, dass ihre Liebe an all diesen Hürden gewachsen war.

Und doch hatte er Angst.

Er gab es nicht gern zu, doch es entsprach der Wahrheit. Er hatte Angst, dass sein Liebster es sich anders überlegen und die Hochzeit absagen könnte. Immerhin war er bereits einmal am eigentlich schönsten Tag seines Lebens enttäuscht worden. Ezio könnte es ihm nicht verübeln, wenn er noch nicht bereit war, es erneut darauf ankommen zu lassen.

Sicher… Sie liebten einander. Ezio liebte den anderen so sehr, dass er nicht wusste, wie er ohne ihn noch weiter leben sollte, sollten sie aus irgendeinem Grund getrennt werden. Er vermisste den Blonden ja schon, sobald sie sich einen Nachmittag nicht sehen konnten. Dabei wohnten sie inzwischen schon seit über einem Jahr zusammen… Und doch war es für Ezio noch immer, als wäre ihre Liebe so frisch wie am ersten Tag. Und er wusste, dass er geliebt wurde. Immerhin hatte sein Liebster so viel für ihn aufgegeben. Er hatte seinen Job an der Universität gekündigt, damit ihre Beziehung nicht mehr länger verboten war, um nicht länger erpressbar zu sein, hatte etwas aufgegeben, das er so sehr liebte, nur um mit Ezio zusammen sein zu können. Er hatte dem Auditore schon so oft bewiesen, wie sehr er ihn liebte, doch das war keine Garantie dafür, dass alles glatt laufen würde.
 

In diesem Moment öffnete sich die Tür und Altaïr steckte den Kopf ins Zimmer. Wahrscheinlich wollte er nachsehen, wie weit Ezio mit den Vorbereitungen war. Er erwartete sicher einen freudig erregten jungen Mann, der es nicht mehr erwarten konnte, endlich vor den Traualtar zu treten, doch was er vorfand, war etwas vollkommen anderes. Altaïr trat in den Raum, schloss hinter sich vorsichtig die Tür, damit das Jackett nicht hinunter fiel und trat auf seinen besten Freund zu, um ihn in die Arme zu schließen. Ezio schmiegte sich an die muskulöse, in einem eleganten schwarzen Anzug steckende Brust des Syrers und zitterte einen Moment nur vor sich hin, genoss die Wärme des anderen und konzentrierte sich auf das sanfte Streicheln auf seinem Rücken.

„Mach dir keine Sorgen, Ezio. Alles wird gut gehen…“

Ezio verzog an Altaïrs Schulter das Gesicht, als hätte er Schmerzen.

„Ich habe Angst, Altaïr. Was, wenn…?“

„Er nicht da ist?“, beendete Ezios Freund den Satz für das Häufchen zitternder Nervosität in dessen Armen. Von Ezio unbemerkt schlich sich ein wehmütiges Lächeln auf die hübschen Züge des Syrers.

„Er liebt dich. Mehr als er je einen anderen Menschen geliebt hat. Natürlich wird er da sein.“

Er strich Ezio sanft über den breiten Rücken, spürte das weiche Material der Weste, die Ezio über seinem weißen Hemd trug, und kraulte ihn kurz im Nacken. Bevor er den Auditore freigab und, wie er hoffte, aufmunternd ansah.

„Wenn nicht, dann ist er wirklich dumm… Und wir wissen beide, dass er nicht nur klug ist, sondern genial. Mach dir keine Sorgen.“

Altaïr strich mit dem Daumen über Ezios Wangenknochen und bewunderte eine Sekunde lang dessen schönes Gesicht. Wie lang war er hoffnungslos in diesen Mann verliebt gewesen? Wie lang hatte er nur Augen für dessen sinnliche Lippen, dessen funkelnde braune Augen, dessen ansteckendes Lächeln gehabt? Zu lang.

Ezio war jahrelang seine ganze Welt gewesen und erst, als ihm vor Augen geführt wurde, dass seine Zeit als Ezios Liebe vorbei war und es keine Chance mehr auf ein Revival ihrer Liebe gab, hatte er den Blick von ihm wenden können. Altaïr wusste, dass der Auditore für immer etwas Besonderes für ihn bliebe, doch jetzt war er endlich zufrieden damit, nur der beste Freund des Fotographen zu sein, denn nach so vielen Jahren des Wartens auf einen Traum, der schon lang vorbei war, hatte sein Herz losgelassen – und sich prompt neu verliebt.
 

Just, als Altaïr diesen Gedanken in Ezios braunen Augen fand, öffnete sich erneut die Tür und Malik streckte den hübschen Kopf herein, um die beiden Freunde mit einem seiner strahlendsten Lächeln zu begrüßen. Sofort schlich sich ob des Anblickes eine leichte Röte auf Altaïrs Wangen.

„Na, fertig?“, fragte der Architekt und schlüpfte durch den Türspalt, um seinem Schatz direkt einen Kuss von den Lippen zu stehlen. Dann wandte er sich Ezio zu, dessen Gesichtsausdruck sekündlich von vollkommen am Ende zu total verzückt ob des Anblicks wechselte.

„Ihr zwei seid so süß!“, fiepste er beinahe und erntete ein leises Grummeln seines besten Freundes als Antwort, während dessen Wangen noch eine Nuance an Röte zunahmen.

Malik enthielt sich jeden Kommentars dazu und musterte den Auditore stattdessen ernst.

„Du bist ja noch gar nicht fertig“, begann er und griff demonstrativ nach dem Jackett. „Wir fangen noch ohne dich an, wenn du dich nicht beeilst!“

Er hielt Ezio das Kleidungsstück hin, welcher mit den Händen voran hineinschlüpfte. Altaïr schloss direkt die Knöpfe und richtete ein letztes Mal Ezios weiße Krawatte, während Malik das Jackett glatt und ein paar nicht vorhandene Staubkörper von Ezios Schulter strich. Der Auditore warf noch einen letzten Blick auf den Ganzkörperspiegel, der extra für diese und ähnliche Gelegenheiten in diesen Raum gebracht wurde, bevor er sich zu Malik und Altaïr umdrehte. Er war noch immer furchtbar nervös, doch sein Bester hatte es zumindest geschafft, die Angst zu schrumpfen, so dass sie kaum noch präsent in Ezios Gedanken war. Viel mehr wurden besagte jetzt immer mehr davon erfüllt, was in den nächsten Minuten passieren würde.

Er würde heiraten… ... …

„Und? Wie sehe ich aus?“, fragte er und erntete von Altaïr einen in Richtung Zimmerdecke gestreckten Daumen.

Malik schob die beiden jungen Männer aus dem Raum und sie liefen direkt Ezios Vater in die Arme, der seinen Sohn zur Eile antreiben wollte. Mit stolzgeschwellter Brust betrachtete Giovanni seinen Zweitältesten und zog ihn für eine kurze Umarmung an sich, während Malik und Altaïr sich an den beiden vorbei schoben und sich schon mal auf ihre Plätze begaben. Sie waren immerhin die Trauzeugen und Malik hatte die verantwortungsvolle Aufgabe, die Ringe zu verwahren, bis sie gebraucht wurden. Während sich die beiden an den richtigen Stellen positionierten, führte Ezios Vater diesen den Flur entlang.

Im Magen des jungen Auditore kribbelte es vor Nervosität, Aufregung und Vorfreude und er musste sich tatsächlich beherrschen, dass er nicht losheulte. Eigentlich hatte er nie wirklich daran gedacht, irgendwann einmal zu heiraten, vor allem, da diese Möglichkeit für gleichgeschlechtliche Paare lange Zeit einfach nicht bestanden hatte und als es dann offiziell möglich wurde, war er Single und hatte nicht das Bedürfnis, zu heiraten. Und nachdem er davon erfahren hatte, was für ein gebranntes Kind sein Liebster war, hatte er die Möglichkeit, zu heiraten erneut vollkommen verdrängt, da er sicher war, dass sein Schatz diesen Weg nicht noch einmal würde gehen wollen und jetzt… jetzt passierte es doch. Und es war nicht einmal Ezio gewesen, der auf die Idee gekommen war.

„Atmen, Ezio… Einfach atmen.“

Der Fotograph unterdrückte ein weinerliches Wimmern, als er das beruhigende Gefühl der pattenden Hand seines Vaters auf seinem Handrücken spürte und schloss einen Moment die Augen, als sie hinter der noch geschlossenen Tür stehen blieben und warteten. Die Idee, es ganz traditionell zu halten, inklusive Trauzeugen, Blumenkind und allem drum und dran, war auf den Mist der Frauen gewachsen. Seine Mutter und Claudia hatten die Idee gehabt und Eleonora war natürlich sofort vollauf begeistert gewesen und hatte Mona als erstes und einziges Blumenkind vorgeschlagen. Natürlich war die kleine Dame sofort Feuer und Flamme gewesen, als sie hörte, was ihre Aufgabe auf der Hochzeit sein würde. Sie könnte ein wunderhübsches Kleid tragen und vor Ezio den langen Gang entlang gehen und weiße Rosenblüten streuen.

Nach einer stundenlangen Diskussion mit dem eigentlichen Paar hatten die Frauen ihren Willen bekommen und nun würde Giovanni seinen Sohn zum Altar führen, als wäre Ezio eine Frau. Zum Glück musste er kein Kleid tragen…

Ezios rasende Gedanken wurden von seinem hübschen Blumenmädchen unterbrochen, die mit ihrem weißen Rüschenkleid auf ihn zugehüpft kam. In ihrer linken Hand trug sie bereits den kleinen weißen Korb, in dem sich die Blütenblätter befanden, die sie streuen würde. Ihre goldenen Locken umrahmten ihr rundes Gesichtchen und sie war so aufgeregt, wie Ezio sich fühlte.

„Onkel Ezio!“, quiekte sie und hopste auf ihn zu, um ihre kleinen Ärmchen um seine Taille zu schlingen. „Du siehst toll aus!“

„Hey, Maus“, erwiderte Ezio, während sein Vater nur stumm der Szene zusah, die sich hier abspielte. Er freute sich für seinen Sohn, denn er schien tatsächlich nicht nur einen guten Mann gefunden zu haben, sondern auch schon vollständig in die Familie dieses Mannes integriert zu sein, wenn die Nichte des zukünftigen Ehemannes ihn schon Onkel nannte.

Ezio strich seinem Blumenmädchen über den blonden Schopf und sie griente ihn glücklich von unten an, bevor sie sich von ihm löste und sich vor ihm aufstellte. Eine Mitarbeiterin der Kirche gab ihnen ein Zeichen und Ezio hörte, wie von drinnen der Hochzeitsmarsch zu spielen begann. Sofort setzte sein Herz einen Schlag aus und noch einmal musste er kurz die Panik bezwingen, sein Liebster könnte es sich anders überlegt haben. Wie sollte er reagieren, wenn der Platz dort vor dem Pfarrer leer war?

Die Tür öffnete sich und Mona lief los, während Ezio noch ein letztes Mal tief einatmete und sich auf das Gefühl des Armes seines Vaters konzentrierte, den er festhielt, als wäre er ein Anker. Mona war drei Schritte gegangen und streute ihre Blütenblätter, als Ezio und Giovanni sich in Bewegung setzten und durch die Tür traten.

Vor ihnen erstreckte sich eine Halle, die geschmückt war mit weißen, roten und blauen Rosen. Durchflutet von Sonnenlicht, das durch deckenhohe Fenster in den großen Raum fiel, kamen die Verzierungen, die der Renaissance nachempfunden waren, noch besser zur Geltung. Der Gang, der zum Altar führte, war ausgelegt mit einem roten Teppich, der nun von den weißen Blüten akzentuiert wurde, die Mona für Ezio streute. Links und rechts vom Gang saßen die Gäste und alle Augen waren auf Ezio gerichtet. Ezios Augen allerdings lagen auf dem Mann, der, flankiert von Altaïr und Malik, vor dem Altar stand und ihm das schönste und verliebteste Lächeln schenkte, das Ezio jemals gesehen hatte.
 

Leonardo.
 

Seine blauen Augen strahlten vor Liebe und als Ezio in das hübsche Gesicht sah, fiel sämtliche Nervosität von ihm ab und seine eigenen Mundwinkel verzogen sich nach oben.

Mit langsamen Schritten gingen die beiden Auditore-Männer den Gang entlang, doch Ezios Aufmerksamkeit lag die ganze Zeit nur auf dem einen, der dort auf ihn wartete. Sein Magen kribbelte und als Ezio am Ende des Ganges angekommen war und Giovanni ihn feierlich an seinen zukünftigen Schwiegersohn übergab, brannte es hinter Ezios braunen Augen.

Er musste sich beherrschen… Wie sähe es denn aus, würde er jetzt schon anfangen zu weinen?

Als Leonardo seine Hände nahm und Ezio spürte, wie sie leicht zitterten, wurde ihm gleich etwas warm ums Herz, denn offenbar ging es seinem Liebsten nicht anders als ihm selbst und als sie einander anlächelten, fielen die letzten Restzweifel von Ezio ab und er wusste, alles würde gut werden.

Sie drehten sich zum Priester um, auf dessen betagtem Gesicht sich ebenfalls ein Lächeln zeigte. Er war offensichtlich mehr als nur bereit, diese Zeremonie zu leiten und Ezio wollte gar nicht wissen, wie viele Priester und Geistliche seine Mutter und deren Gefolge hatten erpressen oder bedrohen müssen, bis der erste eine Zusage erteilt hatte, ein homosexuelles Pärchen zu trauen. Es war auch nicht wichtig. Hauptsache war, dass es überhaupt geschah. Der ältere Herr nutzte noch einen Moment die nun herrschende Ruhe, um das glückliche Paar vor sich zu betrachten, bevor er mit der Zeremonie begann und mit sanfter, leiser, aber dennoch bis in die letzte Reihe verständlicher Stimme zu sprechen begann.

„Wir sind heute hier zusammen gekommen, um diese beiden Seelen mit einander zu vereinen. Bevor wir aber beginnen, muss ich Ihnen allen ein Geständnis machen. Dies ist meine erste gleichgeschlechtliche Vermählung, sollte ich also einmal aus Versehen ein weibliches Pronomen verwenden, so bitte ich, das zu entschuldigen.“

Er blickte dabei Ezio an und dieser konnte nicht anders, als einmal leise zu glucksen.

„Kein Problem, Pater.“, grinste er und erntete ein belustigtes Funkeln aus den grauen Augen des Priesters.

„Gut!“, meinte der Priester dann und klatschte enthusiastisch in die Hände. „Fangen wir am besten noch einmal an.“

Er räusperte sich kurz.

„Wir haben uns heute hier zusammengefunden, um diese beiden Seelen miteinander zu vereinen.

Jeder von uns hat sicher schon einmal die Worte „Liebe geht seltsame Wege“ gehört. Wenn ich diese beiden jungen Männer, die hier vor mir stehen, jetzt betrachte, wie sie voller Glück und Liebe strahlen und gar nicht abwarten können, dass der alte Mann vor ihnen endlich aufhört zu reden…“

Leises Gelächter füllte den Saal und auch Ezios und Leonardos Gesichter erhellten sich etwas mehr.

„…so finde ich das alles andere als seltsam. Die Liebe ist das unergründlichste und reinste Gefühl, das es gibt. Es ist, und da bin ich mir 100%ig sicher, der Sinn eines jeden menschlichen Lebens, eine Liebe zu finden, die alles überdauert, die das Leben überdauert und den Tod, die den Hass und die Trauer überdauert und die größte Dunkelheit. Und wenn ich in die Gesichter dieser beiden hier vor mir blicke, sehe ich, dass sie genau diese Liebe gefunden haben.

Deshalb ist die Frage, die ich jetzt Ihnen allen hier im Saal stelle, sicher nur rethorisch…aber gibt es jemanden hier, der etwas gegen die Verbindung dieser beiden hat? Wenn ja, soll er jetzt sprechen oder für immer schweigen.“

Wie an dieser Stelle üblich, schwieg der Priester ein paar Sekunden, auch wenn er nicht davon ausging, dass sich jemand zu Wort melden würde. Und auch Ezio und Leonardo waren sicher, dass keiner der Anwesenden die Stimme erheben würde. Weshalb auch? Auf den Stühlen und neben ihnen standen und saßen nur Menschen, die sie liebten. Sie alle wussten, dass Ezio und Leonardo füreinander bestimmt waren. Leonardos Familie – zumindest der Teil, der anwesend war – liebte Ezio, Ezios Familie vergötterte Leonardo… Keiner von ihnen hatte Gründe, dieser Hochzeit nicht ihren Segen zu geben.

Und gerade, als der Priester das Wort erneut an die beiden Verliebten richten wollte, da erhob doch jemand die Stimme. Und noch bevor Ezio sich umdrehen konnte, um den Eindringling anzusehen, war Leonardo herumgewirbelt und bedachte seinen Ex-Freund mit einem Blick, der hätte töten können, hätte der Maler die Macht dazu gehabt.

„Ich habe etwas gegen diese Verbindung!“, rief Cesare und erntete genau die Aufmerksamkeit dafür, die er begehrt hatte. Jeder im Raum drehte sich nach ihm um und auf seinem Gesicht lag ein süffisantes Grinsen. Ezio wurde kalkweiß im Gesicht und seine braunen Augen starrten ungläubig den Mann an, der schon einmal versucht hatte, sie auf mieseste und verachtenswerteste Weise zu trennen. Wenn der Auditore jetzt noch an die Begebenheiten und den Erpressungsversuch des Älteren dachte, wurde ihm speiübel.

Ein leises Raunen ging durch die Anwesenden und Malik erkannte den Mann sofort, der in der Tür stand, doch noch bevor er sich auf diesen stürzen konnte, hatte Leonardo Ezios Hände freigegeben und stakte in die Richtung seines Ex-Verlobten. Seine Augen sprühten vor Zorn und Ezio konnte nicht anders, als ihn zu beobachten, obwohl er sich gerade furchtbar einsam und allein fühlte, vor dem Altar, ohne den Mann, den er heiraten wollte.

Leonardo verkürzte den Abstand zwischen Cesare und sich selbst weiter und je näher der Künstler dem anderen kam, desto schmaler wurde dessen Grinsen, bis es vollends verschwunden war.

„Leonardo…“, fing er an und wollte wahrscheinlich noch einmal versuchen, den Blonden erneut für sich zu gewinnen, doch mehr als diesen Namen konnte er nicht aussprechen, bevor Leonardos zur Faust geballte Hand mit seiner Wange kollidierte und ihn so unvermittelt traf, dass Cesare wie ein nasser Sack zu Boden ging. Ezios Augen weiteten sich und er war genauso sprachlos, wie offenbar die gesamte Hochzeitsgesellschaft. Nun ja, fast die gesamte. Leonardos Schwester sprang direkt auf und feuerte ihren Bruder an, der vor Wut zitternd vor Cesare stand und diesen erneut mit einem Todesblick bedachte.

Der Schwarzhaarige kam nur langsam wieder auf die Beine und hielt sich die offensichtlich schmerzende Wange, während er einen ungläubigen Blick auf den Mann warf, den er einst vor dem Altar hatte stehenlassen. Wenn er nicht schon damals begriffen hatte, was für einen riesiger Fehler das gewesen war, wenn er es nicht begriffen hatte, als er ihn vor etwas mehr als zwei Jahren wiedergesehen hatte, jetzt hatte er es definitiv begriffen, an dem Tag, an dem Leonardo endgültig unerreichbar für ihn wurde.

„Raus“, knurrte Leonardo und beinahe reflexartig trat Cesare einen Schritt zurück. „Raus, raus raus. Verschwinde. Wenn ich dich auch nur noch ein einziges Mal in der Nähe meiner Familie sehe, dann garantiere ich für gar nichts mehr.“

„Aber…“, begann Cesare in einem letzten verzweifelten Versuch, doch Leonardo schnitt ihm das Wort ab.

„Nichts aber. Du hast keinerlei recht auf Aber. Deine Chance ist verstrichen und es war deine eigene Schuld. Lebe mit der Tatsache, dass ich heute heirate. Dass ich den Mann heirate, den ich liebe und der mich liebt. Und jetzt raus. RAUS.“

Noch immer stand Ezio an seinem Platz vor dem Altar und hatte er sich eben noch allein gefühlt, hatte er eben noch Angst gehabt, Cesare könnte erneut alles verderben, den Tag ruinieren, so kam er jetzt nicht gegen das Gefühl der Wärme und Liebe an, das in seinem Herzen spross und immer größer wurde, nachdem Leonardo eindeutig klar gemacht hatte, dass er Ezio liebte und ihn heiraten würde.

Dass Malik sich jetzt ebenfalls in Bewegung setzte, dass Altaïr sich zu Ezio stellte und nach dessen Hand griff, das bemerkte der Auditore gar nicht wirklich. Er war zu sehr gefangen in dem Licht, das Leonardo aussandte und ihn einfing, zu gebannt von dem breiten Rücken seines Liebsten.

Giovanni und Federico schlossen sich Malik an und traten zu Leonardo, um Cesare nach draußen zu begleiten, der nach einem letzten vernichtenden Blick in Ezios beinahe ausdrucksloses Gesicht beinahe fluchtartig den Saal verließ. Er rannte zwar nicht, aber es war ein nur sehr schmaler Grat zwischen rennen und gehen. Nachdem der Störenfried gegangen war, kehrten die Zuschauer, Trauzeugen und Bräutigame an ihre vorgesehenen Plätze zurück und der Priester fuhr mit der Zeremonie fort, als sei nichts passiert, was nicht ständig passierte.

Leonardo griff nach Ezios Hand, als der Geistliche schließlich wieder das Wort ergriff.

„Nun ja. Wo waren wir? Ach ja…“ Er räusperte sich. „Da niemand sich zu Wort gemeldet hat, niemand von Bedeutung, frage ich euch beide nun…“ Er wandte sich Ezio zu. „Ezio… Willst du den hier neben dir stehenden Leonardo mit der Schmetterfaust zu deinem rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren in guten wie in schlechten Tagen, in Krankheit und Gesundheit, bis der Tod euch scheidet? Dann antworte bitte mit J…“

Weiter kam er nicht, denn Ezio schnitt ihm, ungeduldig wie er war, das Wort ab.

„Ja! Ich meine, ja, ich will.“ Ein verschmitztes Grinsen lag auf dem Gesicht des Auditore, als Leonardo kaum sichtbar ob dessen Ungeduld den Kopf schüttelte und kurz dessen Hand drückte.

Lächelnd wandte sich der Priester nun an Leonardo und stellte ihm dieselbe Frage. Ihm fiel es offenbar weniger schwer, bis zum Ende zuzuhören, denn er antwortete erst, nachdem der Priester seine Frage zu Ende gestellt hatte.

„Ja, ich will.“

Nun war Malik an der Reihe und reichte den beiden frisch Vermählten die aus wertvollem Weißgold bestehenden Ringe, die sie sich gegenseitig an den linken Ringfinger steckten. Nachdem auch das erledigt war, schloss der Pater sein Buch und ein strahlendes Lächeln lag auf seinen betagten Zügen.

„Dann erkläre ich euch beide hiermit zu Eheleuten.

Nun denn… Ihr dürft einander jetzt küssen.“

Und Ezio und Leonardo ließen sich das nicht zweimal sagen. Mit verliebten Blicken hielten sie einander fest, als sich ihre Lippen in einem zärtlichen Kuss berührten, dem allerersten als verheiratetes Paar. Der Kuss war nur kurz, wie bei einer Hochzeit eben üblich, doch er bedeutete dem jungen Fotographen trotzdem die Welt, denn er zeigte ihm, dass Leonardo ihn liebte, dass er ihn mehr liebte, als sonst jemanden und dass er den Rest seines Lebens mit Ezio verbringen wollte. Und dieser Gedanke, diese Gewissheit, dass er den Rest seines Lebens in den Armen dieses wundervollen Menschen verbringen würde, trieben ihm letztendlich die Tränen in die braunen Augen und als sie wie Diamanten funkelnd über seine Wangen rollten, wischte sein Leonardo sie mit einer zärtlichen Bewegung fort, bevor er ihm einen weiteren, kurzen, doch unendlich zärtlichen Kuss gab.

„Ladys and Gentlemen… Mr. and ... Mr. Leonardo Auditore da Vinci!“

Dann drehten sie sich zu ihren Gästen um und ernteten nicht nur viele liebe Umarmungen und Küsse, sondern genauso Applaus und haufenweise Reis und Blütenblätter, die ihnen auf dem Weg hinaus aus der Kirche um die Ohren flogen.

Hand in Hand überwanden sie die wenigen Meter, die vom Eingang der Kirche zu einem der Kanäle Venedigs führten, in dem eine festlich geschmückte Gondel inklusive Gondolier auf sie wartete, die sie zum eigentlichen Fest bringen würde. Während die anderen Gäste mit hübsch geschmückten Kutschen einen anderen Weg fuhren, nutzten Ezio und Leonardo die romantische Gondelfahrt für ein wenig Zweisamkeit. Sie würden heute Abend nur sehr wenig Möglichkeiten dafür haben, denn immerhin hatten sie noch was zu feiern.

Deshalb schmiegte sich Ezio fast sofort an seinen Ehemann, als sie beide sicher in der Gondel saßen und griff sich dessen Hand. Er hauchte sanfte Küsse auf die roten Fingerknöchel, die vorhin Bekanntschaft mit Cesares Gesicht gemacht hatten. Er spürte, wie Leonardo seine Nase in seinem braunen Haar vergrub und tief einatmete und konnte sich ein schmales Grinsen nicht verkneifen. Sie sprachen kein einziges Wort während der Fahrt, denn Worte waren nicht nötig. Das Wichtigste war, dass sie einander berührten, dass sie einander festhielten und die Wärme des anderen spürten. All das sagte mehr als tausend Worte. Ezios Kopf lag auf Leonardos Schulter und er genoss die Berührungen und die Streicheleinheiten seines Liebsten, während er mit den goldblonden Strähnen spielte, die Leonardo sanft auf die Schultern fielen.

Die Gondelfahrt dauerte etwa eine halbe Stunde und als sie zu Ende ging, war Ezio beinahe etwas enttäuscht. Doch der Anblick seiner Familie und Freunde entschädigte ihn direkt, so dass sein Gesicht erneut ein breites und glückliches Lächeln zierte, als er zusammen mit Leonardo die Gondel verließ.
 

Hinein in ein neues Leben.



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